Urteil des BPatG vom 22.07.2010

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BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
17 W (pat) 99/06
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
22. Juli 2010
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 199 41 949.3-53
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 22. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, der Richterin Eder sowie des Richters
Dipl.-Ing. Baumgardt und der Richterin Dipl.-Ing. Wickborn
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
- 2 -
G r ü n d e
I.
Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Verfahren und Vorrichtung zur Auswahl alphanumerischer Datensätze“
ist am 3. September 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht
worden. Sie wurde in der Anhörung vom 27. April 2006 durch Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts zurückge-
wiesen, weil der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ebenso
wie gemäß Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Der Gegen-
Hauptantrag
die Verwendung eines Computers als Teil eines Navigations-
oder Telefonsystems,
eine Bedienoberfläche,
das Suchen in einer Datenbank,
die Verwendung eines Bedienelements zur Bedienung der
Bedienoberfläche.
Dabei seien das der Bedienoberfläche zugrundeliegende Verfahren und das
Suchen in einer Datenbank nicht-technische Aspekte, die bei der Bewertung der
erfinderischen Tätigkeit unbeachtlich seien. Als technische Aspekte verblieben die
Verwendung eines Computers und die Verwendung eines Bedienelements zur
Bedienung der Bedienoberfläche, wobei es sich jedoch um den üblichen Einsatz
eines Computers handele, wodurch eine erfinderische Tätigkeit nicht begründet
werden könne.
- 3 -
Hilfsantrag
sich nur durch das zusätzliche Merkmal, dass jeweils das Zeichen mit der größten
Eingabewahrscheinlichkeit im Eingabefeld angeordnet werde. Es sei aber keine zu
dieser Maßnahme gehörige Aufgabe denkbar, die einem Ingenieur übertragen
werden würde; die Aufgabe betreffe vielmehr die Programmierung einer Bedien-
oberfläche, die Maßnahme sei somit als nicht-technisch einzustufen und für die
Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ebenfalls unbeachtlich.
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet. Sie trägt
schriftlich vor, dass die Interpretation der von der Prüfungsstelle referierten
BPatG- und BGH-Entscheidungen unzutreffend sei und den Gegenstand ihrer
Patentanmeldung unzulässig verkürze. Bei Navigations- oder Telefonsystemen
handele es sich um anders als übliche Computer aufgebaute Systeme, die zwar
beide über einen Prozessor verfügten, aber beispielsweise hinsichtlich der Ein-
gabeeinheit unterschiedlich ausgebildet seien. Die Schaffung einer verbesserten
Eingabemöglichkeit für ein Navigations- bzw. Telefonsystem stelle ein technisches
Problem dar. Dass bei einem Computer als solchem eine Interaktion zwischen
Bedienelement und Eingabeoption erfolge, führe nicht dazu, dass die spezielle
Interaktion bei dem Navigations- bzw. Telefonsystem untechnisch wäre. Bei tech-
nischen Vorrichtungen könnten Handlungen, die mit der Bedienung eines univer-
sellen Computers vergleichbar seien, nicht mit diesen rechtlich gleichgesetzt wer-
den.
Davon abgesehen, beruhe der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber
dem im Prüfungsverfahren aufgeführten Stand der Technik auch auf einer erfinde-
D2
Technik. Um von dort zur beanspruchten Lösung zu gelangen, müsse der Fach-
mann zweimal die Probleme erkennen, um überhaupt erst Veranlassung zu
haben, nach Lösungshinweisen zu suchen. Daher ergebe sich der Gegenstand
mit den Merkmalen des Anspruchs 1 nicht naheliegend aus dem Stand der Tech-
nik.
- 4 -
Die Anmelderin stellt in ihrem Beschwerdeschriftsatz sinngemäß den Antrag,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ein Patent zu ertei-
len mit folgenden Unterlagen:
gemäß Hauptantrag
12. April 2006, Beschreibung Seiten 1, 1a und 3, eingeg. am
27. April 2006 (Anhörung), sowie Seiten 2 und 4 eingeg. am
3. September 1999, und 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1
und 2, eingeg. am 10. November 1999,
gemäß Hilfsantrag
12. April 2006, Beschreibung Seiten 1, 1a wie beim Hauptan-
trag und Seite 3 für Hilfsantrag, eingeg. am 27. April 2006 (An-
hörung), im Übrigen wie Hauptantrag.
Hauptantrag
der Anspruch 1 mit einer möglichen Gliederung versehen ist:
(A)
1.
