Urteil des BPatG vom 20.11.2007

BPatG (marke, beschwerde, partner, benutzung, versicherungswesen, zeichen, werbung, verwechslungsgefahr, dienstleistung, patent)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
33 W (pat) 9/06
_______________________
- 2 -
betreffend die Marke 300 91 161
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 20. November 2007 unter Mitwirkung der Richterin Dr. Hock als Vor-
sitzende, des Richters Kätker und des Richters Dr. Kortbein
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die Eintragung der Wortmarke 300 91 161
JURPARTNER
eingetragen für
Werbung; Versicherungswesen,
ist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 1 156 120
JUROPARTNER
- 3 -
eingetragen für
Dienstleistungen von Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirt-
schaftsprüfern und Unternehmensberatern.
Mit Beschluss vom 30. Oktober 2003, der durch Erinnerungsbeschluss vom
9. November 2005 bestätigt worden ist, hat die Markenstelle für Klasse 36 den
Widerspruch zurückgewiesen. Sie hat darin ausgeführt, dass die Tätigkeit „Ver-
sicherungswesen“ des angegriffenen Zeichens mittelgradig ähnlich zu den
Dienstleistungen der älteren Marke sei. Nach Auffassung des Erinnerungsprüfers
besteht zudem zwischen Werbung und den Dienstleistungen von Unternehmens-
beratern eine „minimale“ Ähnlichkeit. Es sei von einer normalen Kennzeichnungs-
kraft des älteren Zeichens auszugehen, auch wenn nach Ansicht des Erinne-
rungsprüfers Anhaltspunkte für eine Schwächung vorliegen, da die Wider-
spruchsmarke als Hinweis auf einen Partner für/in juristischen Angelegenheiten
angesehen werden könne. Dennoch sei keine unmittelbare Verwechslungsgefahr,
insbesondere unter Berücksichtigung des deutlich beschreibenden Anklangs der
Widerspruchsmarke gegeben. Der zusätzliche Buchstabe „O“ in dem älteren Zei-
chen führe zu einer unterschiedlichen Vokalfolge und Silbenzahl. Daraus entstün-
den eine andere Rhythmusstruktur und ein abweichendes Gesamtklangbild. Zu-
dem sei der Bestandteil „PARTNER“ im Bereich der Dienstleistungen der
Klasse 36 kennzeichnungsschwach, so dass der Verkehr seine Aufmerksamkeit
besonders auf die andere Buchstabenfolge richten werde. Auch könne die ange-
griffene Marke mit der Wortkombination „Your Partner“ assoziiert werden, so dass
eine zusätzliche Merkhilfe bestehe. Nicht nur klanglich, sondern auch schriftbild-
lich seien keine Verwechslungen zu befürchten, da durch den zusätzlichen Buch-
staben „O“ eine Zäsur zwischen den Buchstaben „R“ und „P“ entstehe. Zudem
erscheine die angegriffene Marke durch die Binnengroßschreibung zweigliedrig.
Dadurch werde der Unterschied zwischen den beiderseitigen Bestandteilen „Jur-“
und „JURO-“ besonders deutlich. Weiterhin seien eventuelle begriffliche Über-
schneidungen unbeachtlich, da diese sich auf die beschreibenden Bestandteile
- 4 -
der beiden Marken beschränken würden. Schließlich lägen keine Anhaltspunkte
für eine Verwechslungsgefahr aus anderen Gesichtspunkten vor.
Gegen den Beschluss vom 9. November 2005 haben die Widersprechenden Be-
schwerde eingelegt, mit der kein bestimmter Antrag verbunden ist. Eine Begrün-
dung wurde zwar angekündigt, ist jedoch nicht zur Akte gelangt. Weitere Äuße-
rungen oder Stellungnahmen der Widersprechenden im Rahmen des Beschwer-
deverfahrens liegen ebenfalls nicht vor. Vor dem Deutschen Patent- und Mar-
kenamt haben die Beschwerdeführer geltend gemacht, dass die Dienstleistung
„Versicherungswesen“ mittel- bis hochgradig und die Dienstleistung „Werbung“
zumindest geringfügig ähnlich zu den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke
seien. Die Zeichen würden sich zudem lediglich in dem Buchstaben „O“ unter-
scheiden, der bei flüchtiger Aussprache „verschluckt“ werde. Er führe darüber hin-
aus zu keiner Zäsur, die ein durchschnittlicher Verbraucher bewusst wahrnehmen
würde. Auch seien beide Marken von dem lateinischen Wort „iura“ abgeleitet.
