Urteil des BPatG vom 05.07.2005

BPatG: verwechslungsgefahr, zement, kennzeichnungskraft, versicherung, wahrscheinlichkeit, unternehmen, verkehr, aufmerksamkeit, glaubhaftmachung, wortmarke

BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 33/03
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
5. Juli 2005
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 398 53 209
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Winkler, der Richterin Dr. Hock und des Richters Kätker
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Be-
schlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent-
und Markenamts vom 25. Juli 2000 und 20. September 2002
aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 1 137 676
zurückgewiesen worden ist.
2. Die Löschung der Marke 398 53 209 wird wegen des Wider-
spruchs aus der Marke 1 137 676 angeordnet.
3. Die Entscheidung über den Widerspruch aus der Marke
2 019 481 bleibt dahingestellt.
G r ü n d e
I
Gegen die Eintragung der Wortmarke 398 53 209
CERAMAT
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für
Kl. 1:
chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, nämlich
Rohstoffe zur Herstellung von Zement, Ziegelerde, Ziegelton und
Blähton im wesentlichen bestehend aus Verbindungen von Cal-
ciumoxid mit Siliciumoxid, Aluminiumoxid und Eisenoxid; oxidhal-
tige Zuschlagstoffe zur Herstellung von Zement, Ziegelerde, Zie-
gelton oder Blähton; Anhydride, Eisensalze, Betonbindemittel;
Kl. 19:
Hochofenzement, Portlandzement, Eisenportlandzement,
Traßzement, Zementrohstoffe
ist Widerspruch eingelegt worden aus der Wortmarke 1 137 676
Ceramit
für
Kl.
19: Klebstoffe für baugewerbliche Zwecke; chemische
Erzeugnisse für baugewerbliche Zwecke, insbesondere Fugen-
dichtstoffe, Fugenfüller, selbstklebende Spezialvliese zum Verkle-
ben von keramischen Fliesen oder Platten
und der Wortmarke 2 019 481
Ceromax
für
Kl. 19:
Zement und Mörtel für Bauzwecke.
Mit Schriftsatz vom 12. Mai 1999 hat die damalige Inhaberin der angegriffenen
Marke die rechtserhaltende Benutzung der 1989 und 1992 eingetragenen Wider-
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spruchsmarken bestritten. Die Widersprechende hat Unterlagen zur Glaubhaftma-
chung der Benutzung vorgelegt.
Mit Beschlüssen vom 25. Juli 2000 und 20. September 2002, von denen letzterer
im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 1 die Wi-
dersprüche zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle besteht zwischen
den Marken keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Zwar wiesen die beiderseitigen Waren eine gewisse Ähnlichkeit auf, doch erleich-
tere die besondere Aufmerksamkeit der von den Waren angesprochenen infor-
mierten Fachkreise und fachlich versierten Endverbraucher die Unterscheidung.
Der identische bzw. hochgradig ähnliche Anfangsbestandteil „Cera“ bzw. „Cero“
stelle nur einen wenig individualisierenden Hinweis auf den Begriff „Keramik“ dar
und sei den angesprochenen Verkehrskreisen durchaus geläufig. Da dieser
Bestandteil zudem in zahlreichen Drittzeichen verwendet werde, könne ihm kein
stärkeres Gewicht beigemessen werden. Die Schlussbestandteile „mit“ und „max“
bzw. „mat“ wiesen zwar ebenfalls Ähnlichkeiten auf, doch erlaubten die markant
abweichenden und klangstarken Laute „i“ gegenüber „a“ bzw. „x“ gegenüber „t“
sowohl eine klangliche als auch eine schriftbildliche Unterscheidung der Marken-
wörter. Schließlich seien die Marken aufgrund ihrer Endungen und deren Bedeu-
tungen („max“ als männlicher Vorname, „mit“ als Präposition) auch begrifflich nicht
verwechselbar mit der angegriffenen Marke bzw. deren Endung „mat“, so dass die
Gefahr von Verwechslungen für das gesamte Warenverzeichnis der jüngeren Mar-
ke ausgeschlossen werden könne.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Nach ihrer Auffas-
sung ist nicht auf informierte Fachkreise und fachlich versierte Verbraucher
sondern nur auf einen durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen
Durchschnittsverbraucher abzustellen. Bei den von den Vergleichsmarken er-
fassten Waren handele es sich weder um hochwertige noch um besonders langle-
bige Produkte. Vielmehr würden die Waren in Baustoffmärkten von Bauhandwer-
kern unter Zeitdruck gekauft und zügig in großen Mengen verbraucht.
