Urteil des BPatG vom 03.01.2002

BPatG (bezeichnung, unrichtige angabe, forschung, bezug, eintragung, anmeldung, verzeichnis, gegenstand, beschwerde, inhalt)

BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 58/01
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 398 35 485.5
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 3. Januar 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Kliems
sowie der Richter Brandt und Engels
BPatG 152
6.70
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beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deut-
schen Patent- und Markenamts vom 2. Dezember 1999 wird
aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden
ist.
G r ü n d e
I.
Die Anmelderin hat am 21. Juni 1998 die Bezeichnung
GENE
für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen ua "Magnetaufzeichnungsträger,
Druckereierzeugnisse; wissenschaftliche und industrielle Forschung; gutachterli-
che Tätigkeit; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" zur Eintra-
gung in das Markenregister angemeldet.
Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts für Klasse 42 hat nach
Beanstandung durch Beschluss vom 2. Dezember 1999 die Anmeldung teilweise
für die og Waren und Dienstleistungen wegen bestehender Schutzhindernisse
nach § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG zurückgewiesen. Bei dem angemeldeten
Begriff handele es sich in Bezug auf diese Waren und Dienstleistungen um eine
unmittelbar beschreibende und in hohem Maße freihaltebedürftige Sachaussage.
Hinsichtlich der Dienstleistungen "wissenschaftliche und industrielle Forschung,
gutachterliche Tätigkeit" weise "Gene" auf den Gegenstand der Forschung (Gen-
Forschung) und in Verbindung mit den Waren "Magnetaufzeichnungsträger,
Druckereierzeugnisse" bzw der Dienstleistung "Erstellen von Programmen für die
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Datenverarbeitung" auf den Inhalt oder die Art, nämlich Informationen zum Thema
"Gene" bzw Programme zur Entschlüsselung von Genen hin.
Die Anmelderin hat gegen die Teilzurückweisung der Anmeldung Beschwerde
erhoben und das gesamte Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen durch Auf-
nahme eines Ausnahmevermerks "sämtliche Waren und Dienstleistungen ausge-
nommen im Bereich der Genforschung und Gentechnik" beschränkt. Sie bean-
tragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit die An-
meldung zurückgewiesen worden ist.
Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Anmelderin - noch vor Aufnahme des
Ausnahmevermerks in das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen - ausge-
führt, dass die Bezeichnung "GENE" in Bezug auf die beanspruchten Waren und
Dienstleistungen, die gerade nicht auf dem biochemischen Sektor lägen, keine der
in § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG genannten Merkmalsangaben darstelle und es auch
nicht der Verkehrsanschauung entspreche, dass jede Bezeichnung für eine Ware
wie z.B. einen Datenträger oder eine Druckschrift zugleich auch den Inhalt wieder-
gebe. In ähnlicher Weise seien die Dienstleistungen "wissenschaftliche und indu-
strielle Forschung; gutachterliche Tätigkeit" zu beurteilen, deren Zielrichtung sich
unbegrenzt auf alle möglichen Forschungsgebiete bzw Inhalte erstrecken könne,
ohne dass diese zugleich als Bestimmungsangabe für die Dienstleistung selbst
gesehen werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Mar-
kenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin Bezug genommen.
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II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der Bezeichnung "CHIP"
nach dem im Beschwerdeverfahren für die Waren und Dienstleistungen "Magnet-
aufzeichnungsträger, Druckereierzeugnisse; wissenschaftliche und industrielle
Forschung; gutachterliche Tätigkeit; Erstellen von Programmen für die Datenver-
arbeitung" aufgenommenen Ausnahmevermerk keine Schutzhindernisse im Sinne
von § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG mehr entgegen.
Auch der Senat neigt allerdings zu der Auffassung der Markenstelle, dass die
angemeldete Bezeichnung "GENE" unter Berücksichtigung der nicht einge-
schränkten Fassung des Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen wegen des
möglichen Bezugs auf die Art bzw den Inhalt/Gegenstand der zurückgewiesen
Waren und Dienstleistungen eine ausschließlich beschreibende und freihaltebe-
dürftige Beschaffenheits- oder Bestimmungsangabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2
MarkenG darstellt, die zudem aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise
ausschließlich als Sachhinweis verstanden wird und deshalb keine Unterschei-
dungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG aufweist.
Insoweit war zunächst zu berücksichtigen, dass wegen der weiten, unbeschränk-
ten Oberbegriffe im ursprünglich beanspruchten Verzeichnis der Waren und
Dienstleistungen für die Beurteilung bestehender Schutzhindernisse hinsichtlich
der angemeldeten Bezeichnung "GENE" keine andere Bewertung gerechtfertigt
ist, als dies für speziell auf die Gentechnik gerichtete Waren und/oder Dienstlei-
stungen der Fall wäre. Denn bei einem Waren- und/oder Dienstleistungsverzeich-
nis, welches wie vorliegend wegen der weiten Oberbegriffe eine Vielzahl einzelner
Produkte und/oder Dienstleistungen umfasst, ist das angemeldete Zeichen bereits
von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sich auch nur für eine spezielle unter
den eingetragenen Oberbegriff fallende Ware und/oder Dienstleistung in Bezug
auf eine der möglichen Waren und/oder Dienstleistungen ein Eintragungshindernis
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ergibt (vgl BGH Beschluss vom 5. Juli 2001 – I ZB 8/99. – AC - unter Hinweis auf
BGH GRUR 1997, 634, 635 – Turbo II - zum Löschungsverfahren).
