Urteil des BPatG vom 15.07.2008

BPatG (konzil, gespräch, geographische angabe, marke, unterscheidungskraft, ausbildung, angabe, ort, stadt, erziehung)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 85/10
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 307 28 891.9
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
13. Juli 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und
Richter Schwarz
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beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle vom 30. März 2003 wird insoweit
aufgehoben, als der angemeldeten Marke der Schutz versagt
wurde.
G r ü n d e
I.
Die Anmeldung der Wortmarke „Konstanzer Konzilgespräch“ für die Dienst-
leistungen „Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Akti-
vitäten“ hat die Markenstelle mit Beschluss vom 30. März 2010 hinsichtlich
„Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten“ zurückgewiesen.
Das ist damit begründet. Bei der Wortzusammensetzung „Konstanzer Konzil-
gespräch“ liege ein beschreibender Hinweis dahingehend vor, dass es sich um
Dienstleistungen handle, die mit einer in der Stadt Konstanz stattfindenden Ver-
sammlung kirchlicher Repräsentanten zu tun hätten. Es liege also ein be-
schreibender Hinweis auf Art, Thematik und Erbringungsort der beanspruchten
Dienstleistungen vor. Die angesprochenen Verkehrskreise könnten sehr breit sein.
Sie würden die Wortkombination allerdings ohne Weiteres verstehen, da eine
sprachüblich gebildete Wortzusammensetzung aus einer geographischen Angabe
sowie bekannten Wörtern der deutschen Sprache vorliege. Wer sich mit Er-
ziehung, Ausbildung, kulturellen Aktivitäten u. ä. beschäftige, werde sich zumin-
dest über das Thema informieren und wissen, dass es sich bei einem Konzil um
eine Versammlung kirchlicher Repräsentanten handle, die als Gespräch be-
zeichnet werde. Die angemeldete Wortkombination werde daher ohne Weiteres im
Sinn von Dienstleistungen verstanden, die mit einem solchen Konzil in Konstanz
zu tun hätten, seiner Durchführung dienten, usw. Dies könne sich auch auf die
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Ausbildung des geistlichen Nachwuchses beziehen und ebenso auf das
historische Konzil von Konstanz. Es komme dabei nicht darauf an, welche
Bedeutung die einzelnen Bestandteile hätten und ob die Kombination lexikalisch
nachweisbar sei, sondern wie die Kombination in ihrer Gesamtheit verstanden
werde. Alle vorliegend beanspruchten Dienstleistungen könnten mit einem
Konzilgespräch in Konstanz zu tun haben.
Dass vergleichbare Begriffe (Neuburger Schlossgespräch, Dresdner Gespräch
Prävention und Rehabilitation und Alzheimer-Gespräch) bereits verwendet wür-
den, sei aus den als Anlage beigefügten Internetauszügen ersichtlich. Die
angesprochenen Verkehrskreise würden nicht davon ausgehen, dass es nur eine
Institution gibt, die ein Konzilgespräch in Konstanz anbiete. Dies könnten
kirchliche Gremien sein, die Stadt, sonstige Verbände usw.
Da der angemeldete Markenbegriff nicht geeignet sei, die Waren und Dienst-
leistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu un-
terscheiden, fehle ihm jegliche Unterscheidungskraft.
Ob auch ein Freihaltungsbedürfnis im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliege,
könne dahingestellt bleiben.
Im Übrigen führten die vergleichbaren Anmeldungen 398 10 028.4 „Haupt-
stadtgespräch", 302 60 994.6 „Düsseldorfer Energierechtsgespräch“, 304 16 923.4
„Regensburger Gespräch“, 304 16 923.4 „Regensburger Gespräch“ 305 03 821.4
„Münchner Gespräch“, 306 72 076.0 „Gaterslebener Gespräch“, 399 27 129.5
„Konstanzer Mischung“ und 305 08 461.5 „Konstanzer Seenachtsfest““ nicht zu
einer Eintragung als Marke.
Nur hinsichtlich der Dienstleistungen „sportliche Aktivitäten“ könnten Schutzhin-
dernisse derzeit nicht festgestellt werden.
Der Beschluss ist der Anmelderin am 9. April 2010 zugestellt worden.
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Die Anmelderin hat am 3. Mai 2010 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung,
die Stadt habe die Namensrechte an „Konstanz“. Das Konstanzer Konzil habe im
15. Jahrhundert in dem Gebäude in Konstanz stattgefunden, das noch „Konzil“
heiße. Darin fänden heute kulturelle Veranstaltungen statt, die als „Konstanzer
Konzilgespräch“ bezeichnet und gesendet würden.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die Marke
einzutragen.
II.
