Urteil des BPatG vom 19.03.2004

BPatG: genehmigung, ergänzendes schutzzertifikat, inverkehrbringen, eugh, portugal, arzneimittel, begriff, spanien, patent, berechnungsgrundlage

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
14 W (pat) 42/04
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Anmeldung eines ergänzenden Schutzzertifi-
kats für Arzneimittel 198 75 018.8
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 18. Juli 2006 unter Mitwirkung …
- 2 -
beschlossen:
1.
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der angefochtene,
den Hauptantrag vom 23.
Februar
2004 zurückweisende Be-
schluss der Patentabteilung 41 des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts vom 19. März 2004 aufgehoben.
2.
Es wird festgestellt, dass der weitere, ein Zertifikat gemäß
Hilfsantrag erteilende Beschluss der Patentabteilung 41 des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 19. März 2004 wirkungslos
ist.
3.
Auf die am 20. Mai 1998 eingegangene Anmeldung wird ein
ergänzendes Arzneimittelschutzzertifikat für
„Aceclofenac und monobasische Salze therapeutisch annehmba-
rer Kationen hiervon“
mit einer Laufzeit vom 20. März 2004 bis 19. März 2009 erteilt.
G r ü n d e
I
Die Anmelderin ist Inhaberin des mittlerweile durch Zeitablauf erloschenen Grund-
patents EP 0
119
932 B1 mit deutschem Anteil DE 34
63
650.1, das am
19. März 1984 angemeldet und dessen Erteilung am 13. Mai 1987 veröffentlicht
worden ist.
- 3 -
Am 20. Mai 1998 hat die Anmelderin beim Deutschen Patent- und Markenamt ei-
nen Antrag auf Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel für
das Erzeugnis „Aceclofenac und monobasische Salze therapeutisch annehmbarer
Kationen hiervon“ eingereicht. Als Zeit und Ort der ersten Genehmigung für das
Inverkehrbringen von Aceclofenac als Arzneimittel in der europäischen Gemein-
schaft gab sie den 24. April 1995 in Großbritannien an und wies der Vollständig-
keit halber auf zwei weitere Genehmigungen für Aceclofenac in der Europäischen
Gemeinschaft hin (19. März 1990 in Portugal und 24. Mai 1991 in Spanien), die ih-
rer Meinung nach nicht als erste Genehmigung in der Gemeinschaft zu verstehen
seien.
Nach Aufforderung durch die Patentabteilung unter Darlegung gegenteiliger An-
sicht legte die Anmelderin den portugiesischen Zulassungsbescheid für das den
Wirkstoff Aceclofenac enthaltende Arzneimittel BIOFENAC vor.
Das Deutsche Patent- und Markenamt (Patentabteilung 41) hat mit Beschluss vom
19. März 2004 den am 20. Mai 1998 eingegangenen Antrag auf Erteilung eines
ergänzenden Schutzzertifikats (Hauptantrag) zurückgewiesen und auf den Hilfs-
antrag mit einem weiteren Beschluss vom selben Tage gemäß § 49a Abs. 2
Satz 1 PatG ein ergänzendes Schutzzertifikat gemäß Verordnung (EWG) Nr.
1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden
Schutzzertifikats für Arzneimittel (nachfolgend VO (EWG) 1768/92) für „Aceclofe-
nac und monobasische Salze therapeutisch annehmbarer Kationen hiervon“ mit
Laufzeitberechnung nach der portugiesischen Genehmigung vom 19. März 1990
erteilt.
In den Gründen des Zurückweisungsbeschlusses ist ausgeführt, dass dem anmel-
derseitigen Hauptantrag vom 23. Februar 2004 mit einer Zugrundelegung der arz-
neimittelrechtlichen Genehmigung in Großbritannien vom 24. April 1995 als erste
Genehmigung in der Gemeinschaft für die Laufzeitberechnung des Schutzzertifi-
kats nicht entsprochen werden konnte, ein ergänzendes Schutzzertifikat unter
- 4 -
Zugrundelegung der Genehmigung in Portugal vom 19. März 1990 auf der Basis
des Hilfsantrags vom 23. Februar 2004 dagegen erteilungsfähig sei.
