Urteil des BPatG vom 19.04.2007

BPatG: unterscheidungskraft, eugh, begriff, beschreibende angabe, verkehrsdurchsetzung, form, unternehmen, bestandteil, internet, weiterbildung

BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 1/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 302 19 552
hat der 25.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
19. April 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
08.05
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G r ü n d e
I.
Die Bezeichnung
ForumJungeAnwaltschaft
ist am 17. April 2002 für die Dienstleistungen
„Wirtschaftsberatung, nämlich Förderung der beruflichen und
wirtschaftlichen Interessen, insbesondere junger Rechtsanwältin-
nen, Rechtsanwälte und Referendare, insbesondere zur Grün-
dung von Anwaltskanzleien; Weiterbildung für junge Rechtsan-
wältinnen und Rechtsanwälte, Veranstaltung und Durchführung
von Lehrgängen mit dem Ziel der Gründung und dem Ausbau von
Kanzleien; Informationsaustausch der Mitglieder durch Heraus-
gabe von Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im
Internet, von elektronischen Publikationen (nicht herunterladbar);
Rechtsberatung“
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Nach Beanstandung der Anmeldung wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8
Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG hat die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts mit Beschluss vom 10. Dezember 2003 die angemeldete
Bezeichnung zurückgewiesen.
An der angemeldeten Bezeichnung bestehe in Bezug auf die beanspruchten
Dienstleistungen ein Freihaltungsbedürfnis i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, da
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die Wortfolge „ForumJungeAnwaltschaft“ ausschließlich aus Angaben bestehe,
die im Verkehr zur Bezeichnung der Zielgruppe und des Gegenstands der
Dienstleistungen dienen könnten. Die angemeldete Marke reihe sich in
vergleichbar mit dem Begriff Forum gebildete Wortkombinationen wie z. B. „Forum
Junge Mediziner“, „Forum Junge Architekten“ ein und werde vom Verkehr in Bezug
auf die beanspruchten Dienstleistungen ohne weitere Analyse im Sinne einer
„Plattform für junge Rechtsanwälte“ verstanden. Die Wortkombination
„ForumJungeAnwaltschaft“ erschöpfe sich dann aber in der einfachen Wiedergabe
der Zielgruppe und des Gegenstands der beanspruchten Dienstleistung und
werde vom Verkehr auch nur in diesem Sinne verstanden.
Darüberhinaus fehle der angemeldeten Wortfolge für die beanspruchten
Dienstleistungen auch die zur Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft im
Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, da die angesprochenen Verkehrskreise
in der angemeldeten Wortkombination „ForumJungeAnwaltschaft“ wegen des
oben genannten beschreibenden Inhalts lediglich eine Sachangabe sehen
würden.
Die Frage der Schutzfähigkeit sei auch nicht anhand vergleichbarer oder sogar
identischer Voreintragungen zu beurteilen, da diese nicht geeignet seien, ein
Recht auf Registrierung unter Gesichtspunkten wie Vertrauensschutz,
Gleichbehandlung oder Selbstbindung der Verwaltung zu schaffen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders mit dem Antrag,
den Beschluss der Markenstelle vom 10. Dezember 2003 aufzuheben.
Der Begriff „Forum“ beschreibe nicht unmittelbar die konkret beanspruchten
Dienstleistungen, selbst wenn man „Forum“ als eine allgemeinverständliche Be-
zeichnung für jedwede Art von Kommunikation verstehe. Denn Kommunikation
bezeichne einen wechselseitigen Informationsaustausch, womit aber Gegenstand
und Inhalt der beanspruchten Dienstleistungen nicht zutreffend charakterisiert
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würden. Gemeinsam mit dem weiteren, die angesprochenen Verkehrskreise be-
nennenden Bestandteil „JungeAnwaltschaft“ ergebe sich eine unterscheidungs-
kräftige und nicht freihaltebedürftige Bezeichnung, zumal vergleichbare Eintragun-
gen mit dem Bestandteil „Forum“ vorhanden seien.
Außerdem sei die angemeldete Bezeichnung gegenwärtig sowie zum Zeitpunkt
ihrer Anmeldung infolge ihrer Benutzung für die beanspruchten Dienstleistungen in
den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt nach § 8 Abs. 3 MarkenG, wie sich
aus dazu eingereichten Unterlagen ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Mar-
kenstelle sowie auf die Schriftsätze des Anmelders und den weiteren Akteninhalt
Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die angemeldete
Bezeichnung „ForumJungeAnwaltschaft“ für die beanspruchten Dienstleistungen
bereits nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft gemäß
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verfügt.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger
Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsiden-
tität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die ei-
ner Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungs-
mittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unter-
nehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur
st.
