Urteil des BPatG vom 24.03.2003

BPatG: energie, begriff, internet, alkoholhaltiges getränk, geographische angabe, beratung, trinkwasser, lagerung, brunnen, unterscheidungskraft

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 106/03
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 301 34 397.7
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 29. Juni 2005 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin
Grabrucker und der Richterinnen Fink und Dr. Mittenberger-Huber
- 2 -
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 40 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 24.03.2003 wird aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke 301 34 397
Berlinwasser
soll für Waren und Dienstleistungen der
Klasse
6: Baumaterialien aus Metall; transportable Bauten aus Metall;
Transportbehälter und Tanks aus Metall; Abwasserklärapparate und
Regelarmaturen für Wasserleitungsgeräte und Wasserleitungen;
Wasserrohre;
Klasse 9:
Mess-, Kontroll- und Prüfapparate und –instrumente zum Einsatz in
der Energie-, Wasser- und Abwasserwirtschaft sowie Umwelttechnik,
soweit in Klasse 09 enthalten; auf Datenträger aufgezeichnete Pro-
gramme für die Ermittlung, Verfolgung und Steuerung von Kosten
und Terminen für Bauprojekte; magnetische, elektronische und opti-
sche Datenspeicher, insbesondere Magnetkarten; elektronische
Systeme inklusive Ausweise zur Inanspruchnahme von Dienstleis-
tungen (insbesondere für die Zugangskontrolle und die Zeiterfas
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sung) und den Bezug von Waren; Datenverarbeitungsgeräte und
Teile davon;
Klasse 11: Abwasserkläranlagen; Brunnen, Wasserversorgungs- und -vertei-
lungsanlagen; Wasserfilter für Abwasser und Trinkwasser;
Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbei-
ten; Personal- und Stellenvermittlung; Personalanwerbung, Per-
sonalberatung, Vermittlung und Überlassung von Zeitarbeitskräften;
Personalmanagement sowie Personalmanagementberatung; Hilfe-
stellung bei der Berufsorientierung und –entwicklung sowie bei der
Existenzgründung; Energiecontrolling; wirtschaftliche und organisato-
rische Beratung (Consulting) im Bereich Energie-, Wasser-, Abwas-
serwirtschaft und Umwelttechnik sowie bei der Optimierung von
Heizkonzepten; Inbetriebnahme und Betrieb von Anlagen, insbeson-
dere der Wasserwirtschaft; rechnergestützte Konzeption und Erstel-
lung von Wirtschaftsplänen (Erfolgs- und Vermögenspläne) für kom-
munale Einrichtungen; organisatorische Beratung bei Ausschreibun-
gen, Investitionsplanungen; Abschluss von Handelsgeschäften mit
Dritten; Vermittlung, Abschluss und Abwicklung von Verträgen mit
Lieferanten von Primär- und Sekundärenergien; Organisation und
Durchführung von Messen, Ausstellungen, Seminaren und sonstigen
Veranstaltungen auf den vorgenannten Gebieten zu gewerblichen
und zu Werbezwecken; Erstellung von Verbrauchsabrechnungen;
organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung insbesondere
bei der Planung von Projekten, der Entwicklung von Konzepten und
der Beschaffung und Einrichtung der hierzu notwendigen Technik,
alle vorgenannten Dienstleistungen auch über das Internet,
Klasse 36:
Versicherungswesen; Finanzwesen inklusive Ausgabe von Kreditkar-
ten; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Inkassogeschäfte; Faci-
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lity-Management, nämlich die Verwaltung von Gebäuden jeglicher
Art;
Klasse 37:
Bauwesen; Reparaturwesen, nämlich Reparatur-, Installations-,
