Urteil des BPatG vom 04.02.2004

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BPatG 154
6.70
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 2/02
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
4. Februar 2004
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 07 704.1
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 4. Februar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, den
Richter Baumgärtner und die Richterin Fink
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beschlossen
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 26. Oktober 2001 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die
Waren und Dienstleistungen „Lehr- und Unterrichtsmittel (ausge-
nommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel); Werbung
und Geschäftsführung“ zurückgewiesen worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe:
I.
CapitalCityConnection
soll für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 9:
elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll-
oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse
9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Ver-
arbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten;
maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsau-
tomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Daten-
verarbeitungsgeräte und Computer;
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Klasse 16:
Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder ge-
prägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unter-
richtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausge-
nommen Möbel);
Klasse 35:
Werbung und Geschäftsführung;
Klasse 38:
Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtun-
gen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und
Fernsehen;
Klasse 42:
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung;
Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der
Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sam-
meln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen;
Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Com-
putern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die
Telekommunikation
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung mit Beschluss vom 26. Oktober 2001 wegen mangelnder Unterschei-
dungskraft zurückgewiesen. Das angemeldete Zeichen setze sich aus den drei
Wörtern „Capital“, “City“ und „Connection“ zusammen, wobei „Capitalcity“ „Haupt-
stadt“ bedeute. In seiner Gesamtheit verstehe der Verkehr die angemeldete Marke
in Bezug auf die Dienstleistungen der Klassen 38 und 42 sowie die Waren der
Klasse 9 als beschreibende Angabe dafür, dass diese der Errichtung und dem
Betrieb von Hauptstadtverbindungen dienten und hierfür besonders bestimmt und
geeignet seien. Außerdem sei das Zeichen für die Waren der Klasse 16 und die
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Dienstleistungen der Klasse 35 eine beschreibende Angabe über den themati-
schen Inhalt bzw. den Schwerpunkt der Dienstleistungen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin geltend, dass
die angemeldete Wortkombination unbekannt und im deutschen Sprachraum lexi-
kalisch nicht nachweisbar sei. Auch als mögliches Fremdwort habe „CapitalCity-
Connection“ keinen Eingang in die deutsche Sprache gefunden und werde des-
halb in Deutschland auch nicht allgemein verstanden. Unter Hinweis auf die
„Baby-dry“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hält die Anmelderin die
Unterscheidungskraft für gegeben, da es sich bei „CapitalCityConnection“ um
eine der Struktur nach ungewöhnliche Wortverbindung und um das Ergebnis einer
lexikalischen Erfindung handle, welche nicht als „normale Ausdrucksweise“ auf-
gefasst werden könne, um im vorliegend ausschließlich relevanten üblichen deut-
schen Sprachgebrauch die von der Anmeldung beanspruchten Waren und
Dienstleistungen zu bezeichnen oder ihre wesentlichen Merkmale wiederzugeben.
Die Worte „capital“, „city“ und „connection“ würden im deutschen Sprachraum
auch nicht ohne weiteres im Sinne von „Hauptstadtverbindung“ verstanden. Zu-
mindest das Wort „capital“ könne in der englischen Sprache unterschiedliche Be-
deutungen haben, so dass es für die in Frage stehende Wortkombination ver-
schiedene Übersetzungsmöglichkeiten gebe. Darüber hinaus lasse sich weder mit
der Marke „CapitalCityConnection“ selbst noch mit der deutschen Übersetzung
eine ohne weiteres verständliche Angabe über die von der Anmeldung erfassten
Waren und Dienstleistungen machen, da die Marke keine sachliche Information
bezüglich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen vermittle. Vor diesem
Hintergrund unterliege das Zeichen auch keinem Freihaltungsbedürfnis.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom
26. Oktober 2001 aufzuheben.
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Der Senat hat der Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung Re-
chercheunterlagen zur angemeldeten Wortfolge und ihren Bestandteilen übermit-
telt, die mit ihr in der mündlichen Verhandlung ebenso wie die dort übergebenen
weiteren Unterlagen erörtert wurden.
II.
