Urteil des BPatG vom 26.06.2002

BPatG: beschreibende angabe, gestaltung, unterscheidungskraft, datenverarbeitung, verkehr, werbung, unternehmen, beherbergung, marketing, herkunft

BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 330/02
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 301 57 554.1
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 14. Juni 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Winkler, der
Richterin Dr. Hock und des Richters Kätker
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Marken-
stelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
26. Juni 2002 aufgehoben.
BPatG 152
10.99
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G r ü n d e
I
Am 28. September 2001 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wortmarke
Impuls
für folgende Dienstleistungen angemeldet worden:
Kl. 35: Werbung und Marketing für Dritte, zum Beispiel auch in digitalen Netzen,
durch Gestaltung und Beherbergung von elektronisch aufbereiteten Informationen in
Wort, Bild und Ton (Webvertising); Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Bü-
roarbeiten; Dienstleistungen einer Multimedia-Agentur, nämlich Planung und Gestal-
tung von Werbemaßnahmen;
Kl. 36: Versicherungswesen; Finanzwesen, insbesondere Vermittlung von Versiche-
rungen und Finanzierungen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;
Kl. 42: Datenverarbeitung und Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung;
Internetdienstleistungen, nämlich Bereitstellung von Angeboten und Informationen
zur Selbstdarstellung und zum Verkauf von Waren und Dienstleistungen, Gestaltung
und Beherbergung in digitalen Netzen von elektronisch aufbereiteten Informationen
in Wort, Bild und Ton.
Mit Beschluss vom 26. Juni 2002 hat die Markenstelle für Klasse 35 durch ein Mit-
glied des Patentamts die Anmeldung nach §§ 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückge-
wiesen. Nach Auffassung der Markenstelle fehlt der angemeldeten Marke jegliche
Unterscheidungskraft, weil es sich bei ihr um ein beschreibendes Werbewort han-
dele. Das Wort "Impuls" habe laut Duden im allgemeinen Sprachgebrauch die Be-
deutung "Anstoß, Anregung" bzw. "Antrieb, innere Regung". Wie aus dem Beschluss
beigefügten Presseauszügen hervorgehe, werde es in der Werbesprache häufig
verwendet, um die Wirkungsweise von geistigen Dienstleistungen zu beschreiben. In
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den Pressebeispielen wolle z.B. ein Telekommunikationsanbieter, der sich als Ent-
wickler, Berater und Dienstleister in einem verstehe, dem Markt neue Impulse geben,
durch eine staatliche Pflegeversicherung entstünden neue Impulse und ein Unter-
nehmen werbe mit dem Schlagwort "Impulse zur klaren Kommunikation". Demzu-
folge handele es sich bei der angemeldeten Marke lediglich um ein beschreibendes
Werbeschlagwort, das es nicht ermögliche, Dienstleistungen aus den Bereichen
Werbung, Geschäftsführung, Versicherungswesen und Datenverarbeitung nach ihrer
betrieblichen Herkunft zu unterscheiden. Trotz von der Anmelderin angeführter weite-
rer Bedeutungen, wie "Kraftanstoß" oder "Instinkt" komme hier keine Mehrdeutigkeit
in Betracht, die der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft verleihen könne, da
sie im Bereich der beanspruchten Dienstleistungen ein rein beschreibendes Werbe-
schlagwort sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie
sinngemäß beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Zur Begründung führt sie aus, dass das Wort "Impuls" von Dritten im allgemeinen
Sprachgebrauch und in Pressemitteilungen oder Werbetexten durchaus benutzt wer-
den möge, daraus lasse sich allerdings nicht der Rückschluss ziehen, "Impuls" be-
schreibe beispielsweise Versicherungsdienstleistungen als übliches Werbewort. Dies
gelte auch für die im angefochtenen Beschluss angeführten Belege. Soweit die Mar-
kenstelle auf eine Anzeige für das Magazin "Impulse" Bezug genommen habe, spre-
che die Entscheidung OLG Köln, GRUR 1994, 386, in der der Zeitschriftentitel des
Magazins "Impulse" als unterscheidungskräftig beurteilt worden sei, für und nicht
etwa gegen die Eintragungsfähigkeit. Auch aus dem redaktionellen Beitrag "Impuls
durch staatliche Pflegeversicherung" ergebe sich erst aus dem weiteren Inhalt des
Artikels, in welcher Art der Impuls sein solle (Belebung des Marktes durch mehr Kon-
kurrenz). Dass die angemeldete Marke für Produkte benutzt werde, die in Konkur-
renz zu anderen bereits angebotenen Produkten stünden, verstehe sich aber von
selbst. Die übrigen von der Markenstelle genannten Verwendungen des Wortes "Im-
puls" beträfen Eigenschaften eines Impulsgebers. Welcher Art diese Impulse sein
sollen, sei völlig offen und ergebe sich erst aus dem weiteren Zusammenhang des
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Artikels bzw. der Anzeige. Dies gelte selbst für die Werbeaussage "Wir geben der
Stromversorgung neue Impulse" der AEG, da das Wort "Impuls" für Stromversorgung
keine Beschreibung darstelle.