Nachrüstungs-, Modernisierungs-, Einbau-, Reinigungs- und War-
tungsarbeiten sowie Regenerations-, Sanierungs- und Wartungsar-
beiten an Gebäuden, Brunnen, Wasser- und Klärwerken sowie Anla-
gen der Wasser-, Abwasserwirtschaft und Umwelttechnik und an
Heizungsanlagen; Installation und Montage von Kläranlagen, Ma-
schinenanlagen; Wartung und Instandhaltung von Wasserver- und
entsorgungs- und –verteilungsanlagen (Rohr- und Kanalnetze); Bau-
überwachung; Verlegen von Kabeln insbesondere für Telekommuni-
kationszwecke in Abwasserkanälen aller Art; Wartung von Abwas-
serkanälen, insbesondere Inspektion, Reinigung der Kanäle, Dichtig-
keitsprüfungen, Durchführung von Sanierungsprogrammen; Innen-
und Außenreinigung von Gebäuden; Schacht- und Brunnenbohrun-
gen, Sprengung von Gebäuden und Anlagen;
Klasse
38: Telekommunikation; Aufbau, Modernisierung, Betrieb und
Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, auch
Betreiben und Zurverfügungstellung von Hochgeschwindigkeits-
netzen; Internet-Dienstleistungen, nämlich Bereitstellen von Informa-
tionen, Nachrichten und Daten auf dem Gebiet der Energie-,
Wasser-, Abwasser- und Umwelttechnik sowie von Plattformen,
Chatlines und Foren auf vorgenannten Gebieten; Nachrichten- und
Bildübermittlung mittels Computer; Dienstleistungen eines
Internet-Providers wie Bereitstellung des Zugangs zu Datennetzen
oder dem Internet; Mehrwertdienste über Telefon und Internet,
insbesondere solche, die über die normale Leistung der
Sprachtelefonie hinausgehen wie Unified Messaging, Virtual Private
Networks oder Voice over IP; Errichtung und Betrieb von
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Telekommunikationsnetzen und -diensten; Anmietung und
Weitervermietung von Telekommunikationseinrichtungen und
-gerätschaften wie Router und Server für Telekommunikations- und
Datennetzbetrieb, insbesondere IP-Netzwerke; Errichtung und
Betrieb von IP-Netzen, -systemen und -anwendungen, auch für Ab-
rechnungsdienste; technische, betriebswirtschaftliche und organisa-
torische Beratung und Unterstützung bei der Planung und Realisie-
rung von Telekommunikationsvorhaben; Entwicklung und Konzeption
von e-Commerce-Lösungen im Business-to-Business-Bereich; Da-
tenfernübertragung und elektronische Datendienste; Verschlüsselung
und Zertifizierung von Daten im Internet;
Klasse 39:
Transport, Lagerung, Förderung, Speicherung, Lieferung und Vertei-
lung elektrischer Energie, Gas, Wasser und Trinkwasser; Erfassung,
Sammlung, Entfernung, Lagerung und Abtransport von Abfall- und
Recyclingstoffen sowie Sondermüll aller Art;
Klasse 40: Betrieb von Anlagen zur Versorgung mit Energie, Wasser und
Wärme sowie Brunnen; Erzeugung von elektrischer Energie, Heiz-
wärme und Gas; Erzeugung, Förderung und Behandlung von Trink-
wasser; Abwasserreinigung, Abwasserbeseitigung und Abwas-
serentsorgung; Verarbeitung, Beseitigung, Verwertung, Verbrennung
von Abfallstoffen, Sondermüll und Recyclingstoffen aller Art; Müll-
und Abfallrecycling, Verwertung von Reststoffen; Bearbeitung von
chemischen, elektronischen und technischen Produkten, Bauma-
terialbearbeitung;
Klasse 41: Kaufmännische und technische Aus- und Weiterbildung; Durchfüh-
rung von Seminaren, Workshops und Weiterbildungskursen sowie
berufliche Qualifikationen und Umschulungen, Ausbildungsberatung;
Personalentwicklung, nämlich Organisation und/oder Durchführung
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von Fort- und Ausbildungsprogrammen; alle vorgenannten Dienst-
leistungen auch über das Internet;
Klasse
42: Sicherheits- und Umweltschutzberatung, technische Beratung,
