Urteil des BPatG vom 12.12.2005

BPatG (Beschreibende Angabe, Begriff, Bezeichnung, Eintragung, Zeichen, Marke, Angabe, Bezug, Ware, Brille)

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 130/04
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(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 302 29 320.5
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Dr. Buchetmann sowie des Richters Paetzold und der Richterin
Hartlieb
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Wortmarke
SET
für die Waren
„Brillengläser; optische Gläser; Beschichtungen für Brillengläser“.
Die Markenstelle für Klasse 9 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterschei-
dungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses durch Beschluss des
Erstprüfers und in einem weiteren Beschluss auch die von der Anmelderin einge-
legte Erinnerung zurückgewiesen. Der englische Begriff „Set“ habe in der Bedeu-
tung „Satz, Einheit, Anlage, Gerätesatz, Zusammenstellung“ Eingang in die deut-
sche Sprache gefunden. Der Verkehr werde „SET“ lediglich als Ausstattungshin-
weis erkennen, dass die so gekennzeichneten Waren zu einem Ganzen zusam-
mengesetzt werden können, bzw. dass es sich um einen Satz aufeinander abge-
stimmter Teile handele.
Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und im wesentlichen aus-
geführt, der Begriff „SET“ habe sowohl in der deutschen als auch in der englischen
Sprache zahlreiche unterschiedliche Bedeutungen, so dass ein beschreibender
Charakter der Marke nicht ableitbar sei.
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Der Verkehr könne auch bei Annahme des Bedeutungsgehaltes „zusammengehö-
riger Satz“ keine eindeutige und unmittelbare Sachangabe entnehmen, da es offen
bleibe, wie das Brillengläserset konkret aussehe, so dass der Bedeutungsgehalt
daher diffus und auslegbar sei. Bei der Vielzahl der Bedeutungsmöglichkeiten er-
gebe sich keine Definition im Sinne einer Beschreibung für die Anzahl „zwei“ oder
einer paarweisen Zusammenstellung von Produkten. Der Begriff „SET“ sei in Be-
zug auf die beanspruchten Waren nicht nachzuweisen und beschreibe keine kon-
krete Eigenschaft der Ware „Brillengläser“. Hinsichtlich der Ware „Brillenbeschich-
tungen ergebe sich kein Warenbezug, da diese nicht als Set einsetzbar seien.
Die Anmelderin beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle vom 9. Oktober 2003 und vom
22. März 2004 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten und die der An-
melderin übersandten Internetrecherchebelege Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg.
Die angemeldete Marke „SET“ ist für die beanspruchten Waren nach den Vor-
schriften des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen, da sie eine
beschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausge-
schlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr
u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger
Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.
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Der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht einer Ein-
tragung insbesondere dann entgegen, wenn der beschreibende Aussagegehalt
der angemeldeten Bezeichnung so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie
ihre Funktion als Sachbegriff erfüllen kann. Dies ist dann der Fall, wenn sich den
angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Not-
wendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei
fremdsprachigen Wörtern die Verständnisfähigkeit des inländischen Publikums
nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl.,
§ 8 Rdn. 380).
Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der angemeldeten Bezeichnung kommt es bei
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG grundsätzlich nicht an. Es ist zudem nicht erforderlich,
dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der
Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder
Dienstleistungen, wie die in der Anmeldung aufgeführten oder für Merkmale dieser
Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus
dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Anga-
ben zu diesem Zweck „dienen können“. Ein Wortzeichen ist demnach von der
Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Be-
deutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen be-
zeichnet. Dabei spielt es keine Rolle, ob es Synonyme oder gebräuchlichere Zei-
chen oder Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gibt, da es nicht erforder-
lich ist, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeichnungsweise
der fraglichen Merkmale sind (vgl. EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 - BIOMILD;
EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 - Postkantoor).
Die angemeldete Marke besteht aus dem zum englischen Grundwortschatz gehö-
renden Begriff „SET“ für „Satz, Zusammenstellung“ (vgl. LEO Online Wörterbuch
Englisch der TU München), der in dieser Bedeutung auch gängiger Bestandteil der
deutschen Sprache geworden ist und verwendet wird für „mehrere zusammenge-
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hörende gleichartige oder sich ergänzende Gegenstände“ (vgl. Duden-Deutsches
Universalwörterbuch- CD-ROM).
Der Begriff „Set“ wird - wie auch anhand der in der mündlichen Verhandlung über-
gebenen Belege ausführlich erörtert - in Alleinstellung oder auch in Zusammen-
setzung in vielen Warenbereichen verwendet, um auf die Zusammenstellung meh-
rerer gleicher oder auch verschiedener aufeinander abgestimmter Produkte hin-
zuweisen, deren Kauf gegenüber dem Einzelstück in der Regel einen Preisvorteil
bieten soll. So werden Produkte entweder zusammen mit den passenden Acces-
soires oder auch die gleiche Ware in verschiedenen Größen angeboten.
