Urteil des BPatG vom 26.10.2004

BPatG (stand der technik, anordnung, anlage, gegenstand, boden, fachmann, technik, herstellung, pos, patent)

BPatG 253
9.72
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
4 Ni 41/03
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
26. Oktober 2004
In der Patentnichtigkeitssache
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betreffend das deutsche Patent 42 16 252
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2004 unter Mitwirkung des Richters
Müllner als Vorsitzenden, des Richters Dipl.-Ing. Klosterhuber, der Richterin
Schuster sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. Maksymiw und Dipl.-Phys. Dr. Häußler
für Recht erkannt:
1. Das deutsche Patent 42 16 252 wird für nichtig erklärt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des deutschen Patents 42 16 252 (Streit-
patent), das am 16. Mai 1992 angemeldet worden ist. Es betrifft eine Anordnung
mit einem Rührwerk zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen
Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen. Das Streitpatent war in den
Jahren 1997 bis 2002 bereits Gegenstand eines Nichtigkeitsverfahrens (Aktenzei-
chen 2 Ni 62/97). Seine Ansprüche haben durch das Urteil des Bundesgerichts-
hofs vom 17. September 2002 (Aktenzeichen: X ZR 1/99) folgende nunmehr gel-
tende Fassung erhalten:
Anordnung mit einem Rührwerk zur Mischung von pharmazeuti-
schen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder
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Emulsionen mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in Apo-
theken, in einem zur Herstellung von Rezepturmischungen bemes-
senen verschließbaren Mischgefäß mit einem am Ende einer durch
eine Zentralöffnung eines Deckels hindurchführbaren Antriebswelle
eines drehzahlregelbaren Elektromotors festlegbaren Flügelrührer
mit Reibflächen, die unter Reibdruck an Innenflächen des Misch-
gefäßes anliegen oder anlegbar sind,
dadurch gekennzeichnet, dass das Mischgefäß eine Schraubkruke
(1) mit einem verschiebbaren Boden und mit einem auf ein Außen-
gewinde (8) des Krukenkörpers (2, 15) aufschraubbaren Schraub-
deckel (26) ist, die zugleich als Abgabegefäß verwendet wird, dass
die Zentralöffnung (30) des Schraubdeckels (26) nach Entfernen
der Antriebswelle (54) verschließbar ist und dass das Mischgefäß
relativ zum Flügelrührer auf- und abbewegbar ist.
Wegen der geltenden Ansprüche 2 bis 9 wird auf das Urteils des Bundesgerichts-
hofs vom 17. September 2002 Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, die Lehre des Streitpatent beruhe nicht auf einer erfinderi-
schen Tätigkeit. Zur Begründung beruft sie sich auf folgende Druckschriften:
- DE 36 38 656 A1 (Anlage K6)
- EP 0 178 658 B1 (Anlage K7)
- FR 1 070 728 (Anlage K9)
- DE-GBM 18 72 487 (Anlage K10)
- US 2 907 496 (Anlage K11)
- EP 0 178 658 A2 (Anlage K12)
- US 4 871 262 (Anlage K13)
- DE-Gbm 19 79 741 (Anlage K22)
- Faltprospekt der Fa. Kress, Meinberg & Co., Essen-Kray (Anlage K23)
- Kopie des Katalogs der Fa. Küpper-Primax, 1984 Troisdorf (Anlage K24)
-
Bedienungsanleitung
"Primax-Rotorpistill“ (Anlage K25)
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- und Bilder dazu (Anlage K26)
- DE 87 05 605 U1 (Anlage K28)
- US 1 430 070 (Anlage K29)
Weiter bietet sie zur Vorveröffentlichung zum Katalog gemäß Anlage K24 Zeu-
genbeweis an.
Sie beantragt,
das deutsche Patent 42 16 252 für nichtig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, dass an die Stelle
der geltenden Ansprüche folgende Ansprüche treten:
1. Anordnung nach dem derzeit geltenden Anspruch 1, dadurch ge-
kennzeichnet, dass der Flügelrührer (56) am Ende der An-
triebswelle lösbar ist.