Projektplanungen, technische Entwicklung, Konzeption und Planung
gewerblicher Objekte; Sprengtechnologie; Planung und Bau von
technischen Anlagen und Brunnen; Forschung; Gutachtenerstellung;
Entwicklung von technischen Geräten auf dem Gebiet der Energie-,
Wasserver- und Abwasserentsorgung und solcher für die Brunnenin-
standhaltung; Forschung an Explosivstoffen; Erstellung von Pro-
grammen und Datenbanken auf dem Gebiet der Energie-, Wasser-
ver- und Abwasserentsorgung sowie im Bereich Abfall- und Recyc-
lingwirtschaft; Erstellung von Analysen auf den vorgenannten Ge-
bieten; Labordienstleistungen; Ingenieurdienstleistungen, Dienst-
leistungen eines Architekten; Übernahme von Bereitschaftsdiensten
zur Beseitigung von Störungen der Energie-, Wasserver- und Ab-
wasserentsorgung, Entgegennahme von Störungsmeldungen;
Marktbeobachtung und –analyse im Personalbereich; Personalaus-
wahl (mit Hilfe psychologischer Eignungstests); Erstellen von Pro-
grammen für die Datenverarbeitung; Beschaffung und Bereitstellung
von Daten, Soft- und Hardware für den Betrieb von Datenverarbei-
tungs-, Informations- und Kommunikationsgeräten und –systemen
durch Vermittlung von Kauf- und Nutzungsverträgen; Aktualisieren
von Computersoftware; Vergabe von Lizenzen; Vermietung von
Software, Datenverarbeitungs-, -informations- und -kommunika-
tionsgeräten und –systemen; Entwicklung von elektronischen Sy-
stemen inklusive Ausweise zur Inanspruchnahme von Dienst-
leistungen (insbesondere für die Zugangskontrolle und die
Zeiterfassung) und den Bezug von Waren, Datenverarbeitungsgerä-
ten und Teilen davon,
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in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 40 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung mit Beschluß vom 24. März 2003 wegen Bestehens absoluter Eintra-
gungshindernisse im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewie-
sen. Das angemeldete Zeichen enthalte eine Sachangabe für Wasser aus/für
Berlin, und deshalb nur einen Hinweis auf bestimmte Eigenschaften der angemel-
deten Waren oder Dienstleistungen. Im Gegensatz zu anderen eingetragenen
Marken, die allerdings ohnehin keinen Anspruch auf Eintragung begründen wür-
den, handle es sich bei der Zusammensetzung von “Berlin“ und „Wasser“ um eine
bloße geografische Herkunftsangabe für den Wortbestandteil „Wasser“, die nicht
monopolisiert werden dürfe.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde vom 09.04.2003 (Bl. 8 ff. d. A.) trägt
die Anmelderin vor, das angemeldete Zeichen „Berlinwasser“ stelle eine unge-
wöhnliche Verbindung dar, die vom Verkehr nicht im Sinne einer beschreibenden
Angabe verstanden werde. Es bestehe auch kein aktuelles oder künftiges Frei-
haltebedürfnis, da gemäß dem Berliner Betriebegesetz die Wasserver- und -ent-
sorgung ausschließlich der Anmelderin vorbehalten sei. Außerdem gewährleiste
§ 23 Abs. 2 MarkenG die freie Verwendbarkeit des Wortes „Berlinwasser“ in Zu-
sammenhang mit den nachgesuchten Waren und Dienstleistungen. Weiterhin be-
ruft sich die Anmelderin auf eine einheitliche Eintragungspraxis, und weist auf an-
dere eingetragene Marken mit ähnlicher Wortbildung hin. Im Bereich der Wasser-
ver-/-entsorgung sei es zudem übliche Praxis, Unternehmenskennzeichnungen
aus dem Namen eines Flusses/einer Region und einem weiteren, den Unterneh-
mensgegenstand beschreibenden, Begriff zu bilden. Daraus lasse sich ein Ver-
ständnis des nachgesuchten Begriffs als Marke und nicht als beschreibende
Sachangabe ableiten.
