Urteil des BPatG vom 18.09.2007

BPatG: kennzeichnungskraft, verwechslungsgefahr, spielzeug, eugh, papier, glaubhaftmachung, patrone, minderung, gestaltung, billigkeit

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 29/07
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 152
08.05
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betreffend die Marke 301 17 593
hat der 27.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
18.
September
2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr.
Albrecht, Richter
Dr. van Raden und Richter Schwarz
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Das farbige (orange, weiß) Wort-Bild-Zeichen 301 17 593
ist am 16. März 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet und
am 6. Juli 2001 für die Waren
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Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit
in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse, Buchbindeartikel;
Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwa-
ren oder für Haushaltszwecke;
Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel
(ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenom-
men Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in
Klasse
16 enthalten; Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke;
Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 ent-
halten; Christbaumschmuck;
in das Markenregister eingetragen worden.
Dagegen ist Widerspruch hinsichtlich Spiele, Spielzeug und Christbaumschmuck
aus der am 29. Juni 1988 für die Waren
Kinderluftballons und Modell-Luftfahrzeuge für Spielzwecke; Spiel-
waren, Spiele und Spielzeuge einschließlich sportlicher Spiel-
zeuge; Turn-, Spiel- und Sportgeräte, soweit in Klasse 28 enthal-
ten
eingetragenen Wortmarke Nr. 1 124 038
Mobby
erhoben worden.
Die Inhaberin des angegriffenen Zeichens hat die Einrede der mangelnden Benut-
zung erhoben. Die Widersprechende hat daraufhin Benutzungsunterlagen vorge-
legt.
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Die Markenstelle hat mit Beschluss vom 13. Mai 2004 den Widerspruch aufgrund
fehlender Gefahr von Verwechslungen ebenso zurückgewiesen, wie die dagegen
erhobene Erinnerung der Widersprechenden mit Beschluss vom 29. August 2005.
Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass die Marken einen deutli-
chen schriftbildlichen Abstand durch die farbige Ausgestaltung der Marke „NOOBi“
und die Punkte in den Buchstaben „O“ aufwiesen. In klanglicher Hinsicht bestehe
ein ausreichender Unterschied aufgrund der Tatsache, dass bei der Wider-
spruchsmarke der tontragende Vokal „o“ kurz und geschlossen ausgesprochen
werde, weil ein Doppelkonsonant „bb“ folge, während der erste Vokal des ange-
griffenen Zeichens doppelt vorkomme und lang und offen ausgesprochen werde.
Diese Abweichung betreffe die jeweils betonten Silben der Wörter. Der klangliche
Unterschied sei bei englischer Aussprache des Doppelvokals „oo“ wie „u“ noch
größer.
Aufgrund der Verneinung der Verwechslungsgefahr hat die Markenstelle der
Frage der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke keine Bedeutung
geschenkt.
Der Erinnerungsbeschluss wurde der Widersprechenden am 9. September 2005
zugestellt.
Mit der Beschwerde vom 5. Oktober 2005 verfolgt die Widersprechende ihr
Löschungsbegehren weiter.
Zur Begründung macht sie klangliche Ähnlichkeit geltend und führt aus, dass der
klangliche Gesamteindruck, im Wesentlichen durch die Vokalfolge geprägt, iden-
tisch sei. Der Unterschied bei den Anfangskonsonanten sei vernachlässigbar, da
N und M klangverwandt seien. Der Unterschied zwischen dem einfachen „B“ und
dem Doppelkonsonant „bb“ wirke sich nur in der Länge bzw. Kürze der Ausspra-
che aus und komme nur bei sehr guter Aussprache und günstigen akustischen
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Verhältnissen zum Tragen. Der Unterschied mache sich nicht im Klangcharakter
bemerkbar.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und dem Wider-
spruch stattzugeben.
Die Inhaberin des jüngeren Zeichens hält die von der Markenstelle herangezo-
genen Unterschiede für ausreichend, eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.
II.
1.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Widersprechenden
hat in der Sache keinen Erfolg.
Auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken keine Verwechs-
lungsgefahr im Sinn von § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Zwischen den für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Fakto-
ren, Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren bzw.
Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie Art und Aufmerk-
samkeit des beteiligten Publikums, besteht eine Wechselwirkung. So kann etwa
ein höherer Grad an Ähnlichkeit der Dienstleistungen oder eine erhöhte Kenn-
zeichnungskraft der älteren Marke einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Mar-
ken ausgleichen und umgekehrt (EuGH GRUR 2005, 1042 - Thomson Life; BGH
GRUR 2005, 326 - Il PATRONE/PORTONE). Dabei sind aber die Vertriebsbedin-
gungen zu beachten. Sie zeigen, welche Bedeutung der einzelnen Kriterien im
Einzelfall beizumessen ist (EuGH MarkenR 1999, 236 Rn. 27 - LLOYD/LOINT’S).
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Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend trotz Warenidentität und unterstellter
Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke keine Gefahr von Ver-
wechslungen gegeben.
a)
Die Widerspruchsmarke ist durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Anhalts-
punkte für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind
ebenso wenig ersichtlich wie für eine Minderung.
Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft ergibt sich auch nicht aus der dem Senat
aus anderen Verfahren bekannten Auflagenhöhe der Kataloge der Widerspre-
chenden im Bereich einer Million. In den Katalogen werden so viele Marken
beworben, dass sich die Verbraucher nicht alle merken können. Dass sich
„Mobby“ besonders hervorhebt, ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.
b)
Bildlich unterscheiden sich die Marken schon aufgrund der graphischen
Gestaltung des angegriffenen Zeichens ausreichend. Die Unterschiede träten aber
selbst bei üblicher Schreibweise deutlich genug in Erscheinung.
Die Markenstelle hat zutreffend eine klangliche Ähnlichkeit der beiden Marken ver-
neint. Die Vokalfolgen sind nicht identisch, da sich die Verdoppelung des Mitten-
konsonanten bei der Widerspruchsmarke auf die Aussprache des vorangehenden
Vokals „o“ auswirkt und zwar derart, dass er kurz und geschlossen ausgesprochen
wird. Der Doppelvokal „oo“ im angegriffenen Zeichen wird dagegen lang und offen
ausgesprochen, wie in Moor, Boot etc. Dieser Unterschied macht sich nicht nur in
der Länge bemerkbar. „NOOBi“ wird damit lang, weich und klingend ausgespro-
chen, während „Mobby“ eher kurz und „knackig“ wiedergegeben wird.
Die unterschiedliche Artikulation der ersten betonten Vokale in den Markenwörtern
ist sprachüblich. Sie ist auch bei flüchtiger und schneller Sprache und ungünstigen
akustischen Verhältnissen ausreichend erkennbar, weil sie auf der betonten Silbe
am Wortanfang liegt. Solche Silben dominieren regelmäßig den klanglichen Ge-
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samtcharakter eines Wortes; und das Publikum misst dem Wortanfang regelmäßig
eine höhere Bedeutung bei.
Die Frage nach einer englischen Aussprache kann dahin gestellt bleiben, weil
dabei eine klangliche Ähnlichkeit noch weniger gegeben wäre.
Insgesamt besteht deshalb kein Ähnlichkeitsgrad der Marken, dass trotz Identität
der Waren und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke
sowie Berücksichtigung allgemeiner Verbraucherkreise eine Verwechslungsgefahr
besteht.
2.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1
MarkenG).
Dr. Albrecht
Schwarz
Dr. van Raden
WA/Fa