1)
Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die streitgegenständlichen
Dienstleistungen keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG
entgegen.
a)
Dienstleistungen nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung, die Dienstleistungen, für welche die Ein-
tragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu
kennzeichnen und sie von denjenigen anderer zu unterscheiden. Die Unter-
scheidungskraft ist zum Einen im Hinblick auf die angemeldeten Dienst-
leistungen und zum Anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu
beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal in-
formierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsver-
braucher abzustellen ist. Ausgehend hiervon besitzen Marken nur dann keine
Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die
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fraglichen Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschrei-
benden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern
bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel ver-
standen werden.
Die Markenstelle hat nicht belegt, dass „Konzilgespräch“ ein Fachbegriff für eine
bestimmte Gesprächsform, wie etwa „Podiumsdiskussion“ ist. „Konzil“ ist im
Zusammenhang mit Konstanz heute ein Etablissementname, aber nicht ver-
gleichbar mit allgemein gebräuchlichen Bezeichnungen, wie „Kulturzentrum“ o. ä.
Das Publikum ist daran gewöhnt, Gesprächs-Bezeichnungen als Herkunfts-
hinweis zu nehmen, wenn keine reine Angabe zu einem Gesprächsthema
oder/und zu einer Gesprächsform vorliegt.
Das Publikum wird deshalb auch in „Konstanzer Konzilgespräch“ einen betrieb-
lichen Herkunftshinweis sehen (vgl. BPatG, Beschluss vom 15. Juli 2008, Az:
33 W (pat) 91/06 - Gut Darß; Beschluss vom 27. Januar 2009, Az: 27 W (pat)
43/09 – Halle Münsterland). Selbst bei Sportstätten hat das Bundespatentgericht
für Namen wie „Bodensee-Arena“ angenommen, dass sie trotz örtlicher Bezüge
auf einen bestimmten Anbieter hinweisen (BPatG, Beschluss vom 30. Mai 2001,
Az: 32 W (pat) 11/01 - Bodensee-Arena).
In diesem Zusammenhang ist nämlich zu berücksichtigen, dass sich in einzelnen
Branchen die Übung herausgebildet hat, Unternehmenskennzeichnungen bzw.
Betriebsbezeichnungen zu verwenden, die sich aus dem Namen einer Region
oder Gemeinde und einem weiteren, am Unternehmensgegenstand orientierten
Begriff zusammensetzen. Die Verbraucher sind deshalb daran gewöhnt, einen
betrieblichen Herkunfshinweis in dieser Form vermittelt zu bekommen.
Unterscheidungskraft ist auch gegeben für Dienstleistungen, die sich auf Ange-
bote beziehen, die im Konstanzer Konzil stattfinden (können). Etablissement-
bezeichnungen, die für das Etablissement selbst unterscheidungskräftig sowie
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nicht beschreibend sind, sind auch für Dienstleistungen um Veranstaltungen, die
dort nur im Einverständnis mit dem Betreiber stattfinden können, unterschei-
dungskräftig.
b)
des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, weil „Konstanzer Konzilgespräch“ keine Merk-
malsbezeichnung ist.
Unter die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG fallen nämlich nur solche
Angaben, die im normalen Sprachgebrauch die angemeldeten Waren bzw.
Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer we-
sentlichen Merkmale bezeichnen können. Bei Zeichen aus mehreren Wörtern
müsste ein etwaiger beschreibender Charakter nicht nur gesondert für jedes Wort,
sondern auch für das durch die Wörter gebildete Ganze festgestellt werden.
Bei der angemeldeten Bezeichnung handelt es sich auch nicht um eine frei-
haltungsbedürftige, geographische Angabe. Als Herkunftsangaben kommen zwar
auch Bauwerks-Bezeichnungen in Betracht, die einen Ort hinreichend deutlich
bezeichnen. Für Benennungen bekannter Bauwerke und Wahrzeichen gilt dies
jedoch nur, wenn sie einen Ort ohne Weiteres identifizieren. Dies ist vorliegend
nicht der Fall. Das Konstanzer Konzil ist nämlich kein allgemein bekanntes
Gebäude. Zudem wird es durch den Zusatz „-gespräch“ zu einer Veranstal-
tungsbezeichnung. An einer solchen aber reduziert die Art der beanspruchten
Dienstleistungen das Bedürfnis an der freien Verwendung.
Eine beschreibende Aussage liegt auch nicht bei Dienstleistungen vor, die sich auf
Angebote beziehen, die im Konstanzer Konzil stattfinden können. Zwar beschreibt
„Konstanzer Konzil“ hier den Ort, an dem die Veranstaltung stattfindet. Eta-
blissementbezeichnungen sind jedoch für Dienstleistungen um Veranstaltungen,
die dort nur im Einverständnis mit dem Inhaber des Hausrechts stattfinden
können, nicht freihaltungsbedürftig.
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2)
Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht
kein Anlass.
Dr. Albrecht
Schwarz
Kruppa
Me