- 8 -
Die Anmelderin beantragt daher (Bl. 8 d. A.),
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Eintragung der
Marke „Berlinwasser“ in vollem Umfang zu beschließen.
II.
Die gem. § 66 Abs. 1 i. V. m. § 165 Abs. 4 MarkenG zulässige Beschwerde ist be-
gründet. Das angemeldete Zeichen ist nicht freihaltebedürftig und verfügt über die
erforderliche Unterscheidungskraft.
1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausge-
schlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr unter ande-
rem zur Bezeichnung der Beschaffenheit, des Wertes oder zur Bezeichnung sons-
tiger Merkmale der Ware oder Dienstleistungen dienen können. Der rechtlichen
Beurteilung ist dabei die Marke in ihrer Gesamtheit zu Grunde zu legen (EuGH
MarkenR 2004, 111 ff. – Rn. 37 – BIOMILD; BGH GRUR 2001, 162, 163
- RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Ein Schutzhindernis liegt dann vor,
wenn das Gesamtzeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als
konkrete und eindeutige Sachaussage dienen kann (BGH GRUR 1999, 1093,
1094 - FOR YOU). Beschreibt das Zeichen lediglich Umstände, die nicht hinrei-
chend eng mit der Ware oder Dienstleistung selbst in Bezug stehen, kann von ei-
ner unmittelbar beschreibenden Sach- oder Eigenschaftsangabe nicht ausgegan-
gen werden. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Dritte gegenwär-
tig oder künftig ein legitimes Interesse an der beschreibenden Verwendung des
Zeichens für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen haben könnten.
1. 1. Das angemeldete Zeichen „Berlinwasser“ setzt sich zusammen aus den
Einzelbestandteilen „Berlin“ und „Wasser“. Berlin ist die Hauptstadt und die flä-
chengrößte und bevölkerungsreichste Stadt Deutschlands, während Wasser eine
chemische Verbindung aus Wasserstoff und Sauerstoff(Formel H
2
O) ist
- 9 -
(www.wikipedia.de). Beide Begriffe sind den deutschen Verkehrskreisen in dieser
Bedeutung geläufig. Der Bestandteil „Berlin“ wird von den angesprochenen Ver-
kehrskreisen in Deutschland unmittelbar und eindeutig als geographische Angabe
verstanden. Dem Begriff „Wasser“ wird umgangssprachlich die Bedeutung „Trink-
wasser“, „Brauchwasser“, „Abwasser“ oder „Gewässer“ zugeordnet. Eine weitere
mögliche Interpretation des Bestandteils „Wasser“ als „alkoholhaltiges Getränk“
(wie in „Zwetschgenwasser“, „Alsterwasser“ …) kommt im Hinblick auf das ange-
gebene Waren- und Dienstleistungsverzeichnis nicht in Betracht.
1. 2. Trotz der beschreibenden Bedeutung der beiden Bestandteile enthält das
Zeichen in seiner Gesamtheit keinen eindeutigen Aussagegehalt, der zur Be-
schreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann. Die Zu-
sammenstellung der Einzelbegriffe „Berlin“ und „Wasser“ im Kombinationszeichen
„Berlinwasser“ ist grammatikalisch ungewöhnlich, so dass sie von den angespro-
chenen Verkehrskreisen nicht unmittelbar als Herkunftsangabe oder als Bestim-
mungsangabe verstanden wird. Im deutschen Sprachgebrauch wird eine Her-
kunftsangabe entweder unter Zuhilfenahme einer Präposition („Wasser aus Ber-
lin“), eines Genitivs („Berlins Wasser“) oder durch eine adjektivische Verwendung
der geografischen Angabe („Berliner Wasser“) gebildet. Gleiches gilt für eine geo-
grafische Bestimmungsangabe („Wasser für Berlin“ bzw. „Berliner Wasser“). Die
Wortschöpfung „Berlinwasser“ ist in dieser Form in der deutschen Grammatik nicht
vorgesehen.