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Folglich genüge bereits ein geringer Grad an Ähnlichkeit der sich gegenüber-
stehenden Zeichen, um eine Verwechslungsgefahr festzustellen. Die beiderseiti-
gen Waren seien auch nicht Produkte aus dem Bereich der Keramik, so dass die
Eingangssilben der Vergleichsmarken „Cera“ bzw. „Cero“ keinen beschreibenden
Anklang aufwiesen. Damit werde der Verkehr den Wortanfängen mehr Aufmerk-
samkeit schenken als den Wortenden, so dass die Ähnlichkeit bzw. Identität der
Eingangsbestandteile zu einer unmittelbaren Verwechselbarkeit der Wortmarken
führe. Da sich zudem die Markenendungen nicht wesentlich voneinander unter-
schieden, seien sich die Vergleichszeichen in ihrer Gesamtschau klanglich hoch-
gradig ähnlich. Insbesondere die Marken „Ceramat“ und „Ceramit“ unterschieden
sich nur in einem Vokal der Endsilbe, wobei Betonung und Sprechrhythmus über-
einstimmten. Bei Betrachtung der Übereinstimmungen fielen auch die unter-
schiedlichen Buchstaben in den Marken „Ceramat“ und „Ceromax“ nicht ins Ge-
wicht.
Vor allem in schriftbildlicher Hinsicht seien die Marken hochgradig ähnlich. Hierbei
habe die Erinnerungsprüferin in unzulässiger Weise Kriterien der klanglichen und
schriftbildlichen Ähnlichkeit vermischt. Bei korrekter Beurteilung unterschieden
sich die Marken schriftbildlich nur in zwei von sieben („Ceromax“) bzw. einem von
sieben Buchstaben („Ceramit“), so dass im ersten Fall von einer großen, im zwei-
ten Fall von einer an Identität grenzenden Ähnlichkeit gesprochen werden müsse.
Die Widersprechende beantragt,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der
angegriffenen Marke anzuordnen.
Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
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Nach seiner Auffassung hat die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung
ihrer Marke nicht glaubhaft gemacht. Das ihm übersandte Exemplar des Katalogs
„Ceresit Bautechnik“ datiere vom November 1998 und decke den Nachweiszeit-
raum weitestgehend nicht ab. Außerdem seien die eingereichten eidesstattlichen
Versicherungen von einem Mitarbeiter der H…
GmbH zu einer Zeit
abgegeben worden, als die Widerspruchsmarken noch für die C… GmbH ein-
getragen gewesen seien. Die Benutzungsunterlagen ergäben auch keinen Auf-
schluss darüber, ob die Waren in Deutschland hergestellt und dort vertrieben wür-
den.
Im übrigen bestehe zwischen den beiderseitigen Marken keine Verwechslungs-
gefahr. Hinsichtlich der angesprochenen Verkehrskreise sei nicht vom „flüchtigem
Verkehr“, sondern vom „mündigen“ Verbraucher auszugehen, der sich der Vielzahl
der auf dem Markt befindlichen Kennzeichnungen bewusst sei und auf die
Abweichungen der verwendeten Bezeichnungen achte. Zudem sei der gemein-
same Anfangsbestandteil „Cera-“ bzw. „Cero-“ kennzeichnungsschwach. Im Ge-
gensatz zur Auffassung der Widersprechenden gehörten auch Werkstoffe wie
Zement, Ziegel und Mörtel zu den Produkten der (grob-)keramischen Industrie.