2. Anordnung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass die Hubbewegung für den Flügelrührer
(56) vom Anschlag an der Innenfläche (29) des Schraubdeckels
(26) bis zum Anschlag an der Innenfläche (11, 20) des Bodens
der Schraubkruke durchgeführt werden kann.
3. Anordnung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch
gekennzeichnet, dass der Flügelrührer derart ist, dass bei der
Rotation des Flügelrührers die Reibflächen (58, 63, 64) infolge
des Reibdrucks in engen Kontakt mit den Innenflächen der
Schraubkruke kommen.
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4. Anordnung nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeich-
net, dass die oberen Flächenbereiche (63) des Flügelrührers
(56) der Form der Innenfläche (29) des Schraubdeckels (26) an-
gepasst sind.
5.
Verfahren zur Mischung von pharmazeutischen und/oder
kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen
mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in einer Anord-
nung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch ge-
kennzeichnet, dass nach Einfüllen der Rezepturbestandteile
durch Hochschieben des Bodens die Luft soweit verdrängt wird,
dass eine mikrobielle Verunreinigung sowie unerwünschte Luft-
einschlüsse und Lufteinschlüsse weitgehend ausgeschlossen
werden.
6.
Verfahren zur Mischung von pharmazeutischen und/oder
kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen
mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in einer Anord-
nung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch ge-
kennzeichnet, dass im Anschluss (hier wohl einzufügen: an das)
Mischen der Flügelrührer vom Ende der Antriebswelle gelöst
wird, um den Deckel von der Antriebswelle (54) abzuziehen.
7.
Verfahren zur Mischung von pharmazeutischen und/oder
kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen
mit oder ohne Zusatz von festen Bestandteilen in einer Anord-
nung nach einem der vorhergehenden Ansprüche in dem Kru-
kenkörper mit aufgeschraubtem Schraubdeckel, dadurch ge-
kennzeichnet, dass im Anschluss an das Mischen die Zentral-
öffnung des Deckels verschlossen wird und der Krukenkörper
mit dem aufschraubbaren, verschlossenen Schraubdeckel an
den Verbraucher abgegeben wird.
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Der Beklagte ist dem Klagevorbringen entgegengetreten und hält das Streitpatent
zumindest im hilfsweise verteidigten Umfang für bestandsfähig.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage, mit der der in §§ 22 Abs 1, 21 Abs 1 Nr. 1 PatG vorgesehene
Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist be-
gründet.
1. Das Streitpatent betrifft eine Anordnung mit einem Rührwerk zur Mischung von
pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder
Emulsionen. Nach der Patentbeschreibung werden in Apotheken bisher Rezep-
turmischungen von Fetten und Gelen mit anderen Flüssigkeiten im allgemeinen
von Hand mit sogenanntem Salbenmörser mittels Pistill verrieben und gemischt.
Die Fertigung erfolge in offenen Gefäßen bei ungehindertem Luftzutritt, wodurch
die Anzahl von Luftkeimen, die gleichzeitig in das Mischgefäß eingebracht würde,
unverantwortlich groß sei. Alle benutzten Gerätschaften müssten aufwendig gerei-
nigt werden, um sie wieder einsatzbereit zu machen. In jedem Fall müsse das
Mischgut in ein Abgabegefäß umgefüllt werden. Um die aufwendige Handarbeit
bei der Anfertigung derartiger Mischungen zu vermeiden, würden im Handel be-
reits Salbenmisch- oder Rührmaschinen angeboten. Auch bei diesen finde jedoch
die Mischung weitgehend in offenen Gefäßen statt, wobei sich der Zutritt von Luft-
keimen nicht vermeiden lasse. Hinzu kämen hohe Anschaffungskosten und auch
ein zeitintensiver Reinigungsaufwand.
