Urteil des BPatG vom 17.01.2006

BPatG: verbraucher, unterscheidungskraft, luft, eugh, unternehmen, begriff, eigenschaft, form, waschmittel, kauf

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 203/04
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
17. Januar 2006
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 21 583.6
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf-
grund der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 2006 durch …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
- 2 -
G r ü n d e
I.
Die für
„Webstoffe und Textilwaren, Vorhänge aus Textilien; textile Flä-
chengebilde als Beläge und Verkleidungen für fertige Böden, Fuß-
böden, Decken und Wände, textile Bodenbeläge, Fußmatten,
Teppiche, Teppichböden“
angemeldete Wortmarke
Gute-Luft-Floor
hat die Markenstelle mit Beschluss vom 21. Januar 2004 hinsichtlich aller Waren
mangels Unterscheidungskraft zurückgewiesen und ebenso die Erinnerung der
Anmelderin mit Beschluss vom 14. Juni 2004. Das ist damit begründet, „floor“ sei
der allgemein verständliche und bekannte englische Begriff für „Boden, Fußbo-
den“. Die Marke bringe schlagwortartig zum Ausdruck, dass die angemeldeten
Waren dazu bestimmt und geeignet seien, eine gute Luft zu verbreiten bzw. ein
gutes Raumklima zu fördern. Diese Eigenschaft sei für die Kaufentscheidung der
Verbraucher von großer Bedeutung.
Die Anmelderin hat dagegen am 13. Juli 2005 Beschwerde eingelegt.
Sie beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Marke ein-
zutragen.
- 3 -
II.
1)
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, jedoch in der Sache nicht
erfolgreich; einer Registrierung der angemeldeten Marke steht für die bean-
spruchten Waren das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen,
denn die Bezeichnung GUTE-LUFT-FLOOR entbehrt für die beanspruchten Wa-
ren jeglicher Unterscheidungskraft.
Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die (konkrete) Eig-
nung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird,
als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von
denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2004,
1027, Rdnrn. 33, 42 – D
AS
P
RINZIP DER
B
EQUEMLICHKEIT
). Die Unterscheidungskraft
ist zum Einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und zum Anderen im Hin-
blick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei es auf die mutmaßli-
che Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und ver-
ständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren ankommt (vgl. EuGH
GRUR 2004, 428, Rdn. 50 - H
ENKEL
).
Keine Unterscheidungskraft besitzen vor allem solche Marken, denen die ange-
sprochenen Verbraucher für die fraglichen Waren lediglich einen im Vordergrund
stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674,
Rdn. 86 - P
OSTKANTOOR
). Solche Angaben versteht der Verbraucher nicht als Un-
terscheidungsmittel (vgl. BGH GRUR
2001, 1151, 1152 -
MARKTFRISCH
;
GRUR 2001, 1153 -
ANTI
KALK).
a)
Zwar ist bei der Beurteilung der Marke zu berücksichtigen, dass der
Verbraucher ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit all sei-
nen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es zergliedernd zu
betrachten (BGH MarkenR 2000, 420, 421 - R
ATIONAL
S
OFTWARE
C
ORPORATION
).
Auch das Gesamtzeichen bringt aber im vorliegenden Fall bezogen auf die ange-
- 4 -
meldeten Waren nur zum Ausdruck, dass das Material ein gutes Raumklima er-
zeugt.
Dies gilt vor allem für Beläge von Böden, weil im Englischen dafür „floor“ steht.
Diesen zum englischen Grundwortschatz gehörenden Begriff können die ange-
sprochenen Verbraucher, nicht nur Fachleute aus dem Baugewerbe, ohne weite-
res mit „(Fuß)boden“ übersetzen. Aber auch bei den Vorhängen sowie Decken-
und Wandbekleidungen denkt der Verbraucher nur an eine Materialbeschreibung,
zumal „Flor“ im Deutschen feine Gewebe benennt und zudem für Stofffasern bei
Samt, Plüsch und Teppichen steht; man spricht auch von Teppichen mit dickem
Flor (s. D
UDEN
- Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl. 2001).
b)
Nicht ausschlaggebend ist, ob eine als Marke angemeldete Bezeichnung
lexikalisch belegbar ist und/oder nachweislich verwendet wird oder ob es sich um
eine neue Wortzusammenstellung handelt. Das Publikum ist daran gewöhnt, dass
Anbieter warenbezogene Sachangaben werbemäßig in komprimierter Form und
auch mit Hilfe mehr oder weniger einprägsamer Wortneubildungen vermitteln, wie
„aprilfrisch“ für Waschmittel und „frühlingsleicht“ für Bekleidungsstücke (vgl. Be-
schluss des Senats BlPMZ 1997, 209 –
CLIMAAKTIVPLUS
).
Die Verbraucher halten auch das hier zu beurteilende, sprachüblich zusammen-
gesetzte Zeichen für eine anpreisende Angabe (ähnlich HABM vom
16. Dezember 2004, Az.: R0596/04-2 – F
LOORLINE
) und nehmen keinen unter-
scheidungskräftigen Inhalt an, zumal die Eigenschaft, ein gutes Raumklima zu
schaffen, wesentlich zum Wohlbefinden von Menschen beiträgt und daher ein
wichtiges Auswahlkriterium beim Kauf von Wohn-Textilien, wie Teppichen, Ver-
kleidungen und Vorhängen, ist.
- 5 -
Bei der Beurteilung, ob einer beschreibenden Marke die Unterscheidungskraft
fehlt, spielt es keine Rolle, ob es Synonyme gibt, welche dieselben Merkmale be-
zeichnen.
gez.
Unterschriften