Der Anfangsbestandteil der Vergleichsmarken sei somit beschreibend. Zudem sei
er, wie aus der Vielzahl von eingetragenen Marken mit dem Bestandteil „cera“
hervorgehe, auch verbraucht. Damit käme den abweichenden Bestandteilen eine
verstärkte Aufmerksamkeit zu. Der Verkehr achte somit vornehmlich auf die
Schlussbestandteile „mat“, „(o)max“ bzw. „mit“, die bei der Aussprache der Ver-
gleichsmarken zudem betont würden.
Die mangelnde Kennzeichnungskraft der Anfangsbestandteile der Vergleichsmar-
ken spiele auch für die Frage der schriftbildlichen Verwechslungsgefahr eine ent-
scheidende Rolle, da auch bei einer visuellen Wahrnehmung das Wort „innerlich
gehört“ werde. Auch beim Lesen der Marken würden daher vor allem die Endsil-
ben berücksichtigt. Beim Vergleich der Marken „Ceramat“ und „Ceromax“ sei zu
beachten, dass die beiden unterschiedlichen Vokale „a“ und „o“ und der markante
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Zischlaut „x“ in „Ceromax“ eine klare klangliche Unterscheidbarkeit der jüngeren
Marke und der Widerspruchsmarken ermöglichten. Schließlich erleichtere der
begriffliche Unterschied der Endsilben „max“ als männlicher Vorname bzw. „ma-
ximal“ die Unterscheidbarkeit von „Ceramat“ und „Ceromax“.
Trotz der ausgeprägteren Ähnlichkeit sei auch zwischen den Marken „Ceramat“
und „Ceramit“ ebenfalls eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Der Unterschied
in den Buchstaben „a“ und „i“ wirke sich auf den Gesamteindruck der Marken aus,
der vor allem durch die betonten und nicht verbrauchten Schlussbestandteile be-
stimmt werde. Da sich der dunkle Vokal „a“ von dem hellen „i“ klanglich sowie der
strichförmige Buchstabe „i“ von dem kreisförmig-bauchigen „a“ schriftbildlich deut-
lich unterschieden, könne auch insoweit eine Verwechslungsgefahr ausgeschlos-
sen werden. Im Übrigen handele es sich bei einem großen Teil der für die jüngere
Marke eingetragenen Waren um Rohstoffe, die mit den allenfalls benutzten Waren
der Widerspruchsmarken, bei denen es sich um Fertigerzeugnisse handele, keine
Ähnlichkeit aufwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
1. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist bereits wegen des
Widerspruchs aus der Marke 1 137 676 begründet.
Die Widersprechende hat die zulässig bestrittene Benutzung der o.g. Wider-
spruchsmarke gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 26 MarkenG hinreichend glaubhaft
gemacht. Der Senat hält die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 Mar-
kenG zwischen den sich gegenüberstehenden Marken für gegeben.
a) Auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede hat die Widersprechende glaubhaft
gemacht, dass die Widerspruchsmarke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der
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Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke für die Waren „Baukle-
ber“ und „Mörtel“ rechtserhaltend benutzt worden ist, auch wenn die Glaubhaftma-
chung aufgrund verschiedener Mängel der eingereichten Unterlagen an der
Grenze zum Scheitern stand. Nachdem die damalige Inhaberin der angegriffenen
Marke auf die vorgelegten Benutzungsunterlagen mit Schriftsatz vom 10. Janu-
ar 2000 mitgeteilt hat, dass der eingereichte Prospekt „zwar gerade noch während
des im vorliegenden Fall maßgeblichen Benutzungszeitraums 19.11.1993 bis
19.11.1998 gedruckt worden sein“ könnte, hat der Senat davon auszugehen, dass
sich die Nichtbenutzungseinrede gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG nur noch auf
den Zeitraum von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der Eintragung der jünge-
ren Marke bezieht.
Glaubhaft zu machen ist die Verwendung der Marke grundsätzlich nach Art,
Dauer, Ort und Umfang; diese Erfordernisse müssen insgesamt erfüllt sein
(BPatGE 23, 158, 165 f. - Fludec; BPatGE GRUR 1994, 629, 630 - Duotherm).
Hierbei kommen als Mittel zur Glaubhaftmachung alle präsenten Beweismittel ein-
schließlich der eidesstattlichen Versicherung in Betracht; außerdem können auch
sonstige Unterlagen, wie z.B. Preislisten, Prospekte, Etiketten, Rechnungskopien
usw. insbesondere zur Ergänzung und Verdeutlichung einer eidesstattlichen Ver-
sicherung dienen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 43 Rdn. 84).
