Urteil des BPatG vom 19.07.2007

BPatG (marke, post, privater postdienst, kennzeichnungskraft, unternehmen, verkehr, begriff, verwechslungsgefahr, verkehrsdurchsetzung, gefahr)

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
19. November 2007
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
26 W (pat) 183/05
zugestellt am
- 2 -
betreffend die Marke 303 14 254
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 5.
September
2007 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie des Richters Reker und der
Richterin Prietzel-Funk
beschlossen:
1.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2.
Der Kostenantrag des Markeninhabers wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Gegen die Eintragung der Marke 303 14 254
(farbig eingetragen in blau und hellblau)
- 3 -
für die Dienstleistungen der Klassen 25, 35 und 39
Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen; Geschäftsführung; Unter-
nehmensverwaltung; Büroarbeiten; Werbung; Transportwesen,
Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen;
Einsammeln, Weiterleitung, Beförderung von Briefen, Karten, ins-
besondere Sendungen mit schriftlichen, bemalten, fotografierten,
aufgeklebten und bedruckten Mitteilungen und Nachrichten,
Druckschriften, Drucksachen, Massendrucksachen, Warensen-
dungen, Wurfsendungen, Werbesendungen, Büchersendungen,
Zeitungen, Zeitschriften, Druckschriften, Päckchen und Paketen
adressiert und unadressiert, mit Fahrrädern, Kraftfahrzeugen,
Krafträdern, Kraftrollen, Wasserfahrzeugen und Flugzeugen, näm-
lich zur Zustellung und Abholung vorgenannter Sendungen
ist Widerspruch erhoben worden
1.
aus der für die Dienstleistungen der Klassen 35 und 39
„Briefdienst-, Frachtdienst-, Expressdienst-, Paketdienst- und Ku-
rierdienstleistungen; Beförderung und Zustellung von Gütern,
Briefen, Paketen, Päckchen, Einsammeln, Weiterleiten und Aus-
liefern von Sendungen mit schriftlichen Mitteilungen und sonstigen
Nachrichten, insbesondere Briefen, Drucksachen, Warensendun-
gen, adressierten und unadressierten Werbesendungen, Bücher-
sendungen, Blindensendungen, Zeitungen, Zeitschriften, Druck-
schriften“
eingetragenen älteren Marke 300 12 966
POST
- 4 -
2.
aus der u. a. für die Dienstleistungen
„35 Werbung; Sponsoring; Geschäftsführung; Marktkommunika-
tion, insbesondere Pressearbeit, Publik Relation, Produkt-
werbung, Imagekampagnien für andere; Vermittlung und Ab-
schluss von Handelsgeschäften für andere; Unternehmens-,
Personal- und Wirtschaftsberatung; Beratungsdienstleistun-
gen im Bereich des Direktmarketing“
39 Transportwesen, Verpackung und Lagerung von Waren, Ver-
anstaltung von Reisen; Sendungsverfolgung durch elektroni-
sche Standortbestimmung der Waren und Güter sowie wei-
tere unterstützende logistische Dienstleistungen wie die
systematische Verknüpfung von Waren und Informations-
strömen; Briefdienst-, Frachtdienst-, Kurier-Dienstleistungen;
Beförderung von Gütern, Paketen, Postgut, Päckchen, Sen-
dungen mit schriftlichen Mitteilungen und sonstigen Nach-
richten, insbesondere Briefen, Postkarten, Drucksachen, Wa-
rensendungen, Wurfsendungen, adressierten und unadres-
sierten Werbesendungen, Büchersendungen, Blindensen-
dungen, Zeitungen, Zeitschriften, Druckschriften, mit Fahrrä-
dern, Kraftfahrzeugen, Maschinenfahrzeugen, Schiffen und
Flugzeugen; Einsammeln, Weiterleiten und Ausliefern der
vorgenannten Sendungen“
eingetragenen älteren Gemeinschaftsmarke 1 798 701
Deutsche Post.
Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Widersprüche mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren
- 5 -
ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, trotz der Ein-
tragung für teilweise identische und im Übrigen hochgradig ähnliche Dienstleistun-
gen bestehe zwischen den beiderseitigen Marken keine Verwechslungsgefahr,
weil sie insgesamt nicht ähnlich seien und das Wort „Post“ innerhalb der ange-
griffenen Marke keine den Gesamteindruck prägende oder selbständig kennzeich-
nende Stellung innehabe. Es handele sich bei diesem Wort um einen für die fragli-
chen Dienstleistungen im Inland gängigen, beschreibenden Begriff, der deshalb
nur eine verminderte Kennzeichnungskraft aufweise. Die mit der angegriffenen
Marke konfrontierten Verkehrskreise fassten die Worte „PRIVATER
POSTDIENST“ als sprachlich-begriffliche Einheit auf, die auf Postdienstleistungen
aus privater Hand hinweise. Eine Verkürzung dieses Gesamtbegriffs auf das Wort
„Post“ sei nicht zu erwarten. Auch die Gefahr von Verwechslungen der Marken
durch gedankliche Verbindung bestehe nicht. Hierfür reiche allein das Vorhanden-
sein eines übereinstimmenden Elements in den Marken nicht aus. Der Gedanke
an ein Serienzeichen der Widersprechenden liege bei der angegriffenen Marke
auch deshalb fern, weil diese Marke keine mit den Marken der Widersprechenden
vergleichbare Zeichenbildung aufweise. Sie weise insbesondere eine grafische
Gestaltung auf, die sich in den Widerspruchsmarken in Art, Anordnung und Auf-
bau der Elemente nicht in ähnlicher Weise wiederhole.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie vertritt un-
ter Hinweis auf eine Anzahl von Beschlüssen verschiedener nationaler Gerichte,
mit denen eine Verwechslungsgefahr zwischen den Widerspruchsmarken und
Kennzeichnungen Dritter, wie z. B. „DBP - Deutsche Brief-Post“ und „Die neue
Post“, bejaht worden ist, die Ansicht, auch die Marken des vorliegenden Wider-
spruchsverfahrens seien verwechselbar, weil das Wort „Post“, dem neben seiner
beschreibenden Bedeutung auch die Funktion eines Hinweises auf ihr Unterneh-
men zukomme, innerhalb der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeich-
nende Stellung innehabe. Die weiteren Markenbestandteile „PPD“, „Privater“ und
„DIENST“ seien für die fraglichen Dienstleistungen glatt beschreibend. Die Abkür-
zung „PPD“ stelle ersichtlich ein Akronym der nachfolgenden Worte dar, die ande-
- 6 -
ren Wortbestandteile bezeichneten lediglich einen privaten Dienst im Unterschied
zu einem Dienst für Geschäftskunden. Nach den vom Europäischen Gerichtshof
u.
a. im „THOMSON LIFE“-Urteil (MarkenR
2005, 438
ff.) aufgestellten
Grundsätzen sei weder die Hinzufügung eines beschreibenden Bestandteils zu
einer identisch übernommenen älteren Marke noch die Beifügung einer Buchsta-
benfolge, die erkennbar aus den Anfangsbuchstaben der übrigen, beschreibenden
Wortelemente besteht, dazu geeignet, die selbständig kennzeichnende Stellung
der übernommenen älteren Marke innerhalb einer jüngeren Kennzeichnung in
Frage zu stellen. Auf Grund der im Eintragungsverfahren für diese Widerspruchs-
marke nachgewiesenen Tatsache, dass ca. 80 % der beteiligten Verkehrskreise
das Wort „POST“ dem Unternehmen der Widersprechenden zurechneten, weise
die Marke „POST“ eine erhöhte Kennzeichnungskraft auf, die zur Folge habe,
dass der Verkehr der Bezeichnung „POST“ auch dann einen Hinweis auf das Un-
ternehmen der Widersprechenden entnehme, wenn sie ihm als Bestandteil jünge-
rer Marken Dritter begegne. Eine selbständig kennzeichnende Stellung sei aber,
wie der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 19.