1. 3. Eine Internet-Recherche des Begriffs „Berlinwasser“ ergibt nur Treffer, die
sich auf die Beschwerdeführerin bzw. mit ihr verbundene Unternehmen beziehen.
Das Zeichen „Berlinwasser“ in seiner Gesamtheit wird derzeit ausschließlich von
der Anmelderin verwendet (Google-Suche, Stichwort: berlinwasser;
www.berlinwasser.de; www.bwb.de). Die Suche nach den Begriffen „Berlin Was-
ser“ liefert darüber hinaus weitere Treffer, die sich auf Wasserver-/-entsorgung,
Wassersport, Wasser(er)forschung aus/in/für Berlin und auf Gewässer in Berlin
beziehen (www.oekoprofit-berlin.de/modul_1.html; www.technologiestiftung-ber-
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lin.de/index.php/news/407.html; www.wasserforschung-berlin.de/v_artx.htm). Die
Recherche zeigt allerdings, dass bei einer Suche der Begriffe in direkter Aneinan-
derreihung, nämlich „Berlin Wasser“ diese in der Regel durch ein Satzzeichen,
z.B. einen Doppelpunkt („Berlin: Wasser“) oder einen Gedankenstrich („Ber-
lin - Wasser“) getrennt werden. Damit wird auf Fundstellen hingewiesen, in denen
die beiden Begriffe in einem inhaltlichen Zusammenhang zueinander stehen, nicht
jedoch einen „Gesamtbegriff“ bilden.
1. 4. Der Begriff „Berlinwasser“ stellt für die beanspruchten Waren und Dienstleis-
tungen keine eindeutig beschreibende Sachangabe dar. Es handelt sich weder um
eine Angabe über die Eignung noch über die Zweckbestimmung, da nicht ersicht-
lich ist, inwieweit hier Besonderheiten des Berliner Wassers eine Rolle spielen
könnten.
Das Wort „Berlin“ ist im Zusammenhang mit „Wasser“ auch kein geografischer
Hinweis, der von den beteiligten Verkehrskreisen als Herkunftsangabe verstanden
würde. In Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 39 („Transport, Lagerung,
Förderung, Speicherung, Lieferung und Verteilung von Wasser und Trinkwasser“)
und Klasse 40 („Betrieb von Anlagen zur Versorgung mit Wasser sowie Brunnen;
Erzeugung, Förderung und Behandlung von Trinkwasser; Abwasserreinigung,
Abwasserbeseitigung und Abwasserentsorgung“) lässt der geografische Hinweis
auf „Berlin“ die spezifische Herkunft und Eigenschaft dieser Dienstleistungen nicht
erkennen. Beispielsweise ist es unklar, ob es sich bei „Berlinwasser“ um Dienst-
leistungen handelt, bei denen Wasser in Berlin aus der Spree, der Havel oder aus
einem (in Berlin befindlichen) gebohrten Brunnen zur Verfügung gestellt wird. Al-
ternativ könnte es sich um anderswo gewonnenes Wasser handeln, das nach Ber-
lin transportiert und dort gelagert oder verteilt wird. Es könnte sich auch um den
Transport von Wasser/Trinkwasser aus Berlin in umliegende Gegenden handeln.