Rspr. BGH GRUR
2003, 1050 –
Cityservice; EuGH GRUR
2003, 58
- COMPANYLINE - zur GMV). Die Unterscheidungskraft ist zum Einen im Hinblick
auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum Anderen im Hinblick
auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung ei-
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nes normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen
ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 Nr. 24 - SAT2). Keine Unterscheidungskraft
besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angespro-
chenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren lediglich einen im Vordergrund
stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674,
678 – Postkantoor). Jedoch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine
unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme feh-
lender Unterscheidungskraft ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus
anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR
2004, 674 –
Postkantoor;
GRUR 2004, 680 – Biomild). Maßgebend ist allein, ob der Verkehr in der ange-
meldeten Marke einen Herkunftshinweis erblickt oder nicht. Ein Eintragungshin-
dernis kann sich daher auch daraus ergeben, dass die angesprochenen Verkehrs-
kreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Waren
oder Dienstleistungen in dem beanspruchten Zeichen eine Sachinformation sehen
(BGH MarkenR 2002, 338, 340 - Bar jeder Vernunft; BGH MarkenR 2003, 148,
149 –
Winnetou; EuG GRUR
Int.
2001, 864, 866 -
CINE COMEDY; BPatG
MarkenR 2002, 299, 301 – OEKOLAND).
Ausgehend hiervon fehlt der Wortkombination „ForumJungeAnwaltschaft“, deren
Bedeutung im Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen zu beur-
teilen ist, die erforderliche Eignung, im Verkehr als Unterscheidungsmerkmal hin-
sichtlich ihrer Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen angesehen zu wer-
den.
Das Wort „Forum“ bezeichnet, je nach Sachzusammenhang, einen geeigneten
Personenkreis, der eine sachverständige Erörterung von Problemen und Fragen
garantiert (z. B. ein internationales Forum) oder eine Plattform, einen geeigneten
Ort für etwas (z. B. eine Zeitschrift als Forum für bestimmte Fragen) oder auch
eine öffentliche Diskussion, Aussprache (z. B. ein literarisches Forum, ein Forum
zu Umweltfragen usw.) (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl.,
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S. 567 zu „Forum“). Der Verkehr wird daher die angemeldete Bezeichnung unmit-
telbar und ohne analysierende Zwischenschritte i. S. „eines Forums, einer Platt-
form für junge Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte“ verstehen, wobei das
„Forum“ aus einem Kreis von Personen, aber auch aus einer Zeitschrift oder
einem virtuellen Ort, einer Internet-Seite bzw. -Portal, mithin aus jeder Art von
Kommunikationsebene bestehen kann. Dieses Verständnis liegt für die beteiligten
Verkehrskreise umso näher, als mit der angemeldeten Marke vergleichbare
Kombinationen aus dem Wort „Forum“ und einem das jeweilige Thema
bezeichnenden Bezugswort vor allem im Zusammenhang mit Internet-Seiten oder
-Portalen zu bestimmten Themenkreisen häufig verwendet werden, wird wie z. B.
„Deutsches Medizin Forum“; „Forum Deutsches Recht“; „Forum
Schuldnerberatung“; „diabetes-forum“; „Selbsthilfe-Forum.de“. Der Verkehr wird
mit einer Vielzahl von Foren zu unterschiedlichsten Themen konfrontiert, bei
denen Gegenstand oder Thema des jeweiligen Forums schlagwortartig durch eine
mit dem Begriff „Forum“ gebildete Wortkombination herausgestellt wird. Zu
beachten ist dabei, dass vor allem Informations- und Diskussions-Portale im
Internet zunehmend nicht nur reine Informationen und die Möglichkeit des
Informationsaustausches anbieten, sondern ebenso weitere, im Zusammenhang
mit dem jeweiligen Thema stehende Waren und Dienstleistungen (vgl. BPatG
PAVIS PROMA 24 W (pat) 178/03 – Werkzeugforum; BPatG PAVIS PROMA
25 W (pat) 267/03 - Forum PET).
Vor diesem Hintergrund liegt dann aber nahe, dass der Verkehr in der angemel-
deten Bezeichnung in Zusammenhang mit sämtlichen beanspruchten Dienstleis-
tungen einen Hinweis darauf sieht, dass diese im Rahmen bzw. durch ein solches
speziell auf die Interessen junger Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte abge-
stimmten Forums erbracht werden. Der Verkehr wird die Bezeichnung daher nicht
als auf ein bestimmtes Unternehmen hinweisendes Unterscheidungsmittel auffas-
sen, sondern lediglich als nahe liegenden Sachhinweis, in welcher Weise bzw. in
welchem Rahmen die Dienstleistungen erbracht werden.
