Urteil des BPatG vom 21.01.2008

BPatG (beleuchtungseinrichtung, gegenstand des verfahrens, patent, fachmann, fig, patentanspruch, umfang, angabe, material, form)

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
_______________
(Aktenzeichen)
21. Januar 2008
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
19 W (pat) 301/05
Verkündet am
- 2 -
betreffend das Patent 102 34 300
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Dipl.-Ing. Bertl und der Richter Gutermuth, Dipl.-Ing. Groß und
Dr.-Ing. Scholz
beschlossen:
Das Patent 102 34 300 wird widerrufen.
G r ü n d e
I.
Für die am 26. Juli 2002 im Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Pa-
tentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents am 26. August 2004
veröffentlicht worden. Es betrifft eine
„Sicherungs- und Überwachungsvorrichtung für Türen, Fenster oder dergleichen“.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 24. November 2004
(eingegangen per Fax am selben Tag) Einspruch mit der Begründung erhoben,
dass dem Gegenstand des Patents die Neuheit und ausreichende Erfindungshöhe
nach § 3 und § 4 des PatG fehle.
Die Einsprechende stellte den Antrag aus dem Schriftsatz vom 24. Novem-
ber 2004 (Bl. 7 d. A.),
das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
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Die Patentinhaberin stellte den Antrag aus dem Schriftsatz vom 8. April 2005,
das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten (Bl. 75 d. A.).
Der mit einer Gliederung entsprechend der Merkmalsanalyse der Einsprechenden
versehene Patentanspruch
1 lautet unter Berichtigung des offensichtlichen
Schreibfehlers „dem Leuchtmittel (5)“ in „dem Leuchtmittel (6)“ im Merkmal 4):
„1.
Sicherungs- und Überwachungsvorrichtung
2. mit
einem
Aufbau,
in dem unter anderem
2.1 ein
Sicherheitstaster oder -schalter angeordnet
ist,
2.1.1 der von einer Beleuchtungseinrichtung
umgeben ist,
2.1.2
die aus einem ringförmigen Teil
2.1.3
aus lichtleitendem Material besteht,
2.2
wobei in dem Aufbau mindestens ein Leuchtmittel
vorgesehen ist,
2.2.1
welches als Lichtquelle für die Beleuch-
tungseinrichtung dient,
dadurch gekennzeichnet,
3
- dass die Beleuchtungseinrichtung (4) im Wesentlichen
konisch ausgebildet ist und
4.
mit ihrem größeren Durchmesser an dem Leuchtmittel
(6) anliegt,
5.
- dass die eine Stirnseite der Beleuchtungseinrichtung
(4) aus dem Aufbau (2) hervorsteht und
6. den
Sicherheitstaster (3) umgibt,
- 4 -
7.
- dass die andere Stirnseite innerhalb des Aufbaues (2)
angeordnet ist und
8. -
dass
der
Sicherheitstaster (3) weiter aus der Montage-
platte (5) vorsteht als die Beleuchtungseinrichtung (4).“
Dem Patentgegenstand liegt die Aufgabe zugrunde, eine Sicherungs- und Über-
wachungsvorrichtung der oberbegrifflichen Art zu schaffen, bei der auch unter un-
günstigen Sichtverhältnissen ein leichtes und sicheres Auffinden des Sicherheits-
tasters gewährleistet werden kann (Abs. 0004 der Streit-PS).
Die Einsprechende
vertritt die Auffassung, dass aus der DE 199 34 482 C1 alle
Merkmale des Gegenstands des Patentanspruchs 1 - mit Ausnahme, dass die Be-
leuchtungseinrichtung konisch ausgebildet ist - bekannt seien. Die Realisierung
dieser Maßnahme sei jedoch ins Belieben des Fachmanns gestellt; sie ergebe
sich abhängig vom Durchmesser des Sicherheitstasters oder abhängig vom
Durchmesser eines Kreises, auf dem die Leuchtdioden angeordnet seien.