Im Stand der Technik sei ein Laborgerät zum Dispergieren, Emulgieren und/oder
Mischen von Stoffen in kleinen Mengen bekannt geworden, dessen Konstruktion
eine deutlich größere Annäherung der Laborversuchsbedingungen an den indus-
triellen Herstellungsprozess erlaube. Mit diesem Laborgerät sei zwar die Herstel-
lung von Mischungen bei weitgehendem Luftabschluss möglich, nachteilig sei je-
doch die außerordentlich aufwendige Konstruktion des Aufnahmebehälters und
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des Deckels. Nach dem Herstellen der Mischungen müssten zudem zahlreiche
Einzelteile des Laborgeräts sorgfältig gereinigt werden und das Mischgut aus dem
Aufnahmebehälter in kleinere Abgabegefäße unter Umständen zeitaufwendig um-
gefüllt werden.
2. Patentgemäß soll deshalb eine einfache und kostengünstige Anordnung zur
Verfügung gestellt werden, die für die Erstellung von Rezepturmischungen geeig-
net ist, wie sie in Apotheken hergestellt werden müssen, und welche die geschil-
derten Nachteile vermeidet, insbesondere die Kontaminierungsgefahr und den
Reinigungsaufwand vermindert.
3. Der geltende Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag beschreibt danach eine
Anordnung mit einem verschließbaren Mischgefäß und einem Rührwerk, deren
Merkmale sich wie im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. September 2002 an-
gegeben im Einzelnen wie folgt gliedern lassen:
1. Das Rührwerk
a) dient zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Sal-
ben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von
festen Bestandteilen in Apotheken,
b) hat einen Flügelrührer,
aa) der am Ende einer Antriebswelle eines drehzahlregelbaren Elektro-
motors festlegbar ist,
bb) der Reibflächen aufweist,
(1)
die unter Reibdruck an Innenflächen des Mischgefäßes
anliegen oder anlegbar sind.
2. Das verschließbare Mischgefäß
a) ist zur Herstellung von Rezepturmischungen bemessen,
b) ist eine Kruke,
c) weist ein Außengewinde (auf dem Krukenkörper) auf,
d) weist einen Deckel auf,
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aa) der auf das Außengewinde aufschraubbar ist,
bb) der eine Zentralöffnung hat,
(1)
durch welche die Antriebswelle hindurchgeführt werden
kann,
(2)
die – nach Entfernen der Antriebswelle – verschließbar ist;
e) ist relativ zum Flügelrührer auf- und abbewegbar,
f) wird zugleich als Abgabegefäß verwendet,
wobei
g) die Kruke einen verschiebbaren Boden hat.
Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist zwar neu, denn keine der
im Verfahren befindlichen Druckschriften beschreibt eine Anordnung mit einem
Rührwerk zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmetischen Salben
Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen, bei dem das Mischgefäß eine Schraub-
kruke mit einem verschiebbaren Boden und mit einem auf ein Außengewinde des
Krukenkörpers aufschraubbaren Schraubdeckel ist, die zugleich als Abgabegefäß
verwendet wird. Es erübrigt sich aber auf die Frage der Neuheit näher einzuge-
hen, denn die Lehre des Patentanspruchs 1 beruht gegenüber der DE 36 38 656
A1 (Anlage K6) in Verbindung mit der EP 0 178 658 A2 (Anlage K12) nicht auf ei-
ner erfinderischen Tätigkeit.
Zuständiger Durchschnittsfachmann ist hier – in Übereinstimmung mit den Ausfüh-
rungen im Urteil des Bundesgerichtshofs – ein Apparatebauer mit abgeschlosse-
nem Hochschulstudium, der über verfahrenstechnische Kenntnisse verfügt und
der aufgrund langjähriger Berufspraxis gewohnt ist, gerätetechnische Lösungen
nach den Anforderungen zu realisieren, die bei Anwendern auf verschiedenen
Gebieten der Technik bestehen und der im vorliegenden Fall von einem Apotheker
mit der anstehenden Problematik vertraut gemacht worden ist.
