Urteil des BPatG vom 29.10.2008

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BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
19 W (pat) 348/05
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
29. Oktober 2008
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 101 11 903
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hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2008 unter Mitwirkung des Vorsitzen-
den Richters Dipl.-Ing. Bertl und der Richter Gutermuth, Dr.-Ing. Kaminski und
Dr.-Ing. Scholz
beschlossen:
Das Patent DE 101 11 903 wird in folgender Fassung aufrecht er-
halten:
a) Patentansprüche 1 bis 5 wie in der Verhandlung übergeben.
b) Beschreibung wie in der Verhandlung übergeben.
c) Zeichnungen wie Patentschrift
G r ü n d e
I
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat für die Anmeldung vom 13. März 2001
ein Patent mit der Bezeichnung „Abschlusselement für Wandöffnungen“ erteilt,
und die Patenterteilung am 7. April 2005 veröffentlicht.
Gegen das Patent hat die Fa. S… KG mit Schriftsatz vom 28. Juni 2005,
eingegangen per Fax am 4. Juli 2005, Einspruch erhoben. Zur Begründung hat sie
auf §§ 1 bis 5 PatG verwiesen und vorgetragen, der Gegenstand des Patents sei
gegenüber dem Stand der Technik nicht neu und beruhe unter Berücksichtigung
des Standes der Technik auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
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Die Einsprechende stellt den Antrag,
das Streitpatent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag,
das Streitpatent beschränkt aufrecht zu erhalten (Patentansprü-
che 1 bis 5 und Beschreibung wie in der Verhandlung übergeben,
Zeichnungen wie Patentschrift).
Die Patentinhaberin tritt den Ausführungen der Einsprechenden in allen Punkten
entgegen und hält das Streitpatent in der verteidigten Fassung für patentfähig.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
Die nach dem § 147 Abs. 3 PatG in der Fassung vom 9. Dezember 2004 begrün-
dete Zuständigkeit des Senats wird durch die in der Zwischenzeit erfolgte Aufhe-
bung dieser Vorschrift nicht berührt (vgl. auch BGH Beschluss vom 27. Juni 2007
(X ZB 6/05) - Informationsübermittlungsverfahren II).
Die Zulässigkeit des Einspruchs ist zweifelsfrei gegeben.
Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.
Der Einspruch hat insoweit Erfolg, als das Patent mit den in der mündlichen Ver-
handlung überreichten Ansprüchen 1 bis 5 beschränkt aufrechtzuerhalten war.
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1. Gegenstand des Patents, Aufgabe
Das Patent betrifft ein Abschlusselement für Wandöffnungen. Die Patentschrift
führt dazu aus, dass derartige Abschlusselemente als Fenster oder Türen bekannt
sind, bei denen das antreibende Gestänge die Verschlusszapfen zum Beispiel bei
der Verschließbewegung in einer Richtung antreibt, während alle Verschlusszap-
fen bei der Öffnungsbewegung in der entgegengesetzten Richtung angetrieben
werden. Dadurch lässt sich mit einem geeigneten Werkzeug wie einem Ziegenfuß
der Flügelrahmen zum Beispiel auf der Griffseite so weit absenken, bis sich die
Verschlusszapfen aus den Schließblechen des Blendrahmens herausbewegen, so
dass die Flügel nur eine kleine Einbruchssicherheit bieten.
Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, die Einbruchssicherheit von
Abschlusselementen für Wandöffnungen in Gebäuden wie Fenstern oder Türen zu
erhöhen (Abs. 0006 der geltenden Beschreibung).
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt der Patentanspruch 1 ein Abschlusselement
mit den folgenden Merkmalen (mit einer eingefügten Gliederung) vor:
„a) Abschlusselement (1) für Wandöffnungen in Gebäuden oder
dergleichen, bestehend aus
b) einem in der Wandöffnung montierbaren Blendrahmen (2),
c) einem in dessen Öffnung einsetzbaren Flügelrahmen (3) so-
wie
d) einem von diesem eingefassten Flächenelement,
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e) wobei der Blendrahmen (2) und der Flügelrahmen (3) Beschlä-
ge aufweisen, über welche der Blend- und der Flügelrahmen
(2, 3) miteinander verbindbar sind,
f)
wobei die Beschläge des Flügelrahmens (3) als umlaufendes,
antreibbares Gestänge (6) ausgebildet sind,
g) welches an mindestens zwei Seiten des Flügelrahmens (3)
Verschlusszapfen (7) trägt, die mit den als Schließbleche (4)
ausgebildeten Beschlägen des Blendrahmens (2) jeweils eine
Schließeinheit bilden,
dadurch gekennzeichnet,
h) dass mindestens zwei am Gestänge (6) aufeinanderfolgende
Verschlusszapfen (7) an jeder der mindestens zwei benach-
barten Seiten des Flügelrahmens (3)
i)
gegensinnig antreibbar sind und in entsprechend gegensinnig
ausgerichtete Schließbleche (4) des Blendrahmens (2) einzu-
greifen vermögen.“
Dadurch soll gewährleistet werden, dass bei Aushebelversuchen, egal in welcher
Richtung sie stattfinden, immer zumindest ein Verschlusszapfen tiefer in das
Schließblech hineinbewegt und damit sicherer verschlossen wird.
