Urteil des BPatG vom 19.02.2009

BPatG (stand der technik, fachmann, umfang, technik, stand, fig, patg, druckschrift, aufnehmen, zeichnung)

BPatG 253
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
2 Ni 53/06
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
19. Februar 2009
In der Patentnichtigkeitssache
- 2 -
betreffend das deutsche Patent 102 37 425
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der
mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2009 unter Mitwirkung der Vorsitzen-
den Richterin Sredl sowie der Richter Gutermuth, Dr.-Ing. Fritze,
Dipl.-Ing. Univ. Rothe und Dr.-Ing. Baumgart
für Recht erkannt:
I.
Das deutsche Patent 102 37 425 wird im Umfang der Patent-
ansprüche 1 bis 4, 8 sowie 12 bis 18, soweit diese nicht mittel-
bar oder unmittelbar auf die nicht angegriffenen Patentansprü-
che 5 bis 7 sowie 9 bis 11 rückbezogen sind, für nichtig er-
klärt.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 102 37 425 (Streit-
patent), das am 9. August 2002 angemeldet worden ist und eine
betrifft.
- 3 -
Das Streitpatent umfasst 18 Patentansprüche, die folgenden Wortlaut haben:
1.
Handhabungsvorrichtung für Werkzeughalter (20; 46), insbe-
sondere solche mit einem Kegelschaft oder Hohlschaftkegel
(HSK) und insbesondere zum manuellen Einlegen solcher
Werkzeughalter (20; 46) in das Werkzeugmagazin (14) einer
Werkzeugmaschine (10), mit einem Handgriff (32) zum ma-
nuellen Greifen und Führen der Handhabungsvorrichtung
(30; 100; 120; 140), mit einem Aufnahmeelement (40, 42;
122) zum Aufnehmen eines Werkzeughalters (46), mit einem
verstellbaren Verriegelungselement (70, 78; 70, 102; 110;
130) zum Sichern des Werkzeughalters (46) in dem Aufnah-
meelement (40, 42; 122) gegen Herausfallen, und mit einem
Orientierungselement (54; 102), das eine definierte Drehwin-
kelposition (64) des Werkzeughalters (46) in dem Aufnahme-
element (40, 42; 122) erzwingt.
2.
Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
der Handgriff (32) und das Aufnahmeelement (40, 42; 122)
starr miteinander verbunden sind.
3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,
daß das Aufnahmeelement (40, 42; 122) an zumindest eine
Außenkontur des Werkzeughalters (46) paßgenau angepaßt
ist.
4.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch ge-
kennzeichnet, daß das Aufnahmeelement (40, 42; 122) so
ausgebildet ist, daß ein aufgenommener Werkzeughalter
(46) an einer definierten axialen Position (60) gehalten ist,
und daß sich das Orientierungselement (54; 102) an der defi-
nierten axialen Position (60) in Radialrichtung erstreckt.
- 4 -
5.
Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß
das Orientierungselement ein Steg (54) ist, der im Bereich ei-
nes Kegelendes (48) eines aufgenommenen Werkzeughal-
ters (46) angeordnet ist.
6.
Vorrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß
der Steg (54) ein Stufenprofil besitzt, das in Axialrichtung zu-
mindest zwei unterschiedliche Höhenniveaus (66, 68) auf-
weist.
7.
Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß
das Orientierungselement ein Stift (102) ist, der im Schaftbe-
reich (44) eines aufgenommenen Werkzeughalters (46) an-
geordnet ist.
8.
Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß
das Orientierungselement (78) im Bundbereich eines aufge-
nommenen Werkzeughalters (46) angeordnet ist.
9.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch ge-
kennzeichnet, daß der Handgriff (32) zumindest einen ersten
(34) und einen zweiten (36) Griffbereich aufweist, die zusam-
men ein manuelles Führen der Handhabungsvorrichtung (30;
100; 120; 140) mit zwei Händen ermöglichen.
10.
Vorrichtung nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß
der erste und der zweite Griffbereich (34, 36) in einem Win-
kel zueinander angeordnet sind.
- 5 -
11.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch ge-
kennzeichnet, daß das Aufnahmeelement einen Ringkörper
(40) aufweist, der den Kegelschaft (44) eines aufgenomme-
nen Werkzeughalters (46) umgreift.