Zwar werfen die vorgelegten Benutzungsunterlagen zunächst Zweifel hinsichtlich
der Person des Benutzenden auf. Denn einerseits hat darin Herr J…
erklärt, dass er sei 1982 bei der H…
GmbH beschäftigt sei und An-
gaben zu den mit der Widerspruchsmarke erzielten Umsätzen von 1996 bis 1998
gemacht, obwohl dieses Unternehmen allerdings erst seit dem 12. Mai 2000 als
Inhaberin der Widerspruchsmarke eingetragen ist. Zudem wurde es nach dem
Vortrag der Widersprechenden erst 1996 nach dem Kauf der C… GmbH als
der ursprünglichen Inhaberin der Widerspruchsmarke gegründet. Nach dem inso-
weit unbestritten gebliebenen Vortrag der Widersprechenden ist die C… GmbH
jedoch im Jahr 1996 von der H1… KGaA gekauft und in die danach gegründete
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H…
GmbH eingegliedert worden. Soweit die Widerspruchsmarke
ab 1996 noch eine gewisse Zeit von der C… GmbH selbst benutzt worden ist,
geschah dies damit jedenfalls im Konzernverbund der H1… KGaA, so dass da-
von ausgegangen werden kann, dass sie entweder noch für sich selbst oder
-
nach der materiellrechtlichen Übertragung der Marke an die H…
GmbH - bereits für ein übergeordnetes konzernverbundenes Unternehmen der
H2…-Gruppe benutzt hat, wobei im letzteren Fall die Zustimmung zur Benut-
zung nach § 26 Abs. 2 MarkenG ohne Weiteres angenommen werden kann (vgl.
Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 26, Rdn. 120). Die Widerspruchsmarke
ist daher zunächst entweder von der ursprünglichen Inhaberin der Widerspruchs-
marke für sich selbst oder - jedenfalls nach materiellrechtlicher Übertragung - von
dieser mit Zustimmung der materiell berechtigten Inhaberin der Widerspruchs-
marke benutzt worden. Es kann somit dahinstehen, ob die aus dem eingereichten
Prospekt von 1998 ersichtliche Benutzung durch die H…
GmbH
selbst noch nennenswert in den maßgeblichen Benutzungszeitraum fällt.
Aus der Gesamtheit der Benutzungsunterlagen geht für den Senat auch mit über-
wiegender Wahrscheinlichkeit hervor, dass die Widerspruchsmarke innerhalb des
Nachweiszeitraums nach Art, Umfang und Dauer ernsthaft benutzt worden ist. Je-
denfalls für die Jahre 1996 bis 1998, und damit für einen ausreichenden Zeitraum,
sind erhebliche Umsätze von jeweils über … DM versichert worden. Zudem
hat die Widersprechende einen Prospekt vorgelegt, der eine funktionsgemäße Art
der Benutzung der Widerspruchsmarke als Produktmarke neben der Dachmarke
„Ceresit“ und der Firmenmarke „Henkel“ auf Verpackungen für Mörtel und Baukle-
ber zeigt. Dabei ist es nicht entscheidungserheblich, dass die von der Widerspre-
chenden eingereichten Exemplare des Prospekts offenbar unterschiedliche Aus-
gaben aufweisen, aus denen sich einmal der Januar 1998 und einmal der Novem-
ber 1998 als Druck- oder Erscheinungsdatum ergeben. Denn zum einen wird in
der eidesstattlichen Versicherung vom 29. September 1999 versichert, dass die
Marke „CERAMIT“ auf der Verpackung verwendet werde und das „beigefügte
Material“ die Benutzung der Marke zeige, wie sie bereits im „oben genannten“ Be-
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nutzungszeitraum erfolgt sei (dabei handelt es sich um die Jahre 1996 bis 1998,
für die Umsatzzahlen versichert worden sind). Zum anderen ist zu berücksichti-
gen, dass der Prospekt das Ceresit-Produktsortiment mit etwa 100 Einzelproduk-
ten abdeckt und dabei erkennbar an die ursprüngliche Firmenmarke "Ceresit" an-
knüpft, die trotz der Aufnahme in die H2…-Gruppe nach wie vor als Dachmarke
erhalten geblieben ist. Daher muss auch angesichts der Vorbereitungszeit, die für
einen solchen Prospekt erforderlich ist, mit einer insgesamt noch überwiegenden
Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Marke bereits zuvor in
einem beachtlichen Zeitraum vor dem Druck- oder Veröffentlichungstermin funk-
tionsgemäß im Rahmen einer traditionellen und einheitlichen „Ceresit“-Präsenta-
tion auf der Warenverpackung angebracht worden ist.