Juli
2007 (WRP
2007,
1193 - Euro Telekom) festgestellt habe, selbst dann anzunehmen, wenn die von
Haus aus schutzunfähige Bezeichnung durch Verkehrsdurchsetzung nur eine
durchschnittliche Kennzeichnungskraft erworben habe.
Die Widersprechende verweist auf eine Anzahl von für sie eingetragenen Marken,
die das Wort „Post“ enthalten. Unter diesen fänden sich auch solche, die - wie
z. B. die Marke „City CP Post“ - mit der angegriffenen Marke in Bezug auf die Art
der Markenbildung ohne weiteres vergleichbar seien, weshalb auch die Gefahr
einer gedanklichen Verbindung der Marken bestehe.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen
Patent- und Markenamts vom
24. November 2004
und
9. November 2005 aufzuheben und unter Zurückweisung des
- 7 -
Kostenantrags der Markeninhaberin die Löschung der angegriffe-
nen Marke anzuordnen.
Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Sie beantragt zudem,
das Beschwerdeverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des
die Widerspruchsmarke 300 12 966 betreffenden Löschungsver-
fahren auszusetzen.
Der Markeninhaber beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
sowie
der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Er verteidigt die angefochtenen Beschlüsse als zutreffend und führt ergänzend
aus, der Begriff „POST“ sei nicht schutzfähig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1-2 Mar-
kenG, da es sich um einen beschreibenden und nicht unterscheidungskräftigen
Begriff handele. Auch liege keine erhöhte Kennzeichnungskraft vor, da die An-
nahme der Verkehrsdurchsetzung einer glatt beschreibenden Angabe eine nahezu
einhellige Verkehrsdurchsetzung erfordere, auf die sich bei dem von der Wider-
sprechenden vorgetragenen Bekanntheitsgrad noch nicht schließen lasse. Die
Kostenauferlegung erscheine als billig, weil die Widersprechende als marktstarkes
Unternehmen gegen eine Vielzahl von insbesondere kleineren Wettbewerbern
vorgegangen sei, die den Bestandteil „Post“ in ihre Firmierung aufgenommen
hätten.
- 8 -
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen den Ver-
fahrensbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug ge-
nommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zwischen der angegriffenen Marke
und den Widerspruchsmarken besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen
i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer
Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeit-
rang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten
Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen
besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in
Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr gilt der
Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Fakto-
ren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe
bzw. der Abstand der beiderseitigen wirtschaftlichen Tätigkeitsgebiete und der
Kennzeichnungskraft der älteren Marke. Danach kann ein geringerer Grad der
Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähn-
lichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren
Marke ausgeglichen werden und umgekehrt (st. Rspr. vgl. BGH GRUR 2007,
235 - Goldhase; GRUR 2006, 859, 861 - Malteserkreuz; GRUR 2005, 61 - Com-
puNet/ComNet II, jeweils m. w. N.).
Demnach ist die Beschwerde unbegründet.
- 9 -
a.)
Widerspruchsmarke zu 1): 300 12 966 „POST“.
Die mit der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35
und 39 sind mit den Dienstleistungen, für die diese Widerspruchsmarke eingetra-
gen ist, weitgehend identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich, so dass zum
Ausschluss der Verwechslungsgefahr ein deutlicher Abstand der Marken erforder-
lich ist.