Die Patentabteilung ist der Auffassung, dass durch das Festlegen der zeitlich ge-
staffelten Stichtage für verschiedene Länder der Gemeinschaft in der Übergangs-
regelung Art. 19 Abs. 1 der VO (EWG) 1768/92 auch ohne wörtlichen Bezug auf
die Richtlinie 65/65 EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten (nachfolgend
RL 65/65/EWG) davon auszugehen sei, dass alle Arzneimittelzulassungen, die in
den Ländern der Gemeinschaft jeweils nach dem gültigen Stichtag erteilt worden
seien, gemäß einem Zulassungsverfahren erfolgt seien, das entsprechend der
RL 65/65/EWG verlaufen sei oder das zumindest als gleichwertig zu gelten hätte,
falls nach den festgesetzten Stichtagen die RL 65/65/EWG noch nicht in nationa-
les Recht umgesetzt worden sei.
Da die portugiesische Genehmigung nach dem nach Art. 19 Abs. 1 VO (EWG)
1768/92 für Portugal geltenden Stichtag vom 1. Januar 1985 liege, wobei insoweit
der Zeitpunkt des Beitritts Portugals 1. Januar 1986 gelte, sei diese als erste Ge-
nehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft heranzuziehen.
Mit ihrer gegen den Zurückweisungsbeschluss gerichteten Beschwerde hat die
Anmelderin ihren Hauptantrag weiterhin aufrechterhalten.
Die Anmelderin hält die Laufzeitberechnung der Patentabteilung für unzutreffend,
da diese zu Unrecht von der portugiesischen Genehmigung als erste Genehmi-
gung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft nach Art. 13 VO (EWG)
1768/92 ausgegangen sei. Sie ist der Ansicht, als erste Genehmigung für das In-
verkehrbringen in der Gemeinschaft sei die Genehmigung in Großbritannien vom
24. April 1995 zugrunde zu legen.
Aus der EuGH-Entscheidung - Omeprazol (C-127/00) ergebe sich, dass der Beg-
riff erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft für jeden Ar-
- 5 -
tikel der VO (EWG) 1768/92, in der er vorkomme, in gleicher Weise auszulegen
sei. Somit gelte für den die Laufzeitberechnung maßgeblichen Art. 13 VO (EWG)
1768/92 nichts anderes als für den Art. 19 VO (EWG) 1768/92, zu dem der EuGH
ausgeführt habe, dass es sich um eine Genehmigung im Sinne der Richtlinie
65/65/EWG handele. Dies könne bei den vorliegenden Zulassungen in Portugal
und Spanien hier schon deshalb nicht der Fall sein, weil diese Länder zum Zeit-
punkt der hier fraglichen Genehmigungen diese Richtlinie noch nicht in das jewei-
lige Landesrecht umgesetzt hatten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II
1.
PatG und § 73 PatG statthaft und mit rechtzeitig eingegangener Beschwerdege-
bühr eingelegt und auch ansonsten zulässig.
Insbesondere ist die Anmelderin durch die ihren Hauptantrag zurückweisende und
ausschließlich angefochtene Entscheidung beschwert, auch wenn die Patentab-
teilung ihr in einem weiteren Beschluss auf den Hilfsantrag ein Schutzzertifikat
erteilt hat. Im Sinne einer formellen Beschwer genügt es, wenn die Erteilung des
Zertifikats unter Zurückweisung des Hauptantrags nur nach dem Hilfsantrag erfolgt
(BGH GRUR 2002, 47 - Idarubicin III m. w. Hinw.).
Dies hat allerdings entgegen der vorliegenden Handhabung durch die Patentab-
teilung nicht in zwei getrennten, sondern in einem einzigen Beschluss zu erfolgen.