Die zulässige Beschwerde ist überwiegend nicht begründet, da dem angemelde-
ten Zeichen für einen Teil der Dienstleistungen und einen Großteil der Waren je-
denfalls die Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr.1 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke
innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel
für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unter-
nehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden
(st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2003, 1050 m.w.N. – Cityservice, BGH GRUR
2001, 1153, 1154 – antiKALK). Kann einem Zeichen ein für die in Frage
stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender be-
schreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich auch
sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder einer geläufigen
Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden
Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unter-
scheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihr die Unterscheidungskraft
(BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK; BGH WRP 2001, 1082, 1083
- marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten – schlechte Zeiten;
BGH GRUR 2001 1042 - REICH UND SCHOEN; BGH BlfPMZ 2001, 398
- LOOK). Nach diesen Grundsätzen verfügt die Wortfolge „CapitalCityCon-
nection“ mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren und Dienstleistun-
gen nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft.
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Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, beinhaltet „CapitalCityCon-
nection“ den für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen im
Vordergrund stehenden sachbezogenen Hinweis darauf, dass sie der Er-
richtung und dem Betrieb von Hauptstadtverbindungen dienen und hierfür
besonders bestimmt und geeignet sind bzw. auf deren thematischen Inhalt
oder ihren Schwerpunkt hinweisen. Dieser Aussagegehalt erschließt sich
den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres und ohne analysie-
rende Schritte. Angesichts der beanspruchten Waren und Dienstleistungen
richtet sich das Zeichen an Fachkreise und interessierte Laien, die über
entsprechende Fach- und Sprachkenntnisse verfügen, da Englisch hier
Fach- und Werbesprache ist. Wie die Markenstelle bereits zutreffend fest-
gestellt hat, besteht das angemeldete Zeichen aus den drei zum englischen
Grundwortschatz gehörenden Wörtern „Capital“ für „Hauptstadt, “City“ für
„Stadt“ und „Connection“ für „Verbindung“ (vgl. Klett, Thematischer Grund-
und Aufbauwortschatz Englisch, 1999). „City“ hat mit der Bedeutung
„(Haupt-) Stadt“ ebenso Eingang in die deutsche Umgangssprache gefun-
den wie „Connection“ für „Verbindung“ (Duden, Deutsches Universalwörter-
buch, 4. Aufl. 2001; Wahrig Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl. 2000, sowie die
Belege von www.wortschatz.uni-leipzig.de). Zudem existiert im Deutschen
das Fremdwort „Kapitale“ als (veralteter) Ausdruck für „Hauptstadt“ (Du-
den, Das Fremdwörterbuch, 7. Aufl. 2000). „Capital“ und „Capitalcity“ wer-
den im Englischen synonym für den Begriff „Hauptstadt“ gebraucht (vgl.
Langenscheidt, Großwörterbuch Englisch, 11. Aufl. 2001; PONS COLLINS,
Großwörterbuch Deutsch/Englisch Englisch/Deutsch, 1999), was den oben
genannten sprachkundigen Adressatenkreisen bekannt ist. Daher sind die
Einzelbestandteile der angemeldeten Wortfolge entgegen der Auffassung
der Anmelderin im Inland geläufige Wörter, so dass die Marke in ihrer maß-
geblichen Gesamtheit ohne weiteres als „Hauptstadtverbindung“ verstan-
den wird, wie die Rechercheergebnisse zeigen. So bezeichnet der Begriff
u.a. einen Zusammenschluss professioneller Geschäftsleute (vgl.
www.capitalcityconnection.com) und eine Footballmannschaft (vgl.
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www.nsudemons.com). Auch im allgemeinen englischen Sprachgebrauch
ist die Wortfolge gebräuchlich (vgl. http://mysite.verzion.net und „The official
website of the capital city Magdeburg“ unter www.magdeburg.de/englisch).