Verfahren zur Auswahl alphanumerischer Datensätze
(B)
zur Zielauswahl für Navigationssysteme oder Rufnummern-
auswahl für Telefonsysteme,
(C)
mittels mindestens eines Prozessors, einer Anzeigeein-
heit (1) und Eingabeeinheit,
umfassend folgende Verfahrensausschnitte:
(D)
a) Darstellen von alphanumerischen Zeichen auf der
Anzeigeeinheit (1), aus denen mittels der Eingabeein-
heit ein Zeichen auswählbar ist,
- 5 -
(E)
b) Erfassen des eingegebenen Zeichens durch den Pro-
zessor,
(F)
c)
Durchsuchen der vorhandenen Datensätze nach dem
erfassten Zeichen,
(G)
d) Darstellen der gefundenen Datensätze auf der Anzeige-
einheit (1), falls die Anzahl der Datensätze kleiner als
ein vorgegebener Wert ist,
(H)
oder auffordern zur Eingabe weiterer Zeichen solange,
bis die Anzahl der möglichen Datensätze unter dem
vorgegebenen Wert liegt,
(I)
wobei der Prozessor bei einer erfassten Anzahl von Daten-
sätzen größer als der vorgegebene Wert die möglichen
nachfolgenden Zeichen erfasst
(J)
und ausschließlich diese auf der Anzeigeeinheit (1) als Ein-
gabeoption darstellt
(K)
und die nachfolgend eingebbaren Zeichen in einem zu
einem Eingabefeld (4) senkrechten Speller (5) angeordnet
sind,
(L)
wobei mittels eines Bedienelementes der Speller (5) relativ
zum Eingabefeld (4) bewegt werden kann.
4.
Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach An-
spruch 1, umfassend einen Prozessor, einen Datenspeicher
mit abgelegten Datensätzen, eine Anzeigeeinheit (1) und
eine Eingabeeinheit,
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wobei der Prozessor einen Suchalgorithmus umfasst, mit-
tels dessen in Abhängigkeit von einer alphanumerischen
Zeicheneingabe über die Eingabe der Datenspeicher nach
möglichen Datensätzen durchsuchbar ist,
wobei in Abhängigkeit von Suchergebnis der Eingabemo-
dus auf der Anzeigeeinheit (1) zwischen einer sukzessiven
alphanumerischen Zeicheneingabe und einer Listenaus-
wahl wechselbar ist,
wobei automatisch auf eine Listenauswahl gewechselt wird,
falls die Anzahl der gefundenen Datensätze kleiner als ein
vorgegebener Wert ist,
wobei der Prozessor bei einer erfassten Anzahl von Daten-
sätzen größer als der vorgegebene Wert die möglichen
nachfolgenden Zeichen erfasst und ausschließlich diese auf
der Anzeigeeinheit (1) als Eingabeoption darstellt
und die nachfolgend eingebbaren Zeichen in einem zum
Eingabefeld (4) senkrechten Speller (5) angeordnet sind,
wobei mittels eines Bedienelementes der Speller (5) relativ
zum Eingabefeld (4) bewegt werden kann.“
Hilfsantrag
gen Vorrichtungsanspruchs 3 jeweils noch folgendes Merkmal angefügt werden:
(M)
und das Zeichen mit der größten Eingabewahrscheinlichkeit
im Speller (5) an der Stelle im Eingabefeld (4) angeordnet
ist.
- 7 -
Dem Patentbegehren soll sowohl gemäß Haupt- als auch gemäß Hilfsantrag die
Aufgabe
numerischer Datensätze schaffen, die eine benutzerfreundlichere Bedienung
ermöglichen (siehe Offenlegungsschrift Spalte 1 Zeile 57 - 60).
Als Stand der Technik wurden entgegengehalten:
D1
DE 38 36 555 A1
D2
US 5 825 306 A
D3
DE 37 12 360 A1
D4
US 5 680 630 A
D5
EP 0 651 315 A1
II.
Die rechtzeitig eingelegte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Sie hat jedoch kei-
nen Erfolg, weil ein Verfahren zur Auswahl alphanumerischer Datensätze mit den
Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Haupt- wie auch nach Hilfsantrag dem
Fachmann durch den Stand der Technik zumindest nahegelegt war (§ 4 PatG).
1.
