Urteil des BPatG vom 28.03.2001

BPatG: verwechslungsgefahr, ware, kennzeichnungskraft, wortmarke, gesamteindruck, konfitüre, kauf, sicherheit, wiedergabe, haus

BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 109/00
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
28. März 2001
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
6.70
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betreffend die Marke 396 40 066
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 28. März 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Stoppel sowie der Richterin Martens und des Richters Kunze
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß des
Deutschen Patent- und Markenamtes -
Markenstelle für
Klasse 31 - vom 12. Januar 2000 insoweit aufgehoben, als der
Widerspruch auch bezüglich der Ware "Honig" zurückgewiesen
worden ist.
Insoweit wird die Löschung der angegriffenen Marke 396 40 066
wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 163 265 angeordnet.
Die weitergehende Beschwerde der Widersprechenden wird zu-
rückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die am 20.
Januar
1997 veröffentlichte Eintragung der Wortmarke
396 40 066
Biopark
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die für zahlreiche Waren der Klassen 29 bis 31 Schutz genießt und zwar ua für
"Obst- und Gemüsegallerten, Konfitüren, Marmeladen; Honig,
Melassesirup"
ist Widerspruch erhoben worden ua aus der seit dem 31. Juli 1990 für die Waren
"Diätetische Lebensmittel, insbesondere in Honig eingebettetes
Gelee Royale und Blütenpollen; Honig und Honigprodukte, näm-
lich Honigwein, Fruchtzubereitungen mit Honig, Fenchelhonig,
Honigkuchen"
eingetragenen Wortmarke 1 163 265
BIOPHAR.
Der Markeninhaber hat die Einrede der Nichtbenutzung erhoben.
Die Markenstelle hat den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, trotz
teilweiser Warenidentität halte die jüngere Marke den erforderlichen Abstand ein,
da die Markenbestandteile "Park" bzw "PHAR" klanglich, schriftbildlich und begriff-
lich deutlich unterschiedlich seien, während das gemeinsame Element "Bio" als
schutzunfähig anzusehen sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem sinngemä-
ßen Antrag,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der
angegriffenen Marke für alle gleichen und ähnlichen Waren anzu-
ordnen.
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Sie überreicht Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benut-
zung ihrer Marke und trägt zur Begründung der Beschwerde vor, die weitreichen-
den Gemeinsamkeiten der Marken in schriftbildlicher wie klanglicher Hinsicht
rechtfertigten gerade auch vor dem Hintergrund einer infolge langjähriger und in-
tensiver Benutzung der Widerspruchsmarke für Honig gesteigerten Kennzeich-
nungskraft, wozu sie ebenfalls Unterlagen überreicht, die Annahme einer Ver-
wechslungsgefahr.
Der Markeninhaber beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er bestreitet eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke und
hält die Vergleichsmarken für hinreichend unterscheidbar, zumal der Bestandteil
"PHAR" der Widerspruchsmarke an "pharm(a)" angelehnt sei und somit als be-
griffliche Stütze dienen könne.
II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und hinsichtlich der Ware
"Honig" auch begründet, denn zwischen den sich gegenüberstehenden Marken
besteht insoweit Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Absatz 1 Nr 2 Markenge-
setz.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr, die nach der Rechtsprechung unter Be-
rücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu erfolgen hat, impli-
ziert eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, ins-
besondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeich-
neten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (BGH
GRUR 1999, 733 - LION
DRIVER).
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Die Widersprechende hat die Benutzung ihrer Marke in erster Linie für "Honig",
aber auch für "Gelee Royale" sowie "Blütenpollen" nach Art, Umfang und Dauer
durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung sowie eines beigefügten Pro-
spektes glaubhaft gemacht. Sie hat darüber hinaus eine intensive Benutzung ihrer
Marke für Honig belegt, was sich aus den von ihr überreichten Marktanteilsdaten
zu Honigprodukten des Marktforschungsunternehmens A. C. Nielsen GmbH er-
gibt. Die nachgewiesenen Umsätze und Marktanteile in Stückzahl wie in Kilo-
grammangaben rechtfertigen danach die Annahme einer deutlichen Steigerung
der von Haus aus vorhandenen durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Wi-
derspruchsmarke.
Was die beiderseitigen Waren betrifft, ist bezüglich "Honig" von Warenidentität
auszugehen, während zu den weiteren Waren wie "Konfitüre, Marmelade,
Melassesirup" zwar eine Ähnlichkeit wegen Übereinstimmung im Verwendungs-
zweck nicht verneint werden kann, jedoch von einem deutlichen Warenabstand
auszugehen ist.
Vor diesem Hintergrund kann für die identische Ware "Honig" eine Verwechs-
lungsgefahr der Marken nicht mehr verneint werden. Entgegen der Ansicht der
Markenstelle tragen auch (vermeintlich) schutzunfähige Bestandteile eines Kom-
binationszeichens zu dessen Gesamteindruck bei und sind bei der Beurteilung der
Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen, wenn auch auf sie allein die Annahme
einer Verwechslungsgefahr nicht gestützt werden kann. Die sich danach unter
Einbeziehung der identischen Anfangssilbe "Bio" ergebenden überwiegenden
Gemeinsamkeiten begründen in klanglicher wie schriftbildlicher Hinsicht eine Ähn-
lichkeit der Marken, die bei identischen Waren zur Annahme einer Kollisionsgefahr
führt. Bei Kauf auf Sicht fallen die Abweichungen in der Wortmitte durch den zu-
sätzlichen Buchstaben "H" der Widerspruchsmarke ebensowenig ins Gewicht wie
der Endkonsonant "K" in der angegriffenen Marke. Bei klanglicher Wiedergabe
unterscheiden sich die Marken zwar durch das härtere Klangbild des jüngeren
Zeichens, was aber aus dem flüchtigen Erinnerungsbild heraus eine Herkunftstäu-
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schung nicht mit Sicherheit ausschließt. Gleiches gilt für den Begriffsgehalt der
jüngeren Marke, zumal auch eine Assoziation der Widerspruchsmarke mit
"pharma" nicht ernsthaft in Betracht kommt.
Folglich war der angefochtene Beschluß insoweit aufzuheben, als er eine Ver-
wechslungsgefahr der Marken für die Ware "Honig" verneint hat. Soweit im übri-
gen nur noch allenfalls durchschnittliche Warenähnlichkeit vorliegt, reichen die
vorhandenen geringen Unterschiede zwischen den Marken aus, um eine Ver-
wechslungsgefahr auszuschließen, so daß insoweit die Beschwerde der Wider-
sprechenden keinen Erfolg hatte.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 MarkenG) bestand kein
Anlaß.
Stoppel Martens Kunze
br/prö