Urteil des BPatG vom 08.12.2009

BPatG (unterscheidungskraft, klasse, marke, beschwerde, bezeichnung, eugh, internet, annahme, prüfung, benutzung)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
24 W (pat) 17/09
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 307 23 463.0
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter
Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck
und Eisenrauch in der Sitzung vom 8. Dezember 2009
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Bezeichnung
MIKROFRISCHEPERLEN
ist am 10. April 2007 zur Eintragung als Marke für Waren in Klasse 3 angemeldet
worden.
Seitens der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts ist
die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung (gem. § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und
2 MarkenG) in einem ersten Beschluss vom 7. Februar 2008 teilweise, nämlich für
die Waren
"Bleichmittel und andere Substanzen zur Behandlung der Wä-
sche; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Scheuermittel; Seifen;
Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Zahnputzmittel"
zurückgewiesen worden. Die Gesamtbezeichnung beschreibe wesentliche Pro-
duktmerkmale der von der Zurückweisung betroffenen Waren unmittelbar.
Die Erinnerung der Anmelderin ist durch einen zweiten Beschluss der Marken-
stelle vom 18. Dezember 2008 zurückgewiesen worden, wobei nach Ansicht der
Erinnerungsprüferin der angemeldeten Bezeichnung zumindest das Eintragungs-
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hindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegensteht. Die Wortzusam-
mensetzung "MIKROFRISCHEPERLEN" sei sprachüblich gebildet und werde vom
Verkehr als werbliche Sachaussage, nicht aber als betrieblicher Herkunftshinweis,
verstanden. Dem Beschluss waren Belege aus dem Internet (16 Bl.) beigefügt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt
den (sinngemäßen) Antrag,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Pa-
tent-
und
Markenamts
vom
7. Februar 2008
und
vom
18. Dezember 2008 im Umfang der Versagung aufzuheben.
Zur Begründung bezieht sich die Anmelderin auf ihr Vorbringen im patentamtli-
chen Verfahren und trägt ergänzend vor, den nach der Rechtsprechung geringen
Anforderungen an die Unterscheidungskraft genüge die angemeldete Marke. Ab-
zustellen sei auf die Zusammenfassung der Einzelelemente, welche keinen be-
schreibenden Sinngehalt für die verfahrensgegenständlichen Waren aufweise.
Besondere Originalität oder ein Phantasieüberschuss seien nicht Voraussetzung
für die Annahme von Unterscheidungskraft. Es bestehe auch kein Freihaltebe-
dürfnis, da es sich weder um eine Gattungsbezeichnung, noch um ein zur Kenn-
zeichnung irgendwelcher Waren üblicherweise benutztes Zeichen handele und
auch von einer zukünftigen Verwendung nicht ausgegangen werden könne.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten
Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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Der als Marke angemeldeten Wortzusammenstellung fehlt hinsichtlich der be-
schwerdegegenständlichen Waren in Klasse 3 von Hause aus - d. h. vor und un-
abhängig von jeder Benutzung - jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einem Zeichen
innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel auf-
gefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren (oder Dienstleistungen) als
von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und dieses somit
von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR
Int. 2005, 135, Nr. 29 - Maglite; BGH GRUR 2009, 411, Nr. 8 - STREETBALL;
GRUR 2009, 952, Nr. 9 - DeutschlandCard). Denn die Hauptfunktion einer Marke
besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren (oder Dienst-
leistungen) zu gewährleisten. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist im Hinblick
auf jede der beanspruchten Waren zu beurteilen, wobei es auf die Anschauung
der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahr-
nehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständi-
gen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren abzustellen (vgl. Ströbele in:
Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 53, 81, 83 m. w. Nachw.).
Im Ansatz zutreffend weist die Anmelderin darauf hin, dass nach der Rechtspre-
chung des Bundesgerichtshofs (vgl. z. B. GRUR 2009, 411, Nr. 8 - STREETBALL)
bereits eine geringe Unterscheidungskraft für die Schutzgewährung ausreicht, wo-
bei die Prüfung selbst allerdings streng und vollständig sein muss (vgl. EuGH
GRUR 2003, 604, Nr. 59 - Libertel; GRUR 2004, 674, Nr. 123 - Postkantoor;
GRUR 2004, 1 027, Nr. 45 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Im vorlie-
genden Fall fehlt jedoch in Anbetracht der Wortbedeutung auch bei einem noch so
"großzügigen" oder "anmelderfreundlichen" Prüfungsmaßstab jegliche betriebs-
kennzeichnende Hinweiskraft.
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Weiterhin zutreffend ist die Annahme der Anmelderin, der Prüfung müsse die an-
gemeldete Wortzusammenstellung in ihrer Gesamtheit zugrunde gelegt werden.
Dies schließt es allerdings nicht aus, zunächst den Sinngehalt der einzelnen
Wortbestandteile zu ermitteln und erst danach der Frage nachzugehen, ob die
Verbindung einen begrifflichen "Überschuss" gegenüber der Summe der Einzel-
elemente aufweist (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 120). Im
vorliegenden Fall hat die Markenstelle den Bedeutungsgehalt der einzelnen Wort-
elemente "MIKRO", "FRISCHE" und "PERLEN" zutreffend ermittelt und aufge-
zeigt; hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. In der
Gesamtheit ergibt sich für durchschnittlich informierte allgemeine deutsche Publi-
kumskreise, auf die bei Massenprodukten der vorliegenden Art abzustellen ist,
ohne dass irgendein gedanklicher Aufwand erforderlich wäre, ein sachbezogener
Sinngehalt (i. S. v. kleine perlenförmige Produkte zur Erzeugung von Frische).
Denn vergleichbare Bezeichnungen wie "Perlen", "Frischeperlen", "Mikroperlen",
"Duftperlen" und "Megaperls" sind auf den Warensektoren der Reinigungsmittel
und der Körperpflegeprodukte - die hier beansprucht werden - bereits zahlreich in
Gebrauch, wie die Markenstelle anhand von Internet-Seiten ermittelt und der An-
melderin zur Kenntnis gegeben hat. Mithin wird auch die Wortkombination
"MIKROFRISCHEPERLEN" - unabhängig davon, ob diese wirklich neu ist - für
sämtliche noch verfahrensgegenständlichen Erzeugnisse in Klasse 3 als sachbe-
zogene Angabe verstanden, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft so gekenn-
zeichneter Waren aus einem bestimmten (einzigen) Geschäftsbetrieb.
Ob - wie die Markenstelle im Erstbeschluss angenommen hat - einer Eintragung
der Bezeichnung "MIKROFRISCHEPERLEN" auch das Schutzhindernis des § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich da-
hingestellt bleiben.
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Auf den rechtlichen Gesichtspunkt der Verkehrsdurchsetzung infolge Benutzung
(§ 8 Abs. 3 MarkenG) hat die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren nicht gestützt.
Prof. Dr. Hacker
Eisenrauch
Viereck
br/Bb