Urteil des BPatG vom 28.11.2001

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BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 28/01
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
28. November 2001
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
6.70
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betreffend die Marke 397 40 590.1
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 28. November 2001 durch die Vorsitzende Richterin
Winkler und die Richter Dr. Albrecht und Sekretaruk
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Gegen die am 7. Oktober 1997 für
Teegetränke, insbesondere Eistee; alkoholfreie Erfrischungs-
getränke, insbesondere Limonaden, Kaltgetränke, Brausen,
Fruchtsaftgetränke; Fruchtsäfte, Fruchtgetränke, Fruchtnek-
tare; diätetische Erfrischungsgetränke (soweit in Klasse 32
enthalten),
eingetragene Wortmarke
MAGNUM
ist Widerspruch erhoben aus der seit 17. November 1989 für
Speiseeis
- 3 -
eingetragenen Wortmarke 1 149 972
Magnum.
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in
einem Erstbeschluss den Widerspruch wegen fehlender Warenähnlichkeit zurück-
gewiesen; auf Erinnerung wurde dieser aufgehoben und die angegriffene Marke
gelöscht. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Marken seien identisch und die
Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke mindestens durchschnittlich. Die
sich gegenüberstehenden Waren wiesen beachtliche Berührungspunkte auf, so
dass von einer Ähnlichkeit der von den jeweiligen Marken erfassten Waren auszu-
gehen sei. Die Gefahr von Verwechslungen könne demzufolge nicht ausgeschlos-
sen werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie
trägt vor, dass schon unter Geltung des Warenzeichengesetzes Eiskonfekt und
Kaltgetränke nicht als gleichartig angesehen wurden. An dieser Sachlage habe
sich zumindest bis zum Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke im Jahre 1997
auf den bei der Betrachtung der Warenähnlichkeit abzustellen sei nichts geändert.
Die jeweiligen Waren würden in völlig unterschiedlichen Herstellungsstätten pro-
duziert; auch habe es im entscheidenden Zeitpunkt keine Hersteller gegeben, die
Eis und Getränke produzierten. Auch sei nicht erkennbar, welche sonstigen
Bezüge Eis und Getränke haben sollten, die den Verbraucher veranlassen könn-
ten, die Waren beider Marken lediglich dem Geschäftsbetrieb eines Beteiligten
zuzuordnen.
Die Markeninhaberin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle vom 6. Dezember 2000 auf-
zuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.
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Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie weist neben der Identität der Marken auf eine erheblich gesteigerte Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke hin und trägt vor, dass ganz erhebliche
Bezüge zwischen Eis und Getränken festzustellen seien. So habe es bereits 1997
Lipton-Eis und Lipton-Eistee gegeben. Inzwischen gebe es Nestea-Eis und Eistee,
Möwenpick-Eis und Saft und Nesquick-Kakao und Eis.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Nach § 9 Abs 1 Nr 2, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im
Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer ein-
getragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden
Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen
besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Ver-
bindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wech-
selwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der
Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren
sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (vgl BGH
MarkenR 2000; 359, 360 - Bayer/BeiChem).
Es stehen sich klanglich identische Marken gegenüber.
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Alle von der Inhaberin der angegriffenen Marke beanspruchten Waren sind dem
Speiseeis der Widersprechenden ähnlich. Waren sind dann als ähnlich anzuse-
hen, wenn – Identität der Marken und höchste Kennzeichnungskraft unterstellt –
nicht ausgeschlossen ist, dass die beteiligten Verkehrskreise der Auffassung sein
können, die beiderseitigen Waren stammten aus denselben oder ggf wirtschaftlich
verbundenen Unternehmen (vgl Althammer/Ströbele MarkenG, 6.
Aufl, §
9
Rdn 41). Dabei sind alle erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kenn-
zeichnen, zu berücksichtigen. Abzustellen ist dabei auf den Zeitraum zwischen
Anmeldung der angegriffenen Marke und dem Zeitpunkt der Entscheidung über
den Widerspruch (vgl BGH BlPMZ 1999, 314, 316 – Canon II; Ingerl/Rohnke,
MarkenG § 14 Rdn 240; a.A. Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl § 9 Rdn 51;
Fezer, MarkenR 3. Aufl § 14 Rdn 360). Auf den Meinungsstreit kommt es vorlie-
gend nicht an, denn Ähnlichkeit liegt nicht nur - wie durch zahlreiche Nachweise
belegt – im Zeitpunkt der Entscheidung vor, sondern sie war auch bereits im Zeit-
punkt der Anmeldung der angegriffenen Marke gegeben.
Teegetränke, insbesondere Eistee enthalten vornehmlich Wasser, Zucker, Zitro-
nensäure, Tee-Extrakt und Aromen. Eistee unterscheidet sich daher nicht oder nur
geringfügig von sogenanntem Wassereis (Sorbets, Fruchteis). Auch wenn sich
Eistee und Speiseeis hinsichtlich der Konsistenz unterscheiden, so bedarf es nur
eines geringen Aufwandes (Kühlen im Gefrierfach eines herkömmlichen Kühl-
schranks), um Eistee in Wassereis zu verwandeln. Eistee und Speiseeis dienen
beide der Erfrischung. Sie treten als konkurrierende Produkte in Lebensmittelge-
schäften, Tankstellen und an Kiosken auf. Genauso verhält es sich mit alkohol-
freien Erfrischungsgetränken, insbesondere Limonaden, Kaltgetränken, Brausen
und Fruchtsaftgetränken. "Alkoholfreie Erfrischungsgetränke" schließen auch Eis-
tee und sogenannte Milchshakes ein, die aus Speiseeis unter Verwendung von
Milch, wie das Eis der Widersprechenden, und Früchten durch Vermischen herge-
stellt werden.
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Dasselbe gilt für Fruchtsäfte, Fruchtgetränke, Fruchtnektare und Speiseeis. Hinzu
kommt, dass Speiseeis häufig mit Fruchtextrakten (traditionell als Überzug; heute
auch mit Fruchtextraktkernen) angeboten wird. Diätetische Erfrischungsgetränke
und Speiseeis weisen ebenfalls die bereits dargestellten Bezüge auf. Den Ver-
brauchern ist bekannt, dass Erfrischungsgetränke und Eis auch mit geringeren
Fettanteilen und/oder Verwendung von Zuckerersatzstoffen hergestellt werden (zB
"für Diabetiker geeignet").
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke war im Zeitpunkt ihrer Anmel-
dung durchschnittlich, denn für Speiseeis ist MAGNUM nicht beschreibend. Der
Verkehr kennt diesen Begriff nur als Flaschengröße bei Sekt und Champagner
und als Bezeichnung eines Kalibers bei Schusswaffen. Dass dies von den ange-
sprochenen Verbrauchern auf Speiseeis übertragen wird, kann nicht festgestellt
werden. Für eine Schwächung der Widerspruchsmarke durch im Gebrauch befind-
liche Drittmarken auf dem einschlägigen Warengebiet fehlen jegliche Anhalts-
punkte.
Ob sich die Kennzeichnungskraft bis zum Zeitpunkt der Entscheidung erhöht hat
und ob dies zu berücksichtigen wäre, kann dahinstehen, denn bei der gegebenen
klanglichen Markenidentität und der festgestellten Markenähnlichkeit, ist eine Ver-
wechslungsgefahr auch bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft nicht auszu-
schließen.
Die Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs 1 MarkenG) ist nicht veranlasst.
Winkler Dr.
Albrecht
Sekretaruk
br/Ko/Fa