Aus der K6 (Fig 1 und Fig 2 iVm Beschreibung Sp 7, Z 1 bis Sp 8 Z 8 sowie An-
spruch 1 und Sp 2 Z 68 bis Sp 3 Z 5) ist ein Laborgerät (1) zum Dispergieren,
Emulgieren und/oder Mischen von pharmazeutischen, biochemischen, chemi-
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schen, kosmetischen oder dergleichen Stoffen bekannt, das ein Rührwerkzeug (4)
aufweist und das für kleine Mengen von bspw einem Liter oder weniger ausgelegt
ist, wobei die Verarbeitung salbenförmiger, gelförmiger oder dergleichen Massen
angesprochen ist. In der K6 ist zwar nicht ausdrücklich davon die Rede, dass
dieses Gerät für den Einsatz in Apotheken gedacht ist, aufgrund seiner Auslegung
und Dimensionierung ist es jedoch ohne Weiteres auch für diesen Einsatzbereich
geeignet. Das bedeutet nichts anderes, als dass dieses Laborgerät ein Rührwerk
mit den im Merkmal a) des Anspruchs 1 angegebenen Eigenschaften darstellt.
Dieses Rührwerk weist, wie aus Figur 3 iVm Sp 8 Z 9ff und Figur 1 hervorgeht, ein
Rührwerkzeug (4) mit Rührschaufeln (19) – also einen Flügelrührer – auf, der am
Ende einer Antriebswelle (6) eines offensichtlich drehzahlregelbaren Elektromo-
tors (Pos 7 in Figur 1mit Angabe der eine Drehzahlregelung kennzeichnenden
Symbole „-„ und „+“ sowie „min
-1
“) festlegbar ist, wie im Merkmal aa) der den Flü-
gelrührer betreffenden Merkmalsgruppe b) angegeben.
Außerdem ist in Sp 8 Zn 13ff angegeben, dass die Rührschaufeln (19) bis an den
Innenwandungsbereich (20) des Behälters (2) reichen und Abstreifer (21) zum
ständigen Reinigen der Innenseite des Behälters (2) tragen, was nichts anderes
bedeutet, als dass der Flügelrührer Reibflächen aufweist, die unter Reibdruck an
Innenflächen des Mischgefäßes anliegen oder anlegbar sind, so dass auch das
den Flügelrührer betreffende Teilmerkmal bb) erfüllt ist.
Schließlich geht aus Figur 1 iVm Sp 7 Z 1ff hervor, dass ein Aufnahmebehälter (2)
mit einem Deckel 3 vorhanden ist, sodass das Mischgefäß verschließbar ist. Da in
Sp 2 Zn 59ff dargelegt wird, dass das ganze Gerät zum Mischen von pharmazeu-
tischen oder kosmetischen Stoffen in kleinen Mengen von z.B. einem Liter oder
weniger dient, ist das Mischgefäß somit selbstverständlich zur Herstellung von
Rezepturmischungen bemessen (Merkmal 2a).
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Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs
1 durch die in der das verschließbare Mischgefäß betreffenden Merkmalsgruppe 2
angegebenen Teilmerkmale b) bis g).
