Urteil des BPatG vom 05.11.2008

BPatG (marke, bezeichnung, beschreibende angabe, verhandlung, unterscheidungskraft, verwendung, internet, eintragung, eignung, unternehmen)

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 61/07
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
5. November 2008
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenmeldung 306 65 047.9
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mit-
wirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, des Richters Viereck und der
Richterin Bayer auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 2008
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e
I.
Die am 20. Oktober 2006 angemeldete Wortmarke
Die Drachenjäger
ist für zahlreiche Waren und Dienstleistungen unterschiedlicher Klassen bestimmt.
Seitens der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts ist
die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung, der Internet-Ausdrucke
zum Beleg der Verwendung der angemeldeten Bezeichnung (10 Blatt) beigefügt
waren, mit Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 5. März 2007 teil-
weise, nämlich bezüglich der Waren und Dienstleistungen
"Magnetaufzeichnungsträger; Schallplatten; Druckereierzeugnis-
se; Spiele, Spielkarten; Spielzeug; Telekommunikation; Unterhal-
tung"
als beschreibende und somit freihaltebedürftige sowie nicht unterscheidungskräf-
tige Angabe (§ 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG) zurückgewiesen worden.
Unbeschadet ihrer Eigenschaft als Phantasiebegriff komme die angemeldete Be-
zeichnung für Medienträger, Spiele und Spielzeug sowie Dienstleistungen der Un-
terhaltung und Telekommunikation als inhaltsbeschreibende bzw. Titelangabe
ernsthaft in Betracht und sei daher freihaltebedürftig. Nicht nur das Fabelwesen
des Drachen, sondern auch das Motiv des "Drachenjägers" finde als Gegenstand
von Kurzgeschichten, Romanen, PC- und Gesellschaftsspielen sowie Internetfo-
ren tatsächlich Verwendung. Wegen der Bekanntheit und Beliebtheit der Drachen-
figur und des Drachenjägermotivs im Fantasy-Bereich sei die angemeldete Wort-
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folge geeignet, als Sachhinweis auf Inhalt und Gegenstand der versagten Waren
und Dienstleistungen zu wirken. Ihr fehle die Eignung, als Herkunftshinweis auf ei-
nen bestimmten Betrieb zu dienen. Dem Beschluss waren weitere Internet-Aus-
drucke (16 Blatt) beigefügt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt
den Antrag,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom
5. März 2007 aufzuheben und die angemeldete Marke auch für die
Waren und Dienstleistungen, hinsichtlich derer die Zurückweisung
erfolgt ist, einzutragen,
wobei sie ihr Begehren hilfsweise auf Verkehrsdurchsetzung (§ 8 Abs. 3 MarkenG)
stützt.
Aufgrund des ersten Wortbestandteils der angemeldeten Marke, des mit großem
Anfangsbuchstaben geschriebenen bestimmten Artikels "Die", werde klargestellt,
dass es nicht allgemein um die Beschreibung von jemanden gehe, der Drachen
jage. Zudem finde das Wort "Drachenjäger" in der Realität keine Entsprechung;
vielmehr handele es sich um einen Phantasiebegriff. Eine beschreibende Verwen-
dung der angemeldeten Bezeichnung lasse sich nicht belegen. Diese sei kurz,
prägnant und eingängig. Der Verkehr entnehme ihr keinen Sachhinweis (als In-
haltsbeschreibung), sondern einen betrieblichen Herkunftshinweis.
Jedenfalls sei die angemeldete Marke für die beschwerdegegenständlichen Waren
und Dienstleistungen in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt. Die Be-
zeichnungen "Dragon Hunters" und "Die Drachenjäger" seien Titel einer in Frank-
reich und China produzierten Cartoonserie, die bei Kindern und Erwachsenen glei-
chermaßen beliebt sei und in zahlreichen europäischen Ländern Kultstatus ge-
nieße. In Deutschland werde die Serie seit September 2005 in dem von ihr - der
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Anmelderin - betriebenen Fernsehsender "Super RTL" ausgestrahlt; sie habe im
Wege des Lizenzvertrags die Fernsehrechte für Deutschland, einschließlich Mer-
chandising, DVD und Online-Auswertung, erworben. In der Zielgruppe der Kinder
im Alter von 3 bis 13 Jahren habe das Sendeformat einen Marktanteil von … %.
