Urteil des BPatG vom 26.06.2007

BPatG: stand der technik, form, erfindung, fig, breite, vorbenutzung, magazin, patentanspruch, englisch, verfahrenssprache

BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
4 Ni 52/05 (EU)
(Aktenzeichen)
URTEIL
Verkündet am
26. Juni 2007
In der Patentnichtigkeitssache
BPatG 253
08.05
- 2 -
betreffend das europäische Patent EP 0 337 612
(DE 689 07 255)
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche
Verhandlung vom 26. Juni 2007 durch …
für Recht erkannt:
1. Das europäische Patent EP 0 337 612 wird mit Wirkung für das
Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsge-
biet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 337 612
(Streitpatent), das am 17. März 1989 unter Inanspruchnahme der Priorität der
amerikanischen Patentanmeldung US 169666 vom 18. März 1988 angemeldet
worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlicht
und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 689 07 255 ge-
führt. Es betrifft ein verbessertes Klammernahtgerät für chirurgische Zwecke und
eine Klammerpackung für chirurgische Klammernahtgeräte und umfasst
7 Ansprüche, die insgesamt angegriffen sind. Die Ansprüche 1 und 5 lauten in der
Verfahrenssprache Englisch ohne Bezugszeichen wie folgt:
- 3 -
1. A stapler having pockets through which pass staple drivers
adapted to drive unformed staples, each of said pockets gen-
erally conforming to the shape of one of said unformed sta-
ples, said pockets permitting said drivers to position said un-
formed staples on anvils for forming said staples, each one of
said pockets having first parallel sides generally corresponding
to the length of said unformed staples, said first parallel sides
being connected by second parallel sides to form said pocket,
said second parallel sides generally conforming to the width of
said unformed staples, characterised in that there is a tapered
side at each end of each first parallel side, each of said ta-
pered sides diagonally approaching one of said second paral-
lel sides, the resulting pocket having a generally hexagonal
shape, wherein staples within said pocket become self-align-
ing.
5. A staple cartridge having pockets for emplacement of staples,
said pockets having a pair of first parallel sides generally cor-
responding to the length of said unformed staples, said first
parallel sides being connected by second parallel sides to
form said pocket, said second parallel sides generally con-
forming to the width of said unformed staples, characterised in
that there is a tapered side at each end of each first parallel
side, each of said tapered sides diagonally approaching one of
said second parallel sides, the resulting pocket having a gen-
erally hexagonal shape.
In der deutschen Übersetzung haben die Ansprüche 1 und 5 ohne Bezugszeichen
folgenden Wortlaut:
- 4 -
1. Klammernahtgerät mit Taschen, durch die Klammertreiber füh-
ren, die dazu ausgelegt sind, ungeformte Klammern vorwärts-
zutreiben, wobei jede der Taschen generell der Form einer der
ungeformten Klammern entspricht und die Taschen es den
Treibern ermöglichen, die nicht geformten Klammern auf Am-
bosse zu treiben, um die Klammern zu formen, wobei jede der
genannten Taschen erste parallele Seiten aufweist, die im
Wesentlichen der Länge der ungeformten Klammern entspre-
chen, und weiter die ersten parallelen Seiten durch zweite pa-
rallele Seiten miteinander verbunden sind, um die Tasche zu
bilden, und die genannten zweiten parallelen Seiten im We-
sentlichen der Breite der ungeformten Klammern entsprechen,
dadurch gekennzeichnet, dass eine keilförmig zulaufende
Seite an jedem Ende einer ersten parallelen Seite angeordnet
ist, dass die keilförmig zulaufenden Seiten diagonal auf eine
der zweiten parallelen Seiten zulaufen, so dass die entste-
hende Tasche eine im Wesentlichen hexagonale Form auf-
weist, in der die Klammern selbstausrichtend sind.
5.