Ebenso wie ein Patent grundsätzlich nur so erteilt werden darf, wie es vom An-
melder beantragt ist (std. Rspr., siehe dazu Schulte PatG, 7. Aufl., Einleitung,
Rn. 7, 155 und 158; vgl. auch BPatG GRUR 1996,44 - Tetrafluoräthan), ist das
Patentamt auch an den Erteilungsantrag bei der Schutzzertifikatsanmeldung ge-
- 6 -
bunden und darf nicht abweichend der vom Anmelder gestellten Anträge erteilen.
Insbesondere ist die Patentabteilung nicht befugt, Haupt- und Hilfsantrag (Eventu-
alanspruchshäufung, § 260 ZPO) willkürlich und ohne Grund getrennt zu behan-
deln und zu bescheiden, indem sie über den Hauptantrag durch einen (Zurückwei-
sungs-) Beschluss und über den Hilfsantrag durch einen weiteren Beschluss ( Er-
teilungsbeschluss ) entscheidet. Allein der Anmelder kann entsprechend § 260
ZPO frei bestimmen, ob er die Ansprüche in demselben Verfahren oder in ge-
trennten geltend macht und in welchem Verhältnis die Ansprüche zueinander ste-
hen sollen.
Gibt die Patentabteilung - wie hier - einem Hilfsantrag statt, so muss sie gleichzei-
tig und dann im (einheitlichen) Tenor den Hauptantrag abweisen (Baum-
bach/Lauterbach, ZPO, 60.
Aufl., §
260 Rn.
20, 21; Thomas-Putzo, ZPO,
27. Aufl.,.§ 260 Rn. 18). Auch wenn hier die Wirksamkeit des Erteilungsbeschlus-
ses an die bestandskräftige Entscheidung betreffend des Hauptantrags geknüpft
ist (§ 75 Abs. 1 PatG), lassen hier die beiden getrennten Beschlüsse in ihrer Au-
ßenwirkung den Eindruck zweier getrennter Verfahren entstehen, was noch durch
Beifügen jeweils verschiedener Rechtsmittelbelehrungen verstärkt wird.
2.
Februar
2004,
aufrechterhalten mit Beschwerdeschrift vom 16. April 2004, mit dem die Anmelde-
rin eine andere Laufzeitberechnung nach Art. 13 VO (EWG) 1768/92 erreichen
möchte als ihr nach Hilfsantrag gewährt worden ist, auch Erfolg.
Sie führt unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Erteilung des er-
gänzenden Schutzzertifikats gemäß Hauptantrag.
Grundlage für die Beurteilung eines Erteilungsverlangens sind Art. 3 VO (EWG)
1768/92 i. V. m. Art. 19 VO (EWG) 1768/92. Grundlage für die Berechnung der
Laufzeit ist Art. 13 Abs. 1 VO (EWG) 1768/92.
- 7 -
Die Bedingungen für die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats gemäß
Art. 3 VO (EWG) 1768/92 sind erfüllt, wie von der Patentabteilung geprüft (siehe
Erteilungsbeschluss gemäß Hilfsantrag vom 19. März 2004) und insoweit auch
nicht angegriffen ist.
Die Berechnung der Laufzeit des Zertifikats nach Art. 13 Abs. 1 VO (EWG)
1768/92 beruht hingegen auf einer unzutreffenden Berechnungsgrundlage, indem
die Patentabteilung die portugiesische arzneimittelrechtliche Zulassung vom
19. März 1990 als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemein-
schaft zugrunde gelegt hat.