Diese Unterschiede können jedoch die Patentfähigkeit nicht begründen. Wie in
dem vorausgegangenen Nichtigkeitsverfahren durch das Urteils des Bundespa-
tentgerichts vom 15. Oktober 1998 (2 Ni 62/97, S 7 bis 10) bereits festgestellt und
in der Berufung durch den Bundesgerichtshof im Urteil vom 17. September 2002
(X ZR 1/99, S 15 bis 20) bestätigt worden ist, handelt es sich bei der in der K6 be-
schriebenen Vorrichtung um eine außerordentlich aufwändige Konstruktion in Be-
zug auf den Aufnahmebehälter mit Deckel, die zudem nach dem Herstellen der
Mischung ein umständliches Reinigen und zeitaufwändiges Umfüllen der Mi-
schung in einen Abgabebehälter erfordert, wobei außerdem die Gefahr einer
Kontaminierung während des Umfüllens vorliegt. Demnach wird der Fachmann zur
Lösung seines Problems auf die K12 stoßen und in Erwägung ziehen, den dort
beschriebenen Vorschlag, das Mischgefäß gleichzeitig als Abgabegefäß zu ver-
wenden, auch für seine Aufgabenstellung zu übernehmen und als für den Apothe-
kenbereich besonders geeignetes Gefäß hierfür eine – ohnehin amtlich zugelas-
sene – Kruke mit Außengewinde und aufschraubbaren Deckel einsetzen, wobei es
ihm keine Schwierigkeiten bereitet, den Krukendeckel so durch eine Zentralöff-
nung abzuändern, dass er die Antriebswelle gemäß K6 hindurchführen und die
Öffnung nach Entfernen der Antriebswelle aus hygienischen Gründen und hin-
sichtlich eines Luftabschlusses selbstverständlich verschließen kann. Somit erge-
ben sich die das Mischgefäß betreffenden Merkmale b) bis d) und f) in nahelie-
gender Weise.
Wie schon der Bundesgerichtshof festgestellt hat, ist auch das Merkmal f) nicht
patentbegründend, da es eine naheliegende Möglichkeit darstellt, den Flügelrührer
seiner Höhe nach so zu dimensionieren, dass er mit seinen Reibflächen jeweils
nur an einem Teil der Innenfläche anliegt oder anlegbar ist. Um die Verarbeitung
aller Bestandteile zu einer homogenen Mischung zu gewährleisten, wird der
Fachmann aufgrund seines Wissens erkennen, dass es sinnvoll sein kann, wenn
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die Höhenlage des Rührers im Verhältnis zum Gefäß variabel ist, was nichts ande-
res bedeutet, als dass das Mischgefäß relativ zum Flügelrührer auf- und abbe-
wegbar ist.
Das verbleibende Merkmal g), wonach die Kruke einen verschiebbaren Boden hat,
reicht nach Überzeugung des Senats jedoch nicht aus, in Verbindung mit den üb-
rigen Merkmalen im Anspruch 1 einen patentfähigen Gegenstand zu beschreiben.
Denn die Lösung, zur Vermeidung der Nachteile im Stand der Technik, insbeson-
dere der Kontaminierungsgefahr, ein Mischgefäß mit einem verschiebbaren Boden
vorzusehen, ist bereits in der K12 vorgezeichnet. Das dortige Mischgefäß, das
gleichzeitig als Abgabegefäß verwendet wird, weist nämlich einen beweglichen
Kolben 23 auf, mit dem die im Innenraum 22 des Zylinders 21 befindliche Mi-
schung des Knochenzements bei der Applikation herausgedrückt wird (S 5 Abs 1).
Der Fachmann, an den die der Erfindung zugrundeliegende Problematik von ei-
nem Apotheker herangetragen worden ist, wird für die Lösung der ihm gestellten
Aufgabe nicht beim Mischen der gewünschten Rezeptur in einer Kruke, die an den
Kunden abgegeben wird, stehen bleiben, sondern wird auch den weiteren konta-
minierungsfreien Verbleib der hergestellten pharmazeutischen Darreichung in dem
Gefäß und deren Applikation im Auge haben. Dann erkennt er, dass der bewegli-
che Kolben 23 in der K12, der nichts anderes ist als ein verschiebbarer Boden des
Abgabegefäßes 20, ihm auch bei einer Kruke den Vorteil bringt, dass der herge-
stellte Stoff durch die ohnehin vorhandene zentrale, verschließbare Öffnung hin-
durch entnommen werden kann, ohne den Deckel vollständig abnehmen zu müs-
sen, was die Kontaminierungsgefahr auch über den Herstellungsprozess hinaus
erheblich reduziert. Somit ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 für den
Fachmann in naheliegender Weise.
Die ebenfalls angegriffenen rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 9 teilen das
Schicksal des Hauptanspruchs. Auch die in diesen Ansprüchen angegebenen
weiteren Merkmale können eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.
