Urteil des BPatG vom 22.06.2007

BPatG (marke, bezeichnung, unterscheidungskraft, verkehr, klasse, bezug, eugh, veranstaltung, beschwerde, verbindung)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 38/09
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 303 24 621.9
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
25. November 2009 unter Mitwirkung der Richterin Bayer als Vorsitzende sowie
des Richters Merzbach und des Richters k. A. Metternich
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
- 2 -
G r ü n d e
I.
Die Bezeichnung
WM 2010
ist am 14. Mai 2003 für die Waren
"Druckerzeugnisse, Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbede-
ckungen, Schokolade, Schokoladewaren, Fein- und Dauerback-
waren, Zuckerwaren"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Mit zwei Beschlüssen der Markenstelle für Klasse 30 des DPMA vom
22. Juni 2007 und vom 26. März 2008, von denen Letzterer im Erinnerungsver-
fahren ergangen ist, wurde die Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2
MarkenG zurückgewiesen.
Der Marke fehle die Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die Zei-
chenzusammensetzung "WM 2010" werde generell nur als Bezeichnung der Fuß-
ballweltmeisterschaft in dem Jahr 2010 verstanden, nicht jedoch als Hinweis auf
die Herkunft der beanspruchten Waren. Bei diesen Waren handle es sich nicht um
solche, bei denen aus einer Buchstabenkombination und einer Zahl gebildete Mar-
ken zu den Kennzeichengewohnheiten zählten. Bereits dies erlaube die Prognose,
dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke, sondern nur als Bezeichnung der
Weltmeisterschaft 2010 verstanden werden werde. Diese Einschätzung werde da-
durch gestützt, dass zwischen den Waren und der Bedeutung der angemeldeten
Marke ein Bezug bestehe. Die Bezeichnung könne für die Waren der Klasse 16
- 3 -
eine Inhaltsangabe darstellen, für die Waren der Klasse 25, zu denen typische
Fanartikel zählten, stelle sie eine Angabe über deren Gestaltung, nämlich der Be-
schriftung dar. Auch die Waren der Klasse 30 zählten zu den Waren, deren Her-
steller typischerweise Sponsoren sportlicher Großereignisse seien. Zumindest für
die Waren der Klassen 16 und 25 stelle die angemeldete Marke auch eine Angabe
über deren Beschaffenheit im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar. Sie gebe
an, dass sich die Druckereierzeugnisse inhaltlich mit der "WM 2010" befassten,
bzw. dass die Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen mit dem
Schriftzug "WM 2010" versehen seien.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag (sinnge-
mäß),
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des DPMA vom
22. Juni 2007 und vom 26. März 2008 aufzuheben.
Desweiteren beantragt sie,
das Beschwerdeverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des
Löschungsverfahrens betreffend die Gemeinschaftsmarke "WM
2006" der FIFA (EuG Case T-446/08) auszusetzen.
Hinsichtlich des Aussetzungsantrags verweist die Beschwerdeführerin auf eine
Begründungsschrift der FIFA gegen das Harmonisierungsamt, in der die FIFA von
der Schutzfähigkeit der Wortmarke "WM 2006" ausgehe. Weiterhin wird auf die
prioritätsjüngere angemeldete Gemeinschaftsmarke "EM 2012" der UEFA verwie-
sen, wegen der ein Interesse der Beschwerdeführerin bestehe, die Entscheidung
über ihre angemeldete Marke erst nach rechtskräftigem Abschluss des Lö-
schungsverfahrens "WM 2006" herbeizuführen. Zur Sache hat sich die Beschwer-
deführerin nicht geäußert.
- 4 -
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg,
denn der Eintragung der angemeldeten Marke steht im Hinblick auf die angemel-
deten Waren zumindest das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft
entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger
Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidenti-
tät der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer
Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel
für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens
gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur st. Rspr.
BGH GRUR 2003, 1050 – Cityservice; EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor).
Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft kommt allein der Herkunftsfunktion
die maßgebliche Bedeutung zu (Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl.
§ 8 Rdn. 42).
Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren
und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wo-
bei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, auf-
merksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers der fraglichen Produkte
abzustellen ist. Die angemeldeten Waren richten sich vorliegend an allgemeine
Verkehrskreise.
Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche
Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder
Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Be-
- 5 -
griffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 – Postkantoor). Jedoch hat
der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschreibende Be-
deutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft ist.
Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl.
EuGH GRUR 2004, 674 – Postkantoor; GRUR 2004, 680 – Biomild).
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass ein Schutzhindernis bereits dann ge-
geben ist, wenn es für einen Teil der Waren besteht, die unter die jeweiligen an-
gemeldeten Oberbegriffe fallen. Ansonsten wäre es möglich, ein für bestimmte
Waren bestehendes Eintragungshindernis dadurch zu umgehen, dass ein entspre-
chend weit gefasster Oberbegriff angemeldet wird (vgl. Ströbele in Ströbele/Ha-
cker, MarkenG, 9. Aufl. § 8 Rdn. 22).