Die vorliegende Patentanmeldung betrifft ein Verfahren bzw. eine Vorrich-
tung zur Auswahl eines gewünschten alphanumerischen Datensatzes aus einer
Sammlung möglicher Datensätze, und zwar konkret die Auswahl eines Reisezie-
les aus einer Liste aller möglichen Ziele bei einem Navigationsgerät, oder einer
Telefonnummer aus einer Liste möglicher Rufnummern bei einem Telefonsystem.
Üblicherweise werden dazu die einzelnen Zeichen des gewünschten Datensatzes
im Sinne eines „Buchstabierens“ zeichenweise nacheinander eingegeben. Mit
jedem eingegebenen Zeichen verkleinert sich die Menge der bis dahin noch über-
- 8 -
einstimmenden Datensätze, bis schließlich nur ein Datensatz übrigbleibt (auch
wenn dieser eventuell noch nicht vollständig buchstabiert ist).
Eine bekannte alternative Auswahlmethode sieht vor, die gesamte Liste anzuzei-
gen und durch Auf- und Abbewegen der Auswahlzeile darin den gewünschten
Datensatz aufzufinden. Bei kurzen Listen ist diese Methode offenkundig schneller
und übersichtlicher.
Anmeldungsgemäß sollen die beiden bekannten Verfahren nun dadurch kombi-
niert werden, dass mit der zeichenweisen Eingabe begonnen und nach jedem ein-
gegebenen Zeichen geprüft wird, wieviel Datensätze noch mit der bisherigen Ein-
gabe übereinstimmen; unterschreitet die Zahl dieser Datensätze einen vorgege-
benen Grenzwert, wird automatisch von der zeichenweisen Eingabe auf die Aus-
wahl aus der (Rest-)Liste umgeschaltet.
(I) / (J)
chenweisen Eingabe jeweils nur diejenigen Zeichen zur Auswahl angeboten wer-
den sollen, die gemäß den vorhandenen Datensätzen auf die zuvor eingegebene
Zeichenkette tatsächlich noch nachfolgen können (Beispiel siehe Anmeldung
Figur 1 / Offenlegungsschrift Spalte 2 Zeile 47 - 62: „BERLI“ kann nur mit E, K, M,
N, O, P, R, S ergänzt werden).
(K)
„Spellers“ erfolgen, womit eine zur Eingabezeile senkrechte Spalte für die durch-
laufenden möglichen Zeichen gemeint ist (Figur 1: Speller 5); diese(r) soll zur Aus-
wahl mittels eines Bedienelementes relativ zum Eingabefeld bewegt werden.
(M)
beim Wechsel auf die nächste Zeichenstelle das Zeichen mit der größten Eingabe-
wahrscheinlichkeit als erstes angeboten wird (also vielleicht nach „BERLI“ das „N“
als erstes Zeichen im Eingabefeld des Spellers angezeigt wird).
- 9 -
Entsprechend Spalte 2 Zeile 8 - 14 der Offenlegungsschrift liegt der Grundge-
danke der Anmeldung sonach darin, dass durch den automatischen Wechsel des
Eingabeverfahrens von der sukzessiven Zeicheneingabe hin zum Listenauswahl-
modus (und zwar erst dann, wenn die geringe Zahl der noch möglichen Daten-
sätze eine übersichtliche Liste erlaubt) die Eingabe insgesamt einfacher und
schneller wird.
Fachmann
wahl aus einer langen Liste von Datensätzen zu optimieren, sieht der Senat einen
Entwicklungsingenieur für Benutzerschnittstellen, insbesondere Zeicheneingabe,
mit längerer Berufserfahrung an.
2.
Die geltenden Patentansprüche nach Haupt- und nach Hilfsantrag enthalten
noch einige Mehrdeutigkeiten, Ungenauigkeiten und andere Unklarheiten. Derar-
tige Bedenken können jedoch zurückgestellt werden.
Zwar ist im Erteilungsverfahren für Patentansprüche zu sorgen, die die unter
Schutz gestellte Erfindung klar und deutlich umschreiben (BGH GRUR 1988, 757
„Düngerstreuer“). Die beanspruchte Lehre ist hier aber bei Heranziehen der
Beschreibung und Zeichnungen insgesamt nachvollziehbar. Auf die Vorlage einer
klargestellten Fassung der Patentansprüche konnte verzichtet werden, da eine
solche angesichts des entgegenstehenden Standes der Technik (s. u.) nicht
anders zu beurteilen wäre.
3.
