Urteil des BPatG vom 17.02.2003

BPatG (wissenschaftliche forschung, beschreibende angabe, marke, angabe, gestaltung, eintragung, beschwerde, zeichen, christentum, kreuz)

BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 12/02
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
17. Februar 2003
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die angemeldete Marke 399 27 841.9
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 17. Februar 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Buchetmann und der Richterinnen Winter und Hartlieb
beschlossen:
BPatG 154
6.70
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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet (farbige Eintragung mit den
Farben weinrot/weiß) ist
siehe Abb. 1 am Ende
mit dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis:
"Dias, CD's, belichtete Filme, Ton- und Bildkassetten;
Zeitschriften, Schriftenreihen, Bücher;
Ausbildung, Seelsorge, Unterricht, Erziehung, kulturelle Aktivi-
täten, Unterhaltung;
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Verpflegung und Beherbergung von Gästen, wissenschaftliche
Forschung, rechtliche Beratung".
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die An-
meldung wegen des Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses gemäß § 8 Abs 2
Nr 2 MarkenG zurückgewiesen, weil sie eine beschreibende Angabe darstelle; da
die Buchstabenkombination als Christusmonogramm und kirchliches Symbol eine
allgemeine Abkürzung für „Jesus“ sei, weise die Marke lediglich darauf hin, daß es
sich um Waren und Dienstleistungen mit christlichem Hintergrund handele. Die
beschreibende, freihaltebedürftige Angabe werde durch die werbeübliche grafi-
sche Gestaltung nicht ausgeräumt, vielmehr verstärke das Kreuz den christlichen
Hintergrund des Angebots.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie erachtet mit näheren Ausführungen
die angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit und ihrer konkreten Aus-
gestaltung für schutzfähig. Dazu verweist sie insbesondere darauf, daß der hinter
„IHS“ stehende Ausdruck „Jesus hominum salvator“ nicht erkannt werde und für
die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch nicht unmittelbar beschrei-
bend sei.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen und den Beschluß der Mar-
kenstelle Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Die angemeldete
Marke ist für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach § 8 Abs 2
Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Sie besteht ausschließlich aus
Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der
Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleis-
tungen dienen können. Diese Angabe muß daher den Mitbewerbern zum freien
Gebrauch erhalten bleiben.
IHS
WIE
ist. Entgegen der Auffassung der Anmelderin ist eine solche Vertikale kein übli-
ches Trennzeichen wie es etwa in einem Schrägstrich (/), Trennungsstrich (-) oder
einem Leerzeichen gesehen werden könnte; wie ist diese Vertikale aber auch
erkennbar Bestandteil des aus einer Horizontalen und Vertikalen gebildeten
Bildbestandteils in der Form eines Kreuzes.
IHS
Christusmonogramm) und so als symbolisches Zeichen für den Namen und die
Person Christi sowie auch für das Christentum überhaupt verwendet, was die An-
melderin auch nicht bezweifelt (vgl Brockhaus, Die Enzyklopädie 4. Bd S 555f);
dieses Jesusmonogramm ist in das Wappen des Jesuitenordens – hier die An-
melderin - übernommen worden und hat bis in die Gegenwart eine weite Verbrei-
tung und Anwendung im Christentum gefunden, wie von der Anmelderin auch
nicht in Abrede gestellt. Es findet sich zB auf Pilgerfahnen, Abendmahlskannen,
Kirchenfenstern, Orgeln, Wappen, Altären, Teppichen, Kuchen- und Buttermodeln,
Gebrauchsgegenständen wie auch Glückwunschkarten (vgl die von der An-
melderin überreichte Kopie Richard Haub/Rita Müller „Jesuiten“ S 9).
Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen kann die
IHS
Ausrichtung nach christlichen Grundsätzen oder zum Leben Jesu stehen und sie
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nach Art, Beschaffenheit, Bestimmung, Gegenstand oder wie auf sonstige
Merkmale beschreiben. Daß Kirchen, Klöster oder auch Orden seit langem am
Wirtschaftsleben teilnehmen - zB in den Bereichen Kunst (Museen, Bibliotheken),
Musik, Theater (Passionsspiel) und Literatur, ebenso bei Ausbildungsstätten
(Klosterschulen, Exerzitienhäuser) Hochschulen, Hospize und Urlaubsgestaltung,
aber auch bei Feinkost, Wein, Branntwein und Bier wie den Betrieb von Gaststät-
ten - ist der Anmelderin, die in München eine Hochschule für Philosophie betreibt
bekannt und bedarf keiner näheren Erörterung. Zur Veranschaulichung wird bei-
spielhaft auf den Katalog der Firma Manufactum „Gutes aus Klöstern“ verwiesen
(
Wie kommt es für die Frage nach dem Freihaltungsbedürfnis vor allem auf die
Belange der Mitbewerber der Anmelderin an. Ob die angesprochenen allgemeinen
IHS
hominum salvator“=Jesus Retter der Menschheit (nach späteren Deutungen) oder
als die ersten drei Buchstaben des Namens Jesus in griechischer Schrift richtig
verstehen werden, ist nur insoweit von Bedeutung, als sie zur Beschreibung der
Waren und Dienstleistungen dann nicht geeignet sein kann, wenn von vornherein
feststeht, daß sie für das angesprochene Publikum völlig unverständlich sein und
bleiben wird (vgl Althammer/Ströbele MarkenG 6. Aufl § 8 Rdn 69). Dies trifft im
vorliegenden Fall nicht zu, und zwar schon deshalb nicht, weil – wie oben
IHS
Erläuterung vielfach verwendet werden.