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Möglich ist auch, dass der Verkehr der Bezeichnung „ForumJungeAnwaltschaft“ in
Bezug auf die beanspruchten Beratungs- und Weiterbildungsdienstleistungen den
sachbezogenen Hinweis entnimmt, dass ihm in Zusammenhang mit diesen
Dienstleistungen ein der Diskussion, Information oder sonstigem Austausch die-
nendes Forum z. B. in Form eines Internetportals zur Verfügung steht, in dem
Fragen und Themen zur beruflichen Perspektive und Weiterbildung junger
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte diskutiert und erörtert werden können.
Daraus lässt sich jedoch keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit der angemel-
deten Bezeichnung ableiten. Denn die Bezeichnung „ForumJungeAnwaltschaft“
vermittelt bei jeder in Betracht kommenden Verständnismöglichkeit einen sachbe-
zogenen Aussageinhalt, was der Bezeichnung aber jegliche Unterscheidungskraft
nimmt (vgl. dazu BGH GRUR 2004, 778, 779 – URLAUB DIREKT).
In rechtlicher Hinsicht ist zudem nicht erforderlich, dass der Verkehr die angemel-
dete Bezeichnung bei allen Bedeutungsmöglichkeiten als sachbezogenen Begriff
wahrnimmt. Ein Zeichen ist nämlich bereits dann von der Eintragung ausgeschlos-
sen, wenn es auch nur in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in
Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH
MarkenR
2003, 450 –
DOUBLEMINT; EuGH MarkenR
2004, 111, 115
- BIOMILD/Campina Melkunie). Ebenso wenig steht die mit einer verallgemeinern-
den Aussage wie „ForumJungeAnwaltschaft“ einhergehende Unbestimmtheit der
Angabe wie auch die Unkenntnis der durch den Begriff im Einzelfall repräsentier-
ten tatsächlichen Inhalte einem Verständnis als bloße Sachangabe entgegen.
Denn auch zusammenfassende oberbegriffsartige Ausdrücke können einen be-
schreibenden Charakter in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen haben (vgl.
BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt). Eine begriffliche Un-
bestimmtheit kann insbesondere erforderlich und gewollt sein, um einen möglichst
weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften, Vorteile
oder Leistungsinhalte zu erfassen, ohne diese im Einzelnen zu benennen. Eine
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schutzbegründende Mehrdeutigkeit der ihrem Sinngehalt nach eindeutigen Be-
zeichnung „ForumJungeAnwaltschaft“ lässt sich daraus nicht herleiten.
Ob die angemeldete Wortkombination nur von dem Anmelder gebraucht wird, ist
angesichts des sich aufdrängenden beschreibenden Begriffsinhalts der
Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen unerheblich. Denn
die bloße Kombination von schutzunfähigen Bestandteilen führt nicht zwangsläufig
zur Eintragungsfähigkeit, sondern nur dann, wenn der von der Wortkombination
erweckte Eindruck in seiner Gesamtheit hinreichend weit von dem abweicht, der
durch die bloße Zusammenstellung der Bestandteil entsteht und somit über die
Summe dieser Bestandteile hinausgeht (vgl. EuGH MarkenR 2004, 111, 115
- BIOMILD/Campina-Melkunie). Die durch korrekte Aneinanderreihung der Wörter
gebildete Wortkombination weist jedoch keine ungewöhnliche Struktur auf,
sondern trifft eine sofort erfassbare Aussage über Inhalt und Gegenstand der
beanspruchten Dienstleistungen, ohne dass durch die Zusammenfügung der
Wörter der sachbezogene Charakter der Wortkombination verloren geht.
Ebenso wenig vermag die Binnengroßschreibung dem angemeldeten Zeichen die
erforderliche Unterscheidungskraft zu vermitteln, da diese Schreibweise nichts an
dem sachbezogenen Informationsgehalt der ansonsten leicht verständlichen Be-
zeichnung ändert. Eine solche Art der grafischen Darstellung wird häufig als
Gestaltungsmittel zu Werbezwecken eingesetzt und liegt mittlerweile im Rahmen
eines üblichen Schriftbildes. Die Schutzfähigkeit eines Zeichens kann damit nicht
begründet werden (vgl. BGH MarkenR 2003, 388 – AntiVir).
