Urteil des BPatG vom 11.05.2005

BPatG: beschreibende angabe, unterscheidungskraft, medien, eugh, computer, gestaltung, hardware, dvd, unternehmen, wörterbuch

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 111/05
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 304 68 068.0
_______________________
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 26. März 2007 durch …
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beschlossen:
Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Mar-
kenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts
vom 11. Mai 2005 aufgehoben.
G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist (farbig, blauschwarz)
Das Warenverzeichnis lautet:
1. Waren, soweit in Klasse 9 enthalten:
Geräte der Kommunikations- und Unterhaltungselektronik,
Fernsehgeräte, LCD-Fernsehgeräte, CD-Player, DVD-Player
und DVD-Recorder, Ton- und Bildaufzeichnungsgeräte, Laut-
sprecher sowie deren Teile soweit in Klasse 9 enthalten, ins-
besondere Datenverarbeitungsgeräte, Computer und Compu-
ter-Peripherie, Heimcomputer, Notebooks, Monitore mit Bild-
röhre, Monitore mit Plasmabildschirmen, Monitore mit TFT-
Display in verschiedenen Größen, Festplatten, Laufwerke aller
Art (extern und intern), Speichermodule, Speichersysteme (ex-
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tern und intern), im Wesentlichen bestehend aus Speicherme-
dien, einschließlich digitalen und optischen oder magnetischen
Speichermedien sowie dazugehörige Schreib- und Leseein-
heiten, digitale Kameras, soweit in Klasse 9 enthalten. Netz-
und Lade-Stromversorgungsgeräte (intern und extern) für
sämtliche der vorgenannten Waren in Klasse 9.
Taschen, Futterale, Etuis, welche zum Transport der o. g. Wa-
ren angepasst sind, soweit in Klasse 9 enthalten.
2. Waren, soweit in Klasse 9, bzw. 38 enthalten:
Hardware zur Übermittlung und Darstellung von Nachrichten
und Informationen aller Art im online sowie wireless Verfahren
sowie im Internet oder durch Telekommunikationseinrichtun-
gen.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die
Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Begründend
ist in der Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid im Wesentlichen ausge-
führt, dass die Anmeldung mit dem Hinweis auf Informationsvermittlungssysteme
bzw. Werbeträger und einen Bildschirmausschnitt im Sinne von „Medienfenster“
eine beschreibende Angabe über die Beschaffenheit bzw. Bestimmung der bean-
spruchten Produkte/Dienstleistungen sei. Die grafische Gestaltung halte sich im
Rahmen des in der Werbung Üblichen.
Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt. Mit näheren Ausführungen hält er
Schutzhindernisse, die die Anmeldung in ihrer Gesamtheit und in ihrer grafischen
Gestaltung von der Eintragung ausschließen könnten, nicht für gegeben.
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Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 auf-
zuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten
Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke
stehen keine absoluten Schutzhindernisse i. S. v. § 8 Abs. 2 MarkenG entgegen,
insbesondere kann ihr nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass der Senat mit der Markenstelle da-
von ausgeht, dass durch die Formulierungen im amtlichen Anmeldeformular mit
der Bezugnahme auf die Markendarstellung in der Anlage nur die oben dargestell-
te Marke Gegenstand der Anmeldung ist, nicht indessen die in der Anlage mit ent-
haltenen weiteren Darstellungen und Angaben zu Farbe und Schrift.
Die Prüfung der Anmeldung auf absolute Schutzhindernisse ist dabei auch ohne
eine endgültige Klarstellung des Warenverzeichnisses möglich. Zwar ist für den
Bereich der dort unter Punkt 2. genannten speziellen Hardware auch angegeben,
„soweit in Klasse 9, bzw. 38 enthalten“; ausdrücklich nennt das Warenverzeichnis
jedoch Hardware (Klasse 9), die mit dem Bezug zur Telekommunikation (Klas-
se 38) näher beschrieben ist. Hierüber kann eine präzisierte Fassung nicht hinaus-
gehen.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke
innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche
die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend
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zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer
Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2002, 804, 806 (Nr. 35)
- Philips; GRUR 2003, 514, 517 (Nr. 40) - Linde, Winward u. Rado; GRUR 2004,
428, 431 (Nr. 48) - Henkel; BGH GRUR GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 18) - FUSS-
BALL WM 2006). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die
angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die
beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke
durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen
ist (vgl. u. a. EuGH a. a. O. (Nr. 41) - Linde, Winward u. Rado; a. a. O. (Nr. 50)
- Henkel; GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 24) - SAT.2; BGH a. a. O. (Nr. 18) - FUSS-
BALL WM 2006). Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der Verkehr ein als Mar-
ke verwendetes Zeichen i. d. R so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es ei-
ner näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH
a. a. O. (Nr. 53) - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFT-
WARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hier-
von besitzen Wortmarken nach der Rechtsprechung dann keine Unterscheidungs-
kraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren
oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden
Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) - Post-
kantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKalk; GRUR 2005,
417, 418 - BerlinCard) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wen-
dungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen,
die, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den
Medien, stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wer-
den (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten;
BGH GRUR
2003, 1050, 1051 -
Cityservice; a.
a.
O. (Nr.
19) -
FUSSBALL
WM 2006). Die danach erforderlichen Voraussetzungen für die Annahme fehlen-
der Unterscheidungskraft liegen nach Auffassung des Senats bei der Anmelde-
marke jedoch nicht vor.