Wie aus den der Anmelderin übersandten Internetrecherchebelegen ersichtlich
wird der Begriff „SET“ im Bereich der Optik insbesondere dem hier einschlägigen
Warengebiet der Brillengläser neben dem Hinweis auf beispielsweise ein Set be-
stehend aus Brille, Brillenetui und Brillenputztuch oder Brille und zusätzlichem
Sonnenbrillenclip oder auf ein Brillenset bestehend aus verschiedenen Glasstär-
ken (vgl. http://www.pr-profitable.de/text_60.html) insbesondere bei farbigen Bril-
lengläsern verwendet. Diese werden im Set bestehend aus Brille und mehreren
verschiedenfarbigen Wechselgläsern angeboten (vgl. beispielsweise http://www.-
suchtop.de/augenoptik_brillen.html; http://.norimed.de/brillen.htm), um zum einen
bei wechselnden Sichtverhältnissen eine vielfältige Einsatzbreite der angebotenen
Brille zu ermöglichen zum anderen eine leichtere Handhabung und einen
Preisvorteil gegenüber mehreren Einzelbrillen oder Einzelgläsern.
Hieraus wird deutlich, dass es sich bei „SET“ um einen schlagwortartigen Begriff
der Werbesprache handelt, für den ein breiter Anwendungs- und Einsatzbereich
besteht.
Es liegt für den Verkehr in Bezug auf die beanspruchten Waren deshalb nahe, die
angemeldete Bezeichnung „SET“ als werbemäßigen Hinweis auf eine irgendwie
geartete Zusammenstellung mehrerer Waren zu sehen. Die Bezeichnung „SET“
ergibt damit unter Bezugnahme auf die beanspruchten Waren die zur Beschrei-
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bung geeignete Sachaussage, dass es sich nach Art, Beschaffenheit oder Be-
stimmung um Waren handeln kann, die als Teile eines Satzes zweier oder mehre-
rer gleicher Waren oder einer Zusammenstellung zweier oder mehrerer aufeinan-
der abgestimmter Waren verwendet werden können oder für derartige Teile eines
Satzes, einer Zusammenstellung bestimmt sind.
Dabei ist es nicht erforderlich, dass die beanspruchten Waren selbst ein derartiges
Set sind. Da sich § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht nur auf Eigenschaften einer
Ware bezieht, sondern auch auf deren Bestimmung und Verwendung, ist „SET“
damit auch als beschreibender Hinweis in Bezug auf die beanspruchten Be-
schichtungen für Brillengläser zu verstehen. Auch hierfür ist eine Bestimmung bei-
spielsweise zur Verwendung für farbig beschichtete Brillengläser denkbar, die im
Set - also als Zusammenstellung mehrerer Einzelwaren - vertrieben werden.
Zudem wird die Beschichtung als Verfahren und zusätzliche Ausstattung der Bril-
lengläser nicht ohne Schichtträger (Gläser) vom Abnehmer bezogen, sondern wird
in Verbindung mit optischen Gläsern/Brillengläsern angeboten, die eben in der
Variante beschichtet oder unbeschichtet erhältlich sind. Nach erfolgter Beschich-
tung ist diese vom Brillenglas nicht mehr ablösbar.
Auch ein möglicher weiterer zusätzlicher Begriffsgehalt der angemeldeten Be-
zeichnung „SET“ kann eine Schutzfähigkeit nicht begründen, da ein Wortzeichen
von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn es zumindest in einer seiner mögli-
chen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren bezeichnet (vgl.
EuGH MarkenR, 2003, 450 DOUBLEMINT).
Es ist zudem nicht erforderlich, dass der Angabe „SET“ entnommen werden kann,
aus welchen konkreten Teilen das Set besteht bzw. wie die Einzelteile des Sets
konkret beschaffen sind. So gibt „SET“ den Hinweis, dass es sich nicht um das
Angebot eines Einzelproduktes handelt, sondern um ein Warenangebot im Dop-
pelpack oder auch in größeren Stückzahlen oder im Paket mit anderen Produkten.
Es handelt sich zwar um eine eher allgemein gehaltene Angabe, aber um eine
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hinsichtlich ihrer Verwendung und Einsatzbreite - z. B. im Gegensatz zu Brillen
ohne Wechselgläser - sowie hinsichtlich der Preisgestaltung - da höheren Stück-
zahlen bekanntermaßen eine andere Preiskalkulation zugrunde liegt - bedeutsame
Sachinformation. Es muss den Mitkonkurrenten daher unbenommen bleiben, die
zwar allgemein gehaltene Sachangabe „SET“ auch unabhängig von ihrer wirt-
schaftlichen Bedeutung zur Beschreibung ihrer Waren zur Verfügung zu haben
(vgl. EuGH a. a. O. Postkantoor; Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 295).
Soweit sich die Anmelderin auf Voreintragungen beruft, vermag dies nicht zu einer
Bindungswirkung führen. Da die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Mar-
ke keine Ermessens- sondern eine reine Rechtsfrage darstellt, kann sich aus einer
inländischen Voreintragung für sich oder in Verbindung mit dem Gleichheitssatz
keine anspruchsbegründende Selbstbindung für das Eintragungsverfahren erge-
ben (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 262).
Dr. Buchetmann
Paetzold
Hartlieb
Cl