Eine vom Anmelder geltend gemachte abweichene Eintragungspraxis des
Deutschen Patent- und Markenamts in Bezug auf vergleichbar gebildete
Wortmarken mit dem Bestandteil „Forum“ lässt sich nicht feststellen. Die dazu vom
Anmelder in der Beschwerdebegründung benannte Marke 301 69 053 „agfis
Aktionsforum Gesundheitsinformationssystem“ ist bereits wegen des
individualisierenden Zusatzes „agfis“ mit der vorliegenden Anmeldung nicht
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vergleichbar. Die weiterhin benannten Anmeldungen 306 57 969 und 306 17 592
sind ausweislich einer Recherche im Markenregister nicht zur Eintragung gelangt.
Einzelnen Eintragungen vergleichbar gebildeter Wortmarken wie z. B. der vom
Anmelder benannten Marke 306 25 270 (Wortmarke „Europäisches Finanz Forum“
für Klassen 36, 41, 42) lassen sich keine Hinweise auf eine entsprechende
Eintragungspraxis entnehmen. Tatsächlich sind eine Vielzahl von Marken mit dem
Wortbestandteil „Forum“ eingetragen, bei denen es jedoch in den allermeisten
Fällen aufgrund einer Ausgestaltung als Wortbildmarke oder auch eines
bestehende Schutzhindernisse überwindenden individualisierenden Zusatzes z. B.
in Form einer Buchstabenkombination an einer Vergleichbarkeit mit der
angemeldeten Wortkombination fehlt. Unabhängig davon können in- und
ausländische Voreintragungen vergleichbarer oder sogar weitgehend identischer
Marken nach Auffassung des Senats keine Bindungswirkung entfalten (vgl. dazu
BPatG GRUR 2007, 337 - Papaya).
Weist die angemeldete Bezeichnung demnach in Bezug auf die beanspruchten
Dienstleistungen bereits keine ursprüngliche Unterscheidungskraft i. S. von § 8
Abs.
2 Nr.
1 MarkenG auf, bedarf es keiner Erörterung, für welche
Dienstleistungen das angemeldete Zeichen zudem eine beschreibende Angabe
i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt.
Auch für eine von der Anmelderin behauptete Durchsetzung der Anmeldemarke
im Verkehr nach § 8 Abs. 3 MarkenG bieten sich keine hinreichenden Anhalts-
punkte.
Eine Verkehrsdurchsetzung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn ein erhebli-
cher Teil des Verkehrs das von Haus aus nicht eintragbare angemeldete Zeichen
für die angemeldeten Waren als Kennzeichnung eines bestimmten Unternehmens
ansieht (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 8 Rn. 321). Als im Rechtssinn
erheblich ist es dabei anzusehen, wenn die Mehrheit der angesprochenen Ver-
kehrskreise in der Marke nicht mehr nur eine nicht unterscheidungskräftige Sach-
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oder sonstige Angabe, sondern einen auf ein bestimmtes Unternehmen bezoge-
nen kennzeichnenden Herkunftshinweis sieht (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 727
(Nr. 52) - Chiemsee; BGH GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHOEN;
BPatG GRUR 2005, 337, 341 f. - VISAGE), wobei bei einem Begriff, der die fragli-
che Dienstleistung oder Ware ihrer Gattung nach glatt beschreibt, ein dahinge-
hender Bedeutungswandel erst bei einem deutlich höheren Durchsetzungsgrad
als 50
% der maßgeblichen Verkehrskreise in Betracht kommt (vgl. BGH
MarkenR 2006, 341, 343 - LOTTO). Eine Überprüfung in dieser Richtung kommt
dabei nur in Betracht, sofern der Anmelder die Verkehrsdurchsetzung für die ge-
samten oder zumindest einzelne beanspruchte Waren und Dienstleistungen
schlüssig dargelegt und durch entsprechendes Tatsachenmaterial glaubhaft ge-
macht hat. Der Vortag des Anmelders und die dazu von ihr vorgelegten Unterla-
gen reichen aber nicht einmal für eine solche Glaubhaftmachung der Verkehrs-
durchsetzung aus.