Die auf Wasserver- und –entsorgung bezogenen Dienstleistungen der Klasse 35
(„wirtschaftliche und organisatorische Beratung (Consulting) im Bereich Wasser-
und Abwasserwirtschaft; Inbetriebnahme und Betrieb von Anlagen, insbesondere
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der Wasserwirtschaft; Erstellung von Verbrauchsabrechnungen“) sowie die in
Klasse 42 enthaltenen Dienstleistungen („Sicherheits- und Umweltschutzberatung,
technische Beratung, Projektplanungen, technische Entwicklung, Konzeption und
Planung gewerblicher Objekte; Planung und Bau von technischen Anlagen; For-
schung, Gutachtenerstellung, Labordienstleistungen, Ingenieurdienstleistungen“)
stehen nur in einem mittelbaren Zusammenhang zur Wasserversorgung, so dass
nicht ersichtlich ist, welche konkreten Eigenschaften mit dem Begriff „Berlinwas-
ser“ angesprochen sein könnten.
Noch viel weniger besteht ein direkter Sachzusammenhang zwischen dem Begriff
„Berlinwasser“ und den restlichen beanspruchten Waren- und Dienstleistungsklas-
sen: So enthalten die Klassen 6 und 11 Waren, die als Zubehör bei der Gewin-
nung, Lagerung, Verteilung und dem Transport von Wasser zum Einsatz kommen,
sich jedoch nicht unmittelbar auf das Element Wasser beziehen und vor allem ei-
nen Bezug zur Stadt Berlin nicht herstellen lassen, da sie weltweit zum Einsatz
kommen können. Die in Klasse 9 beanspruchten Waren betreffen Mess- und
Prüfmittel, Datenträger sowie elektronische Systeme, die bei der Wasserver-/-ent-
sorgung eingesetzt werden können, jedoch ebenfalls keinen direkten Bezug zum
Wasser selbst haben. Diese Waren sind zwar prinzipiell für unterschiedliche
Dienstleistungen mit Bezug auf Wasser in/für Berlin einsetzbar, ihr Einsatzgebiet
wird aber durch die geografische Bezeichnung „Berlin“ weder bestimmt, noch kon-
kretisiert.
Weiterhin kann für die in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen, soweit sie
sich auf Unternehmensmanagement, Personalmanagement, Handelsgeschäfte
und den Vertrieb von Energien beziehen, dem Begriff „Berlinwasser“ keine unmit-
telbar beschreibende Bedeutung zugeordnet werden, weil es hier bereits am un-
mittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der Wasserver- und –entsorgung fehlt.
Dies gilt auch für die in Klasse 41 enthaltenen Personalentwicklungs- und
Weiterbildungsdienstleistungen und die in Klasse 35 beanspruchten Beratungs-
dienstleistungen mit Bezug auf Energie- und Umwelttechnik. Auch für die in
Klasse 36 beanspruchten Dienstleistungen, die Versicherungs- und Finanzwesen
- 12 -
betreffen, besteht kein Sachzusammenhang zu dem angemeldeten Begriff. Allen-
falls könnte man im Bezug auf die in Klasse 36 enthaltenen Dienstleistungen „Im-
mobilienwesen; Verwaltung von Gebäuden jeglicher Art“ erwägen, ob der Begriff
„Berlinwasser“ beschreibend für „in Berlin am Wasser gelegene“ Immobilien ver-
standen wird. Hierzu hat die Recherche im Internet jedoch gezeigt, dass wasser-
nahe Immobilien immer als „Berlin ... Wassergrundstück“ oder als „Berlin ... am
Wasser“ bezeichnet werden.
Die in Klasse 37 beanspruchten Dienstleistungen beziehen sich auf Reparatur-
und Instandhaltungsarbeiten, die Hilfsdienstleistungen der Wasserver- und -ent-
sorgung darstellen. Diese Dienstleistungen müssen weder für bestimmte Orte
spezielle Merkmale aufweisen, um sie von Dienstleistungen, die für andere Orte
erbracht werden, zu unterscheiden, noch können sie nur an bestimmten Orten
erbracht werden. Gleiches gilt für die in Klasse 38 beanspruchten Telekommuni-
kationsdienstleistungen, denn hinsichtlich dieser Dienstleistungen weist schon der
Begriff „Wasser“ keinen beschreibenden Begriffsinhalt auf.
