Urteil des BPatG vom 04.04.2000

BPatG: beschreibende angabe, wissenschaftliche forschung, unterscheidungskraft, marke, geschichte, ausstellung, materialien, datenverarbeitung, papier, verkehrsdurchsetzung

BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 174/99
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 398 66 771.3
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 4. April 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Winkler,
des Richters v. Zglinitzki und der Richterin Pagenberg
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Mar-
kenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Marken-
BPatG 152
10.99
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amtes vom 6. Juli 1999 teilweise aufgehoben, nämlich insoweit
die Anmeldung im Umfang der Waren und Dienstleistungen
"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien,
soweit in Klasse
16 enthalten; Schreibwaren; Büro- und
Schreibartikel; Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbe-
deckungen; sportliche Aktivitäten; Verpflegung; Beherbergung
von Gästen"
zurückgewiesen worden ist.
2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 12. November 1998 die Wortbild-
marke
siehe Abb. 1 am Ende
für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 14, 16, 18, 21, 24, 25,
27, 28, 30, 32 - 42 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
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Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch den von einem Hilfsmit-
glied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 6. Juli 1999 teilweise gemäß
§§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zu-
rückgewiesen, nämlich im Umfang der Waren und Dienstleistungen
"Filme und Videobänder; Magnetaufzeichnungsträger, Schall-
platten; CDs; Videos bzw Videofilme; Papier, Pappe (Karton) und
Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten;
Druckereierzeugnisse; Photographien; Schreibwaren; Spielkarten;
Lehr- und Unterrichtsmittel; Büro- und Schreibartikel; Beklei-
dungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen; Spiele, Spielzeug;
Werbung; beratende Fernsehwerbung; Telekommunikation; Ver-
anstaltung von Reisen; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung;
sportliche und kulturelle Aktivitäten; Verpflegung; Beherbergung
von Gästen; wissenschaftliche Forschung; Erstellen von Pro-
grammen für die Datenverarbeitung."
In den Gründen ist von der Markenstelle ausgeführt worden, die Wortbestandteile
der Anmeldemarke wiesen einen rein beschreibenden Sinngehalt auf, denn sie
gäben lediglich das Thema an, das inhaltlicher Gegenstand der betroffenen Waren
und Dienstleistungen sei. Die graphische Gestaltung sei nicht geeignet, her-
kunftshinweisend zu wirken. Die Verwendung derartiger Klammern sei werbeüb-
lich, wie einige anliegende Werbebeispiele zeigten.
Die Anmelderin hat gegen diese Entscheidung des Patentamts Beschwerde ein-
gelegt. Sie beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben,
und trägt vor, der Zusatz "Geschichten einer Metropole" besitze nachweislich
Unterscheidungskraft. Im laufenden Betrieb, bei fortschreitender Vermarktung
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sowie Zunahme des Bekanntheitsgrades der Ausstellung unterscheide sich die
Anmeldemarke zudem sehr konkret von weiteren oder ähnlichen Slogans oder
Zeichen. Den Wiedererkennungs- und Unterscheidungswert der Marke unterstütze
gleichzeitig ein spezifisches Farbspektrum sowie die Schriftart.
II
Die Beschwerde ist teilweise begründet.
Der Senat folgt der Beurteilung der Markenstelle des Patentamts im Ergebnis nur
insoweit, als der angemeldeten Wortbildmarke hinsichtlich der beanspruchten
Waren und Dienstleistungen
"Filme und Videobänder; Magnetaufzeichnungsträger, Schall-
platten; CDs; Videos bzw Videofilme; Druckereierzeugnisse;
Photographien; Spielkarten; Lehr- und Unterrichtsmittel; Spiele,
Spielzeug; Werbung; beratende Fernsehwerbung; Telekommuni-
kation; Veranstaltung von Reisen; Erziehung; Ausbildung; Unter-
haltung; kulturelle Aktivitäten; wissenschaftliche Forschung; Er-
stellen von Programmen für die Datenverarbeitung"
jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG fehlt. In diesem
Umfang hat die Markenstelle daher die Anmeldung zu Recht gemäß § 37 Abs 1
MarkenG zurückgewiesen.