Die Begründung der Patentabteilung hierfür, durch das Festlegen zeitlich gestaf-
felter Stichtage für verschiedene Länder der Gemeinschaft gemäß Übergangsre-
gelung Art. 19 VO (EWG) 1768/92 vom 18. Juni 1992, geändert durch Beitritts-
vertrag vom 24. Juni 1994, werde vom europäischen Gesetzgeber auch ohne
wörtlichen Bezug auf die
RL 65/65/EWG in Art. 19 VO (EWG) 1768/92 davon ausgegangen, dass alle Arz-
neimittelzulassungen, die in den Ländern der Gemeinschaft jeweils nach dem gül-
tigen Stichtag erteilt worden seien, gemäß einem Zulassungsverfahren erfolgten,
das entsprechend der RL 65/65/EWG verlaufen sei oder das zumindest als
gleichwertig zu gelten hätte, falls nach den festgesetzten Stichtagen die
RL 65/65/EWG noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden sei, hält einer
rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Entgegen der Ansicht der Patentabteilung lässt sich diese Begründung bereits
deshalb nicht aus der in Art. 19 VO (EWG) 1768/92 vorgenommenen Stichtagsre-
gelung mit Unterschieden zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten herleiten, weil
diese Bestimmung für die Erteilungsvoraussetzungen, nicht jedoch für die Lauf-
zeitberechnung nach Art. 13 VO (EWG) 1768/92 herangezogen werden kann.
Ebenso wenig kann daher dem hierzu vorgebrachten weiteren Argument gefolgt
werden, die erste Genehmigung sei als essentielle Bedingung für die Erteilung ei-
- 8 -
nes Zertifikats in ihrer Wirkung als äquivalent zu der in Art. 3 b VO (EWG) 1768/92
genannten Genehmigung anzusehen und begrenze deshalb aus den Gründen des
Art. 19 VO (EWG) 1768/92 auch die Laufzeit des Zertifikats.
Abgesehen davon hat die Patentabteilung in diesem Zusammenhang den für
Portugal an Stelle des Art. 19 VO (EWG) 1768/92 geltenden Art. 21 VO (EWG)
1768/92 nicht beachtet, nach dessen Abs. 2 die Übergangsbestimmungen des
Art.
19 VO
(EWG) 1768/92 ua für Portugal und Spanien erst ab dem
2. Januar 1998 anwendbar sind (vgl. Hacker in Busse PatG, 6. Aufl., Anh. § 16a
Rn. 119).
Die Patentabteilung hätte die Laufzeitberechnung vielmehr allein auf Art. 13 Abs. 1
VO (EWG) 1768/92 stützen müssen. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, wie
der in Art. 13 VO (EWG) 1768/92 enthaltene und nicht definierte Begriff „erste Ge-
nehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft“ auszulegen ist.
Nach der Entscheidung des EuGH in der Sache C
-
127/00 vom
11. Dezember 2003 (GRUR 2004, 225 - Omeprazol), die der Patentabteilung bei
ihrer Entscheidung vom 19. März 2004 offensichtlich nicht vorlag und deshalb er-
sichtlich unberücksichtigt geblieben ist, zu der Vorlagefrage des BGH in diesem
Verfahren (BGH GRUR 2000, 392 - Omeprazol) ist nunmehr klargestellt, dass der
in verschiedenen Vorschriften der VO (EWG) 1768/92 enthaltene Begriff „erste
Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft“ dahin zu verstehen
ist, dass es sich um eine, gemäß der RL 65/65/EWG erteilte Genehmigung für das
Inverkehrbringen handeln muss (EuGH a. a. O., Ziff. 58 - Omeprazol). Denn nichts
rechtfertigt es, den Begriff „erste Genehmigung für das Inverkehrbringen“ je nach
Vorschrift der VO, in der er sich findet, unterschiedlich auszulegen (EuGH a. a. O.,
Ziff. 57, 72 - Omeprazol). Dies gilt erst recht für den Begriff „erste Genehmigung
für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft“ (EuGH a. a. O., Ziff. 72 - Omepra-
zol), wie er auch in Art. 13 Abs. 1 VO (EWG) 1768/92 verwendet wird.