2. Fachmann
Wie die Einsprechende zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat, entstehen
solche Flügelkonstruktionen in Zusammenarbeit von Firmen, die die Beschläge
herstellen, mit den Fensterbaufirmen. Da nach Anspruch 1 die Flügelkonstruktion
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mit einer baukastenartigen Zusammenstellung an sich handelsüblicher Beschlags-
komponenten beansprucht ist, sieht der Senat als Fachmann einen in der Entwick-
lungsabteilung einer Fensterbaufirma arbeitenden Diplomingenieur (FH) der Fach-
richtung Maschinenbau an, der fallweise mit einem Entwickler gleicher Ausbildung
in einer Beschlägefirma zusammenarbeitet. Ob noch weitere Personen in einem
Entwicklungsteam mitarbeiten, wie die Einsprechende meint, hält der Senat nicht
für entscheidungserheblich.
3. Auslegung der Ansprüche
Nach Merkmal f) sind die Beschläge des Flügelrahmens als umlaufendes, antreib-
bares Gestänge ausgebildet, welches nach Merkmal g) an mindestens zwei Seiten
des Flügelrahmens Verschlusszapfen trägt. Der Fachmann sieht damit das an-
treibbare Gestänge als den beweglichen Teil des Beschlags. Entgegen der Auffas-
sung der Einsprechenden rechnet er nach Überzeugung des Senats die ortsfeste
Stulpschiene nicht dazu. Bei diesen weit verbreiteten Antrieben sitzen regelmäßig
die Verschlusszapfen direkt auf dem Gestänge und werden zusammen mit ihm
bewegt. Es gibt keinen Anlass für den Fachmann, den Begriff „trägt“ im Merk-
mal g) anders zu verstehen.
4. Offenbarung der Ansprüche
Die geltenden Ansprüche sind gegenüber den entsprechenden ursprünglichen An-
sprüchen geändert. Wesentlich ist dabei die Einfügung „an mindestens zwei Sei-
ten“ in Merkmal g) und h) des Anspruchs 1 (ursprüngliche Unterlagen S. 2, Abs. 3
„an mehreren…. Seiten“), der neu aufgestellte Anspruch 3 (ursprüngliche Unterla-
gen S. 3, Abs. 3), und die Änderung in Anspruch 5 (ursprüngliche Unterlagen S. 3
vorletzter Abs. bis S. 4 in Verbindung mit Fig. 1 und 2). Diese bereits im Prüfungs-
verfahren vorgenommenen Änderungen sieht der Senat als ursprünglich offenbart
an.
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Im Einspruchsverfahren wurde darüber hinaus im Merkmal h) des geltenden An-
spruchs 1 der Begriff „benachbart“ eingefügt. Dieser Begriff findet sich in den ur-
sprüngliche Unterlagen nicht wörtlich. Der Fachmann kann ihn auch nicht aus dem
von der Patentinhaberin genannten Absatz 0008 (ursprüngliche Unterlagen S. 2,
Abs. 3) entnehmen, denn der Fachmann kann „egal in welche Richtung“ im ersten
Satz 1 nicht auf zwei benachbarte Seiten beziehen, wenn für die im ersten Satz
beschriebene Funktion Schließeinheiten nur an der Bandseite oder nur an der
Ober- oder Unterseite genügen, wie im nächsten Satz ausgeführt wird.
Jedoch sieht der Fachmann, dass alle beschriebenen Ausführungsbeispiele nach
Figur 1 bis 3 jeweils zwei gegenläufige Verschlusszapfen auf benachbarten Seiten
zeigen.
