Urteil des BPatG vom 11.06.2004

BPatG: stadt, unterscheidungskraft, verkehr, wortmarke, internet, beruf, sport, charter, herkunft, mode

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 157/04
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 302 41 403.7
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 9. August 2006 durch …
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Wortmarke
woman in the city
ist für die Waren der Klasse 16
Magazine, Zeitschriften
zur Eintragung in das Register angemeldet.
Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung mit Beschluss vom 11. Juni 2004 wegen fehlender Unterscheidungs-
kraft zurückgewiesen. Die sprachüblich gebildete Wortfolge sei für das an engli-
sche Begriffe gewöhnte Publikum ohne weiteres im Sinne von „Frau in der Stadt“
verständlich. Die nahezu gleichlautende Bezeichnung „women in the city“ und die
entsprechende deutschsprachige Wortfolge „Frau in der Stadt“ fänden bereits in
der Allgemeinsprache und der Werbung Verwendung. In Verbindung mit den be-
anspruchten Waren erfasse der Verkehr das Zeichen daher lediglich als inhaltsbe-
schreibenden Hinweis auf Magazine und Zeitschriften, die sich mit dem Themen-
kreis der Frau in der Stadt befassten bzw. auf diese Zielgruppen ausgerichtet
seien.
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Die Anmelder haben Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führen sie im We-
sentlichen aus, dass sich der angemeldeten Wortfolge kein eindeutiger Aussage-
gehalt zuordnen lasse. Nach einer im Jahr 2004 durchgeführten Untersuchung sei
die Allgemeinheit der Verbraucher nicht in der Lage, die Bedeutung englischspra-
chiger Wortfolgen zutreffend zu erfassen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass
das Publikum die angemeldete Bezeichnung mit der Bedeutung von „Frau in der
Stadt“ verstehe, bleibe das Zeichen in Verbindung mit den beanspruchten Maga-
zinen und Zeitschriften mehrdeutig. Die Angabe „Frau in der Stadt“ beschreibe ins-
besondere keine bestimmte Zielgruppe und werde vom angesprochenen Publikum
daher auch nicht als beschreibender Hinweis auf eine für die Frau in der Stadt ab-
gestimmte Themenauswahl erfasst. Das Ergebnis einer Internet-Recherche habe
ergeben, dass das Zeichen ausschließlich von den Anmeldern zur Kennzeichnung
der von ihnen herausgegebenen Zeitschrift verwendet werde.
Die Anmelder beantragen sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Recherche zur Verwendung der
Wortfolge „Frau in der Stadt“ wurde den Anmeldern zugesandt.
II.
Die nach § 165 Abs. 4 MarkenG a. F. i. V. m. § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zuläs-
sige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung des angemelde-
ten Zeichens steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
1. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke
innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die
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angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber sol-
chen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Sie entspricht der Hauptfunk-
tion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienst-
leistungen zu gewährleisten. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich
daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und anderer-
seits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren. Die
erforderliche Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke nur dann, wenn das Zei-
chenwort eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund
stehende Sachaussage darstellt oder es sich um ein gebräuchliches Wort der
deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom ange-
sprochenen Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel
verstanden wird (vgl. BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2003, 1050 - Cityser-
vice; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Für die Beurteilung der Unterschei-
dungskraft von Zeitschriften- und Zeitungstiteln gelten diese Kriterien entspre-
chend (vgl. BGH GRUR
2000, 882, 883 -
Bücher für eine bessere Welt;
GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Als ein rein beschrei-
bender Hinweis auf den Inhalt der so bezeichneten Magazine und Zeitschriften ist
die angemeldete Wortfolge daher nicht unterscheidungskräftig.
2. Ausgehend von dem Grundsatz, dass das angesprochene Publikum ein als
Marke verwendetes Zeichen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt ohne es einer
analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen, ist für die Prüfung der Unter-
scheidungskraft die angemeldete Wortfolge in ihrer Gesamtheit zu Grunde zu le-
gen (vgl. BGH GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORA-
TION).
2.1.
Die aus gängigen englischen Begriffen zusammengesetzte Wortfolge ist für
das angesprochene Publikum ohne weiteres mit der Bedeutung von „Frau in der
Stadt“ verständlich. Die Wörter „woman“ und „city“ zählen zum einfachsten engli-
schen Grundwortschatz. Der Begriff „city“ hat in der Bedeutung von „Großstadt,
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Innenstadt“ bereits Eingang in die deutsche Sprache gefunden (vgl. Duden, Deut-
sches Universalwörterbuch, 5. Aufl. 2003 [CD-ROM]).
2.2. Nach der vom Senat durchgeführten Internet-Recherche in der
Zeitschriftendatenbank deutscher Bibliotheken (www.zeitschriftendatenbank.de)
sind entsprechend gebildete Wortfolgen, die Frauen in einer bestimmten Lebens-
situation beschreiben, als Zeitungs- bzw. Zeitschriftentitel gebräuchlich, z. B. „Frau
im Sport“, „Frau in Beruf und Leben“, „Die Frau in der Politik“, „Die Frau in der
Gemeinschaft“. Im Bereich der Stadtplanung bezeichnet die Wortfolge „Frau in der
Stadt“ den Themenbereich der Frau im städtischen Raum. Diese Bedeutung liegt
auch der von den Anmeldern eingereichten „European Charter for women in the
city“ zu Grunde. Daneben finden sich vereinzelte Verwendungen sowohl der an-
gemeldeten als auch der deutschsprachigen Wortfolge als Bildunterschriften, z. B.
www.fotosearch.de - „fashionable woman in the city“; www.truephotos.de - „Frau
in der Stadt“.
2.3. Auf Grund dieser Verwendungen sind die angesprochenen Verkehrskreise
daran gewöhnt, Angaben, die Frauen in einer bestimmten Situation beschreiben,
als rein thematischen Hinweis zu verstehen und erfassen dementsprechend auch
die Bezeichnung „woman in the city“ in Verbindung mit den beanspruchten Maga-
zinen und Zeitschriften lediglich als Sachhinweis auf Informationen und sonstige
Inhalte für die Frau in der Stadt. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass sich
der Wortfolge nicht konkret entnehmen lässt, ob es sich dabei um Themen aus
dem Bereich der Stadtplanung, der Mode oder sonstiger Aspekte des Lebens ei-
ner Frau in der Stadt handelt. Denn mit der Angabe „woman in the city“ ist der
thematische Bereich der Frau in der Stadt dennoch hinreichend erfasst, so dass
der Verkehr nur die im Vordergrund stehende Inhaltsangabe und nicht den Hin-
weis auf eine betriebliche Herkunft erfasst (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883
- Bücher für eine bessere Welt).
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3. Angesichts der unmittelbar beschreibenden Bedeutung kommt es auch nicht
darauf an, ob die Wortfolge bisher ausschließlich von den Anmeldern benutzt wird.
Anhaltspunkte dafür, dass sich das Zeichen infolge seiner Benutzung als Hinweis
auf die Anmelder im Verkehr durchgesetzt hat, sind für den Senat nicht ersichtlich
und auch nicht vorgetragen.
gez.
Unterschriften