Klammerpackung mit Taschen zum Aufnehmen von Klam-
mern, wobei die Taschen ein Paar von ersten parallelen
Seiten aufweisen und im Wesentlichen der Länge der unge-
formten Klammern entsprechen, die ersten parallelen Seiten
durch zweite parallele Seiten miteinander verbunden sind,
um die Tasche zu formen, wobei die zweiten parallelen Sei-
ten im Wesentlichen der Breite der ungeformten Klammern
entsprechen, dadurch gekennzeichnet, dass eine keilförmig
zulaufende Seite an jedem Ende einer jeden ersten paralle-
len Seite angeordnet ist, wobei jede der keilförmig zulaufen-
den Seiten diagonal auf eine der zweiten parallelen Seiten
zuläuft, so dass die entstehende Tasche eine im Wesentli-
chen hexagonale Form aufweist.
- 5 -
Wegen der weiteren, unmittelbar oder mittelbar auf die Patentansprüche 1 und 5
rückbezogenen Ansprüche 2 bis 4 sowie 6 und 7 wird auf die Streitpatentschrift
EP 0 337 612 B1 Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents beruhe nicht auf einer
erfinderischen Tätigkeit und die Erfindung sei nicht so deutlich und vollständig of-
fenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Im Übrigen sei der Gegenstand
des Streitpatents durch ein Klammermagazin mit der Bezeichnung „ILA 52“ („In-
verted Linear Anastomosis-52“) offenkundig vorbenutzt. Zur Begründung trägt sie
vor, chirurgische Klammerinstrumente und die dazugehörigen Magazine mit den
Merkmalen des Patentgegenstandes seien im Stand der Technik zum Prioritäts-
zeitpunkt bereits bekannt gewesen und der Patentgegenstand beruhe weder auf
einer erfinderischen Tätigkeit, noch sei er ausführbar. Hierzu beruft sie sich auf
folgende Druckschriften und Dokumente:
NK6
US 4 589 582
NK7
NK6
NK8
K.-H.:
„Computer-assistiertes Klammernahtsystem mit flexiblem
Schaft“, Chirurgische Allgemeine Zeitung (CHAZ), Heft 4/2003, S. 188-189
NK9
Schmitz, R.: „Klammernahtsystem SurgASSIST: Optimierte Anastomosie-
rung bei linksseitigen kolorektalen Resektionen“, Kongresszeitung der
CHAZ, 30. April 2004, S. 10
NK11
NK12
NK13
NK14
NK15
8. Februar 2006
NK16
NK17
NK18
- 6 -
NK19
sondere auch zur Vorbenutzung des Klammermagazins „ILA 52“, insbe-
sondere A026-A032 (Fach 4 bis Fach 7)
NK20
NK24
Intestinal Anastomoses Using the ILA Stapling Device”, The American
Journal of Surgery, Vol. 155, März 1988, S. 520-525
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent EP 0 337 612 mit Wirkung für das Ho-
heitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im vollen Umfang für
nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Vortrag der Klägerin entgegen und hält den Gegenstand des Streit-
patents sowohl für patentfähig als auch die Erfindung als ausreichend offenbart.
Sie bestreitet eine offenkundige Vorbenutzung des Patentgegenstandes durch das
Magazin „ILA 52“ vor dem Prioritätstag, insbesondere auch, dass dieses Magazin
den Merkmalen des Patentgegenstandes entspricht.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet und führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents
mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, denn das
Patent offenbart die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fach-
- 7 -
mann sie ausführen könnte (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. b),
Art. 83 EPÜ).
II.
1. Das Streitpatent betrifft ein chirurgisches Klammernahtgerät und dabei insbe-
sondere die Form der Taschen des Klammermagazins. Derartige Instrumente sind
im Stand der Technik vor dem Prioritätstag des Streitpatents bekannt, weisen aber
den Nachteil auf, dass die Problematik des Verklemmens einzelner Klammern im
Gerät oder einer Fehlverformung der Klammern besteht. Zudem sind zur Vermei-
dung von Fehlbestückungen oder Verklemmungen die Fertigungstoleranzen sehr
gering, weshalb die Herstellung sehr aufwändig ist. Schließlich weisen die im
Stand der Technik bekannten Klammermagazine die Schwierigkeit des Ladens
der Klammern auf und der Klammervorrat kann wegen der Gefahr des Verkantens
nicht vollständig genutzt werden.
2. Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung gemäß dem Streitpatent die Auf-
gabe zugrunde, die beim Stand der Technik auftretenden Schwierigkeiten zu
überwinden, indem eine selbstzentrierende Tasche geschaffen und benutzt wird,
die dazu geeignet ist, die Klammern ordnungsgemäß ausgerichtet zu halten (siehe
DE 689 07 255 T2, Seite 3, Zeilen 19 bis 23).
3. Demgemäß beschreibt Patentanspruch 1 (Merkmalsgliederung hinzugefügt)
ein
M1 Klammernahtgerät mit Taschen (10; 20),
M2
durch
die
Klammertreiber
(40) führen, die dazu ausgelegt
sind, ungeformte Klammern vorwärtszutreiben,
M3 wobei jede der Taschen (10; 20) generell der Form einer der
ungeformten Klammern entspricht,
M4 und die Taschen (10; 20) es der Treibern (40) ermöglichen,
die nicht geformten Klammern auf Ambosse zu treiben, um
die Klammern zu formen,
- 8 -
M5 wobei jede der genannten Taschen (10; 20) erste parallele
Seiten (12) aufweist, die im Wesentlichen der Länge der un-
geformten Klammern entsprechen,
M6 und weiter die ersten parallelen Seiten (12) durch zweite pa-
rallele Seiten (16) miteinander verbunden sind, um die Ta-
schen (10; 20) zu bilden, und die genannten zweiten paral-
lelen Seiten (16) im Wesentlichen der Breite der ungeformten
Klammern entsprechen,
dadurch
gekennzeichnet,
M7 dass eine keilförmig zulaufende Seite (14) an jedem Ende ei-
ner ersten parallelen Seite (12) angeordnet ist, dass die
keilförmig zulaufenden Seiten (14) diagonal auf eine der
zweiten parallelen Seiten (16) zulaufen, so dass die Tasche
eine im Wesentlichen hexagonale Form aufweist, in der die
Klammern selbstausrichtend sind.
4. Der zuständige Fachmann ist ein mit der Entwicklung entsprechender Instru-
mente betrauter Dipl.-Ing. der Fachrichtung Medizintechnik oder Feinwerktechnik.
5. Zur Auslegung des Patentanspruchs 1
Gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 wird eine Taschenform mit pa-
rallelen Seiten beansprucht (siehe Merkmalsgruppen M5 und M6), die „generell“
der Form einer der ungeformten Klammern entsprechen soll (siehe Merkmals-
gruppe M3). Demnach wird also eine rechteckförmige Tasche beansprucht, deren
Größe „im Wesentlichen“ der Größe der ungeformten Klammern entspricht (siehe
Merkmalsgruppe M5 und M6). Gemäß dem Kennzeichnungsteil wird diese Ta-
schenform über die die parallelen Seiten verbindenden keilförmigen Seiten abge-
ändert, welche eine oktogonale Form darstellt, die allerdings in Merkmals-
gruppe M7 als „im Wesentlichen hexagonale Form“ beschrieben wird. In Verbin-
dung mit der Fig. 1 des Streitpatents wird der Fachmann den Anspruch 1 jedoch
so auslegen, dass eine oktogonale Taschenform beansprucht wird.
- 9 -
Die Größe der Tasche in Bezug auf die verwendeten Klammern wird in den
Merkmalsgruppen M5 und M6 als „im Wesentlichen“ der Länge der ersten paral-
lelen Seiten und der Breite der zweiten parallelen Seiten entsprechend beschrie-
ben. Bei einer Taschengröße mit diesen Bemessungen würde eine im Zentrum
der Tasche exakt ausgerichtete Klammer, entgegen dem in Fig. 1 dargestellten
Beispiel, die Länge der ersten parallelen Seiten 12 aufweisen und somit gemäß
der Darstellung von Fig. 1 weder oben noch unten in den keilförmigen Bereich der
Tasche hineinragen. Da die Klammer aber gemäß der Beschreibung mit den keil-
förmigen Seiten 14 zur Ausrichtung wechselwirken soll (siehe Seite 6, Zeile 5
bis 7), wird der Fachmann die durch den verwendeten Ausdruck „im Wesentli-
chen“ ungenaue Längenangabe der ersten parallelen Seiten 12 in Bezug auf die
Klammer so verstehen, dass die Klammer etwas länger als die ersten parallelen
Seiten 12 ist, um in den Bereich der keilförmigen Seiten zu ragen, aber ohne die
Seiten 16 zu berühren (siehe dazu insbesondere Seite 5, Zeilen 18 bis 21).