12.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch ge-
kennzeichnet, daß das Aufnahmeelement eine Gabel (122)
beinhaltet, die einen aufgenommenen Werkzeughalter (46)
im Bundbereich umgreift.
13.
Vorrichtung nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet,
daß die Gabel (122) zum Eingriff in eine V-Nut (114) des
Werkzeughalters (46) ausgebildet ist.
14.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 13, dadurch ge-
kennzeichnet, daß das Verriegelungselement (70) einen Vor-
sprung (78; 102) beinhaltet, der in eine radiale Ausnehmung
(90; 104) eines aufgenommenen Werkzeughalters (46) ein-
greift.
15.
Vorrichtung nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet,
daß der Vorsprung (78) im Bundbereich eines aufgenomme-
nen Werkzeughalters (46) angeordnet ist.
16.
Vorrichtung nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet,
daß der Vorsprung (102) in eine Kegelbohrung (104) eines
aufgenommenen Werkzeughalters (46) eingreift.
17.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 16, dadurch ge-
kennzeichnet, daß das Verriegelungselement einen Deckel
(130) beinhaltet, der am Kegelende (48) eines aufgenomme-
nen Werkzeughalters (46) angreift.
- 6 -
18.
Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 17, dadurch ge-
kennzeichnet, daß das Verriegelungselement (70) einen Be-
tätigungshebel (80) beinhaltet, der im Bereich des Handgriffs
(32) angeordnet ist.
Mit ihrer Teilnichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Pa-
tentanspruchs 1 sei - soweit angegriffen - gegenüber dem zu berücksichtigenden
Stand der Technik nicht neu, zumindest aber nicht erfinderisch.
Die Klägerin produziere und vertreibe seit dem Jahr 2001 eine Handwechselzange
mit der Bezeichnung HSK A 63 zum manuellen Einlegen / Herausnehmen von
Werkzeughaltern, die alle Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents neuheits-
schädlich vorwegnehme. Die Ausstellung der Handwechselzange mit der Bezeich-
nung HSK A 63 auf der EMO 2001 zusammen mit den dazugehörigen Werkzeug-
maschinen der Klägerin stelle eine weitere offenkundige Vorbenutzung dar. Au-
ßerdem fehle in Hinblick auf die deutsche Gebrauchsmusterschrift 88 04 107 eine
erfinderische Tätigkeit.
Sie beruft sich hierzu auf folgende Unterlagen:
(A3)
DE 88 04 107 U1
(A4/1) Zeichnung Nr.: 1-300-07-02-001 (Handwechselzange)
(A4/2) Zeichnung Nr.: 1-300-07-02-008 (Blech)
(A4/3) Gegenüberstellung der Abmessungen nach DIN 69893-HSK-A mit Blech
nach Zeichnung Nr.: 1-300-07-02-008
(A4/4) Materialbelegliste der Handwechselzange HSK A63
(A4/5) Maschinendaten der Maschine Nr.: 14649 mit Verkaufsbeleg 5010826
(A4/6) Maschinendaten der Maschine Nr.: 14743 mit Verkaufsbeleg 5010947
(A4/7) Belegfluß des Auftrags 5010826
(A4/8) Belegfluß des Auftrags 5010947
(A4/9) Versandauftrag vom 11. Juli 2001 und Lieferschein vom 11. Juli 2001 zum
Auftrag 5010826
- 7 -
(A4/10) Speditions-Übergabeschein vom 3. September 2001 und Lieferschein vom
3. September 2001 zum Auftrag 5010947
(A4/11) Rechnung vom 28. Mai 2001, Auftragsbestätigung vom 23. Mai 2001 und
Lieferschein vom 23. Mai 2001 zum Auftrag 29983
(A5)
Schreiben der Klägervertreter vom 27. Juli 2006
(A6)
Schreiben der Kl. an Chiron / Dr. Winkler vom 18. September 2002
(A7)
Telefax der Kl. an die Bekl. vom 9. Dezember 2003
(A8)
Zeichnung Nr.: 1-300-07-02-004 (Handwechselzange)
(A9)
Schreiben des Bekl.Vertr. vom 2. Oktober 2001 an Kl.
