Urteil des BPatG vom 08.03.2006

BPatG: marke, brand, befragung, unterscheidungskraft, herkunft, unternehmen, kennzeichnung, produkt, name, australien

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 171/04
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
8. März 2006
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 301 67 764.6
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 8. März 2006 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Zur Eintragung als Marke für "Biere; Mineralwässer; kohlensäurehaltige Wässer,
alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke, Fruchtsäfte, Sirupe; alkoholische Getränke
(ausgenommen Biere)" angemeldet ist die Wortfolge
Noble Brands
Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die
Anmeldung in zwei Beschlüssen vom 7. November 2002 und 20. April 2004 we-
gen fehlender Unterscheidungskraft eines entgegen und stehenden Freihaltebe-
dürfnisses zurückgewiesen. Die angemeldete Bezeichnung bedeute "noble Mar-
ken". Sie beschreibe damit im Hinblick auf die beanspruchten Waren lediglich,
dass es sich um edle Markenprodukte handele und sei deshalb freihaltebedürftig.
Das englische Wort "brand" bedeute nicht "gebrannter Alkohol". Dass in der von
der Anmelderin vorgelegten Magisterarbeit der Frau A… mit dem The-
ma "Englische Markennamen in Deutschland" von einem Teil der befragten Perso-
nen diese Wortfolge fehlerhaft als "edle Branntweine / Brandy" angesehen worden
sei, möge zwar Unterscheidungskraft belegen, könne aber in Anbetracht dessen,
dass diese Übersetzung falsch sei, das Freihaltebedürfnis der Mitbewerber nicht
ausräumen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag,
die angegriffenen Beschlüsse aufzuheben.
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Sie meint, bei der angemeldeten Wortkombination handele es sich nicht um eine
gängige Bezeichnung für Waren und Dienstleistungen mit erhöhtem Qualitätsan-
spruch. Das englische Wort "brand" habe im Deutschen mehrere Bedeutungen,
von denen keine einen konkreten Produktbezug aufweise. Aus der vorgelegten
Magisterarbeit lasse sich ersehen, dass bei einer gestützten multiple-choice-Befra-
gung 46 % die falsche Übersetzung "edle Branntweine" als richtig angesehen hät-
ten. In einer ungestützten Befragung hätten 22 % diese oder eine ähnlich falsche
Übersetzung angegeben und 29,6 % die richtige Übersetzung. Die Zusammenset-
zung der Probanden sei zwar nicht repräsentativ; bei einem repräsentativen Quer-
schnitt der Bevölkerung hätten aber vermutlich noch weniger Personen die Wort-
folge richtig übersetzt. "Noble Brands" sei eine neu gebildete Wortverbindung, ei-
ne Phantasiebezeichnung, die das Produktangebot der Anmelderin mit einem
ganz bestimmten Image versehe, welches zum einen eine zulässige Qualitätsaus-
sage vermittele und zum anderen assoziativ auf eine mit den Waren nicht unbe-
dingt deskriptiv verbundene Weise Erkennungswerte schaffe. Freihaltebedürftig
sei die zur Eintragung angemeldete Angabe schon deshalb nicht, weil sich kein
unmittelbarer Produktbezug erkennen lasse. Auch existiere eine Marke "Noble
Brands" in den USA. Dass laut Register diese Marke "abandoned" sei, sei nicht re-
levant, weil sie wieder aufleben könne.
In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt erläutert und
vertieft.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf
die Beschwerdebegründung der Anmelderin und die oben genannte Magisterar-
beit Bezug genommen.
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II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn es handelt sich bei der zur
Eintragung als Marke angemeldeten Wortfolge "Noble Brands" in Bezug auf die
beanspruchten Waren um eine nicht unterscheidungskräftige Angabe (§ 8 Abs. 2
Nr. 1 MarkenG), so dass die Markenstelle zu Recht die Eintragung versagt hat
(§ 37 Abs. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft ist die konkrete Eignung eines Zeichens, von normal infor-
mierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrau-
chern der in Rede stehenden Waren als Mittel zur Unterscheidung der Herkunft
solcher Waren eines Unternehmens von entsprechenden Produkten anderer Her-
steller zu dienen und damit die betriebliche Zuordnung dieser Waren zu ermögli-
chen. Ein Zeichen, das diese Eignung nicht besitzt, kann nicht als Marke in das
Register eingetragen werden (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die vorliegend angemel-
dete Wortfolge ist ein solches nicht unterscheidungskräftiges Zeichen, weil jeden-
falls ein relevanter Teil der angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich um
die Masse der Endverbraucher handelt, in der Kennzeichnung der beanspruchten
Waren mit der Wortfolge "Noble Brands" nur einen Hinweis darauf sehen wird,
dass es sich bei dem Produkt um eines aus dem Bereich der edlen Markener-
zeugnisse handelt.