Weiterhin kommt der angemeldeten Wortfolge auch bei den in Klasse 39 und 40
beanspruchten Dienstleistungen kein beschreibender Sinngehalt zu, soweit sie
sich auf „Versorgung, Transport, Lagerung, Förderung, Speicherung, Lieferung
und Verteilung elektrischer Energie, Heizwärme und Gas“ bzw. die „Erfassung,
Sammlung, Entfernung, Lagerung und Abtransport von Abfall- und Recyclingstof-
fen wie Sondermüll aller Art“ und die „Verarbeitung ... von Abfallstoffen, Sonder-
müll und Recyclingstoffen, Müll- und Abfallrecycling und Verwertung von Rest-
stoffen“ beziehen. Zwar ist es für Wasserver-/-entsorgungsbetriebe charakteris-
tisch, dass Anbieter auf diesem Markt – aufgrund der mit der Versorgung vieler
Einzelhaushalte einhergehenden Infrastruktur – in der Regel auch eine Reihe an-
derer Versorgungsdienstleistungen anbieten. Weiterhin könnte der Verbraucher
mit einem Versorgungsbetrieb die Erwartung verbinden, dass Energie, Wasser,
Abfallentsorgung ein- und dieselbe betriebliche Herkunft haben. Allerdings ist der
Begriff „Wasser“ nicht beschreibend für die vorgenannten Dienstleistungen.
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2. In Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen weist das
Zeichen „berlinwasser“ auch die gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Un-
terscheidungskraft auf. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die ei-
ner Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungs-
mittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unter-
nehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Kann
einem Zeichen für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ein im
Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, oder
handelt es sich auch sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder
einer geläufigen Fremdsprache, die vom Verkehr stets nur als solche und nicht als
Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft
(BGH - BerlinCard a.a.O.; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK; WRP 2001,
1082, 1083 – marktfrisch; GRUR 2001, 1043 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten;
GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHOEN; BlfPMZ 2001, 398 - LOOK; GRUR
2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPRATION; WRP 2002, 1073,
1074,1075 - BONUS II; WRP 2003, 1429, 1430 - Cityservice). Bei einer Marke, die
sich als sprachliche Neuschöpfung aus mehreren Bestandteilen zusammensetzt,
genügt es allerdings nicht, dass nur für jeden dieser Bestandteile ein möglicher
beschreibender Charakter festgestellt wird. Ein solcher Charakter muss vielmehr
auch für die Neuschöpfung selbst festgestellt werden (EuGH MarkenR 2004, 111
ff., Rn.
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BIOMILD). Bei der angemeldeten Kennzeichnung für die
beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist aus den oben genannten Gründen
nicht festzustellen, dass es sich um eine hinreichend konkrete Sachangabe
handelt.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich in verschiedenen Industriezweigen
und Branchen die Übung herausgebildet hat, Unternehmenskennzeichen zu bil-
den, die sich aus einem geografischen Begriff, z. B. dem Namen eines Flusses,
einer Region oder Stadt, und einem weiteren Begriff zusammensetzen, womit al-
lerdings keine Festlegung auf den Sitz des entsprechenden Versorgungsunter-
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nehmens getroffen werden kann. So gibt es neben der A… AG und der
R…
AG die „Ruhr Wasser International Water Management“ (BPatG
29 W (pat) 51/02), „hessenwasser“ oder „Dortmunder Energie und Wasser“ oder
als Energieversorger die „SaarEnergie“ (BPatG 29 W (pat) 357/00), „Lippe
Energie“ (BPatG 29 W (pat) 7/04; „RuhrEnergie“, „Ruhrgas“, „Bayernstrom“ oder
„Baden-gas“. Vor dem Hintergrund einer solchen branchenspezifischen
Benutzungspraxis kann dem angemeldeten Begriff nicht jegliche Unterscheidungs-
kraft abgesprochen werden.
Grabrucker Fink
Dr.
Mittenberger-Huber
Cl