Letztlich wiesen die Vergleichszeichen eine begriffliche Ähnlichkeit im Sinne eines
Partners für juristische Angelegenheiten auf.
Die Markeninhaberin hat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie macht geltend, dass die Parteien über eine Konzernschwester eine Toleranz-
vereinbarung abgeschlossen hätten, die dem Widerspruch materiell-rechtlich ent-
gegenstehe. Darüber hinaus hat sie im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom
5. April 2007 erstmals undifferenziert die Nichtbenutzungseinrede erhoben. Darin
trägt sie außerdem vor, dass die beiderseitigen Dienstleistungen nicht ähnlich
seien. Insbesondere sei den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt, dass
Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater keine
Versicherungsdienstleistungen erbringen würden. Auch bleibe die Vorsilbe
„JURO“ der Widerspruchsmarke infolge des markanten „O“ gut in Erinnerung.
- 5 -
Demgegenüber stelle die angegriffene Marke ein Wortspiel dar („Dein Partner“
bzw. „Ihr Partner“), sei jedoch aufgrund ihrer Schreibweise kennzeichnungskräftig.
Der Begriff „your“ als englischsprachiger Ausdruck für „Dein“ bzw. „Ihr“ sei den
angesprochenen Verkehrskreisen geläufig. Demnach bestehe allenfalls geringe
Ähnlichkeit der gegenständlichen Dienstleistungen und der zu vergleichenden Zei-
chen, so dass eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Markeninhaberin hat undifferenziert die Benutzung der Widerspruchsmarke
bestritten und damit die Nichtbenutzungsreinreden gemäß § 43 Abs. 1 Sätze 1
und 2 MarkenG erhoben (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 43,
Rdnr. 15). Die ältere Marke wurde am 19. März 1990 eingetragen. Da die Eintra-
gung des angegriffenen Zeichens am 5. April 2001 veröffentlicht worden ist, sind
beide Nichtbenutzungseinreden zulässig.
Die Einrede mangelnder Benutzung muss nicht bereits zum frühestmöglichen
Zeitpunkt vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, sondern kann erstmalig
auch im Beschwerdeverfahren erhoben werden (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O.,
§ 43, Rdnr. 20). Die von der Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 5. April 2007
geltend gemachte Nichtbenutzungseinrede kann auch nicht als verspätet gemäß
§ 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. §§ 282 Abs. 2, 296 Abs. 2 ZPO zurückgewie-
sen werden. Sie wurde insbesondere weder kurze Zeit vor noch in einer mündli-
chen Verhandlung erstmalig erhoben oder wiederaufgegriffen (vgl. Strö-
bele/Hacker, a. a. O., § 43, Rdnrn. 25 und 26).
- 6 -
Den Widersprechenden obliegt es, sich gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG
i. V. m. § 138 Abs. 2 ZPO zu der Behauptung der Nichtbenutzung zu erklären und
die Benutzung gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG glaubhaft zu machen. Dies ist vorlie-
gend jedoch nicht geschehen, da auf den zugestellten Schriftsatz vom
5. April 2007 keinerlei Reaktion erfolgte. Ein weiteres Zuwarten ist nicht erforder-
lich. Die Widersprechenden hatten über einen Monat Zeit, sich zu der Nichtbenut-
zungseinrede zu äußern. Jedoch haben sie weder erklärt, dass sie ihr entgegen-
treten wollen, noch sind ihrerseits Glaubhaftmachungsunterlagen vorgelegt wor-
den. Im Übrigen muss eine Beschwerdebegründung nicht angemahnt werden.
Vielmehr kann entsprechend § 85 Abs. 3 Satz 2 MarkenG einen Monat nach Ein-
legung über die Beschwerde entschieden werden (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O.,
§ 66, Rdnr. 34).
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG können bei der Entscheidung nur die
Dienstleistungen der Widerspruchsmarke berücksichtigt werden, für die die Benut-
zung glaubhaft gemacht worden ist. Da eine solche Glaubhaftmachung nicht er-
folgt ist, muss bereits aus diesem Grund der Widerspruch und damit auch die Be-
schwerde als unbegründet zurückgewiesen werden.
Dr. Hock
Kätker
Dr. Kortbein
Cl