Die geltenden Patentansprüche sind ersichtlich sowohl auf technische als
auch auf nicht-technische Aspekte gerichtet. Dies steht einer Patenterteilung nicht
grundsätzlich entgegen. Das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit kann aber
nur mit den technischen Aspekten begründet werden.
- 10 -
3.1
Dass der Anmeldungsgegenstand neben technischen auch nicht-techni-
sche Merkmale aufweist, ist jedenfalls für das Technizitätserfordernis unerheblich
(vgl. BGH zuletzt in BlPMZ 2009, 183 „Steuerungseinrichtung für Untersuchungs-
modalitäten“, Absatz 10).
Dass der Benutzer am Auswahlverfahren beteiligt ist, stellt ebenfalls keinen Aus-
schlussgrund dar. „Dem technischen Charakter der steht es nicht
entgegen, dass ein Eingreifen des Menschen in den Ablauf des auf dem Rechner
durchzuführenden Programms in Betracht kommt“ (BGH BlPMZ 2000, 276
„Sprachanalyseeinrichtung“) bzw., auch für geltend: „Dass ein Arbeits-
gang durch einen Menschen eingeleitet oder ausgelöst wird, nimmt der Erfindung
nicht die erforderliche Technizität“ (BGH Mitt. 2002, 176 „Gegensprechanlage“).
Ein genereller Ausschlusstatbestand liegt sonach nicht vor.
3.2
Jedoch ist „bei der Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit diese
[Anm.: d. h. die technische] Problemlösung in den Blick zu nehmen … Außerhalb
der Technik liegende Anweisungen genügen in diesem Zusammenhang grund-
sätzlich nicht; sie sind nur in dem Umfang von Bedeutung, in dem sie auf die
Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln Einfluss nehmen…
Schutzfähig ist eine solche Lehre vielmehr erst dann, wenn die Lösung des kon-
kreten technischen Problems neu und erfinderisch ist“ (BGH „Steuerungseinrich-
tung für Untersuchungsmodalitäten“, a. a. O., Absatz 11). „Anweisungen, die auf
nichttechnischem Gebiet liegen, können das Vorliegen einer erfinderischen Tätig-
keit nicht begründen“ (BPatG Mitt. 2009, 233 „Druckvorlagenerstellung“, Leitsatz).
Im vorliegenden Fall erkennt der Senat das technische Problem darin, dem
Benutzer eine (Navigationsgerät, Tele-
fonsystem) ermöglicht werden kann. Der konkrete Benutzerwunsch („Firma anru-
fen“) muss dem Gerät (hier: Telefonsystem) so mitgeteilt werden, dass die
gewünschte Aktion (Herstellen einer Telefonverbindung) ausgelöst werden kann.
- 11 -
Die technischen Merkmale zur Lösung umfassen zunächst eine Eingabeeinheit,
eine Anzeigeeinheit und einen Prozessor zur Steuerung; aber im weiteren Sinne
auch die technischen Aspekte der Übermittlung des Benutzerwunsches an das
Gerät. Hingegen könnte etwa die Art der Darstellung auf der Anzeigeeinheit oder
der Bedeutungsinhalt der Daten i. d. R. nicht als technischer Aspekt der Problem-
lösung anerkannt werden (vgl. auch BPatG BlPMZ 2007, 214 „Bedienoberfläche“).
3.3
Der Anmelderin ist grundsätzlich darin zuzustimmen, dass die von der Prü-
fungsstelle vorgenommene „Zerstückelung“ und Abstrahierung der beanspruchten
Lehre auf vier Grundmerkmale eine unzulässige Verkürzung des Anmeldungsge-
genstandes darstellt.
Vielmehr käme es darauf an, durch einen detaillierten Vergleich mit dem nächst-
kommenden Stand der Technik die Unterschiede dazu herauszuarbeiten und an-
schließend zu überprüfen, ob diese Unterschiede geeignet sind, das Vorliegen
einer erfinderischen Tätigkeit zu begründen.
4.
Zum Hauptantrag
Um zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag zu gelangen, war
keine erfinderische Tätigkeit erforderlich.
4.1
Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung des Patentanspruchs 1 ist
D3
nannten US 5 095 965 A).
Sie beschreibt in der Zusammenfassung und in den Figuren 1a bis 1c einen
(durch akustische Ausgabe unterstützten, aber gemäß Spalte 3 Zeile 23 / 24 bzw.
