Urteil des BPatG vom 13.11.2001
BPatG (marke, kennzeichnungskraft, leder, bestandteil, beschwerde, verwechslungsgefahr, gefahr, beurteilung, umfang, benutzung)
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 163/00
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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BPatG 152
10.99
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betreffend die eingetragene Marke 396 02 814
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 13. November 2001 unter Mitwirkung des Richters Albert als Vorsit-
zenden, der Richterin Friehe-Wich und des Richters Schwarz
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die Eintragung der Wortmarke
Mona Cuero
für "Damenbekleidungsstücke (Damenoberbekleidung)" hat Widerspruch eingelegt
die Inhaberin der prioritätsälteren Marke
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eingetragen unter der Nr 811 037 für "Strumpfwaren, gewirkte und gestrickte Be-
kleidungsstücke; Bekleidungsstücke, Tisch- und Bettwäsche, Handschuhe für Da-
men und Herren, Pullover und Strickwesten, Damenblusen, Damenhemden, Da-
menunterkleider, Petticoats, Damen- und Herrennachthemden, Damen- und Her-
renschlafanzüge, Herrenoberhemden, Herrensporthemden, Polohemden, Freizeit-
hemden, Taschentücher, Bademäntel und Frottierwäsche, Leibwäsche, Korsetts
und Miederwaren, ausgenommen solche für gesundheitliche Zwecke, Damen-
schlüpfer, ausgenommen Monatshöschen, Web- und Wirkstoffe".
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den
Widerspruch durch zwei Beschlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfahren er-
ging, wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Trotz einander ge-
genüberstehender identischer Waren halte die jüngere Marke zur Widerspruchs-
marke einen ausreichenden Abstand ein. In ihrem Gesamteindruck seien die ei-
nander gegenüberstehenden Marken deutlich verschieden. Die angegriffene Mar-
ke werde nicht durch den Bestandteil "Mona" geprägt und nicht auf diesen ver-
kürzt, sondern in ihrer Gesamtheit als Vor- und Familienname aufgefaßt, wobei
der Verkehr keine Veranlassung habe, auf den Vornamen zu verkürzen, zumal auf
dem einschlägigen Warensektor Vornamen werbeüblich seien. Daß "Cuero" das
italienische Wort für "Leder" sei, sei dem weitaus überwiegenden Teil der ange-
sprochenen Verkehrskreise unbekannt und stehe einer Interpretation als Familien-
name nicht entgegen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie meint, zu den
im Warenverzeichnis der jüngeren Marke enthaltenen Bekleidungsstücken gehöre
auch hochpreisige Damenoberbekleidung. Den Käufern derartiger Waren sei gera-
de auch im Hinblick auf die große Bedeutung italienischer Mode bekannt, daß
"Cuero" das italienische Wort für Leder sei. Diese nicht zu vernachlässigenden
Verkehrskreise würden mit "Mona Cuero" gekennzeichnete Produkte als "Leder-
Kollektion der Marke Mona" auffassen und diese der Widersprechenden zuordnen.
Da es sich darüber hinaus bei "Cuero" um einen warenbeschreibenden Begriff
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handele, sei dieser nicht geeignet, die jüngere Marke zu prägen. In dieser sei da-
her allein der Bestandteil "Mona" schutzfähig und kollisionsbegründend.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet, weil die jüngere Marke auch
in Anbetracht einander gegenüberstehender teilweise identischer Waren einen die
Gefahr von Verwechslungen mit ausreichender Sicherheit ausschließenden Ab-
stand zur Widerspruchsmarke einhält, so daß die Voraussetzungen des § 9 Abs 1
Nr 2 MarkenG nicht vorliegen.
Die Gefahr von Verwechslungen ist von mehreren Komponenten abhängig, die
miteinander in Wechselbeziehung stehen, und zwar insbesondere von der Ähn-
lichkeit oder Identität der Marken, der Ähnlichkeit oder Identität der von ihnen er-
faßten Waren und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH
GRUR 1998, 922, 923 – Canon; MarkenR 1999, 236, 239 – Lloyd/Loints), wobei
bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken auf einen durchschnittlich infor-
mierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen
ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der betreffenden Waren unterschiedlich
hoch sein kann (EuGH MarkenR 1999, aaO, RdNr 26).
Die Marken sind teils für identische, teils für ähnliche, teils aber auch für unähnli-
che Waren bestimmt. So sind zB "Tisch- und Bettwäsche" aus dem Warenver-
zeichnis der Widerspruchsmarke den Waren der angegriffenen Marke unähnlich.
Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist von allenfalls normaler Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen, soweit diese für Waren be-
stimmt ist, die mit denen der jüngeren Marke identisch oder ihnen ähnlich sind.