- 9 -
Wenn also in Art. 13 VO (EWG) 1768/92 nicht wörtlich auf die RL 65/65/EWG Be-
zug genommen wird, wie dies z. B. in Art. 3 Buchstabe b VO (EWG) 1768/92 der
Fall ist, wonach die Erteilung u. a. davon abhängt, dass für das Arzneimittel eine
Genehmigung nach der RL 65/65/EWG erteilt wurde, kann daraus nicht geschlos-
sen werden, dass die allein zeitlich erste Genehmigung (hier die portugiesische)
die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft gemäß
Art. 13 Abs. 1 VO (EWG) 1768/92 darstellt.
Auch in der Rechtssache C
-
31/03 hat der EuGH in seinem Urteil vom
19. Oktober 2004 (EuGH GRUR 2005, 139 - Dostinex) unter Hinweis darauf, dass
die VO (EWG) 1768/92 nach ihrer sechsten Begründungserwägung darauf abzielt,
eine einheitliche Lösung für das Problem der Unzulänglichkeit des Patentschutzes
auf Gemeinschaftsebene zu liefern, indem so einer heterogenen Entwicklung der
nationalen Rechtsvorschriften vorgebeugt wird, die neue Unterschiede zur Folge
hätte, die geeignet wären, den freien Verkehr von Arzneimittel innerhalb der
Gemeinschaft zu behindern, nochmals hervorgehoben, dass der Begriff erste
Genehmigung für das Inverkehrbringen in der Gemeinschaft in den verschiedenen
Vorschriften der VO, in denen er auftaucht, in der gleichen Weise auszulegen ist.
Demnach hat die Auslegung des EuGH zu Art. 19 VO (EWG) 1768/92 auch für
Art. 13 VO (EWG) 1768/92 zu gelten.
Als Berechnungsgrundlage für die Laufzeit nach Art. 13 VO (EWG) 1768/92
kommt damit nur eine Genehmigung im Sinne bzw. gem. der Richtlinie
65/65/EWG in Betracht.
Dabei ist Genehmigung „im Sinne der Richtlinie“ (vgl. EuGH a. a. O., Ziff. 58, 61 -
Omeprazol) so zu verstehen, dass es eine aufgrund harmonisierten Rechts erteilte
nationale Genehmigung sein muss (vgl. Benkard PatG, 10., neubearbeitete Aufl.
2006, § 16a Rn. 31) und nicht lediglich eine dem Sinn nach, d. h. eine nur dem
Anforderungsprofil einer Genehmigung nach der RL 65/65/EWG entsprechende.
- 10 -
„Im Sinne einer Vorschrift“ wird nach juristischem Sprachgebrauch gleichermaßen
verwendet wie „nach einer Vorschrift“ oder „gemäß einer Vorschrift“ und besagt
damit nichts anderes, als dass hier die Genehmigung aufgrund dieser Vorschrift
(hier der RL 65/65/EWG ) erteilt worden sein muss.
Dem entspricht auch die Terminologie des EuGH, der in seiner Entscheidung
C -127/00 die Worte „gemäß“ und „nach“ bzw. die Wortfolge „im Sinne“ stets syn-
onym verwendet (vgl. EuGH a. a. O., Ziff. 54, 55, und 58 - Omeprazol).
In Portugal war die Richtlinie 65/65/EWG vom 26.
Januar
1965 und die
RL 87/21/EWG vom 22. Dezember 1986 zum Zeitpunkt der erteilten portugiesi-
schen Genehmigung vom 19. März 1990 noch nicht in portugiesisches Recht um-
gesetzt. Die Umsetzung erfolgte erst mit dem Dekret 72/91 vom 8. Februar 1991.
Deshalb kann die arzneimittelrechtliche Genehmigung für Aceclofenac in Portugal
keine Genehmigung im Sinne der RL
65/65/EWG (in der Version der
RL 87/21/EWG) sein und somit nicht für die Berechnung der Laufzeit herangezo-
gen werden.
