Urteil des BPatG vom 14.03.2017

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BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 39/01
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 397 60 469.6
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 27. September 2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Kliems sowie der Richter Brandt und Engels
beschlossen:
Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 29. September 1999 wird aufgehoben.
BPatG 152
10.99
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G r ü n d e
I.
Die Bezeichnung
FORMEL ONE
ist am 17. Dezember 1997 für die Waren und Dienstleistungen "Programmdoku-
mentationen, Handbücher, Druckschriften; Dienstleistungen eines Anbieters im In-
ternet; Einrichtung und Betrieb eines Helpdesks im Internet; Vermittlung von Wa-
ren im Internet" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Die An-
melderin hat im Beschwerdeverfahren das Verzeichnis der Waren und Dienstlei-
stungen beschränkt auf "Programmdokumentationen, Handbücher, Druckschriften;
Dienstleistungen eines Providers im Internet, Einrichtung und Betrieb eines Help-
desks im Internet; Vermittlung von Waren im Internet, alle vorgenannten Waren
und Dienstleistungen nicht in Zusammenhang mit Motorsportaktivitäten".
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat - aus-
gehend von dem ursprünglich der Anmeldung zugrundeliegenden Waren und
Dienstleistungsverzeichnis - nach Beanstandung die Markenanmeldung wegen
fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückge-
wiesen. Die angemeldete Bezeichnung stelle sich ohne weitere Überlegung als
verständliches Synonym für den Begriff "Formel 1" dar, der im Motorsport eine be-
stimmte Klasse von Rennwagen bezeichne. "FORMEL ONE" erschöpfe sich des-
halb aus der Sicht des Verkehrs in bezug auf die beanspruchten Waren und
Dienstreistungen in einer bloßen, unmittelbar beschreibenden Sachaussage, die
auch kein Mindestmaß an phantasiervoller Eigenart aufweise.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Den beanspruchten Waren und Dienstleistungen fehle es an einem Bezug zum
Autorennsport. Es gehe vielmehr um Dienste eines Internet-Anbieters. Für diese
stelle die angemeldete Marke eine phantasievolle und unterscheidungskräftige Be-
zeichnung dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß der Mar-
kenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der Bezeichnung für die an-
gemeldeten Waren und Dienstleistungen nach dem geänderten Verzeichnis keine
Schutzhindernisse im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG mehr entge-
gen.
Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, daß die angemeldete Bezeich-
nung von den hier angesprochenen allgemeinen Verkehrskreisen, auch wenn sie
nicht der korrekten englischen Bezeichnung "Formula One" entspricht, im maßge-
benden Inland als Synonym für den Begriff "Formel 1" verstanden wird, der im Mo-
torsport eine bestimmte Klasse von Rennwagen bezeichnet. Dies bestätigt eine
zusätzlich durchgeführte Internet-Recherche des Senats, die eine entsprechende
Verwendung der Bezeichnung "Formel One" als übliches Synonym für "Formel 1"
bzw "Formula One" belegt. Nachdem die Anmelderin im Beschwerdeverfahren das
Waren- und Dienstleistungsverzeichnis auf solche Waren und Dienstleistungen
beschränkt hat, die nicht im Zusammenhang mit Motorsportaktivitäten stehen,
können jedoch insoweit auch unter Berücksichtigung eines derartigen Verkehrs-
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verständnisses keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für ein Schutzhindernis
festgestellt werden.
Denn jedenfalls in bezug auf die verbliebenen Waren und Dienstleistungen stellt
"FORMEL ONE" keine - insbesondere glatt - beschreibende, freihaltebedürftige
Sachangabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dar. Bei der angemeldeten
Bezeichnung steht auch aus der Sicht der hier angesprochenen Verkehrskreise in
bezug auf diese Waren und Dienstleistungen der Eindruck einer sonstigen sach-
bezogenen Information weder im Vordergrund (vgl auch EuG MarkenR 2001, 181,
183 Ziff 31 – EASYBANK - zu Art 7 Abs 1 Buchst c GMV; Althammer/Ströbele,
MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 51) noch weist diese überhaupt einen derartigen Bezug
auf. Bei "Formel One" handelt es sich auch nicht um eine sonstige gebräuchliche
Bezeichnung, die stets nur als solche und nicht als betriebliches Unterscheidungs-
kennzeichen verstanden wird (st. Rspr. vgl BGH MarkenR 2001, 209, 210 – Test
it; BGH BlPMZ 2000, 332, 333 – LOGO - mwN). Danach weist die angemeldete
Bezeichnung auch Unterscheidungskraft Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG auf,
also die konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der An-
meldung zugrundeliegenden Waren und Dienstleistungen gegenüber solchen an-
derer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierzu bedarf es keines weiteren Phan-
tasieüberschusses, sonstiger besonderer Auffälligkeiten oder Besonderheiten der
Markenbildung (vgl auch zu Art 7 Abs 1 Buchst c GMV EuG MarkenR 2001, 181,
184 Ziff 39 und Ziff 40 – EASYBANK) und es ist zu berücksichtigen, daß grund-
sätzlich bei der Beurteilung der absoluten Schutzhindernisse von einem großzügi-
gen Maßstab auszugehen ist.
Auch besteht nach Auffassung des Senats kein Grund, der angemeldeten Be-
zeichnung die Eintragung im Hinblick auf das absolute Schutzhindernis nach § 8
Abs 2 Nr 4 MarkenG wegen Täuschungsgefahr deshalb zu versagen, weil die nun-
mehr noch beanspruchten Waren- und Dienstleistungen in jedem denkbaren Fall
nicht in Zusammenhang mit Motorsportaktivitäten stehen und sich deshalb "FOR-
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MEL ONE" als eine unrichtige Angabe mit wettbewerbsrechtlicher Relevanz erwei-
sen könnte (vgl zu dieser Voraussetzung im einzelnen Althammer/Ströbele Mar-
kenG, 6. Aufl § 8 Rdn 230 und Rdn 233). Denn der Verkehr wird außerhalb des
Bereichs des Motorsports die angemeldete Bezeichnung allenfalls als reklamehaf-
te Übertreibung und Anpreisung ohne konkreten Aussagegehalt verstehen und un-
terliegt deshalb bereits keiner Irreführung (vgl hierzu auch Althammer/Ströbele
MarkenG, 6. Aufl § 8 Rdn 235).
Auf die Beschwerde der Anmelderin war deshalb der angefochtene Beschluß auf-
zuheben.
Kliems Brandt Engels