6. Zur Ausführbarkeit der Erfindung
Gemäß Merkmalsgruppe M7 wird mit Anspruch 1 eine Taschenform beansprucht,
„in der die Klammern selbstausrichtend“ sind.
Danach ist davon auszugehen, dass aufgrund dieses Anspruchmerkmals als An-
meldegegenstand ein zweckgebundener Sachschutz für eine Vorrichtung begehrt
wird. So heißt es auch in der Beschreibung (Seite 3, Zeilen 19-23): „Die vorlie-
gende Erfindung überwindet diese und andere Schwierigkeiten, die bei gegenwär-
tig geformten Klammertreibtaschen auftreten, indem eine selbstzentrierende Ta-
sche geschaffen und benutzt wird, die dazu geeignet ist, die Klammern ordnungs-
gemäß ausgerichtet zu halten“. Dieses Problem wird mit den in den Patentansprü-
chen 1 bis 7 aufgeführten Merkmalen gelöst. Mit der Erfindung soll eine Selbstaus-
richtung der Klammern in den Taschen erreicht werden.
Die die „Klammertaschenform“ näher kennzeichnende Bestimmungsangabe „in
der die Klammern selbstausrichtend sind“ ist deshalb nicht nur eine bloße - bei-
spielhafte und den Schutzgegenstand unberührt lassende - Zweckangabe (vgl.
- 10 -
hierzu BGH GRUR 1979, 149, 150-151 - Schießbolzen; GRUR 1991, 436, 437 -
Befestigungsvorrichtung II). Die Bestimmungsangabe dient vielmehr- wie auch die
figürlich dargestellten Ausführungsbeispiele eindeutig belegen - der mittelbaren
Umschreibung der funktionellen Zurichtung des Klammernahtgeräts und der
räumlich-körperlichen Ausgestaltung der Vorrichtung für die Selbstausrichtung der
Klammern.
Es ist deshalb vorliegend für die maßgebliche Frage der Ausführbarkeit der Erfin-
dung i. S. v. Art. 83 EPÜ auch auf die beanspruchte objektive Eignung der Vor-
richtung für die Selbstausrichtung der Klammern abzustellen und maßgeblich, ob
die Realisierung dieses besonderen Verwendungszwecks für den Fachmann hin-
reichend offenbart ist (siehe BPatG 21 W (pat) 42/04 in GRUR 2006, 1015-1018,
LS2).
Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Erfindung ausführbar i. S. v. Art. 83 EPÜ,
wenn ein Fachmann anhand der Angaben unter Einsatz seines Fachwissens in
der Lage ist, die offenbarte technische Lehre praktisch zu verwirklichen, wobei die
Erfindung nicht buchstabengetreu realisierbar sein muss. Es reicht vielmehr aus,
dass der Fachmann anhand der Offenbarung das erfindungsgemäße Ziel zuver-
lässig in praktisch ausreichendem Maße erreichen kann. Die insoweit erforderli-
chen Angaben müssen nicht im Patentanspruch selbst enthalten sein, sondern es
reicht aus, dass sich diese aus der Patentschrift insgesamt ergeben (vgl. Busse
PatG, 6. Aufl., § 34 Rdn. 273; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 34 Rdn. 364 - jeweils
m. w. H.). Auch ist es nicht erforderlich, dass alle denkbaren unter den Wortlaut
des Patentsanspruchs fallenden Ausgestaltungen ausgeführt werden können (vgl.
BGH GRUR 2003, 223, 225 - Kupplungsvorrichtung II; BGH GRUR 2004, 47, 48 -
blasenfreie Gummibahn I).