"Noble Brands" bedeutet übersetzt "noble, edle Marken". Dies werden weite Teile
der angesprochenen inländischen Verkehrskreise auch so verstehen. Denn "Nob-
le" entspricht dem deutschen Wort "nobel", und "Brands" findet in der deutschen
Werbesprache nicht selten Verw"
finden sich verschiedene Werbeslogans mit dem Wort "brand" in der Bedeutung
von "Marke". Als Beispiele, auf die der Senat in der mündlichen Verhandlung hin-
gewiesen hat, sind zu nennen: "Brands in motion.", "Creating brands", "Wellbeeing
has a brand name.", "Brands 'n’ markets.", "Brand global, act local.", "Branded for
authenticity." und "We bring brands to life.". Die Unternehmen, die so für ihre Er-
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zeugnisse werben, gehen offensichtlich davon aus, dass ihre Abnehmer derartige
Slogans verstehen. Hinzu kommt, dass "Brand", "Brands" oder "Branding" nicht
nur in Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln zu finden ist, sondern auch in Lexika
(z. B. in: Loskant, Das neue Trendwörter Lexikon, Bertelsmann Lexikon Ver-
lag 1998).
Die - wie die Anmelderin einräumt - der vorgelegten Magisterarbeit zugrunde lie-
gende Umfrage ist nicht repräsentativ und bietet deshalb keine fundierte Grundla-
ge für eine positive Bewertung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke. So
ist schon die Gesamtzahl der ausgewerteten Fragebögen mit gerade einmal gut
200 (S. 52 der Magisterarbeit) zu gering für eine repräsentative Befragung, und
der Querschnitt der befragten Personen entspricht auch nicht annähernd einem
Querschnitt der angesprochenen inländischen Verkehrskreise. Insbesondere ist
der Anteil der Teilnehmer aus den neuen Bundesländern mit mehr als 55 % um
ein Vielfaches höher als in der Gesamtbevölkerung, wobei gleichzeitig Englisch-
kenntnisse in den alten Bundesländern erheblich weiter verbreitet sind als in den
neuen Bundesländern. Gleichwohl haben in der ungestützten Befragung fast 30 %
der Befragten die Wortfolge richtig übersetzt (siehe S. 68 der Arbeit). Für die u. a.
vorgegebenen Übersetzungsmöglichkeiten "edle Branntweine / Brandy" und "edle
Marken" in der multiple-choice-Befragung (vgl. Anhang der Arbeit) haben sich un-
gefähr gleich viele Personen entschieden (46 bzw. 44 %).
Die Anmelderin hat mehrere andere Markeneintragungen benannt, die sie für ver-
gleichbar hält. Unabhängig davon, dass die Frage der Schutzfähigkeit einer Marke
keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstellt (vgl. Ströbele/Hacker,
Markengesetz, 7. Auflage, § 8 RdNr. 262), so dass eine Bindungswirkung nicht
bestehen kann, ist dazu folgendes anzumerken:
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Die von der Anmelderin benannte Entscheidung "nobilia" stammt aus der ersten
Hälfte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts und betrifft andere Waren
und eine völlig andere Marke. Der vorliegend zu beurteilenden Markenanmeldung
näher kommt dagegen die der Entscheidung des Bundespatentgerichts vom
18. Oktober 2005 in der Sache 33 W (pat) 23/05 zugrunde liegende Markenanmel-
dung "best brands", wobei auch dort die Beschwerde der Anmelderin zurückge-
wiesen wurde.
Was die Benennung ausländischer Eintragungen angeht, ist zu berücksichtigen,
dass die Beantwortung der Frage, ob die inländischen Verkehrskreise eine Be-
zeichnung als Herkunftshinweis verstehen, allein von den Verhältnissen in
Deutschland abhängig ist.
Hinzu kommt, dass die Wortfolge "Noble Brands" in den USA offenbar nie als Mar-
ke eingetragen worden ist (unter Owner steht ausdrücklich APPLICANT, d. h. An-
melder; es gibt auch keine Registration Number); sie ist offensichtlich über das
Stadium der Anmeldung nicht hinausgekommen.
Die von der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Belege über
Eintragungen anderer Marken in Kanada, den USA und Australien sind nicht mit
der vorliegenden Anmeldung vergleichbar. Sie sind unter völlig anderen rechtli-
chen Grundlagen registriert worden, als sie in der EU gelten. Die US-Mar-
ke "TRUE VALUE BRAND" befindet sich zudem offensichtlich im Stadium des Lö-
schungsverfahrens (CANCELLATION PENDING), und die Eintragung enthält den
Disclaimer, dass keine Rechte aus dem Wort "BRAND" hergeleitet werden.
Nach alledem werden die angesprochenen Verkehrskreise in der Kennzeichnung
der beanspruchten Waren mit der Wortfolge "Noble Brands" nur einen Hinweis
darauf sehen, dass es sich bei dem jeweiligen Produkt um eines aus dem Bereich
der edlen Markenerzeugnisse handelt, und ihr keinen Hinweis auf die Herkunft aus
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einem ganz bestimmten Unternehmen entnehmen, so dass die Beschwerde kei-
nen Erfolg haben konnte.
gez.
Unterschriften