Andererseits trifft es zu, dass die Bezeichnung "GENE" - wie die Anmelderin
zutreffend ausgeführt hat - nicht die Art der zurückgewiesenen Waren "Magnetauf-
zeichnungsträger, Druckereierzeugnisse" und/oder der Dienstleistungen "industri-
elle Forschung, gutachterliche Tätigkeit; Erstellen von Programmen für die Daten-
verarbeitung" selbst unmittelbar beschreibt, sondern den möglichen Inhalt/Gegen-
stand der Waren und/oder Dienstleistungen bzw den Anwendungsbereich oder
das Endprodukt selbst. Dies hat aber der Bundesgerichtshof für die Annahme von
Schutzhindernissen nach § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG als ausreichend
erachtet. Er hat hierzu in der Entscheidung "REICH UND SCHOEN" (MarkenR
2001, 2001, 363, 365) ausgeführt, dass sich diese Wortfolge für die Dienstleistun-
gen "Fernsehunterhaltung; Zusammenstellung von Rundfunk- und Fernsehpro-
grammen; Film- und Fernsehproduktion; Videofilmproduktion" auch bei Anlegung
des gebotenen großzügigen Maßstabes auf eine verständliche Beschreibung des
Inhalts der Werke beschränke, die Gegenstand dieser Dienstleistungen seien und
der Verkehr den titelartig zusammengefassten Aussageinhalt wegen der Nähe die-
ser Dienstleistungen zum Werktitel und des mit ihm bezeichneten Inhalts der Pro-
duktionen unmittelbar und ohne weitere Überlegungen auf die betreffenden
Dienstleistungen selbst beziehen werde, für die die Eintragung erfolgen soll.
Ebenso hat der Bundesgerichtshof zu der Wortfolge "Gute Zeiten - Schlechte Zei-
ten" darauf abgestellt, dass sich diese für die Waren und Dienstleistungen "Tonträ-
ger, Bücher, Magazine, Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, Fernsehunterhal-
tung und Filmproduktion" auf eine verständliche Beschreibung des Inhalts der
Werke beschränke (MarkenR 2001, 368, 370 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten)
und deshalb die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG ange-
nommen.
Letztlich kann diese Frage jedoch dahin gestellt bleiben, da die Anmelderin das
gesamte Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen durch Aufnahme eines Aus-
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nahmevermerks "sämtliche Waren und Dienstleistungen ausgenommen im
Bereich der Genforschung und Gentechnik" beschränkt hat. Danach können auch
unter Berücksichtigung der aufgezeigten Bedenken keine konkreten Anhalts-
punkte für bestehende absolute Schutzhindernisse mehr festgestellt werden. Denn
jedenfalls in Bezug auf die danach verbliebenen Waren und Dienstleistungen stellt
die Bezeichnung "GENE" weder eine beschreibende, freihaltebedürftige Merk-
malsangabe noch eine sonstige im Vordergrund stehende sachbezogene Angabe
im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dar. Das Wort "GENE" weist vielmehr in
Bezug auf die danach noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinen
beschreibenden Bezug mehr auf.
Auch handelt es sich nicht um eine sonstige gebräuchliche Bezeichnung, die stets
nur als solche und nicht als betriebliches Unterscheidungskennzeichen verstanden
wird (vgl hierzu z.B. BGH MarkenR 2001, 209, 210 - Test it; MarkenR 2001, 408,
409 - INDIVIDUELLE), so dass auch keine Gründe ersichtlich sind, der angemel-
deten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1
MarkenG abzusprechen. Diese weist vielmehr die konkrete Eignung auf, vom Ver-
kehr als Unterscheidungsmittel für die nunmehr noch der Anmeldung zugrundelie-
genden Waren und Dienstleistungen gegenüber solchen anderer Unternehmen
aufgefasst zu werden, zumal es zur Begründung von Unterscheidungskraft auch
keines weiteren Phantasieüberschusses, sonstiger besonderer Auffälligkeiten oder
Besonderheiten der Markenbildung bedarf (vgl auch zu Art 7 Abs 1 Buchst b und c
GMV: EuG MarkenR 2001, 181, 184 Tz 39 und Tz 40 - EASYBANK; MarkenR
2001, 415, 417 Tz 41 - New Born Baby) und bei der Beurteilung der absoluten
Schutzhindernisse grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen ist.
Nach Auffassung des Senats besteht auch kein Grund, der angemeldeten
Bezeichnung die Eintragung im Hinblick auf das absolute Schutzhindernis nach
§ 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG wegen Täuschungsgefahr deshalb zu versagen, weil sich
die angegriffene Marke für die nunmehr noch beanspruchten Waren und Dienstlei-
stungen in jedem denkbaren Fall als eine unrichtige Angabe mit wettbewerbs-
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rechtlicher Relevanz erweisen könnte (vgl zu dieser Voraussetzung im einzelnen
Althammer/Ströbele MarkenG, 6. Aufl § 8 Rdn 230 und Rdn 233). Denn der Ver-
kehr wird außerhalb des ausgeschlossenen Anwendungsbereichs der angemelde-
ten Bezeichnung keinen sachbezogenen Aussagegehalt zuordnen und unterliegt
deshalb bereits keiner Irreführung (vgl hierzu auch Althammer/Ströbele MarkenG,
6. Aufl § 8 Rdn 235).
Auf die Beschwerde der Anmelderin war deshalb der angefochtene Beschluss
aufzuheben.
Kliems Brandt Engels
Fa