Urteil des BPatG vom 29.06.2005

BPatG (bezug, bezeichnung, marke, verkehr, unterscheidungskraft, eintragung, slogan, klasse, verwendung, beschwerde)

BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 3/08
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 305 19 284.1
hat der 27.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
21. Februar 2008 durch Richter Dr. van Raden als Vorsitzenden sowie die Richter
Kruppa und Schwarz
BPatG 152
08.05
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die am 4. April 2005 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 9, 11 und 40
angemeldete Wortmarke
Die Visitenkarte Ihres Hauses
ist von der Markenstelle für Klasse 40 mit Bescheid vom 29. Juni 2005, dem
mehrere Belegstellen aus dem Internet zur Verwendung der Wortfolge beigefügt
waren, wegen fehlender Schutzfähigkeit beanstandet worden. Die Anmelderin hat
das Waren-/Dienstleistungsverzeichnis daraufhin auf folgende Waren und
Dienstleistungen beschränkt:
"Briefkästen und Briefkastenanlagen aus Metall; Wertfach- und
Postverteileranlagen aus Metall; Geldkassetten und Geldschränke
aus Metall; Sicherheitskassetten; Vitrinen aus Metall; Gravieren
von Namens-, Hinweis- und Firmenschildern; Laser-, Stanz-,
Nippel- und Abkantarbeiten; Zuschnitte aus Blechen und Profilen".
Durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 20. Juli 2006 wurde
die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die ange-
meldete Wortmarke vermittle die ohne weiteres verständliche Sachaussage, dass
durch den Erwerb der Waren bzw. die Inanspruchnahme der Dienstleistungen
Bereiche eines Hauses, die in den Augen Dritter dessen Erscheinungsbild
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stilistisch und ästhetisch prägen, repräsentativ und ansprechend gestaltet werden
können. Dabei könne es sich um Einrichtungen und Anlagen im Außen- wie im
Innenbereich handeln und zwar auch soweit diese primär andere Funktionen
erfüllten, wie hier die Waren der Klasse
6. Entgegen der Auffassung der
Anmelderin verstehe der Verkehr unter Visitenkarte nicht nur einen mit per-
sönlichen Daten bedruckten Zettel, sondern im hier gebrauchten Zusammenhang
sofort und unmissverständlich ein "Aushängeschild". Derartige Slogans, mit denen
ein Verschönerungsversprechen hervorgehoben werde, seien ein elementares
und entsprechend häufig verwendetes Werbeinstrument, das die Verbraucher in
hohem Maße gewöhnt seien. Für den vorliegend angemeldeten Slogan ergebe
sich eine Verwendung aus einer überblicksartigen Internetrecherche der Mar-
kenstelle. Entsprechende Ausdrucke sind dem Beschluss beigefügt. Die Wortfolge
vermittle in sprach- und werbeüblicher Weise einen Anreiz zum Kauf der
beworbenen Produkte bzw. zur Inanspruchnahme der vorgesehenen Leistungen,
in dem sie die allgemeine Attraktivität des vorgesehenen Leistungsspektrums in
Form eines werbenden Hinweises auf die besondere Optik und Qualität der
Produkte und Leistungen betone.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem
Antrag,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Die Anmelderin hält die angemeldete Bezeichnung für unterscheidungskräftig. In
Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen komme ihr kein
allgemein im Vordergrund stehender Begriffsinhalt zu. Sie sei auch keine all-
gemein werbeanpreisende Bezeichnung. Ein allgemein werbeanpreisender Slo-
gan sei stets positiv besetzt, was hier gerade nicht der Fall sei. Auch sei der
Slogan keine festgefügte Redewendung, die Eingang in den deutschen Sprach-
schatz gefunden habe. Das Schutzhindernis eines Freihaltungsbedürfnisses sei
auch nicht gegeben. Dem stünden die im Amtsverfahren von der Markenstelle
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ermittelten Belege nicht entgegen, da sie keinen Bezug zu den vorliegend
beanspruchten Waren und Dienstleistungen hätten. Im Übrigen stützt die Anmel-
derin ihr Eintragungsbegehren auf die Eintragung von ihrer Meinung nach ver-
gleichbare Marken.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der angemeldeten
Bezeichnung für die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen
jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einem Zeichen inne-
wohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von
der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegen-
über solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion der
Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder
Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH Int. 2005, 1012, Nr. 27 ff.
- BioID; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL
WM 2006). Die Schutzfähigkeit als Marke ist dabei stets anhand der ange-
meldeten Bezeichnung in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (vgl. Ströbele/Hacker,
MarkenG, 8.
Aufl., §
8 Rdn.
15). Enthält eine Bezeichnung danach einen
beschreibenden Begriffsinhalt, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung
als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei
derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt,
dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151,
1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).
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Ist - wie hier - die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen
grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmar-
ken. Bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke ist auf die Bezeichnung
in ihrer Gesamtheit abzustellen (vgl. BGH GRUR
2001, 162
-
RATIONAL
SOFTWARE CORPORATION). Wortfolgen sind dann nicht unterscheidungs-
kräftig, wenn es sich um beschreibende Angaben oder um Anpreisungen und
Werbeaussagen allgemeiner Art handelt (vgl. z. B. BGH BlPMZ 2000, 161 - Radio
von hier). Dies ist vorliegend der Fall.
Den Bedeutungsgehalt der Wortfolge "Die Visitenkarte Ihres Hauses" hat die
Markenstelle auch in ihrer Gesamtbedeutung zutreffend dargelegt; zur Vermei-
dung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen. Die Markenstelle hat
weiterhin anhand aussagekräftiger Unterlagen belegt, dass die Bezeichnung "Die
Visitenkarte Ihres Hauses" als Werbeslogan in Bezug auf das äußere Er-
scheinungsbild von Häusern vielfach von Dritten bereits verwendet wird. Die
Wortfolge findet danach beispielsweise Verwendung in Bezug auf Fenster und
Türen, Treppen, Balkonen und Terassen, der Hausfassade, Hausdächer, Gara-
gentore und Fußmatten, wie den von der Markenstelle ermittelten Internet-
ausdrucken zu entnehmen ist.
Dass es in Bezug auf die vorliegend beanspruchten Waren der Klasse 6 keinen
Verwendungsnachweis gibt, bedeutet nicht, dass der Verkehr die Wortfolge in
Bezug auf diese Waren anders versteht. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der
üblicherweise im Eingangsbereich eines Hauses befindlichen Briefkästen, sondern
auch in Bezug auf die anderen beanspruchten Waren wie beispielsweise Wert-
fachanlagen, Geldkassetten und Geldschränke. Begegnet der Verkehr dem
angemeldeten Slogan auf den vorgenannten Gegenständen etwa in seiner Bank,
wird er die Wortfolge lediglich als eine Werbeaussage allgemeiner Art verstehen.
Dies gilt auch in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen, die jeweils bei der
Gestaltung des Eingangsbereiches eines Hauses anfallen.
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Aus der Schutzgewährung für andere, nach ihrer Ansicht vergleichbare Marken
kann die Anmelderin keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen
führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grund-
gesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung
zu befinden haben. Denn die Eintragung über die Schutzfähigkeit einer Marke
stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (EuGH GRUR 2004, 674,
Nrn. 43, 44
- Postkantoor;
GRUR 2004, 428, Nr.
63 -
Henkel; BPATG
GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya).
Ob einer Registrierung der angemeldeten Marke auch das Schutzhindernis der
Merkmalsbezeichnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) entgegensteht, kann als nicht
entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
Dr. van Raden
Schwarz
Kruppa
Me