Die Sendung werde auch als DVD-Video sowie Hörspiel auf CD und MC ver-
marktet. Des weiteren seien zahlreiche Spiele zur Sendung entwickelt worden. Es
werde umfangreiche (Cross-)Promotion betrieben, u. a. mit Unternehmen wie
McDonalds, Nestlé und Punica. Außerdem gebe es Magazine, Zeitschriften und
Kalender zur Sendung. Als Anlagen legt die Anmelderin verschiedene Unterlagen
zum Beleg der tatsächlichen Verwendung vor (Spielposter, Sammelkarten, Sam-
melkartenspiele, Kopien aus einem Produktkatalog).
Zusammen mit der (am 17. Juni 2008) erfolgten Ladung zur mündlichen Verhand-
lung ist folgender Hinweis an die Anmelderin ergangen:
"Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung wird auf folgendes
hingewiesen:
1.
Was die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke von Hause
aus angeht, wird ergänzend zu den von der Markenstelle be-
reits übersandten Belegen auf den Sachbuch-Titel "Drachen
und Drachenjäger zeichnen" hingewiesen.
2.
Soweit die Anmeldung hilfsweise auf Verkehrsdurchsetzung
gestützt wird, ist in geeigneter Weise glaubhaft zu machen,
dass das betreffende Zeichen
- als Marke
- für die beschwerdegegenständlichen Waren/Dienstleis-
tungen benutzt worden ist/benutzt wird und
- seit wann und
- in welchem Umfang dies geschehen ist.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die einschlägigen
Kommentierungen verwiesen.
3.
Um möglichen Missverständnissen im Hinblick auf das
Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG vorzubeu-
gen, könnte es hilfreich sein darzulegen, dass die Markenan-
meldung mit Einverständnis der Inhaberind er vonder Anmel-
derin lizenzierten Rechte erfolgt ist oder warum es darauf
ggf. nicht ankommen sollte."
Ein Internet-Ausdruck (2 Blatt) zu dem Buchtitel "Drachen und Drachenjäger
zeichnen" war beigefügt.
In der mündlichen Verhandlung am 5. November 2008 hat die Anmelderin eine
Marktanteilsübersicht zu "Dragon Hunters" sowie eine Liste von "Dragon Hunters-
Produkten" vorgelegt.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1.
Von Hause aus - d. h. vor und unabhänig von jeder Benutzung - fehlt der als
Marke angemeldeten Bezeichnung für die beschwerdegegenständlichen Wa-
ren und Dienstleistungen das für eine Eintragung erforderliche Maß an Un-
terscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einem Zeichen inne-
wohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für
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die von der Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unter-
nehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden.
Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der
so gekennzeichneten Produkte und Angebote zu gewährleisten (st. Rspr.;
vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Nr. 27 - BioID; BGH GRUR 2003, 1050 - City-
service; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Die Beurteilung hat
im Blick auf die konkret betroffenen Waren und Dienstleistungen und auf das
Verständnis des mit diesen angesprochenen Verkehrs - d. h. im vorliegenden
Falle breiter Endverbraucherkreise - zu erfolgen. Dabei darf die Prüfung, ob
die erforderliche Unterscheidungskraft vorhanden ist, nicht auf ein Min-
destmaß beschränkt werden, sondern muss streng und vollständig sein, um
eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu vermeiden (vgl. EuGH
GRUR 2003, 604, Nr. 59 - Libertel; GRUR 2004, 674, Nr. 123 - Postkantoor;
GRUR 2004, 1027, Nr. 45 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).
Handelt es sich bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen um sol-
che, die neben ihrem Charakter als handelbare Güter auch einen bezeich-
nungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen oder aufweisen können, so ist
- unbeschadet eines etwaigen Werktitelschutzes nach § 5 Abs. 3 MarkenG,
für den andere Anforderungen gelten - die markenrechtliche Unterschei-
dungskraft auch dann zu verneinen, wenn die betreffende Bezeichnung ge-
eignet ist, diesen gedanklichen Inhalt der Waren und Dienstleistungen nach
Art eines Sachtitels zu beschreiben (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für
eine bessere Welt; GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHOEN; GRUR 2001,
1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Ver-
nunft; GRUR 2003, 342 - Winnetou; BPatG GRUR 2006, 593 - Der kleine
Eisbär).