Zeile 62 - 64 auch mit einer optischen Anzeige arbeitenden) „Speller“ im Sinne der
vorliegenden Anmeldung zur Eingabe von Zielnamen für ein Navigationssystem,
also zur Auswahl alphanumerischer Datensätze, der offensichtlich durch einen
- 12 -
(A)
einzugebenden Buchstaben wird ein neues Eingabefeld mit „Speller“ angezeigt; im
Falle nur noch einer Übereinstimmung mit den bisherigen Eingaben wird gemäß
Spalte 5 Zeile 7 - 11 dieser einzige Datensatz vollständig angezeigt (Merk-
(F)
kleinerung der Menge der eingebbaren Zeichen auf die „noch möglichen“ ist in
Spalte 4 Zeile 33 - 37 vorgeschlagen; der Darstellung in Figur 1c ist entnehmbar,
dass die momentan nicht eingebbaren Zeichen nicht angeboten bzw. dargestellt
(I)
Damit ist der (von der Anspruchsformulierung umfasste) Sonderfall, dass nach
D3
neuheitsschädlich vorweggenommen. Bereits dies reicht für eine Ablehnung des
Hauptantrags aus.
4.2
Für den Fall, dass mehrere Datensätze übrigbleiben, entnimmt der Fach-
D2
D2
für ein KFZ-Navigationssystem mittels eines berührungsempfindlichen Bild-
schirms, auf dem alle verwendbaren alphanumerischen Zeichen dargestellt sind,
wobei die noch auswählbaren optisch unterscheidbar angezeigt werden (siehe
Figur 3 und zugeh. Beschreibung: in Figur 3 schraffiert). Außerdem wird die
Anzahl der Datensätze, die mit der bisherigen Eingabe übereinstimmen, angezeigt
(Figur 3: No. of remaining target names in list 1234). Der Benutzer beobachtet
diese Zahl und entscheidet sich, ob er die Liste durch Eingabe eines weiteren Zei-
chens verkleinern oder direkt aus den verbleibenden Datensätzen auswählen
möchte (Spalte 5 Zeile 38 - 41). Das Drücken der LIST-Schaltfläche bewirkt hier
die Umschaltung aus der zeichenweisen Eingabe auf die Listenauswahl der bis
dahin übereinstimmenden Datensätze (siehe Spalte 5 Zeile 10 - 14).
- 13 -
D2
D3
wahlverfahrens für den Fachmann nahegelegen. Dabei noch zusätzlich das Um-
schalten auf die Listenauswahl zu automatisieren, also statt von der Beobachtung
des Benutzers allein vom Unterschreiten eines vorgegebenen Wertes abhängig zu
machen, stellt lediglich eine fachmännische Maßnahme dar, die im Übrigen in
D5
Zeile 13 - 29 explizit vorbekannt ist.
Auch die „allgemeine“, nicht auf den Sonderfall beschränkte Lehre nach Patentan-
spruch 1 des Hauptantrags lag daher für den Fachmann nahe.
4.3
Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hauptantrag hat somit keinen Be-
stand. Mit ihm fallen zwangsläufig auch der Nebenanspruch 4 und die Unteran-
sprüche 2, 3, 5 und 6, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden
kann (BGH GRUR 1997, 120 „Elektrisches Speicherheizgerät“).
5.
Zum Hilfsantrag
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich von
der Fassung nach Hauptantrag allein durch das zusätzliche Merkmal
(M)
und das Zeichen mit der größten Eingabewahrscheinlichkeit
im Speller (5) an der Stelle im Eingabefeld (4) angeordnet
ist.
D3
Zeile 39 - 41: „Eine zusätzliche Verkürzung der Eingabezeit wird durch Ausnut-
Auftrittswahrscheinlichkeiten
bengruppen erzielt“). Nachdem das zusätzliche Merkmal in keiner besonderen
Beziehung zu den übrigen Merkmalen, insbesondere zu der ansonsten bean-
- 14 -
spruchten Umschaltung von Zeicheneingabe auf Listenauswahl steht, irgendein
kombinatorischer Effekt somit nicht erkennbar ist, kann der Hilfsantrag nicht
anders als der Hauptantrag beurteilt werden.
6.
Eine Prüfung, inwieweit es sich bei den Unterschieden der beanspruchten
Lehre zum Stand der Technik um Merkmale technischer Natur handelte, die allein
das Vorliegen einer erfinderische Tätigkeit begründen könnten, erübrigte sich
daher.
III.
Sonach war die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss der Prüfungs-
stelle zurückzuweisen.
Dr. Fritsch
Eder
Baumgardt
Wickborn
Fa