Es werde in Alleinstellung nicht als beschreibende Angabe oder allgemeine Werbe-
aussage benötigt. Vielmehr bedürfe es immer eines konkretisierenden Zusatzes, um
zu einer werbemäßig brauchbaren Sachaussage zu kommen. Zudem sei der Hinweis
auf einen "Impulsgeber" keine Bezeichnung eines Merkmals der beanspruchten
Dienstleistungen, sondern allenfalls ein Sachhinweis auf das Unternehmen, wobei
die Anmelderin auf die Entscheidung BGH GRUR 1999, 988 – HOUSE OF BLUES
verweist. "Impuls" beinhalte auch keine Wertaussage, Qualitätseinstufung oder
Größenangabe. Mögliche Interpretationen dieses Wortes seien "innovativ, neu, kraft-
voll, energiegeladen, pulsierend, ideenreich" usw. Es bleibe vage und mehrdeutig,
worauf sich diese Interpretation beziehe (Umstände in Zusammenhang mit der Ren-
dite oder Anlageform, den Mitarbeitern oder dem Unternehmen).
Hinzu kämen die vielfachen Bedeutungen des Markenworts, das ursprünglich mit der
Bedeutung "Antrieb, Anstoß" aus der Physik entstamme. Ein irgendwie gearteter Be-
zug zu Versicherungsdienstleistungen oder deren Verwendungen sei demgegenüber
nicht gegeben. Der von der Anmelderin unter "Impuls" angebotene Vergleich von
Versicherungen basiere auf einer Gegenüberstellung von statistischen Daten (Prä-
mien, Laufzeit, Risiken etc.). Eine Bewegung oder ein Anstoß sei dabei gerade nicht
Bestandteil der angebotenen Leistung. Das Markenwort vermöge daher für die bean-
spruchten Dienstleistungen nur verschwommene, mehrdeutige Vorstellungen hervor-
zurufen. Allenfalls durch einen weiteren Gedankenschritt könne das Tätigwerden ei-
nes Versicherungsmaklers als "Impuls-Geber" verstanden werden. Selbst mit sol-
chen analysierenden Zwischenschritten bleibe die Art der Beschreibung (innovativ,
kraftvoll, pulsierend, ideenreich ... ) mehrdeutig. Daher sei von der Eintragungsfähig-
keit der Marke auszugehen.
Ergänzend verweist die Anmelderin auf mehrere Voreintragungen des Wortes "Im-
puls" in Alleinstellung oder in Kombination mit weiteren Wörtern oder Bildbestandtei-
len. Auch das OLG Düsseldorf habe in seiner Entscheidung vom 15. Juli 2003 das
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Wort "Impuls" als kennzeichnungskräftig für Finanzdienstleistungen und Versiche-
rungsleistungen erachtet.
Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin auf folgende Dienstleistungen verzich-
tet:
Werbung und Marketing für Dritte, zum Beispiel auch in digitalen Netzen, durch
Gestaltung und Beherbergung von elektronisch aufbereiteten Informationen in
Wort, Bild und Ton (Webvertising); Geschäftsführung; Unternehmensverwal-
tung; Dienstleistungen einer Multimedia-Agentur, nämlich Planung und Gestal-
tung von Werbemaßnahmen;
Internetdienstleistungen, nämlich Bereitstellung von Angeboten und Informatio-
nen zur Selbstdarstellung und zum Verkauf von Waren und Dienstleistungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die Beschwerde ist begründet.
Entgegen der Beurteilung der Markenstelle hält der Senat die angemeldete Marke für
die noch beanspruchten Dienstleistungen, nämlich
Kl. 35: Büroarbeiten
Kl. 36: Versicherungswesen; Finanzwesen, insbesondere Vermittlung von Versi-
cherungen und Finanzierungen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;
Kl. 42: Datenverarbeitung und Erstellen von Programmen für die Datenverarbei-
tung; Gestaltung und Beherbergung in digitalen Netzen von elektronisch aufbe-
reiteten Informationen in Wort, Bild und Ton
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für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute
Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung
der Anmeldemarke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG somit nicht entgegen.
So sind zunächst keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die
die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die
genannten Dienstleistungen rechtfertigen können. Nach dieser Vorschrift sind Mar-
ken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen,
die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der
geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung
der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder
Dienstleistungen dienen können.
Das Wort "Impuls" ist ein fester Bestandteil der deutschen Sprache mit der Bedeu-
tung "Anstoß, Anregung" und "Antrieb, innere Regung", in technischen Zusammen-
hängen auch "Strom- oder Spannungsstoß von relativ kurzer Dauer" (vgl. Duden,
Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl.). Für viele Waren und
Dienstleistungen kann das Wort daher einen Hinweis darauf darstellen, dass sie ei-
nen Impuls geben sollen oder können. Bei bestimmten Dienstleistungen steht ein
solcher Zweck auch erkennbar im Vordergrund, etwa bei Werbe- und Marketing-
dienstleistungen, die einen Werbe-, Marketing-, Konsum-, Kauf- usw. -impuls geben
sollen. Insoweit kann auf das der Anmelderin mitgeteilte Ergebnis der Senatsrecher-
che verwiesen werden.