Im vorliegenden Widerspruchsverfahren ist von dem rechtlichen Bestand dieser
Widerspruchsmarke auszugehen, da das beim Bundesgerichtshof im Rahmen
eines gegen die Widerspruchsmarke zu 1) in Gang gesetzten Löschungsverfah-
rens anhängige Rechtsbeschwerdeverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlos-
sen ist. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kann - ungeachtet der beim Se-
nat darüber bestehenden Zweifel, die er im bei ihm in der Beschwerdeinstanz ge-
führten Löschungsverfahren ausgesprochen hat - zugunsten der Widersprechen-
den eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1)
unterstellt werden. Diese besteht zwar aus dem in der deutschen Umgangsspra-
che geläufigen Begriff „POST“, der geeignet ist, die Dienstleistungen, für die sie
eingetragen worden ist, sowie den Gegenstand dieser Dienstleistungen ihrer Art
und Gattung nach zu beschreiben, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Das Wort „POST“
diente bereits zum Zeitpunkt der Eintragung der Widerspruchsmarke seit langem
im allgemeinen inländischen Sprachgebrauch einerseits zur Bezeichnung einer
Dienstleistungseinrichtung, die Briefe, Pakete, Geldsendungen und andere Ge-
genstände entgegennimmt, befördert und zustellt, andererseits zugleich als Sam-
mel- und Oberbegriff für die von einer solchen Dienstleistungseinrichtung beför-
derten Güter, insbesondere für Schriftgut aller Art wie z. B. Briefe und Karten (Du-
den, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Auflage 1999, Band 7,
S. 2975 f.). Diese Sprach- und Bezeichnungsgewohnheit, die durch den Umstand
begründet worden ist, dass die Beförderung von Schriftgut, Päckchen und Pake-
ten über mehr als ein Jahrhundert allein durch staatliche Einrichtungen wie die
Kaiserliche Post, die Reichspost und die Bundespost erfolgt ist, hat sich um-
- 10 -
gangssprachlich auch nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost und ih-
rer Umwandlung in das Unternehmen „Deutsche Post AG“ erhalten. Auch heute
noch wird zu beförderndes oder bereits befördertes und zugestelltes Schriftgut mit
dem Sammelbegriff „POST“ bezeichnet, selbst wenn die Beförderung durch an-
dere Unternehmen als das der Antragsgegnerin erfolgt. Angesichts dieses be-
schreibenden Charakters fehlt der Bezeichnung „POST“ für die fraglichen
Dienstleistungen von Haus aus auch jegliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG. Die Widerspruchsmarke zu 1) ist jedoch aufgrund von Verkehrs-
durchsetzung gem. § 8 Abs. 3 MarkenG in das Markenregister eingetragen wor-
den. Marken, die auf Grund von Verkehrsdurchsetzung eingetragen worden sind,
weisen im Regelfall eine normale Kennzeichnungskraft und damit einen durch-
schnittlichen Schutzumfang auf (BGH GRUR
2003, 1040, 1043
-
Kinder;
GRUR 2004, 514, 516 - Telekom; WRP 2007, 1192, 1195 - Euro Telekom). Eine
gesteigerte Kennzeichnungskraft kommt allerdings entgegen der Auffassung der
Widersprechenden für die Widerspruchsmarke zu 1) nicht in Betracht. Um bei kraft
Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marken von gesteigerter Kennzeichnungs-
kraft ausgehen zu können, bedarf es der Feststellung besonderer Umstände. Sol-
che zusätzlichen Umstände sind von der Widersprechenden weder vorgetragen
worden, noch sind sie sonst ersichtlich. Insbesondere können die zum Nachweis
der Verkehrsdurchsetzung des von Haus aus beschreibenden Begriffs „POST“
durchgeführten Verkehrsbefragungen, die einen hohen Grad der Zuordnung die-
ses Begriffs zum Unternehmen der Widersprechenden - nach ihrer Auffassung
ca. 80 % des angesprochenen Verkehrs - ergeben haben, nicht zur Begründung
einer über die durchschnittliche Kennzeichnungskraft hinaus gesteigerten Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke herangezogen werden, weil diese hohen
Zuordnungsgrade bereits erforderlich waren, um die Schutzhindernisse des § 8
Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zu überwinden und eine durchschnittliche Kennzeich-
nungskraft zu begründen.