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So ist der Anspruch 2 durch die K12 Figuren 2, 3 und 4 iVm zugehöriger Be-
schreibung nahegelegt, da dort bereits ein Gefäß in einer entsprechenden Aus-
gestaltung beschrieben ist (bspw Pos 24, 23 und 30 in Fig 3).
Zum Gegenstand des Anspruchs 3 finden sich Anregungen in der K6 Figur 3,
denn dort ist die Innenfläche des Bodens der Form des Flügelrührers angepasst,
und in der K12 Figur 4, denn dort geht der Außenrand des Kolbens 23 in einen
unteren Gleitring über.
Zum Gegenstand des Anspruchs 4, wonach die Zentralöffnung im Schraubdeckel
zur Befestigung unterschiedlicher Applikatoren ausgebildet ist, findet sich bereits
in der K12 Figur 2 (Pos 25; „discharge tube“) eine Anregung, so dass der Fach-
mann auch im vorliegenden Fall je nach Anwendungsfall geeignete Applikatoren
vorsehen wird.
Zum Gegenstand des Anspruchs 5 ist auf die US 1 430 070 (Anlage K29), insbe-
sondere Figur 2 iVm Beschreibung S 1 re Sp Zn 72 bis 79 hinzuweisen, die bereits
alle diese Merkmale dem Fachmann nahelegt.
Der Gegenstand des Anspruchs 6 betrifft eine handwerkliche Ausgestaltung des
Flügelrührers.
Maßnahmen nach dem Gegenstand des Anspruchs 7 müssen als bei Rührwerken
üblich angesehen werden, da eine Pressung der Mischung zum Gefäßboden hin
mit eine Voraussetzung für eine gute Durchmischung des Rührguts darstellt.
Anpassungen von Flächen des Flügelrührers an untere Innenflächen von Gefäßen
sind bereits aus der K6 bekannt (Figur 3 Pos 16, 19), so dass es keiner erfinderi-
schen Tätigkeit mehr bedarf, derartige Anpassungen ebenfalls am Gefäßboden
(Anspruch 8) oder an der Innenfläche des Schraubdeckels (Anspruch 9) vorzu-
nehmen.
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4. Hilfsantrag
Es ist bereits schon fraglich, ob die Ansprüche nicht eine unzulässige Erweiterung
des Patents darstellen, denn das Patent beansprucht ausschließlich eine Anord-
nung mit einem Rührwerk zur Mischung von pharmazeutischen und/oder kosmeti-
schen Salben, Pasten, Cremes, Gelen oder Emulsionen mit oder ohne Zusatz von
festen Bestandteilen, wohingegen die Ansprüche gemäß dem Hilfsantrag neben
Anordnungsansprüchen 1 bis 4 auch Verfahrensansprüche 5 bis 7 umfassen
(BGH GRUR 1967, 25ff).
Dies kann im Einzelnen jedoch dahinstehen, denn die Anordnung gemäß An-
spruch 1 und die Verfahren gemäß den Ansprüchen 5 bis 7 sind nicht patentfähig,
da sie gegenüber dem in Betracht gezogenen Stand der Technik nicht auf erfinde-
rischer Tätigkeit beruhen.
Die Anordnung gemäß dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich von
dem Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag dadurch, dass der Flügel-
rührer am Ende der Antriebswelle lösbar ist. Eine solche Ausgestaltung ist bereits
aus der K6 bekannt, denn dort ist in Sp 8 Zn 13 ff beschrieben, dass das Rühr-
werkzeug 4, also der Flügelrührer, von der zentralen Antriebswelle 6 lösbar ist, so
dass sich iVm den Ausführungen zum Anspruch1 gemäß Hauptantrag eine An-
ordnung mit den im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen für den Fachmann in
naheliegender Weise ergibt.