Weder dem Vortrag noch den eingereichten Unterlagen lassen sich Angaben
entnehmen, ob und ggf. für welche der beanspruchten Dienstleistungen und in
welcher Form die angemeldete Bezeichnung bestimmungs- und funktionsgemäß
als Marke in einem für eine Verkehrsdurchsetzung sprechenden Umfang benutzt
worden ist. Die eingereichten Google-Recherchen (Anlagen GR 2 – GR 4 sowie
Anlage GR 11 zum Begriff „Anwaltschaft“) sind zum Beleg einer kennzeichenmä-
ßigen Verwendung der angemeldeten Bezeichnung für die beanspruchten
Dienstleistungen oder zumindest einzelnen von diesen ebenso ungeeignet wie
die vorgelegten Auszüge aus der Homepage des Anmelders (Anlage GR 5 und
7), auf denen Ziele und Aufgaben des Forums erläutert werden. Denn diesen
Unterlagen kann nichts dazu entnommen werden, ob und inwieweit die konkret
beanspruchten Dienstleistungen unter markenmäßiger Benutzung der angemel-
deten Bezeichnung angeboten und erbracht worden sind.
Die eingereichten Unterlagen, die ein „Forum Junger Rechtsanwältinnen und
Rechtsanwälte“, ein „Kölner Forum JungeAnwälte“ betreffen, sind für die Frage
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einer Verkehrsdurchsetzung der hier angemeldeten Bezeichnung von Vornherein
ohne Belang. Denn die Verkehrsdurchsetzung muss sich auf die konkret ange-
meldete Bezeichnung beziehen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8
Rdnr. 307), so dass insoweit nicht auf eine markenmäßige Benutzung einer ver-
gleichbaren oder zumindest ähnlichen Bezeichnung zurückgegriffen werden
kann.
Der Hinweis des Anmelders auf § 4 Nr. 2 MarkenG geht fehl. Denn Gegenstand
eines durch Benutzung erworbenen Markenschutzes nach § 4 Nr. 2 MarkenG ist
ebenfalls das konkret benutzte - und in aller Regel auch von Haus aus unter-
scheidungskräftige - Zeichen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 4
Rdnr. 23). Soweit dabei nicht ausgeschlossen ist, dass im Falle der (mehrfachen)
Abwandlung einer Gesamtkennzeichnung ein davon unberührt bleibender, durch
die Abwandlungen hindurch beibehaltener und aus Sicht der angesprochenen
Verkehrskreise wesentlicher Kern einer Gesamtkennzeichnung für sich genom-
men Schutz erlangen kann (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 4
Rdnr. 13), lässt sich daraus für den vorliegenden Fall nichts entnehmen, da es
hier nicht darum geht, ob ein Teil der angemeldeten Bezeichnung wie z. B. der
Begriff „Forum“, sondern die Gesamtkennzeichnung in ihrer konkret angemelde-
ten Form „ForumJungeAnwaltschaft“ die bestehenden Schutzhindernisse durch
Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden hat.
Unabhängig davon sind Unterlagen wie z. B. Protokolle aus Mitgliederver-
sammlungen nicht geeignet, eine markenmäßige Benutzung einer Bezeichnung
in Bezug auf bestimmte Waren und Dienstleistungen zu belegen. Ebenso wenig
können den als Anlagen GR 12 - GR 14 vorgelegten Unterlagen irgendwelche
Anhaltspunkte für eine markenmäßige Nutzung des angemeldeten Zeichens in
Bezug auf eine oder mehrere der beanspruchten Dienstleistungen entnommen
werden. Allein die Verwendung der angemeldeten Bezeichnung auf einem
Deckblatt zu einem „DAV-Ratgeber“ (Anlage zum Schriftsatz vom
28. November 2006) bietet keinen hinreichenden Hinweis darauf, dass die
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schutzunfähige Wortfolge „ForumJungeAnwaltschaft“ bei einer Mehrheit der an-
gesprochenen Endverbraucher in Deutschland einen Bedeutungswandel hin zu
einem auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinweisenden Kenn-
zeichen erfahren haben könnte. Dazu bedarf es vielmehr konkreten und durch
geeignete Belege glaubhaft zu machenden Vortrags, in welcher Form, für welche
Dienstleistungen, von wem, in welchem Gebiet und Umfang sowie seit wann die
angemeldete Angabe im Verkehr nach Art einer Marke durchgesetzt ist (vgl.
Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 345). Daran fehlt es aber vor-
liegend.
Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass
(§ 71 Abs. 1 MarkenG).
gez.
Unterschriften