Nach diesen Grundsätzen kann der angemeldeten Marke für die beschwer-
degegenständlichen Medienprodukte nicht die erforderliche Unterschei-
dungskraft zugesprochen werden. Zwar bezeichnet "Die Drachenjäger" Per-
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sonen, die es als solche in der Realität nicht gibt, da bereits der Begriff "Dra-
che" - in seiner Hauptbedeutung - ein Fabelwesen verkörpert. Mit diesem
verbinden sich aber hinreichend konkrete Vorstellungen, was das Wesen und
die Gestalt (großes geflügeltes und feuerspeiendes Reptil) ausmachen, so
dass auch rückbezügliche Bezeichnungen (wie etwa Drachenhöhle, Dra-
chenfelsen, Drachentöter) als Gattungsbegriffe - und somit nicht als Hinweis
auf die Herkunft von Waren und Dienstleistungen aus einem (einzigen) Ge-
schäftsbetrieb - verstanden werden. Um einen derartigen Gattungsbegriff
handelt es sich auch beim "Drachenjäger", da diese Figur als Typus in der
sog. Fantasy-Comic-Szene vertraut ist und auch von unterschiedlichen Un-
ternehmen in diesem Sinne als beschreibende Angabe tatsächlich Ver-
wendung findet (wie die von der Markenstelle und vom Senat ermittelten In-
ternet-Seiten belegen). Das Allgemeininteresse an der Freihaltung beschrei-
bender Angaben von Monopolrechten, welches auch im Rahmen der Beurtei-
lung der Unterscheidungskraft zu berücksichtigen ist (vgl. Ströbele in:
Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 40, 41 m. w. N.), verbietet so-
mit die Registrierung der angemeldeten Bezeichnung als Marke zugunsten
einer Herstellerin von Waren bzw. Anbieterin von Dienstleistungen, selbst
wenn diese - wie die Anmelderin - zur Bekanntheit des betreffenden Genres
wesentlich beigetragen hat.
Eine andere Beurteilung ist vorliegend auch nicht deshalb geboten, weil dem
Begriff "Drachenjäger" der bestimmte Artikel im Plural ("Die") vorangestellt
ist. Anders als die Einzahlform (vgl. BPatG GRUR 2006, 593 - Der kleine Eis-
bär) bewirkt die Pluralbildung keine eindeutige Individualisierung, mithin auch
nicht notwendig den Hinweis auf bestimmte einzelne, u. U. bereits bekannte
Drachenjägertypen. Die Eignung zur gattungsmäßigen Beschreibung wird
durch die Voranstellung des Artikels "Die" nicht aufgehoben oder einge-
schränkt.
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Da einer Eintragung der angemeldeten Bezeichnung bereits die Regelung
des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, kann dahingestellt bleiben, ob
zusätzlich auch das Schutzhindernis der ersichtlich bösgläubigen Markenan-
meldung (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 i. V. m. § 37 Abs. 3 MarkenG) gegeben ist oder
ob insoweit die Lizenzverträge der Anmelderin (deren Vorhandensein be-
hauptet, aber nicht durch Vorlage von Unterlagen belegt worden ist) diese
zur Anmeldung im eigenen Namen berechtigen.
2.
Für eine Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt ohne
abschließende Sachentscheidung des Senats (gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 3 Mar-
kenG) zwecks Prüfung der behaupteten Verkehrsdurchsetzung besteht kein
Anlass. Die Anmelderin hat nämlich, trotz entsprechender rechtzeitiger, der
Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügter Hinweise, nicht ausrei-
chend dargelegt - geschweige denn glaubhaft gemacht -, dass sich die an-
gemeldete Bezeichnung infolge ihrer Benutzung für die jetzt noch verfah-
rensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen in den beteiligten Ver-
kehrskreisen als Marke für sie - die Anmelderin - durchgesetzt hätte (vgl. zu
den Anforderungen insoweit Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8
Rdnr. 344, 345). Insbesondere sind die tatsächlichen Behauptungen nicht
durch entsprechende eidesstattliche Versicherungen gestützt worden. Die in
der mündlichen Verhandlung überrreichten schriftlichen Unterlagen (zu
Marktanteilen und Einzelprodukten) beziehen sich auf die Bezeichnung "Dra-
gon Hunters" und sind von daher für die vorliegend beanspruchte Marke "Die
Drachenjäger" unbehelflich.
Prof. Dr. Hacker
Bayer
Viereck
Hu