Im Übrigen kann auch ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die
Marke in einem jedenfalls beachtlichen Umfang im Inland benutzt worden ist. Sie
ist von einem deutschen Unternehmen mit regionalen Vertriebsleitungen in
Deutschland (vgl. letzte Seite des vorgelegten Prospekts) benutzt worden, so dass
auch ohne ausdrückliche Nennung des Produktions- und Vertriebsgebiets in der
eidesstattlichen Versicherung mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit
von einer Benutzung im Inland auszugehen ist. Im übrigen wären auch Exporte in
das Ausland nach § 26 Abs. 4 MarkenG als rechtserhaltende Benutzung anzuse-
hen. Damit sind nach § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG auf Seiten der Widerspruchs-
marke die Waren „Baukleber, Mörtel“ zugrunde zu legen.
b) Zwischen den Marken besteht die Gefahr von Verwechslungen. Nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage einer marken-
rechtlichen Verwechselungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unter Heran-
ziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von
einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Warenidentität oder
-ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft
der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der
Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit
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der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden
kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2001, 544, 545 - BANK 24
m.w.N.; GRUR 2002, 1067 - DKV/OKV; GRUR 2003, 963 - AntiVir/AntiVirus).
aa) Der Widerspruchsmarke ist insgesamt eine normale Kennzeichnungskraft zu-
zubilligen. Dabei kann es dahinstehen ob einzelne Elemente des einheitlichen
Markenworts beschreibende Anklänge aufweisen oder im Hinblick auf ihre Auf-
nahme in zahlreiche Drittmarken als abgegriffen anzusehen sind. In ihrer Gesamt-
heit weist die Widerspruchsmarke jedenfalls weder einen beschreibenden Cha-
rakter auf noch sind sonst Anhaltspunkte für eine anfängliche oder nachträgliche
Schwächung ihrer Kennzeichnungskraft erkennbar.
bb) Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen liegen teilweise in
einem engeren, teilweise in einem zumindest noch entfernten Ähnlichkeitsbereich.
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind nach der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs alle
erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren
oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere
deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander
konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (EuGH
GRUR Int. 1998, 875, 876 f. - Canon; GRUR Int. 1999, 734 - Lloyds/Loint´s; BGH
GRUR 1999, 731 - Canon II; WRP 1998, 747, 749 - GARIBALDI; WRP 2000,
1152,1153 - PAPPAGALLO; WRP 2001, 694, 695 - EVIAN/REVIAN). Auch die
maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge, wie Herstellungsstätten und
Vertriebswege, stoffliche Beschaffenheit und Zweckbestimmung oder Verwen-
dungsweise sind relevante Gesichtspunkte.
Die für die jüngere Marke eingetragenen Waren der Klasse 19 sind als Baustoffe
bereits als solche offensichtlich mit den von der Widersprechenden rechtserhal-
tend benutzten Waren „Baukleber“ und „Mörtel“ ähnlich. Die Waren entsprechen
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sich nach Einsatzzweck, Vertriebswegen und können ergänzend, teilweise auch
alternativ zueinander eingesetzt werden.