(A10)
Maschinenliste „Hermle auf der EMO 2001“
(A11)
Prospekt S-Baureihe (Auszüge) 04/2002
(A12)
Vergrößerung der Seite 7 des Prospekts der S-Baureihe
und bietet die Vernehmung der Zeugen G…, Sch…,
M… und K… an, die die Angaben und Erläuterungen sowie die
Authentizität der beigebrachten Unterlagen zur geltend gemachten offenkundigen
Vorbenutzung bestätigen sollen.
Im Prüfungsverfahren wurden bereits die Druckschriften
DE 196 09 141 A1
DE 31 38 802 A1
Dick- Lista Werkzeug Lager und Transportsystem, 1991, S. 11-12 bis 11-19,
11-54, 11-55
und
DIN 69839
berücksichtigt.
- 8 -
Die Klägerin beantragt,
das deutsche Patent 102 37 425 im Umfang der Patentsprüche 1
bis 4, 8 sowie 12 bis 18, soweit diese nicht mittelbar oder unmittel-
bar auf die nicht angegriffenen Patentansprüche 5 bis 7 sowie 9
bis 11 rückbezogen sind, für nichtig zu erklären.
Die Beklagte verteidigt das Streitpatent mit einem geänderten Patentanspruch 1
mit folgendem Inhalt:
Handhabungsvorrichtung für Werkzeughalter (20; 46), insbeson-
dere solche mit einem Kegelschaft oder Hohlschaftkegel (HSK)
und insbesondere zum manuellen Einlegen solcher Werkzeughal-
ter (20; 46) in das Werkzeugmagazin (14) einer Werkzeugmaschi-
ne (10), mit einem Handgriff (32) zum manuellen Greifen und Füh-
ren der Handhabungsvorrichtung (30; 100; 120; 140), mit einem
Aufnahmeelement (40, 42; 122) zum Aufnehmen eines Werkzeug-
halters (46), mit einem verstellbaren Verriegelungselement (70,
zum verliersicheren Verriegeln
zeughalters (46) in dem Aufnahmeelement (40, 42; 122) gegen
Herausfallen, und mit einem Orientierungselement (54; 102), das
einzige
ters (46) in dem Aufnahmeelement (40, 42; 122) erzwingt.
Die Unteransprüche würden, soweit angegriffen, auf diesen geänderten An-
spruch 1 rückbezogen.
Die Beklagte stellt den Antrag,
die Klage auch im Übrigen abzuweisen.
- 9 -
Sie führt aus, die Gebrauchsmusterschrift A3, DE 88 04 107 U1, könne Neuheit
oder eine erfinderische Tätigkeit nicht in Frage stellen; die dortige Handhabungs-
vorrichtung weise kein patentgemäßes Orientierungselement mit einer eindeutig
bestimmten Drehwinkelposition auf. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen
könnten die behauptete offenkundige Vorbenutzung nicht mit der für eine Beweis-
führung erforderlichen Schlüssigkeit und Lückenlosigkeit belegen.
Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das
Streitpatent, soweit angegriffen, in seiner beschränkten Fassung für patentfähig.
Zur Stützung ihres Vorbringens bezieht sie sich auf die Dokumente:
B1
Schreiben Kl.Vertr. an Bekl.Vertr. vom 12. Juni 2006 mit Anlagenkonvolut
B2
handschriftlicher Aktenvermerk des anwaltlichen Vertreters der Beklagten
vom 16. September 2005
Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage, mit der der in § 22 Abs. 2 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG vorgesehene
Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist in vol-
lem Umfang begründet.
Das Streitpatent ist zunächst schon ohne Sachprüfung insoweit für nichtig zu er-
klären, als es - im angegriffenen Umfang - über die von den Beklagten in zulässi-
ger Weise nur noch beschränkt verteidigte Fassung hinausgeht (vgl. Benkard,
PatG 9. Aufl., § 22 Rn. 33 mit Rechtsprechungsnachweisen). Durch die Einfügung
des beschränkenden Merkmals des „verliersicheren Verriegelns“ des Werkzeug-
halters werden weder der Schutzumfang noch der Schutzbereich des Streitpatents
in unzulässiger Weise verändert.
Die weitergehende Klage hat ebenfalls Erfolg, da auch in der beschränkten Fas-
sung dem verteidigten Patentgegenstand keine Erfindungsqualität zugebilligt wer-
den kann.
- 10 -
I.
