Urteil des BPatG vom 02.06.2005

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BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
14 W (pat) 17/06
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 102 45 914.2-45
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 12. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters
Dr. Schröder, der Richter Harrer und Dr. Gerster sowie der Richterin Dr. Schuster
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beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse B27K des Deutschen Patent- und Marken-
amts vom 2. Juni 2005 aufgehoben und das Patent erteilt.
B e z e i c h n u n g :
Verfahren zur Herstellung von Parkett- oder
Furnier-Fußbodenplatten
A n m e l d e t a g :
1. Oktober 2002
Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 13, eingegangen am 4. September 2009,
Beschreibung, Seiten 1 und 1a, eingegangen am 4. Septem-
ber 2009, Seiten 2 und 3, eingegangen am 28. September 2009,
Seite 4, eingegangen am 1. Oktober 2002.
G r ü n d e
I
Mit Beschluss vom 2. Juni 2005 hat die Prüfungsstelle für Klasse B27K des Deut-
schen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung mit der Bezeichnung
"Verfahren zur Herstellung von Parkett- oder Furnier-Fußbodenplatten."
zurückgewiesen.
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Die Zurückweisung ist im Wesentlichen damit begründet, dass der Gegenstand
des seinerzeit geltenden Anspruchs 1 gegenüber dem aus
(1) DE 695 13 982 T2 und
(2) DE 195 02 389 A1
bekannten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie
ihr Patentbegehren unter Zugrundelegung der am 4. September 2009 eingegan-
genen Patentansprüche 1 bis 13 und einer hieran angepassten Beschreibung wei-
terverfolgt. Die Anspruch 1 lautet wie folgt:
Verfahren zur Herstellung von Parkett- oder Furnier-Fußbodenplatten, die
eine Trägerplatte aus Holz, Holzwerkstoffen, Spanplatte, MDF, HDF oder
Sperrholz und eine Decklage aus Echtholz aufweisen, bei dem die Deck-
lage aus Echtholz einer Imprägnierung mit duroplastischen Kunststoffen
unterworfen wird, anschließend getrocknet und mit der Trägerplatte ver-
klebt wird, bei welchem Verfahren die Decklage anschließend mit einer
Holzreproduktion hochwertiger Hölzer bedruckt wird.
Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Anmelderin im Wesentlichen vor, dass
das nunmehr gegenüber dem angefochtenen Beschluss zu Grunde liegende ein-
geschränkte Patentbegehren sowohl gegenüber dem im Prüfungsverfahren,
genannten Stand der Technik, insbesondere den Druckschriften (1) und (2), als
auch der vom Senat im Verlauf des Beschwerdeverfahrens eingeführten Druck-
schrift
(7) DE 100 31 030 A1
auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
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Die Anmelderin stellt sinngemäß den Antrag,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den
im Beschlusstenor aufgeführten Unterlagen zu erteilen.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der nachgeordneten An-
sprüche 2 bis 13, wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die Beschwerde ist zulässig und führt zu dem im Tenor angegebenen Ergebnis.
1.
Die geltenden Ansprüche sind zulässig. Der Anspruch 1 ist aus den ur-
sprünglichen Ansprüchen 1, 4 und 5 i. V. m. S. 2 Abs. 1 und 2 der Erstunterlagen
ableitbar. Die Ansprüche 2 bis 13 basieren auf den ursprünglichen Ansprüchen 2
bis 13.
2.
Das Verfahren zur Herstellung von Parkett- oder Furnier-Fußbodenplatten
gemäß Anspruch 1 ist neu.
Aus keiner der entgegengehaltenen Druckschriften ist bekannt, bei einem Verfah-
ren zur Herstellung von Parkett- oder Furnier-Fußbodenplatten, die Decklage aus
Echtholz mit einer Holzreproduktion hochwertiger Hölzer zu bedrucken. (1) betrifft
zwar ein Verfahren zur Herstellung von Bodenbelägen, bei dem aber lediglich eine
dekorative Verblendung aus natürlichem Holz aufgebracht werden kann (An-
spruch 1 i. V. m. S. 4 Z. 19 bis 22). Die Entgegenhaltungen (2) und (7) betreffen
keine Verfahren zur Herstellung von Parkett- oder Furnier-Fußbodenplatten, son-
dern ein Verfahren zum Erzeugen von erhabenen Strukturen auf flächigen Träger-
materialien, mit denen insbesondere bei der Imitation von Holzstrukturen eine
große Ähnlichkeit zu echten Holzoberflächen oder Furnieren erreichbar ist ((2)
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Anspruch 1 i. V. m. Sp. 1 Z. 52 bis 59), bzw. ein Verfahren zum Herstellen von flä-
chigen Bauteilen mit vorbestimmtem Oberflächenaussehen, bei welchem Holzfur-
nieroberflächen mittels eines programmierbaren Druckverfahrens zur Ausbildung
eines vorbestimmten Musters, wie unterschiedlichster Holzarten, bedruckt werden
können ((7) Anspruch 1 i. V. m. Abs. [0004]). Die weiteren im Verlauf des Prü-
fungsverfahrens genannten Druckschriften liegen ferner und können damit die
Neuheit des Verfahrens gemäß geltendem Anspruch 1 auch nicht in Frage stellen.
3.
Das Verfahren zur Herstellung von Parkett- oder Furnier-Fußbodenplatten
gemäß Anspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Anmeldung liegt die Aufgabe zugrunde, ausgehend vom Stand der Technik
ein Verfahren zur Herstellung von Parkett- oder Furnier-Fußbodenplatten zu
schaffen, das es gestattet, bei Verwendung einfacher, preiswerter, relativ weicher
Hölzer eine im Hinblick auf die mechanischen Eigenschaften, wie Eindruckfestig-
keit und Kratzfestigkeit, hochwertige, eine ansprechende Holzanmutung besit-
zende Oberfläche zu schaffen (vgl. geltende Unterlagen S. 1a Z. 21 bis 26).
