Urteil des BPatG vom 04.09.2002

BPatG: unterscheidungskraft, verkehr, englisch, wörterbuch, website, internet, telekommunikation, zubehör, bestandteil, geschäftstätigkeit

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 184/01
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 36 934.4
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 4. September 2002 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, den
Richter Baumgärtner und die Richterin Pagenberg
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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Gründe:
I.
Die Wortmarke
“mobile bizz“
soll für die Waren und Dienstleistungen
“Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und/oder Wiedergabe von Ton und
Bild sowie deren Zubehör, nämlich Ersatzteile, Ladegeräte, Akkumulatoren,
Antennen, Kabel, Freisprecheinrichtungen, Stative, Halterungen, Trageta-
schen, Adapter, Gehäuse, Pflegemittel, Vibrationsmelder, Spannungs-
wandler, Signal-Verstärker, Datenfunkadapter, Betriebsanleitungen, Ein-
bausätze, Antennenweichen; Lederwaren, nämlich Ledermappen-, Ta-
schen-, Hüllen-, Bezüge; Telekommunikation”
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 38 hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen, von de-
nen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen mangelnder Unterschei-
dungskraft und wegen eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Die angemel-
dete Bezeichnung weise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und
Dienstleistungen ausschließlich darauf hin, dass es sich um solche handle, die
das mobile business zum Gegenstand haben. “Bizz“ sei im hier einschlägigen Ge-
biet des “e-bizzs“ eine vielfach verwendete Slangform von “business“.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelder. Sie tragen vor, dass die an-
gemeldete Kennzeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft aufweise. Sie
bestehe aus zwei englischsprachigen Worten, wobei der Bestandteil “Bizz“ eine
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Phantasiekennzeichnung sei, der Kennzeichnungskraft zukomme. “Bizz“ sei auch
keine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im allgemeinen Sprach-
gebrauch oder in den redlichen anständigen Verkehrsgepflogenheiten üblich ge-
wordene Angabe. Ein beschreibender Bezug dieses Begriffs zu den angegebenen
Waren und Dienstleistungen sei nicht herzustellen, weshalb es auch am Freihal-
tungsbedürfnis fehle.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
Die Anmelder haben sich zu der ihnen vom Senat übermittelten Ergebnissen der
Internetrecherche nicht geäußert.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da der angemeldeten
Bezeichnung im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegli-
che Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewoh-
nende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemel-
deten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen
aufgefasst zu werden. Dabei nimmt der Verkehr ein als Marke verwendetes Zei-
chen in der Regel so auf, wie es ihm entgegentritt und unterzieht es keiner analy-
sierenden Betrachtungsweise. Bei der Beurteilung ist grundsätzlich von einem
großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede, auch noch so geringe Unterschei-
dungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Diese Unterschei-
dungskraft fehlt jedoch, wenn dem Zeichen ein für die beanspruchten Waren im
Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann
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oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer geläufi-
gen Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entspre-
chenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unter-
scheidungsmittel verstanden wird (BGH MarkenR 2001, 480 f - LOOK m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen fehlt “mobile bizz“ für die beanspruchten Waren und
Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft. Dies wird nicht dadurch ausge-
schlossen, dass die angemeldete Wortfolge als solche derzeit nicht nachweisbar
ist, denn auch weder lexikalisch noch sonst belegbare Neuschöpfungen können
nicht unterscheidungskräftig sein, wenn sie sprachüblich gebildet sind und einen
ohne weiteres verständlichen, für die jeweiligen Waren und Dienstleistungen im
Vordergrund stehenden, eindeutigen, inhaltlich hinreichend umrissenen beschrei-
benden Sinngehalt aufweisen (vgl. BGH GRUR 1996, 771 - THE HOME DEPOT;
BGH GRUR 1996, 770 - MEGA; BGH GRUR 1995, 269 - U-KEY; BGH GRUR
1995, 408 ff. - PROTECH; BGH WRP 2000, 95, 97, 98 - FÜNFER). Dies ist hier
der Fall.