Bei einer hiernach zugunsten der Widersprechenden zu unterstellenden durch-
schnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1) besteht zwischen
- 11 -
dieser und der angegriffenen Marke selbst dann keine Verwechslungsgefahr,
wenn die Marken für identische Dienstleistungen benutzt werden, weil die beider-
seitigen Marken keine hinreichende Ähnlichkeit aufweisen.
Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähn-
lichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung ist auf
den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbeson-
dere die sie unterscheidenden und dominierenden Merkmale zu berücksichtigen
sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es ent-
scheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Wa-
ren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke
regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten.
Bei der Prüfung des Vorliegens von Verwechslungsgefahr bedeutet die Beurtei-
lung der Ähnlichkeit zweier Marken nicht, dass nur ein Bestandteil einer komple-
xen Marke zu berücksichtigen und mit einer anderen Marke zu vergleichen wäre.
Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu verglei-
chen, was allerdings nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere
Bestandteile einer komplexen Marke für den durch sie im Gedächtnis der ange-
sprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein kön-
nen (EuGH, GRUR 2005, 1042, 1044 - THOMSON LIFE; BGH a. a. O. - EURO
TELEKOM; 2006, 513 - Malteserkreuz).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze weisen die beiderseitigen Marken we-
gen der zusätzlichen Wortbestandteile sowie der grafischen Ausgestaltung der
angegriffenen Marke weder in klanglicher noch in schriftbildlicher Hinsicht eine
Ähnlichkeit auf, die die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen der Marken begrün-
den könnte. In klanglicher Hinsicht kann schon nicht davon ausgegangen werden,
dass die angegriffene Marke „POST“ benannt werden wird. Insbesondere den
Begriff „Dienst“ wird der Durchschnittsverbraucher schon deshalb nicht von dem
ihm folgenden Begriff „Post“ abspalten und vernachlässigen, weil er mit diesem
nach Art eines zusammengehörigen Wortes - ohne Zwischenraum - zusammen-
- 12 -
geschrieben ist. Vielmehr liegt die Benennung „PPD“ nahe, weil die Worte „Priva-
ter Postdienst“ rein beschreibend sind und die Buchstabenfolge „PPD“ für den
Verkehr, der aus praktischen Gründen ohnehin zur Abkürzung längerer Bezeich-
nungen neigt, den einzigen Anhaltspunkt für einen Herkunftshinweis bietet.
Entgegen der Ansicht der Widersprechenden hat der Begriff „POST“ innerhalb der
angegriffenen Marke keine den Gesamteindruck prägende bzw. selbständig kenn-
zeichnende Stellung inne. Voraussetzung für die Prägung des Gesamteindrucks
einer Marke ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund
treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (BGH GRUR 2003,
880, 881 - CityPlus; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling). Das ist vorliegend
jedoch nicht der Fall. Der Begriff „POST“ verbindet sich für die angesprochenen
Verkehrskreise mit den übrigen Markenwörtern ohne weiteres zu einem Gesamt-
begriff in dem Sinne, dass die unter der Marke erbrachten Postdienstleistungen
entweder von Privatunternehmern oder aber für Privatkunden erbracht werden.