Entsprechendes gilt für die spanische Genehmigung. Sie wurde am 24. Mai 1991
nach dem spanischen Königlichen Dekret 424/1988 erteilt. Eine Umsetzung der
o. g. Richtlinien in spanisches Recht erfolgte gemäß dem Königlichen Erlass des
Ministeriums für Gesundheits- und Verbraucherfragen Nr. 767/1993 erst am
21. Mai 1993.
Damit stellt auch die spanische Genehmigung für Aceclofenac keine Genehmi-
gung nach der RL 65/65/EWG dar und kann somit für die Laufzeitberechnung
ebenfalls nicht herangezogen werden.
Selbst wenn man abweichend hiervon „im Sinne“ (der RL 65/65/EWG) dem allge-
meinen deutschen Sprachgebrauch entsprechend als „sinngemäß“, d. h. nur dem
Sinn, seiner Natur nach verstehen wollte, so dass der EuGH bei seiner Auslegung
des Begriffes „erste Genehmigung im Sinne der RL 65/65/EWG“ auch eine Ge-
nehmigung gelten lassen wollte, die nur dem Anforderungsprofil der
- 11 -
RL 65/65/EWG entsprechen soll, dürfte die portugiesische Genehmigung vom
19. März 1990 diesem auch nicht entsprechen.
So wird in der - die EuGH-Entscheidung „Omeprazol“ allerdings noch nicht be-
rücksichtigende - Literatur (siehe Hacker in Busse, PatG, Anh. § 16a Rn. 96;
Schennen, Die Verlängerung der Patentlaufzeit für Arzneimittel im Gemeinsamen
Markt, 1. Aufl. 1993, Teil B Art. 13 Anm. 5; Sredl, GRUR 2001, 596) insoweit in
sachlicher Hinsicht jedenfalls eine Genehmigung verlangt, die zumindest dem
Anforderungsprofil der RL 65/65/EWG entspricht, wobei als entscheidend angese-
hen wird, ob und dass die betreffende Genehmigung ihrer Art nach in den Anwen-
dungsbereich der RL fällt, also Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit des Arznei-
mittels gewährleisten soll.
Eine solche Prüfung hat die Patentabteilung jedoch überhaupt nicht vorgenom-
men, obgleich sie sowohl auf Grund des Vortrages der Anmelderin als auch bei
Berücksichtigung der RL
87/21/EWG vom 22.
Dezember
1986, mit der die
RL 65/65/EWG geändert wurde und nach der Portugal längere Fristen für die Um-
setzung als anderen Mitgliedstaaten wegen anerkannter Schwierigkeiten einer
Anpassung eingeräumt wurden, in doppelter Hinsicht Anlass gehabt hätte.
Die Anmelderin hat zu der von der Patentabteilung unterstellten sog. Gleichwertig-
keit mit der RL 65/65/EWG – wobei der Begriff Gleichwertigkeit übrigens nicht in
der Arzneimittel VO (EWG) 1768/92, sondern allenfalls der Pflanzenschutzzertifi-
kats VO (EWG) 1610/96 zu entnehmen ist - „Lists of the documentation to the re-
gulatory authorization for Aceclofenac in Portugal, Spanien und Großbritannien“
vorgelegt und damit zumindest im Sinne eines Anscheinsbeweises glaubhaft vor-
getragen, dass dem nicht so sein könne, weil große Unterschiede in den Prü-
fungsanforderungen dieser Länder hieraus zu ersehen seien. Dies spricht bereits
dagegen, dass bei Portugal von einem der RL 65/65/EWG entsprechenden Zulas-
sungsverfahren die Rede sein kann.
Dennoch hat die Patentabteilung keinen Anlass zur Untersuchung gesehen, etwa
durch einen Vergleich der Voraussetzungen des portugiesischen Dekrets vom
- 12 -
18. Dezember 1957, das die Grundlage für die Erteilung der Zulassung in Portugal
ist, mit den Anforderungen der RL 65/65/EWG, insbesondere deren Art. 4, ob es
sich also bei der portugiesischen Genehmigung um eine dem Anforderungsprofil
der RL 65/65 entsprechende Genehmigung handelt.