Diese Aufgabe wird durch das Verfahren zur Herstellung von Parkett- oder Fur-
nier-Fußbodenplatten gemäß dem geltenden Anspruch 1 gelöst. Dabei wird die
Decklage aus Echtholz der Fußbodenplatten, die eine Trägerplatte aus Holz, Holz-
werkstoffen, Spanplatte, MDF, HDF oder Sperrholz und diese Decklage aus Echt-
holz aufweisen, einer Imprägnierung mit duroplastischen Kunststoffen unterwor-
fen, mit der Trägerplatte verklebt und anschließend mit einer Holzreproduktion
hochwertiger Hölzer bedruckt. Mit diesem Verfahren werden die Fußbodenplatten
in zweifachen Hinsicht aufgewertet, wie die Anmelderin zutreffend vorträgt. Zum
einen werden nämlich die mechanischen Eigenschaften (Festigkeitswerte) durch
die Imprägnierung und Trocknung verbessert und auf das Niveau hochwertiger
Hölzer angehoben. Zum anderen wird das Erscheinungsbild der Oberfläche an-
schließend mit einem Aufdruck versehen, mit dem das Aussehen der hochwerti-
gen Hölzer nachgeahmt wird (vgl. geltende Unterlagen S. 2 Z. 1 bis 17). Der Fach-
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mann, ein Ingenieur mit besonderen Kenntnissen der Holzverarbeitung, der mit
der Bereitstellung von Platten auf Holzbasis langjährig befasst ist, wird vom entge-
gengehaltenen Stand der Technik nicht zur Lösung der anmeldungsgemäßen Auf-
gabe durch das Verfahren gemäß Anspruch 1 angeregt.
Aus (1) ist bekannt, bei der Herstellung von Bodenbelägen eine dekorative Ver-
blendung aus natürlichem Holz oder synthetischem Material, die dazu bestimmt
ist, die Abnutzungsschicht zu bilden, mit einer Rückseitenschicht und einer Zwi-
schenschicht, die aus feinen organischen Partikeln und nicht vernetztem, pulver-
förmigen Kleber besteht, in einem einzigen Schritt in einer Presse bei erhöhter
Temperatur zusammenzufügen (Anspruch 1). In der Beschreibungseinleitung von
(1) wird zwar darauf hingewiesen, dass zur Erhöhung der Abnutzungsfähigkeit von
Bodenbelägen, die Furnierschichten aufweisen, eine Härtung der Furnierschichten
aus Holz durch Imprägnierung im Vakuum vorgenommen werden kann, wobei
diese Härtung in einer Presse mit Hilfe von Imprägnierharzen ausgeführt wird (S. 2
Z. 13 bis 17). (1) kann also den Fachmann lediglich dazu anregen, die mechani-
schen Eigenschaften von Furnier-Fußbodenplatten zu verbessern, nicht aber die
anmeldungsgemäße Aufgabe durch das Verfahren gemäß Anspruch 1 zu lösen.
Aus (7) ist es zwar bekannt, flächige Bauteile mit vorbestimmtem Oberflächenaus-
sehen mittels eines programmierbaren Druckverfahrens zur Ausbildung eines vor-
bestimmten Musters zu bedrucken. Dabei kann eine Holzfurnieroberfläche mit
Mustern bedruckt werden, die der Oberfläche das Aussehen verschiedenster
Holzarten verleihen (Anspruch 1 i. V. m. [0004]). (7) beschreibt aber nicht und regt
auch nicht dazu an, flächigen Bauteilen aus relativ weichen, preiswerten Hölzern
gezielt durch Imprägnieren mit duroplastischen Kunststoffen eine im Hinblick auf
die mechanischen Eigenschaften verbesserte Oberfläche zu verschaffen und
diese durch anschließendes Bedrucken auf das Niveau hochwertiger Hölzer anzu-
heben, wie es zur Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe erforderlich wäre.
Denn das Verfahren gemäß (7) dient dazu, die Differenzierung der Oberflächen,
insbesondere von Frontplatten von Küchenelementen, erst am Ende des Produk-
tionsprozesses durchzuführen, um eine bestellnahe Fertigung ohne große Lager-
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haltung zu ermöglichen (Abs. [0001] bis [0004]). Auch (2) liefert keine Anregung
zur Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe durch das Verfahren gemäß An-
spruch 1. Denn bei dem Verfahren zum Erzeugen von erhabenen Strukturen auf
flächigen Trägermaterialien, insbesondere in der Möbelfabrikation, gemäß (2) wird
im Gegensatz zum Verfahren gemäß Anspruch 1 auf die Oberflächen der Träger-
materialien ein Stoff aufgebracht, der bei Erwärmung expandiert, wodurch eine
strukturierte Oberfläche erzeugt werden kann, die insbesondere bei der Imitation
von Holzstrukturen zu erstaunlichen Effekten führen kann (Sp. 1 Z. 3 bis 6 und 52
bis 59). Das Verfahren gemäß Anspruch 1 wird damit vom entgegengehaltenen
Stand der Technik nicht nahegelegt.
Die Berücksichtigung der weiteren im Verlauf des Prüfungsverfahrens genannten
Druckschriften führt zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhalts.
4.
Nach alledem weist der Gegenstand des Anspruchs 1 alle Kriterien der
Patentfähigkeit auf. Dieser Anspruch ist daher gewährbar. Gleichfalls gewährbar
sind die besondere Ausführungsformen des Verfahrens nach Anspruch 1 betref-
fenden Ansprüche 2 bis 13.
Schröder
Harrer
Gerster
C. Schuster
Fa