Der Patentinhaberin meint, dass bei der Vorrichtung nach der DE 199 34 482 C1
die Beleuchtungseinrichtung nicht an den Leuchtdioden anliege; Leuchtdioden und
Beleuchtungseinrichtung würden sich nicht berühren. Auch sei die konische Aus-
bildung der Beleuchtungseinrichtung aus der DE 199 34 482 C1 nicht bekannt; sie
liege auch nicht nahe, denn durch die Konizität ergebe sich erst der in der Figur 3
der Streitpatentschrift gezeigte Vorteil, dass die Beleuchtungseinrichtung an der
Montageplatte gehaltert werden könne. Zum Aufbau der Sicherheitsvorrichtung
nach der DE 199 34 482 A1 rechnet die Patentinhaberin nicht nur die Platine
54
und den Montagerahmen
55, sondern auch noch das Gehäuse 11. Gegenüber
diesem stehe der Sicherheitstaster nach der DE 199 34 482 C1 nicht hervor.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
- 5 -
II.
Die durch § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG für das vorliegende Einspruchsverfahren (Ein-
spruch eingelegt am 24. November 2004) begründete Zuständigkeit des Senats
wird durch die in der Zwischenzeit erfolgte Aufhebung dieser Vorschrift nicht be-
rührt (vgl. auch BGH Beschluss vom 27. Juni 2007 (X ZB 6/05) - Informationsüber-
mittlungsverfahren II).
Die Zulässigkeit des Einspruchs ist zweifelsfrei gegeben.
Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.
1. Fachmann
Als Fachmann ist ein FH-Elektroingenieur anzusehen mit Kenntnissen in der Kon-
struktion und Herstellung von Sicherungs- und Überwachungsvorrichtungen in
Form von beleuchteten Sicherheitstastern oder -schaltern; ihm ist dabei das Ver-
halten von Leuchtmitteln z. B. in Form von Leuchtdioden und von Lichtleitelemen-
ten genauso geläufig wie die Einkopplung und Übertragung von Licht zwischen
Leuchtmitteln und Lichtleitelementen.
2. Zur Lehre des Patentanspruchs 1
2 a)
Die Angabe, dass die Beleuchtungseinrichtung „im Wesentlichen konisch ausge-
bildet“ ist, versteht der Fachmann so, dass darunter eine Beleuchtungseinrichtung
fällt, die einen Durchmesser aufweist, der auf der Seite des (kreisförmigen)
Leuchtmittels größer ist als auf der Seite des Sicherheitstasters.
- 6 -
2b) Merkmal 4:
Die Patentschrift stellt ihr eigenes Lexikon dar (BGH -
Spannschraube
GRUR 1999, S. 909). Sonach versteht der Fachmann nach Überzeugung des Se-
nats unter der Angabe, dass die „Beleuchtungseinrichtung (4) … an dem Leucht-
mittel (6) anliegt“, auch ein Gegenüberstehen von Leuchtmittel (6) und Beleuch-
tungseinrichtung (4) derart, dass diese sich nicht berühren müssen, sondern ledig-
lich eine Lichteinkopplung vom Leuchtmittel in die Beleuchtungseinrichtung ge-
währleisten. Denn die Figur 2 der Streitpatentschrift zeigt, dass das Leuchtmittel 6
gegenüber einem Einschnitt 7 in der Beleuchtungseinrichtung 4 beabstandet an-
geordnet ist. Auch die diesbezügliche Textstelle in der Streitpatentschrift
(Abs. 0017 vorle. Satz) besagt, dass sich ein Bereich der Beleuchtungseinrich-
tung 4 nahe der Leuchtmittel 6 befindet und dass sich dort Einbuchtungen oder
Einschnitte 7 befinden, in denen die Leuchtmittel ganz oder teilweise eintauchen.
Dass sich Beleuchtungseinrichtung 4 und Leuchtmittel 6 berühren müssen, ist der
Textstelle aber nicht zu entnehmen.
2c) Merkmal 2,
Unter dem Aufbau der streitpatentgemäßen Sicherungsvorrichtung versteht der
Senat die in den Figuren 1 und 2 gezeigte und in Absatz 0016 beschriebene, mit
dem Bezugszeichen 2 versehene Anordnung, bestehend aus Seitenteilen (bei Be-
zugsziffer 2 in Fig. 2) und wenigstens einer Platte (ohne Bezugsziffer) auf der die
Leuchtmittel 6 angeordnet sind. Ein diesen Aufbau umgebendes Gehäuse oder ei-
ne möglicherweise zusätzliche Abdeckung gehören damit nicht mehr zum Aufbau
im Sinne des Patentanspruchs 1.
3. Patentfähigkeit
Die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tä-
tigkeit.