Ebenso wird der Begriff „city connection” für „Städteverbindung“ in der
deutschen Werbesprache verwendet, so beispielsweise als Bezeichnung
für ein Computerspiel, bei dem der Nutzer durch verschiedene Metropolen
fährt (www.viaweb.at), als „print city connections“ als tool für ausdruckbare
Städteverbindungen (www.lokomotive.de), als „City Connection: Tel Aviv“
für die Verbindung zwischen Köln und der Partnerstadt Tel Aviv in Israel
oder für die Reiseangebote unter www.ginfizz.de „New York City Connec-
tion“. „CapitalCityConnection“ im Sinn von „Hauptstadtverbindung“ stellt für
die beanspruchten Waren der Klasse 9 insofern eine im Vordergrund ste-
hende Sachangabe dar, als es sich dabei zum einen um Geräte der Tele-
kommunikation handeln kann, in denen hard- und/oder softwaremäßig (ma-
schinenlesbare Datenaufzeichnungsgeräte) eine direkte Verbindung zu ei-
ner (Landes- oder zur Bundes-) Hauptstadt vorgesehen sein kann, etwa für
den Nachrichtenaustausch als Standleitung, die z.B. durch eine entspre-
chend gekennzeichnete Taste aktiviert werden kann. Gleiches gilt für Fahr-
kartenautomaten, die – vergleichbar dem „Schönes-Wochenende-Ticket“
der Bahn – gegen Geld oder via Abbuchung Fahrkarten für die Verbindung
zur jeweiligen Hauptstadt oder aber für den innerstädtischen
Verkehrsverbund der Hauptstadt nach Betätigung einer dafür vorgesehenen
Taste ausdrucken. Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 38
„Telekommunikation, Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die
Telekommunikation“ weist die Wortfolge „CapitalCityConnection“ dem
gemäß auf den Gegenstand der Telekommunikation bzw. auf die Eignung
oder Bestimmung der Einrichtungen hin. Gleiches gilt für die
Dienstleistungen der Klasse 42. Bei den Druckereierzeugnissen kann es
sich sowohl um eine Inhalts- oder Themenangabe handeln als auch bei den
Karten um einen Hinweis auf einen Zugang zu einer Hauptstadtverbindung.
Das angemeldete Zeichen nimmt damit auf konkrete vorteilhafte
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Eigenschaften der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen in für
den maßgeblichen fachkundigen Verkehrskreis verständlicher Form Bezug
und ist wegen ihres im Vordergrund stehenden sachbezogenen
Begriffsinhalts nicht als individualisierender Hinweis auf einen bestimmten
Geschäftsbetrieb geeignet.
2. Hinsichtlich der Waren „Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Appa-
rate); Büroartikel (ausgenommen Möbel)“ und der Dienstleistungen „Wer-
bung und Geschäftsführung“ liegt dagegen kein Eintragungshindernis vor.
a) Lehr- und Unterrichtsmittel können sich zwar im weitesten Sinne mit
Hauptstädten oder Verbindungen zu Hauptstädten befassen, sind
aber regelmäßig nicht einseitig auf die Darstellung derartiger Verbin-
dungen beschränkt. Daher kann nicht davon ausgegangen werden,
dass die hier angesprochenen breiten Verkehrskreise in „CapitalCi-
tyConnection“ einen Sachhinweis sehen. Vielmehr wird die Marke
vom Verkehr als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden.
Gleiches gilt für die beanspruchten Büroartikel, bei denen die Wort-
folge „CapitalCityConnection“ keinen Sinn ergibt. Bei den Dienst-
leistungen Werbung und Geschäftsführung werden die angespro-
chenen Verkehrskreise dem Zeichen „CapitalCityConnection“ nicht
ohne weitere analytische Schritte spezifisch für diese Dienstleistun-
gen vorteilhafte Eigenschaften entnehmen. Auch wenn beim Betrieb
und der Leitung eines Unternehmens aus diesen Branchen Verbin-
dungen zur Hauptstadt nützlich sein können, so erfordert diese
Überlegung mehrere Assoziationen um zu dem Schluß zu gelangen,
eine Hauptstadtverbindung sei nützlich für Lobbyisten.
b) Bezüglich der vom Tenor erfassten Waren und Dienstleistungen be-
steht auch kein Freihaltungsbedürfnis. Nach der Vorschrift des § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken aus-
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geschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Ver-
kehr unter anderem zur Bezeichnung der Beschaffenheit, des Wer-
tes oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder
Dienstleistungen dienen können. Die wörtlich aus Art. 3 Abs. 1 lit. c
MarkenRL übernommene Regelung gebietet die Versagung der Ein-
tragung auch dann, wenn wie hier die Benutzung der fraglichen Be-
zeichnung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist. Dies setzt
aber voraus, dass eine solche Verwendung jederzeit in der Zukunft
erfolgen kann (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723, 726 Tz. 37 = WRP
1999, 629 - Chiemsee; BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine
bessere Welt, m.w.N.; BGH WRP 2001, 692, 694 - Test it.). Wie be-
reits ausgeführt wurde, kann der Marke in ihrer konkret angemelde-
ten Form keine sachbeschreibende Aussage in Bezug auf die
verbleibenden Waren und Dienstleistungen zugeordnet werden, so
dass Anhaltspunkte dafür, dass Dritte gegenwärtig oder künftig ein
legitimes Interesse an der werblichen Verwendung der angemelde-
ten Marke für diese Waren und Dienstleistungen haben könnten,
nicht erkennbar sind.
Grabrucker Baumgärtner
Fink
Cl