Das Streitpatent betrifft eine Handhabungsvorrichtung für Werkzeughalter, insbe-
sondere solche mit einem Kegelschaft oder Hohlschaftkegel (HSK) und insbeson-
dere zum manuellen Einlegen solcher Werkzeughalter in das Werkzeugmagazin
einer Werkzeugmaschine (Abs. [0001] der Streitpatentschrift).
Es ist bei Werkzeugmaschinen, insbesondere bei teil- oder vollautomatisierten Be-
arbeitungszentren, bekannt, das eigentliche Bearbeitungswerkzeug, beispielswei-
se ein Fräswerkzeug, einen Bohrer oder dergleichen, über einen sogenannten
Werkzeughalter in der Spindel der Werkzeugmaschine zu fixieren. Die Werkzeug-
halter besitzen in der Regel einen kegelförmigen Schaft, der in eine entsprechen-
de Aufnahme am Kopf der Spindel eingespannt wird. Das Bearbeitungswerkzeug
wird vom freien Ende des Werkzeughalters gehalten, über den die Drehbewegung
der Spindel auf das Werkzeug übertragen wird (Abs. [0002] der Streitpatent-
schrift).
Bei modernen Werkzeugmaschinen, die für eine Vielzahl verschiedener Bearbei-
tungsgänge ausgelegt sind, ist es bekannt, mehrere Werkzeughalter, die mit ent-
sprechenden Werkzeugen bestückt sind, in einem Magazin bereitzuhalten
(Abs. [0004] der Streitpatentschrift).
Das Bestücken der Werkzeugmagazine erfolgt im Rahmen der Produktionsvorbe-
reitung. Dabei müssen die mit den Werkzeugen bestückten Werkzeughalter ein-
zeln in vorhandene Aufnahmen des Werkzeugmagazins eingesetzt werden. Eine
Aufnahme kann beispielsweise als U-förmige Klammer ausgebildet sein, in die der
Werkzeughalter hineingedrückt wird (Abs. [0005] der Streitpatentschrift).
Problematisch und zeitaufwändig bei derartigen maschineneigenen Werkzeugma-
gazinen ist jedoch der Austausch gebrauchter Werkzeuge gegen neue oder ande-
re Werkzeuge, was bisher direkt von Hand vorgenommen wurde. Bei einer un-
achtsamen Durchführung dieser Arbeiten besteht die Gefahr von Verletzungen
- 11 -
des Personals durch die scharfen Werkzeugschneiden und die Möglichkeit einer
nicht korrekten Fixierung eines Werkzeuges in der Halterung des Magazins, was
zu Störungen beim automatischen Einwechseln dieses Werkzeuges in die Arbeits-
spindel führt.
Hier setzt das Streitpatent an, das eine Möglichkeit schaffen soll, die das Einlegen
und das Entnehmen von Werkzeughaltern in das bzw. aus dem Werkzeugmaga-
zin einer Werkzeugmaschine erleichtert (Abs. [0012] der Streitpatentschrift).
Zur Lösung der Aufgabe beschreibt der geltende Anspruch 1 eine Handhabungs-
vorrichtung für Werkzeughalter mit den Merkmalen gemäß folgender Merkmals-
gliederung:
a.
Handhabungsvorrichtung für Werkzeughalter, insbesondere
solche mit einem Kegelschaft oder Hohlschaftkegel und insbe-
sondere zum manuellen Einlegen solcher Werkzeughalter in
das Werkzeugmagazin einer Werkzeugmaschine,
b.
mit einem Handgriff zum manuellen Greifen und Führen der
Handhabungsvorrichtung,
c.
mit einem Aufnahmeelement zum Aufnehmen eines Werk-
zeughalters,
d.
mit einem verstellbaren Verriegelungselement zum verliersi-
cheren Verriegeln des Werkzeughalters in dem Aufnahmeele-
ment gegen Herausfallen,
e.
und mit einem Orientierungselement, das eine einzige defi-
nierte Drehwinkelposition des Werkzeughalters in dem Auf-
nahmeelement erzwingt.
- 12 -
II.
Der nunmehr geltende Anspruch 1 ist zulässig. Die Offenbarung der Beschrän-
kung folgt aus Spalte 2 Z. 54 Spalte 5 Z. 45 und 47, 64 sowie aus Spalte 6 Z. 13
und 15 der Streitpatentschrift.
Die Handhabungsvorrichtung für Werkzeughalter mit den darin angegebenen
Merkmalen ist zwar neu gegenüber dem Stand der Technik, beruht aber nicht auf
einer erfinderischen Tätigkeit.