Eine zwar entferntere, aber immer noch zumindest schwache Ähnlichkeit besteht
auch zu den für die jüngere Marke eingetragenen Waren der Klasse 1. Zwar han-
delt es sich hierbei um Rohstoffe und oxidhaltige Zuschlagstoffe zur Herstellung
von Zement, Ziegelerde, Ziegelton und Blähton; Anhydride, Eisensalze und Be-
tonbindemittel, so dass eine Ähnlichkeit der Waren nicht ohne Weiteres auf der
Hand liegt, zumal Rohstoffe erfahrungsgemäß mit den daraus hergestellten Er-
zeugnissen nicht ähnlich sind. Allerdings ist im Baubereich auch zu berücksichti-
gen, dass Baustoffe funktionsgemäß selbst keine Fertigwaren (Bauten) darstellen
und ihren Rohstoffen und Zusätzen wegen der Bedeutung für die Materialbe-
schaffenheit und -eigenschaften im Vergleich zu anderen Waren häufig eine
größere Bedeutung zukommt. Die Ähnlichkeit von Waren im Bereich der Baustoffe
und ihrer Roh- oder Zusatzstoffe wird daher von der Rechtsprechung regelmäßig
auch bejaht, wenn einzelne Stoffe noch der Weiterverarbeitung bedürfen. So wer-
den etwa Baustoffe als mit chemischen Erzeugnissen für die Bauindustrie ähnlich
angesehen (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen,
12. Aufl., S. 70, li. Sp.), ebenso mit mineralischen Rohprodukten (a.a.O., mi. Sp.).
Ähnlichkeit wird auch bejaht zwischen Baustoffen, nämlich chemischen Betonzu-
satzmitteln und chemischen Erzeugnissen für gewerbliche Zwecke (a.a.O., S. 71,
li. Sp.), in jüngerer Zeit auch zwischen Baustoffen, nämlich Fließzement-Böden
und mineralischen Rohstoffen (a.a.O., mi. Sp.). Daher kann auch hier eine recht-
lich beachtliche Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren der Klassen 1 einerseits und
19 andererseits nicht verneint werden. Der Senat tendiert zu einer noch mittelgra-
digen Ähnlichkeit. Es würde sich jedoch nicht entscheidungserheblich auswirken,
wenn man zugunsten des Markeninhabers eine nur geringe Ähnlichkeit zugrunde
legt.
cc) Die Marken sind jedenfalls in schriftbildlicher Hinsicht hochgradig ähnlich. Da-
bei ist von allen verkehrsüblichen Schreibweisen auszugehen, d.h. sowohl von der
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Normalschrift wie von der Schreibweise in Versalien. In beiden Fällen unterschei-
den sich die Markenwörter nur durch die Abweichung im jeweils vorletzten Buch-
staben. Der Unterschied zwischen „A/I“ bzw. „a/i“ mag zwar für sich genommen
durchaus beachtlich sein, er befindet sich jedoch an einer unauffälligen Stelle in-
nerhalb der Marken an deren Wortende. Ansonsten sind die mit jeweils sieben
Buchstaben nicht mehr kurzen Markenwörter völlig identisch, so dass sie sich
nicht nur nach den für den schriftbildlichen Gesamteindruck wichtigen Kriterien der
Wortlänge, Wortkontur, Anfangs- und Schlusselemente entsprechen, sondern zu-
sätzlich auch im Großteil ihres Wortinneren. Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof
in jüngerer Zeit erneut betont, dass nicht die Unterschiede sondern das Maß an
Übereinstimmungen den Beurteilungsmaßstab für die Verwechslungsgefahr bilden
(BGH GRUR 2003, 1047, 1049 - Kellogg´s/Kelly´s).
d) Angesichts der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und
der hochgradigen schriftbildlichen Ähnlichkeit der Marken würde selbst eine nur
geringe Ähnlichkeit der Waren, wie sie hier mindestens zu bejahen ist, für die
Feststellung einer Verwechslungsgefahr ausreichen. Unter Aufhebung der ange-
fochtenen Beschlüsse war daher die Löschung der angegriffenen Marke anzuord-
nen.
2. Da der Widerspruch aus der Marke 1 137 676 bereits in vollem Umfang be-
gründet war, konnte die Entscheidung über den weiteren Widerspruch aus der
Marke 2 019 481 dahingestellt bleiben.
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3. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen
der Billigkeit einem der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG aufzuerlegen.
Winkler Dr.
Hock Kätker
Cl