Auch der Umstand, dass das Wort „Post“ auf Grund seiner Eintragung im Wege
der Verkehrsdurchsetzung eine normale Kennzeichnungskraft aufweist, ist entge-
gen der Auffassung der Widersprechenden nicht geeignet, eine prägende oder
selbständig kennzeichnende Stellung dieses Bestandteils innerhalb der angegrif-
fenen Marke zu begründen. Zwar gilt der Erfahrungssatz, dass der Verkehr einem
Zeichen, das infolge seiner Benutzung eine Stärkung der Kennzeichnungskraft
erfahren hat, auch dann einen stärkeren Herkunftshinweis entnimmt, wenn er die-
sem nicht isoliert, sondern als Bestandteil eines anderen Zeichens begegnet (BGH
GRUR 2003, 880,881 - City Plus; vgl. auch BGH GRUR 2004, 154, 156 Farbmar-
kenverletzung II), grundsätzlich auch bei Zeichen, die ihre Eintragungsfähigkeit
erst aufgrund der Durchsetzung im Verkehr erlangt haben (BGH a.
a.
O.,
Rn. 25 - EURO TELEKOM). Daraus lässt sich aber für den vorliegenden Fall
selbst bei Unterstellung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Wider-
spruchsmarke zu 1) ebenfalls nichts zugunsten der Widersprechenden herleiten,
weil der Begriff „Postdienst“ in der angegriffenen Marke zu einem neuen zusam-
mengesetzten Hauptwort verbunden ist, das seinerseits nichts anderes als eine in
- 13 -
der deutschen Sprache gebräuchliche (vgl. DUDEN, Die deutsche Rechtschrei-
bung, 24. Aufl.) Dienstleistung beschreibt, ohne dass dem Wort „POST“ darin eine
selbständige Kennzeichnungskraft verbleibt.
Letztlich trägt auch der Bestandteil „PPD“ maßgeblich zur Prägung des Gesamt-
eindrucks der angegriffenen Marke bei, wenn er nicht gar aus der Sicht des
Durchschnittsverbrauchers den allein prägenden Bestandteil der angegriffenen
Marke darstellt. Zwar besteht dieser Markenteil aus einer Aneinanderreihung der
jeweils ersten Buchstaben der nachfolgenden, die fraglichen Dienstleistungen be-
schreibenden Begriffe. Dies schließt jedoch seine Eignung, den Gesamteindruck
der angegriffenen Marke maßgeblich mitzuprägen, nicht von vornherein aus, weil
einer Buchstabenfolge, die weder einen geläufigen Begriff noch eine aus Sicht des
Verkehrs geläufige beschreibende Abkürzung darstellt, auch denn eine normale
Kennzeichnungskraft zukommt, wenn es sich um die Abkürzung der in der Marke
nachfolgenden weiteren Bestandteile handelt (BGH GRUR
2002, 1067,
1069 - DKV/OKV). Die Buchstabenfolge „PPD“ stellt keine im Verkehr übliche, als
solche für den Gesamtbegriff „PRIVATER POSTDIENST“ bekannte Abkürzung
dar und ist daher geeignet, einen gewissen Herkunftshinweis zu erbringen.
Es besteht auch nicht die Gefahr von Verwechslungen unter dem Gesichtspunkt
der gedanklichen Verbindung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG.