Die angesprochenen Verkehrskreise - jedenfalls auch das allgemeine Publikum -
werden die Anmeldemarke im Zusammenhang mit diesen Waren und Dienstlei-
stungen lediglich als rein beschreibende Angabe auffassen, sie aber von Hause
aus nicht für ein betriebskennzeichnend individualisierendes Unterscheidungs-
merkmal halten können, wobei die Rechtsfrage der ursprünglichen Unterschei-
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dungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG - abweichend von der Ansicht
der Anmelderin - ohne Berücksichtigung eines etwaigen durch Benutzung erwor-
benen Bekanntheitsgrades der unter der nahezu identischen Bezeichnung in Ber-
lin veranstalteten Ausstellung zu beurteilen ist. Wie die Markenstelle bereits zu-
treffend ausgeführt hat und die Anmelderin auch nicht in Frage stellt, nennen die
wörtlichen Aussagen der angemeldeten Marke allgemein verständlich und in
sprachüblicher Weise nur unmittelbar die inhaltliche Thematik hinsichtlich der
(historischen) Geschichte Berlins. Da insbesondere eckige Klammern in der Wer-
begraphik als gebräuchliches Stilmittel zur Hervorhebung eines wesentlichen
Teiles verwendet werden - wie die Markenstelle anhand einiger Beispiele auch
belegt hat -, stellen die eckigen Klammern in der angemeldeten Bezeichnung
offensichtlich keine herkunftskennzeichnende graphische Eigentümlichkeit dar,
sondern gliedern den oberen, in größerem und fetterem Druck wiedergegebenen
englischen Wortbestandteil "A [STORY OF BERLIN]" lediglich in dem ohne weite-
res verständlichen Sinne von "(eine) Geschichte Berlins" in eine Aussagealterna-
tive mit der Betonung gerade auf der Variante "STORY OF BERLIN". Der weitere
Wortbestandteil "GESCHICHTEN EINER METROPOLE" nimmt wie ein erläutern-
der Untertitel ebenso inhaltsbeschreibend Bezug auf den vorangegangenen eng-
lischsprachigen.
Im übrigen vermag sich der Senat der Auffassung der Anmelderin, Farbgebung
und Schriftbild verliehen der Anmeldemarke Unterscheidungskraft, nicht anzu-
schließen. Denn einerseits ist die Farbgebung der eingereichten Markenwieder-
gabe schon deshalb unbeachtlich, weil mit der Anmeldung ausdrücklich die
schwarz-weiße Eintragung beantragt worden ist, und andererseits erscheint die
Darstellung der Anmeldemarke in völlig normalen Druckbuchstaben.
Soweit die Anmelderin auf die zunehmende Bekanntheit der historischen Aus-
stellung in Berlin mit dem der angemeldeten Bezeichnung sehr ähnlichen Titel
hinweist, wäre dieser Aspekt allenfalls im Rahmen der - von der Anmelderin nicht
geltendgemachten - Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs 3 MarkenG bedeut-
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sam. Wegen der hohen Anforderungen - insbesondere der in einem Meinungsfor-
schungsgutachten nachzuweisenden Bekanntheit der angemeldeten Marke ge-
rade für die betreffenden beanspruchten Waren und Dienstleistungen in einem
überwiegenden Anteil der angesprochenen Verkehrskreise auf dem gesamten
Gebiet Deutschlands - dürfte eine Verkehrsdurchsetzung aber auch kaum in Be-
tracht kommen.
Die Beschwerde ist jedoch begründet, soweit die Markenstelle die Anmeldung
darüber hinaus im Umfang der im Tenor dieser Entscheidung genannten Waren
und Dienstleistungen zurückgewiesen hat. Denn der Senat vermag insofern kein
absolutes Schutzhindernis gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 oder 2 MarkenG festzustellen.
Hinsichtlich dieser beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist die Anmelde-
marke nämlich nicht geeignet, vom Verkehr als unmittelbar beschreibende Angabe
angesehen zu werden. Zwar können die Waren und Dienstleistungen etwa mit
typisch berlinerischen historischen Bilden oder sonstigen Aufmachungen versehen
sein, solche sind aber nicht fähig, dem Text der angemeldeten Bezeichnung
entsprechend inhaltlich die Geschichte oder Geschichten Berlins wiederzugeben.
Winkler Pagenberg
v.
Zglinitzki
Cl
Abb. 1