Die ebenfalls angegriffenen rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 4 sowie die ne-
bengeordneten Verfahrensansprüche 5 bis 7 teilen das Schicksal des Hauptan-
spruchs. Auch die in ihnen enthaltenen weiteren Merkmale können eine erfinderi-
sche Tätigkeit nicht begründen.
Da, wie zum Hauptantrag bereits ausgeführt worden ist, die Auf- und Abbewegung
des Mischgefäßes relativ zum Flügelrührer (Anspruch 1) und die Anpassung der
unteren und oberen Flächenbereiche des Flügelrührers an die Form der Innenflä-
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chen des verschiebbaren Krukenbodens bzw des Schraubdeckels schon nicht
patentfähig sind (Ansprüche 8, 9), kann die Ausführung der Hubbewegung für den
Flügelrührer zwischen dem Anschlag an die jeweilige Innenfläche für den Fach-
mann auch keine erfinderische Tätigkeit erfordern, denn er wird zum Erzielen ei-
ner homogenen Mischung zweckmäßigerweise die gesamte zwischen Deckel und
Boden zur Verfügung stehende Hubhöhe ausnutzen.
Die Ausgestaltung gemäß dem Anspruch 3 kann deshalb nichts zur Patentfähig-
keit beitragen, weil, wie zum Hauptantrag ausgeführt, aus der K6 bekannt ist, dass
die Rührschaufeln bis an den Innenwandungsbereich des Behälters reichen und
Abstreifer zum ständigen Reinigen der Innenseite des Behälters tragen, was
nichts anderes bedeutet, als dass der Flügelrührer derart ist, dass bei der Rotation
des Flügelrührers die Reibflächen infolge des Reibdrucks in engen Kontakt mit
den Innenflächen der Schraubkruke kommt.
Zum Anspruch 4 wird auf die Ausführungen zum Anspruch 9 nach Hauptantrag
verwiesen, die hier iVm den übrigen Merkmalen der Ansprüche 1 bis 3 sinngemäß
gelten.
Die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 5 bis 7 sind für sich ge-
nommen nicht patentfähig, da diese Gegenstände ebenfalls nicht auf einer erfin-
derischen Tätigkeit beruhen. Dabei gelten die oben zur fehlenden Patentfähigkeit
der Anordnung gemäß Anspruch 1 ausgeführten Gründe auch hier. Denn das mit
diesen Ansprüchen jeweils beanspruchte Verfahren stellt, da es in einer Anord-
nung nach einem der vorhergehenden Ansprüchen durchgeführt wird, nichts ande-
res dar, als die sich aus dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der im Anspruch 1
angegebenen Anordnung ergebenden Vorgehensweise. So wird der Fachmann in
einer Anordnung gemäß K6, die er, angeregt durch die K12, mit einer Schaub-
kruke mit verschiebbarem Boden verknüpft, nach dem Einfüllen der Rezepturbe-
standteile das eventuell oberhalb des zu mischenden Gutes vorhandene Luftvo-
lumen verringern oder beseitigen und wird dazu in naheliegendster Weise einfach
den beweglichen Krukenboden nach oben schieben (Anspruch 5). Außerdem liegt
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es bei der Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 6 zum Mischen in einer
Anordnung nach den vorhergehenden Ansprüchen nahe, den am Ende der An-
triebswelle lösbaren Flügelrührer (vgl. obige Ausführungen zum Anspruch 1) nach
dem Mischen von der Welle zu lösen und den Rührer auf diese Weise aus der
Zentralöffnung des Deckels herauszuziehen. Dass schließlich nach erfolgter Zube-
reitung der Rezeptur der Deckel auf das Mischgefäß aufgeschraubt und sodann
vor der Übergabe an den Verbraucher auch noch die zentrale Öffnung mit einem
Stöpsel verschlossen wird, ist bei der Anordnung gemäß dem Anspruch 1 eine
Selbstverständlichkeit, die keiner erfinderischen Leistung bedarf (Anspruch 7).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO, die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709
ZPO.
Müllner Klosterhuber
Schuster
Dr: Maksymiw
Dr. Häußler
Pr