Voraussetzung hierfür ist, dass der Verkehr, der die Unterschiede der Marken
wahrnimmt und sie deshalb nicht unmittelbar verwechselt, auf Grund von Gemein-
samkeiten in der Markenbildung oder in prägenden Einzelheiten Anlass hat, die
jüngere Marke (irrtümlich) der Inhaberin der älteren Marke zuzuordnen oder auf
Grund dieser Umstände auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbin-
dungen zwischen den Markeninhabern, vor allem im Sinne einer gemeinsamen
Produktverantwortung zu schließen. Ausschließlich assoziative Gedankenverbin-
dungen, die zwar zu behindernden, rufausbeutenden oder verwässernden Wir-
kungen, nicht jedoch zu eigentlichen Herkunftsverwechslungen führen, werden
von § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG nicht erfasst (EuGH GRUR 1998, 387, 389
- 14 -
Nr. 18 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 886, 887 - Bayer/BeyChem; GRUR 2002,
544, 547 - BANK 24). In erster Linie hat der Verkehr dann Anlass, eine jüngere
Kennzeichnung dem Inhaber einer älteren Marke zuzuordnen, wenn dieser den
Verkehr durch die Benutzung einer Markenserie mit einem wiederkehrenden
Stammbestandteil bereits daran gewöhnt hat, diesen Stammbestandteil als Hin-
weis auf sein Unternehmen zu verstehen. Für die Annahme, der inländische
Durchschnittsverbraucher der hier maßgeblichen Dienstleistungen verstehe das
Wort „POST“ in einem rechtlich erheblichen Umfang auch dann irrtümlich als auf
das Unternehmen der Widersprechenden hinweisenden Stammbestandteil, wenn
es ihm in jüngeren Kennzeichnungen Dritter begegnet, fehlt es jedoch an hinrei-
chenden tatsächlichen Anhaltspunkten. Insbesondere ist weder vorgetragen noch
sonst ersichtlich, ob, wie lange und in welchem Umfang die Widersprechende wel-
che der für sie eingetragenen und prioritätsälteren Marken mit dem Wortbestand-
teil „POST“ im Verkehr für die hier maßgeblichen Dienstleistungen benutzt hat und
den Verkehr damit an die Verwendung des Stammbestandteils als Hinweis auf ihr
Unternehmen gewöhnt hat.
Zwar kann im Einzelfall auch ohne vorherige Benutzung einer Markenserie die
Gefahr einer gedanklichen Verbindung der Marke bestehen. Dies ist insbesondere
dann möglich, wenn eine im Verkehr bekannte Marke bzw. Unternehmenskenn-
zeichnung innerhalb einer mehrteiligen jüngeren Marke, ohne diese zu dominie-
ren, eine derart selbständig kennzeichnende Stellung innehat, dass der durch das
zusammengesetzte Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck das Publikum glau-
ben machen kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest
aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH
a. a. O, Rdn. 30 ff. - THOMSON LIFE; BGH GRUR 1996, 267, 269 - AQUA). Eine
solche selbständig kennzeichnende Stellung weist die Widerspruchsmarke, bei
der auch an dieser Stelle von aufgrund Verkehrsdurchsetzung erworbener Eintra-
gungsfähigkeit und damit durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen ist,
innerhalb der angegriffenen Marke jedoch nach dem bereits oben Gesagten nicht
auf. Es kommt hinzu, dass der inländische, angemessen aufmerksame Durch-
- 15 -
schnittsverbraucher auf Grund der seit Jahren andauernden und umfangreichen
Berichterstattung in den deutschen Medien über den teilweise bereist erfolgten
und demnächst vollständig abgeschlossenen Wegfall des Postmonopols darüber
informiert ist, dass es zwischenzeitlich außer der Widersprechenden eine nicht
unerhebliche Anzahl weiterer Postdienstleister gibt, so dass er jedenfalls dann,
wenn er einem Zeichen begegnet, das wie die angegriffene Marke neben dem
Wort „POST“ weitere kennzeichnend wirkende Bestandteile aufweist, keinen be-
gründeten Anlass hat, eine entsprechend gebildete Marke dem Unternehmen der
Widersprechenden zuzuordnen. Auch insoweit unterscheidet sich der vorliegende
Fall von dem BGH-Urteil „Euro Telekom“, da die Bezeichnung „Telekom“ - anders
als „POST“ - erst nach der Privatisierung des Telekommunikationsbereichs durch
ihre häufige Verwendung und nicht auf Grund eines vorangegangenen „Monopols“
Verkehrsbekanntheit erlangt hat. Soweit die Widersprechende darauf verweist,
dass es für den Verkehr nahe liege, die Kundensegmente in Privatkunden und
geschäftliche Kunden zu unterteilen und eine entsprechende Bezeichnung als
„Privater Postdienst“ ebenfalls der Widersprechenden zuzuordnen, kann ihr nicht
gefolgt werden, weil es sich bei dieser Wortfolge um einen gegnerischen Gesamt-
begriff handelt, wie oben bereits ausgeführt worden ist.
b)
Widerspruchsmarke zu 2): Gemeinschaftsmarke 1 798 701
Für die Verneinung der Verwechslungsgefahr zwischen dieser Widerspruchs-
marke und der angegriffenen Marke wird auf die zum Widerspruch 1 vorstehend
getroffenen Ausführungen Bezug genommen, die hier in gleicher Weise zutreffen.