Das angemeldete Zeichen setzt sich aus den beiden Bestandteilen “mobile“ und
“bizz" zusammen. Das aus dem Englischen stammende Wort “mobile“ bedeutet
“beweglich, mobil“ (PONS Collins Großwörterbuch Deutsch-Englisch Englisch-
Deutsch 1999) und es wird von den inländischen Verkehrskreisen auf Grund der
Bedeutungsidentität mit dem zum Bestandteil der deutschen Sprache gehörenden
Fremdwort “mobil“ (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7.Aufl. 2000) ohne weiteres
verstanden. Zudem ist Englisch im Bereich der hier beanspruchten Waren und
Dienstleistungen Fachsprache. Der zweite Markenbestandteil “bizz“ ist, wie von
der Markenstelle bereits zutreffend festgestellt, eine im hier einschlägigen Fach-
gebiet häufig verwendete Kurzform für “business“. Dieses englische Wort hat mit
der Bedeutung “Geschäft“ Eingang in die deutsche Sprache gefunden (Wahrig,
Deutsches Wörterbuch, 7.Aufl. 2000, S. 309).
Wie die Internet-Recherche ergeben
hat, findet sich die Abkürzung “Bizz“ für “business“ in vielen Zusammensetzungen
aus dem eCommerce-Bereich. So bietet beispielsweise die Fa. M…
Corporation auf ihrer Website unter dem Stichwort “e-Bizz Solutions“ Be-
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ratungen im Bereich e-Business an. Mit der Bezeichnung “small bizz“ weist ein
Unternehmen auf ihre “Business-Lösungen für Kleinunternehmen, Freiberufler und
Selbständige“ hin. Mit dem Slogan “we make e-bizz easy“ wirbt die Fa. …
GmbH aus Pforzheim für sich als “Full-service-Dienstleister“
u.a. im Bereich E-Business.
Die Bezeichnung "mobile bizz" bedeutet danach "mobile business, mobiles Ge-
schäft" im Sinne dessen, was z.B. u.a. bei der Fa. S… oder bei der Einladung
zum Kongress “Treffpunkt mobile mBizz & Wireless IT 2001“ beschrieben ist,
nämlich eine modernere, weil äußerst unabhängige Unterart des e-Business. Für
diese neue Art, über das Internet Geschäftstätigkeiten abzuwickeln, wobei von
jedem Ort Mitarbeiter im Außendienst, Vertrieb, Support oder Management mit
ihrem Unternehmen oder mit Kunden elektronisch kommunizieren können, hat
sich “mobile business“ als Fachbegriff etabliert. Für diesen hat das angemeldete
Zeichen, das sprachüblich wie die im Rahmen der Internetrecherche aufgefunde-
nen vergleichbaren Begriffe e-bizz, c-bizz oder IT-bizz gebildet ist, als schlagwort-
artige Bezeichnung auf dem Gebiet der vorliegend beanspruchten Waren und
Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden sachlichen Inhalt. Wie u.a. die
Siemens-Website oder der ZDTechReport zum Thema “mobile business“ zeigen,
spielen beim “mobile business“ mobile Endgeräte, beispielsweise Handys oder
Laptops, eine zentrale Rolle, da hauptsächlich über sie die mobile Geschäftstätig-
keit abgewickelt wird bzw. bei deren Zubehör, mit dem sich ein mobiler, globaler
Geschäftsbetrieb abwickeln lässt. Für diese Waren wird die angemeldete Wort-
folge
stets nur in ihrem beschreibenden Sinn und nicht als Unterscheidungsmittel
verstanden. Dies gilt ebenso für die weiter beanspruchten Zubehörteile “Lederwa-
ren, nämlich ...“, die jeweils in engstem Zusammenhang mit den genannte Waren
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stehen und erst Recht für die “Telekommunikation“, die für das “mobile Bizz“
Voraussetzung ist.
Grabrucker Baumgärtner Pagenberg
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