Für die vorliegend noch beanspruchten Dienstleistungen liegt ein solcher konkret
beschreibender Bedeutungsgehalt hingegen nicht auf der Hand und hat sich auch
nicht belegen lassen. Zwar können auch von den noch beanspruchten Dienstleistun-
gen, wie überhaupt von allen denkbaren Waren und Dienstleistungen, irgendwie im-
mer Impulse ausgehen. Welcher Art diese sind und ob und welche verkehrswesentli-
chen Eigenschaften der Dienstleistungen benannt werden, wird dabei jedoch ohne
begleitende Hinweise oder Erläuterungen nicht deutlich. Der Begriff "Impuls" ist bei
den beanspruchten Dienstleistungen ersichtlich nicht von zentraler Bedeutung, wie
etwa bei Dienstleistungen der Werbebranche, unternehmerischen oder etwa päda-
gogischen Dienstleistungen.
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Bei der Beurteilung der markenrechtlichen Schutzfähigkeit ist von einer kennzeich-
nenden Verwendung des angemeldeten Markenworts auszugehen, also in hervorge-
hobener Alleinstellung. Dabei wird nicht klar, ob ein und vor allem welcher Impuls
von der so gekennzeichneten Dienstleistung ausgeht, oder ob hier umgekehrt
irgendein Impuls in die Dienstleistung eingeflossen ist und sich in ihrer Erbringung
bzw. dem damit bewirkten Ergebnis äußert. Allenfalls bei weiteren gedanklichen
Überlegungen wird man unter Inkaufnahme einer erheblichen spekulativen
Unsicherheit zu einer brauchbaren Sachbeschreibung gelangen können. Im Bereich
der EDV-bezogenen Dienstleistungen kommt außerdem die technische Bedeutung
als kurzer Spannungsstoß hinzu, so dass die Unsicherheit über die Art des Impulses
noch größer ist.
Solche uneindeutigen und begrifflich kaum konkretisierbaren Bezeichnungen eignen
sich nicht zur beschreibenden Verwendung. Es ist daher nicht erkennbar, dass die
angemeldete Marke im Verkehr zur Bezeichnung eines Merkmals i.S.d. § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG dienen kann, geschweige denn, dass sie von den Mitbewerbern zur
direkten Beschreibung eines bestimmten Merkmals der noch beanspruchten Dienst-
leistungen benötigt wird.
Nach Auffassung des Senats weist die angemeldete Marke auch die erforderliche
Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne
dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr
als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegen-
über solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH GRUR 2001,
413, 414 - SWATCH, m.w.N.; GRUR 2001, 240, 241 - SWISS ARMY; MarkenR
2001, 407 - antiKALK). Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab
auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund
stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich
auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten
Fremdsprache, das vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwen-
dung in der Werbung – stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel
verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die Unter-
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scheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH
MarkenR 2001, 408, 409 - INDIVIDUELLE m.w.N.).
Den danach an die Unterscheidungskraft einer Marke zu stellenden Anforderungen
wird die angemeldete Bezeichnung gerecht. Weder konnte ihr ein eindeutiger, im
Vordergrund stehender beschreibender Bedeutungsgehalt zugeordnet werden, noch
waren Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sie nur als solche und nicht als betriebli-
ches Unterscheidungsmittel verstanden wird. Für die angemeldeten Waren eignet
sich das angemeldete Markenwort, wie oben dargelegt, jedenfalls bei kennzeichen-
mäßiger Verwendung in Alleinstellung, nicht als Beschreibung konkreter Merkmale
der Dienstleistungen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Ver-
kehr das angemeldete Markenwort nur als solches, nicht aber als Hinweis auf die
betriebliche Herkunft der Waren ansieht. Zwar handelt es sich durchaus um ein ge-
läufiges Wort der deutschen Sprache, es hat sich für die noch beanspruchten
Dienstleistungen jedoch nicht feststellen lassen, dass es etwa als bloßes Werbewort
verwendet oder verstanden wird. Vielmehr hat die Senatsrecherche jedenfalls im Be-
reich des Versicherungswesens und Immobilienwesens umgekehrt Hinweise auf eine
umfangreiche Verwendung als Unternehmenskennzeichen ergeben. Dementspre-
chend ist das Wort "Impuls" bzw. seine Pluralform "Impulse" für Versicherungs-
dienstleistungen und Zeitschriften in verschiedenen Entscheidungen von Verlet-
zungsgerichten als unterscheidungskräftig angesehen worden (vgl. OLG Köln,
GRUR 1994, 386 – die geschäftsidee; OLG Düsseldorf v. 15. Juli 2003, 20 U 21/03;
LG München I v. 24. Juni 2004, 17 HK O 10389/04). Jedenfalls für die vorliegend
noch beanspruchten Dienstleistungen folgt der Senat dieser Beurteilung.
Der Beschwerde war damit stattzugeben.
Winkler Dr.
Hock
Kätker
Cl