Der Verkehr hat bei den angemeldeten Waren keinen Anlass in der angemeldeten
Bezeichnung eine unterscheidungskräftige Buchstaben- und Zahlenkombination
zu sehen, sondern wird "WM 2010" lediglich als Hinweis auf die Weltmeisterschaft
im Jahr 2010 verstehen.
Im Jahr 2010 findet - was den Durchschnittsabnehmern der angemeldeten Waren
bekannt ist - die Fußballweltmeisterschaft in Südafrika statt. Die Abkürzung "WM"
für "Weltmeisterschaft" ist den allgemeinen Verkehrskreisen geläufig, wobei in der
Regel der Verkehr dabei an eine Fußballweltmeisterschaft denkt. Dies gilt insbe-
sondere in Verbindung mit der Jahreszahl 2010, da in diesem Jahr die nächste
Fußballweltmeisterschaft ausgetragen wird. Erhebliche Verkehrskreise werden die
angemeldete Bezeichnung in Verbindung mit den angemeldeten Waren lediglich
als Hinweis auf dieses Ereignis sehen, nicht dagegen als Betriebskennzeichen, da
insoweit der Verkehr in der Bezeichnung lediglich eine Bezugnahme zu der Veran-
staltung sieht.
- 6 -
Für "Druckereierzeugnisse" kann die angemeldete Bezeichnung eine Inhalts- und
Themenangabe sein, so dass insoweit ein enger Sachbezug besteht, und die An-
gabe nicht geeignet ist, als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb zu
wirken. Über Fußballweltmeisterschaften werden sowohl im Voraus als auch wäh-
rend und nach der Veranstaltung in verschiedensten Druckereierzeugnissen be-
richtet und sie werden medial ausgewertet.
Die Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" weisen ebenfalls
einen engen Sachbezug zu der Weltmeisterschaft auf. So werden anlässlich die-
ser Veranstaltung spezielle Outfits hergestellt und Kollektionen für das Ereignis
von unterschiedlichen Anbietern entworfen.
Auch hinsichtlich der Waren "Schokolade, Schokoladewaren, Fein- und Dauer-
backwaren, Zuckerwaren" besteht ein enger Bezug zu der Fußballweltmeister-
schaft. Anlässlich einer solchen Veranstaltung werden Lebens- und Genussmittel
hergestellt und vertrieben, die durch ihre Gestaltung oder Verpackung einen Be-
zug zu diesem Ereignis haben. Zudem gibt es entsprechende Erzeugnisse, die
durch ihre Inhaltsstoffe besonders auch für Sportler geeignet sind. Auch wird da-
mit geworben, wenn ein Betrieb Lieferant bei den Veranstaltungen ist. Der Verkehr
wird daher auch in Verbindung mit diesen Waren in der angemeldeten Bezeich-
nung lediglich einen Hinweis auf das Ereignis und nicht auf einen bestimmten Ge-
schäftsbetrieb sehen.
Diese Beurteilung der angemeldeten Marke entspricht auch den Grundsätzen, die
in der Entscheidung BGH I ZB 97/05 zu der Marke 30238936 "WM 2006" aufge-
stellt wurden. Entscheidend kam es bei dieser Marke darauf an, ob der Verkehr
Anlass hatte, in der Bezeichnung einen Bezug zu der Fußball WM zu sehen, oder
ob er sie als unterscheidungskräftige Buchstaben- und Zahlenkombination ver-
steht. Im Ergebnis führte dies letztlich zur Löschung der Marke 30238936 "WM
2006" u. a. für vergleichbare Waren wie "Bekleidung, Schuhe, Veranstaltungspro-
- 7 -
gramme, gedrucktes Lehrmaterial, Aufkleber" und "Kopfbedeckungen, Kakao, fei-
ne Backwaren".
Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Aussetzung des Verfahrens gemäß § 82
Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 148 ZPO konnte nicht stattgegeben werden. Das Lö-
schungsverfahren betreffend die Gemeinschaftsmarke "WM 2006" der FIFA (EuG
Case T-446/08) ist nicht vorgreiflich. Der Ausgang des Verfahrens zu der Marke
"WM 2006" ist keine zu klärende Vorfrage für die Entscheidung zu der vorliegen-
den Beschwerde. Es handelt sich um voneinander unabhängige Verfahren und zu-
dem um unterschiedliche Zeichen. Die bloße Möglichkeit, dass im Löschungsver-
fahren die Gemeinschaftsmarke "WM 2006" anders beurteilt werden könnte, reicht
nicht aus, eine Vorgreiflichkeit zu begründen, so dass eine Aussetzung sachdien-
lich wäre.
Bayer
Merzbach
Metternich
Hu