Urteil des BPatG vom 02.08.2000

BPatG: verkehr, unterscheidungskraft, teilung, bonbon, spiegel, unternehmen, muster, beschränkung, markenregister, mitbewerber

BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 142/99
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 398 48 474.0
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 2. August 2000 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel
sowie der Richterinnen Grabrucker und Martens
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse des
Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 31 -
vom 3. Februar und vom 19. Juli 1999 aufgehoben, soweit der
angemeldeten Marke die Eintragung versagt worden ist.
BPatG 152
10.99
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G r ü n d e
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die nachstehend verkleinert
wiedergegebene Marke
siehe Abb. 1 am Ende
und zwar ursprünglich für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der
Klassen 16 bis 35.
Die Markenstelle hat mit Beschluß vom 3. Februar 1999 die Anmeldung teilweise
mit der Begründung zurückgewiesen, sie besitze für die versagten Waren und
Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft und sei auch für Mitbewerber freizu-
halten. Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 11. Februar 1999 die Teilung ihrer
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Anmeldung hinsichtlich eines Teils der zurückgewiesenen Waren erklärt. und Er-
innerung eingelegt, die zu einer teilweisen Eintragungsversagung wegen des
Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die folgenden Waren führte:
"Audio; Pflanzen und natürliche Blumen, Dekorationsartikel,
Textilmaterialien, Trockenblumen für Dekorationszwecke; Spitzen
und Stickereien, Bänder und Schnürbänder, zB Dekorationsbän-
der; künstliche Blumen, insbes Seidenblumen; Waren aus Kunst-
stoffen (Halbfabrikate); Leder und Lederimitationen sowie Waren
daraus, soweit in Klasse 18 enthalten".
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt, soweit ihr hinsichtlich der Stamman-
meldung für die oben genannten Waren die Eintragung der Marke versagt worden
ist. Zur Begründung führt sie aus, an den noch streitigen Waren bestehe kein
Freihaltungsbedürfnis, zumal die Marke nicht ausschließlich aus beschreibenden
Angaben bestehe und sprachunüblich gebildet sei.
Die Anmelderin hat auf einen entsprechenden Hinweis des Senats die Waren:
"Pflanzen, natürliche und künstliche Blumen, Trockenblumen"
aus dem Warenverzeichnis gestrichen. Sie beantragt sinngemäß,
im schriftlichen Verfahren zu entscheiden und die angefochtenen
Beschlüsse aufzuheben, soweit darin die Eintragung der Marke
versagt worden ist.
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II.
Die zulässige Beschwerde führt nach Einschränkung des Warenverzeichnisses
zum Erfolg. Für die noch beanspruchten Waren
"Audio; Dekorationsartikel; Textilmaterialien; Spitzen und Stickereien, Bänder und
Schnürbänder; Waren aus Kunststoffen (Halbfabrikate); Leder und Lederimitatio-
nen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten",
stehen der Eintragung der angemeldeten Marke weder das Eintragungshindernis
des Freihaltungsbedürfnisses (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) noch das der fehlenden
Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) entgegen, wenn auch die Angabe
"Audio" im Warenverzeichnis der Anmeldung noch einer Klärung durch die
Markenstelle bedarf.
Verfahrensrechtliche Bedenken bestehen insoweit, als die Markenstelle mit
Erstprüfer-Beschluß vom 3. Februar 1999, der am 3. März 1999 zur Postabferti-
gung gegeben wurde, - somit zu einem Zeitpunkt, als die am 11. Februar 1999
erfolgte Teilung der Anmeldung bereits wirksam war - dessen ungeachtet über die
Anmeldung insgesamt entschieden hat, doch ist eine lediglich verfahrensrechtliche
Verbindung der Stammanmeldung mit der abgetrennten Anmeldung gemäß § 147
ZPO zulässig.
Nach Beschränkung des Warenverzeichnisses in der Beschwerde durch Strei-
chung von Waren, bei denen es sich um natürliche oder künstliche Pflanzen und
insbesondere um Blumen handelt, besteht die angemeldete Marke nicht mehr
ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung von Eigenschaften
der noch streitigen Waren dienen können (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Der Erinne-
rungsprüfer hat seiner Beurteilung zwar zutreffend zugrundegelegt, daß die Marke
aus der Pluralform des englischen Ausdrucks "blooms" gebildet ist, der dem
entsprechenden deutschen Wort "Blüten, Blumen" gleichzusetzen ist. Daß das
graphische Element zwischen den Buchstaben M und S der Marke insgesamt
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nicht zur Eintragung verhelfen kann, bestätigen auch die Feststellungen des Se-
nats, wonach wegen der geradezu inflationären Verwendung von Pluralbildungen
mit Hilfe eines Apostrophs (vgl Snack's, Bonbon's, Handy's, Kamera's) der Ver-
kehr selbst graphisch verfremdete Apostrophe lediglich als "Fliegendreck " (vgl
den der Anmelderin mit der Terminsladung übersandten Artikel im "Spiegel" mit
der Überschrift "Überall Fliegendreck", der die in Deutschland grassierende Un-
sitte einer Pluralbildung mit Apostroph zum Gegenstand hat) ansieht und diesen
daher auch vorliegend keine weitere Bedeutung beimisst.
Die nunmehr streitigen Waren weisen jedoch keinen unmittelbar beschreibenden
Bezug zu Blumen oder Blüten auf. Allenfalls über mehrere gedankliche Schritte
könnte eine sachliche Verbindung etwa zu Dekorationsartikeln hergestellt werden,
die als Blumen oder in Blütenform ausgebildet sind bzw solche Formen als Muster
oder Verzierung enthalten. Insoweit kann aber allenfalls ein mittelbarer und daher
wenig konkreter Bezug zu den beanspruchten Waren konstruiert werden, der ein
Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Bezeichnung insgesamt nicht recht-
fertigt.
Die angemeldete Marke besitzt für die verbliebenen Waren auch Unterschei-
dungskraft, dh die Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die ange-
meldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen
aufgefaßt zu werden. Der Verkehr nimmt ein als Marke verwendetes Zeichen in
aller Regel so auf, wie es ihm entgegentritt und unterzieht es keiner analysieren-
den Betrachtung. Nach Einschränkung des Warenverzeichnisses kann der Marke
für die noch beanspruchten Waren kein im Vordergrund stehender Begriffsgehalt
zugeordnet werden; allenfalls ergeben sich schwammige und unklare Assoziatio
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nen, so daß der Marke nicht jegliche Eignung, betriebskennzeichnend zu wirken,
abgesprochen werden kann.
Stoppel Grabrucker Martens
prö
Abb. 1