- 7 -
Aus der DE 199 34 482 C1 ist bekannt eine
1.
Sicherungs- und Überwachungsvorrichtung (Türterminal
10 mit Nottaster)
2.
mit einem Aufbau (bestehend aus einer Platine 54 und
einem diese umgebenden Montagerahmen 55), in dem
unter anderem
2.1 ein Sicherheitstaster (Nottaster 40) angeordnet
ist,
2.1.1 der von einer Beleuchtungseinrichtung
(52) umgeben ist (Fig. 1, 2),
2.1.2
die aus einem ringförmigen Teil (Sp. 4
Z. 19: Lichtring 52)
2.1.3 aus lichtleitendem Material besteht
(Sp. 4 Z. 18 bis 20, 49),
2.2
wobei in dem Aufbau (54, 55) mindestens ein
Leuchtmittel (51) vorgesehen ist,
2.2.1
welches als Lichtquelle für die Beleuch-
tungseinrichtung (52) dient (Sp. 4 Z. 14
bis 20),
wobei
4
teilw
. - die Beleuchtungseinrichtung (52) an dem Leuchtmittel
(51) anliegt (Fig. 2: Die Beleuchtungseinrichtung 52 liegt
überhalb der Leuchtdioden 51 als Leuchtmittel, diese
koppeln damit das Licht in die Beleuchtungseinrichtung
52 ein und die Beleuchtungseinrichtung 52 liegt somit
gemäß Punkt 2b) obiger Ausführungen an den Leucht-
dioden 51 als Leuchtmittel an),
- 8 -
5.
- die eine (geriffelte) Stirnseite der Beleuchtungseinrich-
tung (52) aus dem Aufbau (54, 55) hervorsteht (Fig. 2:
Die geriffelte Stirnseite der Beleuchtungseinrichtung 52
steht aus dem Aufbau 54, 55 hervor) und
6. den
Sicherheitstaster
(40)
umgibt (Fig. 1, 2: 52, 40),
7.
- die andere (die den Leuchtdioden 51 als Leuchtmittel
zugewandte) Stirnseite innerhalb des Aufbaues (54, 55)
angeordnet ist (Fig. 2: Die andere Stirnseite der Be-
leuchtungseinrichtung 52 liegt unterhalb der Oberseite
des Montagerahmens 55 und damit innerhalb des Auf-
baus 54, 55) und
8.
- der Sicherheitstaster (40) weiter aus der Montageplatte
(Oberseite des Montagerahmens 55) vorsteht als die
Beleuchtungseinrichtung (52).
Die Sicherungs- und Überwachungsvorrichtung gemäß Patentanspruch 1 unter-
scheidet sich von der aus der DE 199 34 482 C1 bekannten somit dadurch,
dass die Beleuchtungseinrichtung im Wesentlichen konisch
ausgebildet ist und mit ihrem größeren Durchmesser an dem
Leuchtmittel anliegt (Merkmal 3, Restmerkmal 4.).
Die Realisierung dieser Maßnahme ergibt sich für den Fachmann dann in nahelie-
gender Weise, wenn er die Vorrichtung nach der DE 199 34 482 C1 an einen Si-
cherheitstaster mit einem kleineren Durchmesser als dem des - aus einem Kreis
aus Leuchtdioden gebildeten - Leuchtmittels anzupassen hat oder wenn für das
Leuchtmittel (Leuchtdiodenkreis) ein größerer Durchmesser als der des Sicher-
heitstasters notwendig ist.
Denn abhängig von den Durchmessern des vorgegebenen Sicherheitstasters und
des gerade zur Verfügung stehenden Platzes für das Leuchtmittel (Leuchtdioden-
kreis) kann es notwendig sein, die Beleuchtungseinrichtung im Wesentlichen ko-
- 9 -
nisch auszubilden und sie mit ihrem größeren Durchmesser an dem Leuchtmittel
anliegen zu lassen.
Die von der Patentinhaberin geltend gemachte Eigenschaft der Halterung der Be-
leuchtungseinrichtung an der Montageplatte entnimmt der Fachmann weder der
Streitpatentschrift noch den ursprünglichen Unterlagen als erfindungswesentlich.
Sie konnte daher bezüglich der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit nicht berück-
sichtigt werden.
4. Unteransprüche
Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche fallen mit dem Pa-
tentanspruch 1.
Bertl Gutermuth Groß Dr.
Scholz
Be