Hinzu kommt, dass der rein beschreibende Begriff „Deutsche“ in der Wider-
spruchsmarke in der angegriffenen Marke weder identisch noch sinngemäß eine
Entsprechung findet.
- 16 -
III.
Der Antrag auf Kostenauferlegung des Markeninhabers ist nicht begründet. Es
sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG
abzuweichen, nach dem jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Gemäß § 71
Abs. 1 MarkenG hat jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten des Beschwer-
deverfahrens selbst zu tragen, es sei dann, es entspricht der Billigkeit, einem Be-
teiligten die Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen. Voraussetzung für eine
Kostenauferlegung ist, dass besondere Umstände eine Abweichung von der
Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers gegen eine auf den Verfahrensaus-
gang abstellende generelle Kostenerstattung billig erscheinen lassen (vgl. BGH
GRUR 1972, 600, 601 - Lewapur; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 71
Rn. 13; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 71 Rn. 11). Eine solche Be-
stimmung zulasten des Beschwerdeführers kommt ausnahmsweise namentlich
dann in Betracht, wenn er eine ohne weiteres erkennbar aussichtslose Be-
schwerde eingelegt hat. So liegt der Fall aber bei rückblickender Beurteilung der
Erfolgsaussichten hier nicht. Angesichts gewisser, allerdings zeichenrechtlich nicht
ausreichender Übereinstimmungen der Marken, sowie der teilweisen Wareniden-
tität ist nicht davon auszugehen, dass die Widersprechende in einer von vornher-
ein aussichtslosen Situation ihr Interesse durchzusetzen versucht hat.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen. Der Senat hat nicht über eine
Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), sondern
auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichts-
hofs und des Bundesgerichtshofs über einen Einzelfall zu entscheiden. Die Zulas-
sung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Siche-
rung einer einheitlichen Rechtsprechung § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) erforderlich,
weil nicht von Entscheidungen anderer Senate des Bundespatentgerichts oder
anderer nationaler Gerichte abgewichen worden ist, sondern eine Einzelfallent-
scheidung getroffen worden ist, die mit den tatsächlichen Gegebenheiten, die in
- 17 -
anderen, von der Widersprechenden zur Stützung ihrer Rechtsauffassung ange-
führten Entscheidungen, ganz oder teilweise nicht vergleichbar sind.
Für die von der Widersprechenden gemäß §§ 82 Abs. 1 MarkenG, 148 ZPO be-
antragte Aussetzung des Beschwerdeverfahrens bis zum rechtskräftigen Ab-
schluss des beim Bundesgerichtshof anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahrens,
das die Frage der Rechtsbeständigkeit der Widerspruchsmarke zu 1), deren Lö-
schung beantragt ist, zum Gegenstand hat, besteht mangels Präjudizialität keine
Veranlassung. Der Ausgang dieses Verfahrens ist für die Widerspruchsentschei-
dung nicht vorgreiflich, weil der Senat bei seiner Entscheidung den rechtlichen
Bestand der Widerspruchsmarke und deren durchschnittliche Kennzeichnungs-
kraft unterstellt hat. Feststellungen zu der Frage, ob diese Marke über eine nor-
male oder eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt, sind nicht Gegenstand
des Löschungsverfahrens, so dass keine rechtliche Aussage zu dieser Frage in
dem beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren zu erwarten ist.
Dr. Fuchs-Wissemann
Reker
Prietzel-Funk
Bb