Urteil des BPatG vom 13.01.2003

BPatG (epa, verbindung, zeichen, publikum, beschwerde, organisation, kennzeichen, marke, gefahr, anmeldung)

Bundespatentgericht
30 W (pat) 238/01
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(Aktenzeichen)
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 40 899.4
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 13.
Januar
2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Buchetmann sowie der Richterinnen Winter und Hartlieb
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für
Klasse
9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom
22. Mai 2001 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister für die Waren
"Datenverarbeitungsprogramme zur Visualisierung von elektro-
nisch gespeicherten Personalunterlagen"
ist angemeldet das Zeichen
EPA plus.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat nach
vorausgehender Beanstandung die Anmeldung zurückgewiesen und dabei be-
gründend ausgeführt, EPA sei als Abkürzung von Europäisches Patentamt gemäß
§ 8 Absatz 2 Nr 8 MarkenG in Verbindung mit der Bekantmachung des Bundesmi-
nisteriums der Justiz vom 22. November 1979 zu § 4 des Warenzeichengesetzes
von der Eintragung in das Markenregister ausgeschlossen.
Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben und diese damit begründet, daß die an-
gemeldete Marke nicht geeignet sei, beim Publikum den unzutreffenden Eindruck
einer Verbindung mit dem Europäischen Patentamt hervorzurufen. Diese Behörde
sei nämlich weder auf die Vermarktung von Datenverarbeitungsprogrammen spe-
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zialisiert, noch sei sie geschäftlich im Personalwesen tätig. Die Waren, für die das
Zeichen angemeldet sei, wendeten sich somit an eine völlig andere Zielgruppe,
wodurch eine Gefahr, daß beim Publikum der unzutreffende Eindruck einer Ver-
bindung mit dem EPA hervorgerufen werde, nicht bestehe.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Eintragungs-
verfahren fortzusetzen.
II.
Die Beschwerde hat Erfolg. Das Eintragungsverbot gemäß § 8 Absatz 2 Nr 8 Mar-
kenG greift hier deshalb nicht, weil das angemeldete Zeichen im Zusammenhang
mit den beanspruchten Waren nicht geeignet erscheint, beim Publikum den unzu-
treffenden Eindruck einer Verbindung mit dem Europäischen Patentamt hervorzu-
rufen (§ 8 Abs 4 Satz 4 MarkenG). Nach dieser Ausnahmeregelung soll der um-
fängliche Bestand an Kennzeichen internationaler zwischenstaatlicher Organisati-
onen nicht zu einer unbilligen Beschränkung an sich eintragungsfähiger Marken
führen. Eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Allgemeinheit oder
der betroffenen internationalen zwischenstaatlichen Organisation ist nämlich nur
denkbar, wenn davon ausgegangen werden kann, daß das Publikum in den fragli-
chen Zeichen ein Kennzeichen einer internationalen Organisation erkennt und das
Zeichen oder dessen Inhaber in eine Verbindung zu dieser Organisation bringt
(Ströbele GRUR 1989, 84, 87).
Ausreichende Anhaltspunkte, die diese erforderliche Feststellung tragen könnten,
lassen sich für das angemeldete Zeichen, das in Verbindung mit den bean-
spruchten Waren zu beurteilen ist, nicht finden.
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Zunächst wird das Erkennen der beim allgemeinen Publikum ohnehin nicht sehr
bekannten Kurzbezeichnung für das Europäische Patentamt bereits dadurch et-
was erschwert, dass die Buchstabengruppe EPA auch in anderem Zusammen-
hang als Abkürzung verwendet wird, nämlich sowohl für andere Institutionen (etwa
das Eidgenössische Personalamt, Europäische Presseagentur), als auch in der
Medizin (Eicosapentaensäure). So hat selbst das DPMA 1989 die Anmeldung
EPA-steril ausschließlich unter dem Gesichtspunkt, das sei die Abkürzung von
Eicosapentaensäure beanstandet und zurückgewiesen (F 37 318/5 Wz). Selbst
die Nachbarbehörde des EPA denkt also wohl bei Begegnung mit der Buchsta-
bengruppe EPA nicht ohne weiteres an das Europäische Patentamt. Mag dies im
Bezugsfall durch den Zusatz steril begründet sein, so dürfte auch der Zeichenteil
plus, der zwar gewöhnlich lediglich einen verstärkenden Hinweis gibt, im Zusam-
menhang mit einem Amt aber doch ungewöhnlich erscheint, vom Hinweis auf das
Europäische Patentamt weglenken.
Auch wenn aber weder die Mehrdeutigkeit von EPA noch der Zusatz plus bereits
die Anwendung von § 8 Abs 4 Satz 4 MarkenG rechtfertigen mögen, so kommt
entscheidend hinzu, dass im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Wa-
ren, die bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit nicht außer Acht gelassen werden
dürfen, das Publikum den unzutreffenden Eindruck einer Verbindung mit dem Eu-
ropäischen Patentamt wohl nicht ziehen wird. Auch unter Berücksichtigung der
naheliegenden künftigen Entwicklung ist nicht ersichtlich, dass das Zeichen von
dem Kundenkreis, an den sich die hier beanspruchten Waren richten, mit dem Eu-
ropäischen Patentamt, das als solches nicht mit dem Vertrieb von Waren befasst
ist, in Verbindung gebracht werden könnte. Datenverarbeitungsprogramme zur
Visualisierung von elektronisch gespeicherten Personalunterlagen wenden sich an
mit Personalfragen befasste Personen, wobei der Erwerb solcher Programme für
Kleinbetriebe in der Regel nicht sinnvoll erscheint. Angesprochen ist also ein
Verbraucherkreis, bei dem ein fundierteres Verständnis für wirtschaftliche Zu-
sammenhänge vorausgesetzt werden darf. Die Gefahr, daß auch dieser Kreis
ohne weiteres den Markenteil plus vernachlässige und allein aufgrund der Buch-
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stabengruppe EPA irrigerweise annehmen könnte, diese sehr speziellen Pro-
gramme seien vom EPA entwickelt oder von diesem "abgesegnet", kann deshalb
als so gering angesehen werden, daß es die Zurückweisung nicht rechtfertigt. Da-
bei hat der Senat auch nur die eingereichte Marke in ihrer angemeldeten Form zu
beurteilen und nicht alle möglichen praktischen Erscheinungsformen der tatsächli-
chen Verwendung zu berücksichtigen, etwa eine besondere Betonung des Zei-
chenteils EPA durch eine Änderung der Schreibweise durch die bereits ein ande-
rer Eindruck erweckt werden könnte.
Dr. Buchetmann
Winter
Hartlieb
Hu