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Das Wort „Media" ist lateinischen Ursprungs und bedeutet eigentlich „die Mittlere“
(Menge-Güthling, Großwörterbuch Lateinisch-Deutsch S. 465); es hat jedoch als
Fremdwort in die deutsche Sprache Eingang gefunden, insbesondere in Wortzu-
sammensetzungen wie Mediaanalyse, Mediaforschung, bei denen es um Einsatz
und Wirkung von Werbeträgern geht (vgl. z. B. Duden, Das große Fremdwörter-
buch, 3. Aufl., S. 856). Lexikalisch bezeichnet „Media", mit Hinweis auf den Ge-
brauch in der Form „Medien“, allgemein die Einrichtungen, die der Vermittlung von
Informationen und Meinungen, Unterhaltung und Belehrung dienen, z. B. Film,
Funk, Fernsehen, Presse (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch 2002, S. 859). Das
Wort „MEDIA“ wird auch in der englischen Sprache verwendet und ins Deutsche
u. a. mit „Medien, Mittel, Werbeträger“ übersetzt (vgl. Leo online-Lexikon). Ob sich
in dieser Bedeutung des Wortes „Media“ bezüglich der beanspruchten Produkte
ein klarer, im Vordergrund stehender beschreibender Bezug ergibt, erscheint frag-
lich.
Soweit das Wort „Media“, laut DUDEN selten, statt des Wortes „Medium“, zur Be-
zeichnung der der Informationsvermittlung dienenden technischen Geräte oder
Apparate und sonstige Mittel dient (vgl. DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch,
6. Aufl 2006, S. 1127), kommt diese Bezeichnung allerdings als beschreibende
Angabe für die beanspruchten Produkte, jedenfalls zum überwiegenden Teil, in
Betracht.
Das allein reicht aber für den Ausschluss von der Eintragung nicht aus, denn die
Anmeldung enthält weiter unübersehbar hervortretend das Wort „WINDOW“.
Das englische Wort „WINDOW“ bedeutet im Deutschen allgemein „Fenster“, im
Bereich der EDV auch „Bildschirmfenster“, eine Metapher für Programme, die u. a.
die Aufteilung des Bildschirms in mehrere „Fenster“ erlauben, die jeweils über ei-
nen eigenen Rahmen verfügen und unterschiedliche Dokumente oder eine andere
Ansicht desselben Dokuments enthalten können (vgl. Microsoft Press, Computer
Lexikon, 7. Aufl. S. 282). Gegenstand des Warenverzeichnisses sind jedoch we-
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der Fenster als Baumaterial, noch auf „Bildschirmfenster“ beziehbare Programme
(Software). Von daher lässt sich nicht feststellen, dass diesem Markenbestandteil
als beschreibende Angabe jegliche Unterscheidungskraft fehlen könnte.
Ob, wie die Markenstelle meint, von einem einheitlichen Begriff „MEDIA WIN-
DOW“ (Medienfenster) ausgegangen werden kann, erscheint angesichts der Ge-
staltung der Marke nicht zweifelsfrei; die Bestandteile „MEDIA“ und „WINDOW“
sind durch die unterschiedliche Schriftgröße und die Zeilenversetzung, durch die
das Wort „MEDIA“ zurücktritt und das Wort „WINDOW“ hervorgehoben wird, deut-
lich voneinander abgesetzt. Aber auch für eine Gesamtbezeichnung „MEDIA WIN-
DOW“ kann nicht festgestellt werden, dass dieser, wenn sie mit „Medienfenster“
erfasst wird, bezogen auf die konkret vorliegenden Waren ein klarer, im Vorder-
grund stehender, der Unterscheidungskraft entbehrender beschreibender Begriffs-
inhalt zugeordnet werden könnte.
Was ein zu Medien in irgendeiner Weise in Beziehung stehendes Fenster sein
soll, ist schon von der Wortbildung her unklar und verschwommen. Dass die be-
anspruchten Waren, wie die Markenstelle wohl meint, irgendwie mit Fenstertech-
nik und Medien im Zusammenhang stehen könnten, ergibt für ein Gesamtwort
„MEDIA WINDOW“ noch keine naheliegende und sinnvolle beschreibende Anga-
be, da schon speziell auf Fenstertechnik beziehbare Programme nicht bean-
sprucht sind. Nicht einschlägig ist deshalb eine vom Senat festgestellte Verwen-
dung von „MEDIA WINDOW“ für eine von einer Bildbearbeitungssoftware gebote-
ne Möglichkeit, in einem eigenen Bildschirmfenster als Dateien vorliegende Me-
dieninhalte darstellen und bearbeiten zu können.
Da der angemeldeten Marke aus den dargelegten Gründen für die beanspruchten
Waren kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet
werden kann, ist auszuschließen, dass ein normal informierter und angemessen
aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher der vorliegenden Wa-
ren die Anmeldung lediglich als Sachangabe und nicht als Unterscheidungsmittel
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versteht; der Marke fehlt deshalb nicht die erforderliche Unterscheidungskraft
i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (vgl. u. a. BGH a. a. O. - Cityservice m. w. N.).
Nachdem die angemeldete Bezeichnung nicht ausschließlich aus beschreibenden
Angaben besteht, lässt sich auch ein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG nicht feststellen.
Die angemeldete Marke ist auch nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG von der Ein-
tragung ausgeschlossen. Die Darstellung des Symbols ® erweckt zwar den Ein-
druck einer eingetragenen Marke; das Symbol darf aber bereits bei der Anmel-
dung hinzugefügt werden (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG 8. Aufl. § 8 Rdn. 390
m. w. N.).
Im weiteren Eintragungsverfahren wird die Markenstelle die von ihr zurückgestellte
Klarstellung des Warenverzeichnisses im oben beschriebenen Sinn nachzuholen
haben.
gez.
Unterschriften