Die vorliegenden Unterlagen genügen diesen Anforderungen im Hinblick auf den
maßgeblichen Gegenstand der Patentansprüche nicht. Denn der angesprochene
Fachmann ist auch unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens an-
hand des gesamten Offenbarungsgehaltes der Anmeldung nicht in der Lage, die
- 11 -
beanspruchte technische Lehre zu realisieren. So werden in der Beschreibung
(siehe Seite 5, Absatz 2) keine über die im Anspruch 1 enthaltenen und bereits
diskutierten Größenangaben hinausgehenden Angaben gemacht. Über die Funk-
tion der Selbstausrichtung wird in der Beschreibung lediglich im letzten Absatz auf
Seite 5 und im ersten Absatz auf Seite 6 in Verbindung mit Fig. 1 etwas ausge-
führt. Demnach wird sich eine in Fig. 1 strichpunktiert dargestellte fehlausgerich-
tete Klammer „notwendigerweise zu der richtigen Achse ausdrehen“ (siehe
Seite 6, Zeilen 1, 2), „was durch die Geometrie der Tasche bewirkt wird“ (siehe
Seite 6, Zeile 4, 5). Bei einer korrekt ausgerichteten Klammer befindet sich diese
gemäß Fig. 1 symmetrisch im Zentrum der Tasche, ohne die Seiten zu berühren.
Durch welchen Mechanismus sich die Klammer gemäß der strichpunktierten Dar-
stellung mit ihren Enden von den keilförmigen Seiten abstößt, um im Zentrum der
Tasche zu verharren, ist nicht offenbart. Gemäß Seite 6, Zeile 5 bis 7 rutscht die
Klammer zur ordnungsgemäßen Ausrichtung gegen die Seiten der Führungsta-
schenwand. Dadurch wird aber das Lösen der Klammern von dieser Führungsta-
schenwand und Ausrichten im Zentrum der Tasche nicht erklärt. Es ist nicht er-
kennbar, wie sich eine in die Klammertasche „schräg“ eingesetzte Klammer oder
eine z. B. durch Erschütterungen in eine solche fehlausgerichtete Lage gekom-
mene Klammer in ihre ordnungsgemäße Lage wieder zurückbewegen könnte.
Eine über die Länge und Breite der Klammer in Bezug auf die Klammertasche hi-
nausgehende Beschreibung der Form oder Ausgestaltung der Klammer ist im
Streitpatent ebenfalls nicht gegeben. Entsprechend ist auch nicht offenbart, wie
die Klammer zur Selbstausrichtung in der Klammertasche beitragen könnte.
Gemäß den Ausführungen der Beklagten soll die Klammer durch die Geometrie
der Seitenwände der Klammertaschen vergleichbar mit einem Ping-Pong oder
Billard-Spiel mit den Seitenwänden abwechselnd in Kontakt kommen, bis sie die
zentrale Position eingenommen hat. Einen Mechanismus, der bei einer fehlausge-
richteten Klammer dieses Wechselspiel auslösen soll, der der Klammer in Verbin-
dung mit den Seitenwänden die dafür notwendigen elastischen Eigenschaften
z. B. einer Billard-Kugel verleiht und die Klammer schließlich in die zentrale Posi-
tion bringt, entsprechend einer nach mehreren Reflexionen an den Seitenwänden
- 12 -
in der Mitte eines Billardtisches liegenbleibenden Billardkugel, sind in der Patent-
schrift auch ansatzweise nicht offenbart.
So besteht im Hinblick auf die Zentrierung der Klammer in der Klammertasche
eine vollständige Ungewissheit über die konkrete Ausführung der Vorrichtung. Es
wird auch keine Richtung vorgegeben, in der der Fachmann durch einzelne, orien-
tierende Versuche eine Selbstausrichtung der Klammern erreichen könnte. Eine
nicht deutlich und vollständige, insbesondere auch eine nicht fertige Lehre ist aber
nicht ausführbar (vgl. auch Busse, PatG, 6. Aufl., § 34 Rdn. 308 m. w. N.).
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1
ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG
i. V. m. § 709 ZPO.
gez.
Unterschriften