Die grafische Gestaltung der angemeldeten Marke ist nicht geeignet, die Sach-
aussage in den Hintergrund treten zu lassen. Wird in der Vertikalen, die oberhalb
IHS
Länge der Buchstabenfolge erstreckt, ein Kreuz erkannt, so verstärkt dieses wie-
tere christliche Symbol nur die beschreibende Aussage der Buchstabenfolge; wer-
den hierin aber nur Linien gesehen, so führen auch diese als häufig anzutreffen-
des werbeübliches Gestaltungsmittel nicht von der Sachaussage weg. Die Schrift-
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zuggestaltung in weiß auf rotem, und damit dunklem Grund ist ebenfalls werbeüb-
lich und läßt die Sachaussage nicht in den Hintergrund treten. Dabei erscheinen
die graphischen Elemente schon für sich genommen eher blass und lediglich die
in der Buchstabenfolge enthaltende Sachaussage unterstützend (vgl BGH GRUR
2001, 1153, 1154 antiKalk). Hinzu kommt, daß die Christusmonogramme IHS und
XP ebenso wie das Kreuz durch die Jahrhunderte hindurch stets Gegenstand
auch künstlerischer Gestaltung waren und sind. Das Publikum begegnet daher
diesen Zeichen in einer schier unendlichen Fülle von graphischen Gestaltungen,
so daß die künstlerische Ausgestaltung gleichsam zur Sachaussage dazu gehört
und ihr allenfalls geschichtliche, aber keine vom Aussagegehalt wegführende Be-
deutung beigemessen werden kann.
Die angemeldete Marke kann daher, auch in der konkreten Gestaltung, im Verkehr
zur Beschreibung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen dienen, ist also
als beschreibende freihaltebedürftige Angabe iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der
Eintragung ausgeschlossen (vgl. zum Freihaltebedürfnis an bildhaften
Darstellungen auch BPatG Mitt. 2003, 79, S 1 – Pastenstrang auf Zahnbürsten-
kopf). Bildliche Wiedergaben von Sachangaben können nur dann das Freihalte-
bedürfnis entfallen lassen, wenn sie ausreichend deutlich die Angabe selbst ver-
fremden, so daß diese nicht mehr das Zeichen prägt.
Die von der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung angeführten Entscheidun-
gen „NEW MAN“, „ABSOLUT“, „BONUS“, „FOR YOU“ und „YES“ des Bundesge-
richtshofes führen zu keinem anderen Ergebnis. Die Entscheidungen „NEW MAN“
(GRUR 1991, 136), „ABSOLUT“ (MarkenR 1999, 347) und „YES“ (MarkenR 1999,
349) befassen sich mit den Eintragungshindernissen nach § 8 Abs 2 Nr 1 bzw
§ 8 Abs 2 Nr 3 MarkenG, die nicht Grund für die Zurückweisung der vorliegenden
Beschwerde sind. „BONUS“ (Mitt 1998, 143) und „FOR YOU“ (MarkenR 1999,
351) betreffen Ausdrücke, die allgemeiner Art sind oder eine Vertriebsmodalität
betreffen und nicht warenbezogen sind. Vorliegend geht es indessen um eine die
Waren/Dienstleistungen selbst betreffende Angabe.
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Von der Anmelderin angeführte Eintragungen von Marken mit dem Bestandteil
IHS
re Eintragungen handeln sollte, würde daraus grundsätzlich keine anspruchsbe-
gründende Bindungswirkung für später angemeldete Marken erwachsen, da die
Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern
eine reine Rechtsfrage darstellt (vgl ua BGH GRUR 1997, 527, 529 – Autofelge,
BlPMZ 1998, 248, 249 – Today).
Die von der Anmelderin angeregte Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71
Abs. 3 MarkenG ist nicht veranlasst. Die Anmelderin stützt diese Anregung auf
eine Verletzung rechtlichen Gehörs wegen fehlender Bekanntgabe der die Zu-
rückweisung begründenden Tatsachen. Vorliegend läßt sich indessen schon eine
solche Verletzung nicht feststellen: der Zurückweisungsbeschluß stützt sich tra-
IHS
der Anmelderin bereits mit dem Beanstandungsbescheid mitgeteilt worden; sie hat
dem mit ihrer Erwiderung auch zugestimmt und sich zur Begründung der
Schutzfähigkeit auf die grafische Gestaltung bezogen. Darüber hinaus fehlt es
aber auch an der erforderlichen Kausalität zwischen dem behaupteten Fehlver-
halten und der Notwendigkeit einer Beschwerdeeinlegung. Es kann nicht ange-
nommen werden, daß bei Hinweis auf den Beanstandungsbescheid und einer ent-
sprechenden Stellungnahme der Anmelderin eine inhaltlich abweichende Ent-
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scheidung der Markenstelle ergangen wäre (vgl hierzu Althammer/Ströbele aaO
§ 71 Rdn 38 mwNachw).
Dr. Buchetmann
Winter
Hartlieb
Ko
Abb. 1