Das Merkmal h) in der erteilten Fassung lässt auch nur eine sehr begrenzte Zahl
von Varianten zu, nämlich zwei Varianten mit zwei gegenüberliegenden Seiten,
vier Varianten mit zwei benachbarten Seiten, vier Varianten mit drei Seiten und ei-
ne Variante mit allen vier Seiten, von denen die Patentinhaberin jederzeit einen
Teil - hier die zwei Varianten mit den gegenüberliegenden Seiten - fallen lassen
kann, ohne dass es in den ursprüngliche Unterlagen einer besonderen Hervorhe-
bung der beibehaltenen Varianten als besonders vorteilhaft, zweckmäßig oder be-
vorzugt bedarf (BGH BlPMZ 90,366 Crackkatalysator).
5. Neuheit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu.
Die EP 120 505 A2 (SA1) zeigt in Fig. 11 (i. V. m. Fig. 10 und Fig. 1) einen Schub-
stangenbeschlag, der einfach für Rechts-Linksanschlag umgerüstet werden kann,
indem er Öffnungsscheren oben und unten hat, und zur Umrüstung auf den Kopf
gestellt wird (S. 35 unten). Damit die Zapfen für beide Anschlagsarten richtig
herum laufen ist ein Umkehrgetriebe im Antrieb 262 vorgesehen. Die jeweiligen
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Laufrichtungen der Verschlusszapfen sind gut an der Beschriftung „Z-D-K“ (Zu,
Drehen, Kippen), jeweils eingeklammert für die umgedrehte Anschlagsart, zu er-
kennen. In Fig. 11 laufen damit die Zapfen 234, 236 auf der linken Seite und die
Zapfen ohne Bezugszeichen auf der rechten Seite gegeneinander.
Damit ist aus Fig. 11 jeweils mit den Worten des Anspruchs 1 bekannt ein:
a)
Abschlusselement für Wandöffnungen in Gebäuden oder dergleichen,
bestehend aus
b)
einem in der Wandöffnung montierbaren Blendrahmen 12,
c)
einem in dessen Öffnung einsetzbaren Flügelrahmen 14 sowie
d)
einem von diesem eingefassten Flächenelement (Fensterglas),
e)
wobei der Blendrahmen und der Flügelrahmen Beschläge aufweisen,
über welche der Blend- und der Flügelrahmen miteinander verbindbar
sind, (S. 31, Z. 6 bis 27) wobei
f)
die Beschläge des Flügelrahmens als umlaufendes, antreibbares Ge-
stänge 20 ausgebildet sind (S. 31, Z. 29 ff.),
g)
welches an mindestens zwei Seiten des Flügelrahmens Verschluss-
zapfen 234, 236 trägt, die mit den als Schließbleche ausgebildeten Be-
schlägen 228 des Blendrahmens jeweils eine Schließeinheit bilden,
h
teilw
) wobei mindestens zwei am Gestänge aufeinanderfolgende Ver-
schlusszapfen 234, 236 an jeder der mindestens zwei Seiten (die verti-
kalen Seiten) des Flügelrahmens
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i
teilw
)
gegensinnig antreibbar sind und in entsprechend gegensinnig ausge-
richtete Schließbleche 228 des Blendrahmens einzugreifen vermögen.
Im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 sind die gegenläufigen Ver-
schlusszapfen an zwei gegenüberliegenden und nicht benachbarten Seiten ange-
ordnet. Eine durch diese Anordnung bewirkte Aushebelsicherung ist nicht erwähnt.
Fig. 13 zeigt eine ähnliche Konstruktion, die nicht auf den Kopf gestellt wird. Statt-
dessen wird die Ausstellschere 422 von rechts nach links umgebaut (S. 45,
Abs. 3, 4). Dort ist ein gesondertes Getriebe 465 vorgesehen.
Die DE 25 57 303 B1 (SA2) zeigt in Figur 3 einen über drei Seiten laufenden
Stulpschienenantrieb mit einem Umkehrgetriebe 10 und den gegensinnig laufen-
den Zapfen 26,29 (Pfeile 28,36) an der Oberseite. Dieser Antrieb ist in Türen und
Fenstern eingebaut (Sp. 2, Z. 50 bis 57, Sp. 7, Z. 41 bis 47). Damit ist mit den
Worten des Anspruchs 1 bekannt ein (Abweichungen unterstrichen):
a)
Abschlusselement für Wandöffnungen in Gebäuden oder dergleichen,
bestehend aus
b)
einem in der Wandöffnung montierbaren Blendrahmen,
c)
einem in dessen Öffnung einsetzbaren Flügelrahmen sowie
d)
einem von diesem eingefassten Flächenelement (Blendrahmen, Flü-
gelrahmen und das Flächenelement Glas sind notwendige Bestandtei-
le eines Fensters)
e)
wobei der Blendrahmen und der Flügelrahmen Beschläge 2-36 aufwei-
sen, über welche der Blend- und der Flügelrahmen miteinander ver-
bindbar sind,
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f)
wobei die Beschläge des Flügelrahmens als umlaufendes, antreibba-
res Gestänge 3,27,33 ausgebildet sind,
g)
welches an mindestens zwei (dort drei) Seiten des Flügelrahmens Ver-
schlusszapfen 6,24,26,29,34 trägt, die mit den als Schließbleche aus-
gebildeten Beschlägen des Blendrahmens jeweils eine Schließeinheit
bilden (liest der Fachmann mit),
h
teilw
) wobei mindestens zwei am Gestänge 3 aufeinanderfolgende Ver-
schlusszapfen 26,29 an einer Seite des Flügelrahmens
i)
gegensinnig antreibbar sind (Sp. 7, Z. 48 bis 55) und in entsprechend
gegensinnig ausgerichtete Schließbleche des Blendrahmens einzu-
greifen vermögen (liest der Fachmann mit).