Außerdem hatte die Patentabteilung Anlass zur Prüfung, ob die portugiesische
arzneimittelrechtliche Zulassung auch deshalb keine dem Anforderungsprofil der
RL
65/65/EWG entsprechende sein kann, weil in der RL
87/21/EWG vom
22. Dezember 1986, mit der die RL 65/65/EWG zuletzt geändert wurde, ausge-
führt wird: „Die Republik Griechenland, das Königreich Spanien und die Portugie-
sische Republik müssen für die Umsetzung dieser Richtlinie über eine zusätzliche
Frist verfügen können, damit sie vorrangig die Überprüfung der älteren Arzneimit-
tel abschließen können; diese Überprüfung ist in Art. 39 der RL 75/319/EWG vom
20. Mai 1975 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arz-
nei-Spezialitäten zuletzt durch die RL 83/570/EWG vorgesehen“. Aus diesem
Grunde wird in der RL 87/21/EWG den drei genannten Ländern die Umsetzung
der Richtlinie nicht zum 1. Juli 1987, wie bei allen anderen Mitgliedstaaten, son-
dern zum 1. Januar 1992 vorgeschrieben.“
Auch dies spricht deutlich dafür, dass die portugiesische Genehmigung vom
19. März 1990 nicht dem Anforderungsprofil der RL 65/65/EWG entsprechen
konnte.
Keinesfalls vermag jedoch aus den aufgezeigten Gründen die von der Patentab-
teilung aufgestellte Fiktion, alle in Portugal nach dem Datum deren EU–Beitritts
am 1. Januar 1986 erteilten Genehmigungen entsprächen der RL 65/65/EWG
oder seien dieser zumindest gleichwertig, die Entscheidung zu begründen.
Erste Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Art. 13 VO (EWG) 1768/92 und
damit Berechnungsgrundlage für die Laufzeit ist danach die in Großbritannien am
24. April 1995 erteilte Genehmigung mit der Nummer 08 448 / 0001.
- 13 -
3.
net:
Anmeldung des Grundpatents
Tag der Erteilung der ersten Verkehrsgenemi-
gung in der Gemeinschaft
Differenz
Abzugszeitraum
Restlaufzeit gem. Art. 13 Abs. 1
Höchstlaufzeit gem. Art. 13 Abs. 2
Beginn der Laufzeit
Ende der Laufzeit
Tag(e)
19
24
5
-
5
-
20
19
Monat(e)
03
04
1
-
-
-
03
03
Jahr(e)
84
95
11
5
6
5
2004
2009
4.
bene Höhe der Beschwerdegebühr von 500 EUR ist unrichtig: Nach PatKostG,
Gebührentatbestand Nr. 401 100, ist die Beschwerdegebühr von 500 EUR für Be-
schwerdeverfahren gemäß § 73 Abs. 1 PatG gegen die Entscheidung der Patent-
über den Einspruch
len (wie z. B. hier) ist nach Gebührentatbestand Nr. 401 300 eine Beschwerdege-
bühr von 200 EUR vorgesehen.
Der zuviel entrichtete Betrag ist somit ohne Rechtsgrund gezahlt. Ausweislich der
Akten ist die Rückerstattung von der Rechtspflegerin des Senats bereits verfügt.
5.
eigenständigen Beschlusses erfolgte im Interesse einer eindeutigen Klärung der
- 14 -
Rechtslage von Amts wegen, zumal das Registerverfahren im Wesentlichen vom
Amtsermittlungsgrundsatz beherrscht wird (vgl. dazu Baumbach/Lauterbach, ZPO,
60. Aufl., § 269 Rn. 46; Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. § 269 Rn. 57).
gez.
Unterschriften