Denn im Bereich der Bekleidungsstücke sind Vornamen sowohl als Marken wie
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auch als Modellbezeichnungen häufig und weisen damit von Haus aus eine gewis-
se Schwäche in ihrer Kennzeichnungskraft auf. Soweit die Widersprechende (im
Verfahren vor der Markenstelle) eine aufgrund intensiver Benutzung erhöhte
Kennzeichnungskraft geltend gemacht hat, ist ihrem Vortrag schon nicht zu ent-
nehmen, welcher Anteil ihres Umsatzes auf Waren entfällt, die mit "Damenbeklei-
dungsstücken (Damenoberbekleidung)" identisch oder ihnen ähnlich sind. Denn
das Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthält - wie oben ausgeführt -
auch Waren (zB "Tisch- und Bettwäsche"), die denen aus dem Warenverzeichnis
der jüngeren Marke unähnlich sind. Aus der Angabe des Umsatzes insgesamt läßt
sich somit nicht schließen, in welchem Umfang dieser die Kennzeichnungskraft
der Marke durch Benutzung für "Damenbekleidungsstücke (Damenoberbeklei-
dung)" und ähnlichen Waren (möglicherweise) gesteigert hat. Im übrigen würde in
Anbetracht der ursprünglichen Kennzeichnungsschwäche eine intensive Benut-
zung der Widerspruchsmarke (wohl nur) zu normaler Kennzeichnungskraft führen.
Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der Marken ist auf deren jeweiligen Gesamtein-
druck abzustellen; der Schutz eines einzelnen aus einer Kombinationsmarke her-
ausgelösten Elements ist dem Markenrecht fremd. Allerdings kann einem einzel-
nen Bestandteil eines Zeichens besondere, das Gesamtzeichen prägende Kenn-
zeichnungskraft beigemessen werden, so daß bei einer Übereinstimmung einer
Bezeichnung mit dem so geprägten Zeichen die Verwechslungsgefahr zu bejahen
ist (vgl BGH BlPMZ 1996, 415, 416 – Sali Toft; 1998, 524 – ECCO II). Vorliegend
ist das jedoch nicht der Fall.
Die Beurteilung der Markenstelle, daß die angesprochenen Verkehrskreise die
jüngere Marke regelmäßig als Vor- und Familiennamen auffassen werden, läßt
Fehler nicht erkennen. Denn die angegriffene Marke ist mit einem allgemein be-
kannten weiblichen Vornamen und einem weiteren Wort so gebildet, wie es einem
vollständigen Namen entspricht. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden ist
nicht in einem markenrechtlich relevanten Umfang davon auszugehen, daß die an-
gegriffene Marke auf den "Vornamen" Mona verkürzt wird. Denn dies ist regelmä-
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ßig nur in Ausnahmen der Fall, deren Voraussetzungen hier ersichtlich nicht vor-
liegen (Althammer/Ströbele, Markenrecht, 6. Aufl, § 9 RdNr 193).
Es stehen sich somit "Mona Cuero" einerseits und die graphisch gestaltete Marke
"Mona" andererseits gegenüber. Sowohl in bildlicher als auch in klanglicher Hin-
sicht schließt der Bestandteil "Cuero" der angegriffenen Marke, der in der Wider-
spruchsmarke keine Entsprechung hat, Verwechslungen in markenrechtlich rele-
vantem Umfang aus.
Soweit die Widersprechende geltend macht, daß relevante Teile der angesproche-
nen Verkehrskreise in Anbetracht der besonderen Bedeutung der italienischen
Mode den Sinngehalt des Bestandteils "Cuero" erkennen, die Marke als Kenn-
zeichnung der "Leder-Kollektion der Marke Mona" auffassen und die so gekenn-
zeichneten Produkte der Widersprechenden zuweisen, ist von einer solchen Ge-
fahr mittelbarer Verwechslungen nicht auszugehen. Dem steht schon entgegen,
daß "Cuero" das spanische und nicht das italienische Wort für "Leder" ist; die ita-
lienische Entsprechung ist "Cuoio". Es besteht mithin für die insoweit zu berück-
sichtigenden fachlich orientierten und interessierten Verkehrskreise (vgl Altham-
mer/Ströbele, aaO, § 9 RdNr 212) keine Veranlassung, die jüngere Marke in dem
von der Widersprechenden angegebenen Sinn zu interpretieren.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Kosten verbleibt es bei der Regel des § 71 Abs 1 S 2 MarkenG.
Gründe, hiervon abzuweichen, sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
Albert Schwarz Friehe-Wich
Pü