Im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 sind die gegensinnig antreibba-
ren Verschlusszapfen nur an einer Seite angeordnet. Ein Zweck dafür ist nicht an-
gegeben, eine Aushebelsicherung nicht erwähnt.
Die DE 198 56 451 A1, die in der Verhandlung statt der nachveröffentlichten
DE 198 56 451 C2 (SA3) eingeführt wurde, zeigt in den Figuren 1 und 2 einen Rie-
gel 4, der gegensinnig zu dem Zapfen 13 bewegt wird, um ein Aushebeln zu ver-
hindern (Sp. 2, Z. 7 bis 10, Sp. 3, Z. 1 bis 10). Um ein Aushebeln senkrecht zur
Stulpschiene zu verhindern, ist der Zapfen 13 als Pilzkopfzapfen, und der Riegel 7
als Haken ausgebildet (Sp. 3, Z. 11 bis 13). Nach Spalte 3, Zeile 61 bis 66 lassen
sich solche Verriegelungsvorrichtungen 1 (das ist nach Sp. 2, Z. 39 bis 42 die ge-
samte, Zapfen 13 und Riegel 4 umfassende Einheit) „in beliebiger Anzahl an dem
Flügel anordnen“.
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Damit ist mit den Worten des Anspruchs 1 bekannt ein (Abweichungen unterstri-
chen):
a)
Abschlusselement für Wandöffnungen in Gebäuden oder dergleichen,
bestehend aus
b)
einem in der Wandöffnung montierbaren Blendrahmen (Sp. 2, Z. 43),
c)
einem in dessen Öffnung einsetzbaren Flügelrahmen (Fensterrahmen)
sowie
d)
einem von diesem eingefassten Flächenelement (Fensterglas),
e)
wobei der Blendrahmen und der Flügelrahmen Beschläge aufweisen,
über welche der Blend- und der Flügelrahmen miteinander verbindbar
sind (Sp. 2, Z. 39 bis 42), wobei
f
teilw
)
die Beschläge des Flügelrahmens als (nicht umlaufendes) antreibba-
res Gestänge 3 ausgebildet sind,
g
teilw
) welches an mindestens einer Seite des Flügelrahmens Verschlusszap-
fen 13 trägt, die mit den als Schließbleche ausgebildeten Beschlä-
gen 5 des Blendrahmens jeweils eine Schließeinheit bilden,
h
teilw
) wobei mindestens zwei am Gestänge aufeinanderfolgende Ver-
schlusselemente 7,13 an der mindestens einen Seite des Flügelrah-
mens
i)
gegensinnig antreibbar sind und in entsprechend gegensinnig ausge-
richtete Schließbleche 5, 6,14 des Blendrahmens einzugreifen vermö-
gen (Sp. 2, Z. 63 bis Sp. 3, Z. 1).
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Im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 ist dort der Riegel 4 kein Ver-
schlusszapfen und auch nicht nach Merkmal f) und g) vom Gestänge 3 sondern
von der ortsfesten Schwenkachse 12 getragen und lediglich vom Gestänge 3 an-
getrieben. Außerdem ist nicht ersichtlich, ob der Verschluss mehrere oder alle Sei-
ten umfassen oder nur auf der Antriebsseite angebracht werden soll.
Die von der Einsprechenden nachgereichten Firmenschriften - ein Prospekt (P1)
und ein Din-A-2 Blatt (P2) „Safe GA“ der Firma G… GmbH sowie
ein Prospekt (P3) eines Dreh-Kippbeschlages „Favorit-KF 3E“ und eine zugehö-
rige Anschlaganleitung (P4) der Firma S… KG - zeigen eine Reihe üb-
licher Elemente zur Einbruchssicherung von Fenstern. Gegenläufige Verschluss-
zapfen zeigen sie nicht.