Fachmann
der Fachrichtung Maschinenbau mit Erfahrung in der Bedienung und Bestückung
von Werkzeugmaschinen anzusehen.
Aus dem dem Streitgegenstand nach dem geltenden Anspruch 1 am nächsten
kommenden Stand der Technik gemäß dem Gebrauchsmuster DE 88 04 107 U1
A3
zeugen an Werkzeugmaschinen, insbesondere zum Auswechseln von Werkzeu-
gen zusammen mit ihren Werkzeughaltern (ISO-Kegeln) aus den bzw. in die
Werkzeugmagazine von programmgesteuerten Werkzeugmaschinen bekannt (sie-
he S. 1, erster Abs.). Dies entspricht dem Merkmal a.
Weiterhin ist dort den Ansprüchen 1 und 2 i. V. m. den Fig. 1 und 5 der Druck-
schrift A3 zu entnehmen, dass die Vorrichtung zur Handhabung von Werkzeugen
an Werkzeugmaschinen ein Gehäuse (1) mit einer Gabel (5) aufweist und am Ge-
häuse (1) ein Handgriff (4) mit einem von Hand betätigbaren Druckelement (32)
befestigt ist. Dass ein solcher Handgriff zum manuellen Greifen und Führen der
Handhabungsvorrichtung dient, weiß der Fachmann selbstverständlich. Somit ist
auch das Merkmal b bekannt.
- 13 -
Außerdem offenbart die Druckschrift A3 im Anspruch 1 i. V. m. den Fig. 1 und 5,
dass die Vorrichtung zur Handhabung von Werkzeugen an Werkzeugmaschinen
eine Gabel (5) mit zwei auf den Schenkeln (7, 8) der Gabel (5) gegeneinander ver-
schwenkbar gelagerten Greifbacken (11, 12) mit schrägen Auflaufflächen (17, 18)
und federnden Rückhaltehaken (19, 20) aufweist. Die Funktionsweise der Gabel
ist auf S. 5 im letzten Abs. und auf S. 6 im ersten Abs. beschrieben. Danach wird
der Werkzeugkegel 40 in seiner Ringnut 41 von den beiden Schenkeln 6, 7 und
den beiden Greifbacken 11, 12 seitlich umgriffen, wobei die Rückhaltehaken
19, 20 mit ihren vorderen eingebogenen Enden in die Axialnuten 42, 43 eingreifen
und der Werkzeugkegel 40 nach Einrasten der Rückholfedern 19, 20 das Gerät
aus dem Speicherplatz herausgezogen werden kann. Aus diesem Sachzusam-
menhang erkennt der Fachmann sofort, dass die Gabel 5 eine Aufnahmeeinheit
zum Aufnehmen des Werkzeughalters bildet, was Merkmal c des angegriffenen
Patentanspruchs 1 des Streitpatents entspricht.
Nach S. 5, 3. Zeile von unten bis S. 6, Z. 1 - 10 i. V. m. Fig. 1 umgreifen die beiden
Greifbacken 11, 12 den dort als Werkzeugkegel 40 bezeichneten Werkzeughalter
seitlich, wobei die Rückhaltehaken 19, 20 mit ihren vorderen eingebogenen Enden
in die Axialnuten 42, 43 eingreifen. Durch die Auflaufschrägen an den Längsste-
gen 8, 9 wird der Werkzeugkegel und damit auch das mit diesem fest verbundene
Werkzeug gegen Kippbewegungen gesichert, da die Form dieser schrägen Auf-
laufflächen und ihre Höhe so ausgelegt sind, dass die im Ringbund des Werkzeu-
ges vorgesehene Ringnut 41 vollständig ausgefüllt wird. Der Fachmann erkennt
daraus zweifelsohne, dass die in die Axialnuten 42, 43 eingreifenden Rückhalteha-
ken 19, 20 verstellbare Verriegelungselemente sind und dass das Zusammenwir-
ken dieser Verriegelungselemente mit den in die Ringnut 41 eingreifenden Auflauf-
schrägen der Längsstege 8, 9 ein verliersicheres Verriegeln des Werkzeughalters
A3
- 14 -
Die beiden in die Axialnuten 42, 43 eingreifenden Rückhaltehaken 19, 20 der aus
A3
dar, die eine definierte Drehwinkelposition des Werkzeughalters in dem Aufnah-
meelement erzwingen; jedoch sind offensichtlich zwei jeweils um 180° um die
Längsachse verdrehte Positionen des Werkzeughalters an der Handhabungsvor-
richtung möglich. Dagegen erzwingt das Orientierungselement der Handhabungs-
vorrichtung gemäß dem Merkmal e) des geltenden Anspruchs 1 eine einzige defi-
nierte Drehwinkelposition.