Die weiteren noch im Verfahren befindlichen Druckschriften wurden in der mündli-
chen Verhandlung weder vom Senat noch von den Beteiligten aufgegriffen. Sie
bringen auch keine neuen Gesichtspunkte, so dass auf sie nicht eingegangen zu
werden braucht.
5. Erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Umkehrgetriebe in den Antriebsgestängen von Tür- und Fensterverschlüssen sind
seit langer Zeit bekannt und wurden auch derart eingesetzt, dass die Verschluss-
zapfen einer Seite gegeneinander laufen, wie die EP 120 505 A2 (SA1) und die
DE 25 57 303 B1 (SA2) gleichermaßen zeigen. Dennoch findet sich im Stand der
Technik kein Anhaltspunkt dafür, dass die Sicherungswirkung dieser Anordnung
erkannt, und sie als Sicherung gegen ein Aushebeln sowohl in horizontaler als
auch in vertikaler Richtung des Fensterflügels eingesetzt worden wäre. Erst die
DE 198 56 451 A1 zeigt eine Anordnung, die die Gegenläufigkeit von Verriege-
lungselementen zur Aushebelsicherung nutzt, jedoch mit einer deutlich vom Streit-
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patent abweichenden, aus Schwenkriegel und Verschlusszapfen bestehenden An-
ordnung. Auch in Kenntnis der sichernden Wirkung gegenläufiger Verriegelungs-
elemente wurde dort also nicht auf die bekannten gegenläufigen Verschlusszapfen
zurückgegriffen, sondern eine eigene, unsymmetrische Paarung von Verriege-
lungselementen geschaffen. Aus all dem folgt, dass die sichernde Wirkung der be-
kannten gegenläufigen Verschlusszapfen unerkannt und ungenutzt geblieben ist.
Vor diesem Hintergrund ist schon die Ausrüstung zweier gegenüberliegender Sei-
ten mit gegenläufigen Verschlusszapfen wie in der EP 120 505 A2 (SA1) - gegen-
über nur einer Seite bei der DE 25 57 303 B1 (SA2) - als rein zufälliges Nebenpro-
dukt bei der Verfolgung anderer Ziele (vgl. Ziffer 5 dieses Beschlusses). Zur Aus-
rüstung zweier benachbarter Seiten mit gegenläufigen Verschlusszapfen gibt es
für den Fachmann in Unkenntnis der Erfindung weder einen Anlass noch einen
Hinweis in diese Richtung.
Die Einsprechende hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass die Aushebelsi-
cherung eine Grundforderung an Türen und Fenster ist, dass sich also die Aufga-
be, die Einbruchssicherheit von Fenstern oder Türen zu erhöhen, von selbst stellt.
Die von der Einsprechenden genannten Prospekte und Firmenschriften zeigen die
Palette der dafür gängigen Maßnahmen wie Bewehrungselemente (P1), Pilzzap-
fen ggf. aus Hartmetall (P2, P4), Schaltsperren (P2), Eckbandsicherung (P2, P3),
Anbohrschutz (P2,P3) usw. Auch die mehrfache Verwendung von Verschlusszap-
fen bis zu einer 11-fach-Verriegelung (P2) findet sich dort, nicht jedoch gegenläufi-
ge Verschlusszapfen. Unter diesen Maßnahmen, wird sich der Fachmann umse-
hen, wenn es darum geht die Einbruchssicherheit zu erhöhen. Er mag auch die
DE 198 56 451 A1 dazu heranziehen, was ihn aber lediglich dazu anregen könnte,
diese Konstruktion - gegebenenfalls auch mehrfach - zu übernehmen, ihn aber
nicht zu der Anordnung nach Anspruch 1 führt.
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Der Erfinder hat nun durch bloße Umgruppierung der aus der EP 120 505 A2
(SA1) oder der DE 25 57 303 B1 (SA2) bekannten baukastenartigen Antriebsmittel
eine sehr einfache, horizontal wie vertikal wirksame Aushebelsicherung geschaf-
fen, ohne gesonderte Sicherungselemente zu benötigen, d. h. mit „wenigem an
der richtigen Stelle“ statt „viel hilft viel“. Dafür gab es im Stand der Technik keinen
Hinweis.
6.
bis 5 Bestand.
Bertl
Gutermuth
Dr.-Ing. Kaminski
Dr.-Ing. Scholz
Be