Dieser alleinige Unterschied gegenüber dem sich aus der Druckschrift A3 erge-
benden Stand der Technik vermag das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit je-
doch nicht zu begründen.
A3
- und somit falsch orientiert - in die Handhabungsvorrichtung eingesetzter Werk-
zeughalter nicht an das Magazin übergeben werden kann, da die Rückhaltehaken
beim Betätigen des Druckelements nicht aus den Richtnuten (Axialnuten 42, 43)
des Werkzeugkegels außer Eingriff gebracht werden können und die magazinei-
A3
Zapfen 47, der in eine Keilnut 48 im Ringbund des Werkzeugkegels 40 eintritt,
dass ein vollständiger Einschub in das Magazin nur bei richtiger Drehstellung er-
folgt (S. 7, Z. 4 bis 9 i. V. m. Fig. 1).
A3
such des Einführens in das Werkzeugmagazin, dass der Werkzeughalter bzw.
Werkzeugkegel 40 falsch herum in die Handhabungsvorrichtung eingesetzt wurde,
und er den Werkzeughalter nun von Hand umorientieren muss, was zu zusätzli-
chem Aufwand und unnötigem Zeitverlust führt.
- 15 -
Auf Grund seines handwerklichen Wissens und Könnens erkennt der Fachmann
A3
welche zwei Positionen des Werkzeughalters zulässt, was ihn veranlasst, weitere
Maßnahmen zur Sicherstellung einer eindeutigen Positionierung an der Handha-
bungsvorrichtung selbst vorzusehen.
Vor der Aufgabe stehend, eine Möglichkeit zu schaffen, die das Einlegen und das
Entnehmen von Werkzeughaltern aus dem Werkzeugmagazin einer Werkzeugma-
schine erleichtert, lag es daher nahe, die Handhabungsvorrichtung so zu modifi-
zieren, dass darin die einzig richtige Positionierung des Werkzeughalters schon
vor dessen Einsetzen in das Werkzeugmagazin gegeben ist.
A3
Werkzeugkegels im Werkzeugmagazin, wo ebenfalls ein Orientierungselement ei-
ne einzige definierte Drehwinkelposition des Werkzeughalters erzwingt, konnte da-
bei als Vorbild für eine entsprechende Ausgestaltung des Aufnahmeelementes der
Handhabungsvorrichtung dienen. Die Übertragung eines derartigen Mittels auf die
Handhabungsvorrichtung zum Erreichen desselben Ziels einer eindeutigen Po-
sitionierung des Werkzeughalters darin lag auch deswegen nahe, weil mit dem
Aufkommen anderer Werkzeugaufnahmen gemäß DIN 69893, bei denen über die
Positionskerbe hinaus weitere, für eine eindeutige Lagezuordnung nutzbare
Funktionsflächen angeordnet sind, eine einfache Anpassung der Handhabungs-
vorrichtung ohne weiteres realisiert werden konnte.
Somit liegt dem Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 keine erfinderische Tä-
tigkeit zu Grunde.
Hinsichtlich der auf den geltenden Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüchen 2
bis 4, 8 sowie 12 bis 18 wurde weder geltend gemacht noch ist ersichtlich, dass
sie zur Begründung der Patentfähigkeit geeignete Merkmale enthalten.
- 16 -
Das Streitpatent war daher auch im verteidigten Umfang, soweit es angegriffen
war, für nichtig zu erklären.
III.
Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 84
Abs 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 PatG, 709 ZPO. Selbst wenn
man in der in der Verhandlung von der Klägerin gestellten Antragsfassung eine
teilweise Klagerücknahme bezüglich der Rückbeziehungen der Unteransprüche
sehen wollte, hätte dies auf die Kostenfolge gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO keine
Auswirkung.
Sredl
Gutermuth
Dr. Fritze
Rothe
Dr. Baumgart
Be