Urteil des BPatG vom 14.09.2009

BPatG: stand der technik, patentanspruch, bahn, versicherung, breite, vorbenutzung, auflage, patentfähigkeit, produktion, verwertung

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
9 W (pat) 419/05
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
14. September 2009
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
betreffend das Patent 196 10 900
- 2 -
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 14. September 2009 unter Mitwirkung des Vorsit-
zenden Richters Dipl.-Ing. Pontzen sowie des Richters Dipl.-Ing. Bülskämper, der
Richterin Friehe und des Richters Dipl.-Ing. Reinhardt
beschlossen:
Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechter-
halten:
- Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Patentansprüche 2 bis 6,
- Beschreibung und Zeichnungen,
jeweils gemäß Patentschrift.
G r ü n d e
I.
Gegen das unter Inanspruchnahme der Priorität der französischen Voranmeldung
95 05 141 vom 28. April 1995 am 20. März 1996 angemeldete und am
14. Juli 2005 veröffentlichte Patent mit der Bezeichnung
"Falzappa rat mit einer Hauptfalzeinrichtung und ei-
nem zugeordne ten Zusa tzschneidemodul"
ist von der m… AG Einspruch erhoben worden.
- 3 -
Die Einsprechende ist der Meinung, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht
patentfähig.
Zum Stand der Technik macht sie eine offenkundige Vorbenutzung geltend. Im
Rahmen von Angebotsverhandlungen bezüglich einer Rollenrotationsdruckma-
schine habe am 23. September 1993 eine Besprechung bei einem Kunden statt-
gefunden, in welcher u. a. die Konfiguration des Punkturfalzwerks PFW 3J/1 an-
hand der Prinzipskizze K2 gezeigt und besprochen worden wäre. Das in dieser
Skizze dargestellte Zusatzschneidemodul lege das streitpatentgemäß bean-
spruchte Zusatzschneidemodul zumindest nahe.
Zur Glaubhaftmachung der Behauptung, bei der Besprechung am 23. Septem-
ber 1993 sei Mitarbeitern der Kundin die Prinzipskizze K2 vorgelegt worden, hat
die Einsprechende eine eidesstattliche Versicherung des Zeugen B… vom
14. September 2005 vorgelegt. Beide Beteiligte haben sich mit der Verwertung der
eidesstattlichen Versicherung zu Beweiszwecken einverstanden erklärt.
Des Weiteren hat sie hierzu vorgelegt:
- Hausbrief/Aktennotiz vom 24. September 1993 als Protokoll der
Besprechung vom 23. September 1993 (Anlage K1)
- Prinzipskizze eines Punkturfalzwerks PFW 3J/1 (Anlage K2)
- Angebot Nr. 23 269 über eine Rollenrotationsdruckmaschine für
den wasserlosen Offsetdruck Typ ROTOMAN in Parterrebauart
vom 28. Januar 1994 (Anlage K3)
- vergrößerte Kopie eines Ausschnitts aus der Prinzipskizze des
Punkturfalzwerks (Anlage K4).
Über den Inhalt der Angebotsverhandlungen habe weder eine ausdrückliche noch
eine stillschweigende Geheimhaltungsverpflichtung bestanden. Technische Sach-
verhalte, deren freie Benutzung durch Dritte sie unterbinden wolle, führe sie
- 4 -
grundsätzlich vor Weitergabe an Außenstehende dem Patentschutz zu. Dies zeige
sich am Beispiel der von o. g. Angebot umfassten Druckmaschine für den wasser-
losen Offsetdruck, was durch folgende Patent- bzw. Gebrauchsmusterdokumente
belegt sei:
- EP 0 480 230 B1
- DE 42 02 544 A1
- DE 93 14 968 U1
- DE 93 14 967 U1.
In der mündlichen Verhandlung hat sie zur Glaubhaftmachung ihrer Behauptung,
es sei mit der Kundin keine Geheimhaltung vereinbart worden, eine weitere eides-
stattliche Versicherung des Zeugen B… vom 14. September 2009 vorgelegt. Auch
mit der Verwertung dieser eidesstattlichen Versicherung zu Beweiszwecken haben
sich beide Beteiligte einverstanden erklärt.
Zum Stand der Technik verweist die Einsprechende weiter auf folgende Druck-
schriften bzw. Fachliteratur
- FR 2 575 701 A1
- Walenski, W.: "Der Rollen-Offsetdruck", Fachschriften-Verlag
GmbH & Co. KG, 1. Auflage 1995, Seiten 204, 205,
(im Folgenden bezeichnet mit "Rollen-Offsetdruck")
- Braun, A.: "Atlas des Zeitungs- und Illustrationsdruckes", Poly-
graph Verlag GmbH, Auflage 1960, Seiten 65 bis 99,
(im Folgenden bezeichnet mit "Atlas")
- Frei, O.: "Rollenoffset - Techniken Systeme Maschinen", Poly-
graph Verlag GmbH, © 1979, Seiten 41 bis 57,
(im Folgenden bezeichnet mit "Rollenoffset-Techniken")
- GB-PS 339 480,
- 5 -
- JP 57-151 565 A mit Patent Abstracts of Japan,
- JP 61-023 078 A mit Patent Abstracts of Japan.
Die Einsprechende stellt den Antrag,
das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag,
das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhal-
ten:
- Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
- Patentansprüche 2 bis 6,
- Beschreibung und Zeichnungen,
jeweils gemäß Patentschrift.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
- 6 -
Diesem Patentanspruch 1 schließen sich rückbezogen die Patentansprüche 2 bis
6 in der erteilten Fassung an.
Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, dass die von der Einsprechenden gel-
tend gemachte Vorbenutzung nicht offenkundig geworden sei. In der von der Ein-
sprechenden geschilderten Angebotsphase müsse zwischen der Einsprechenden
und ihrem Kunden eine zumindest stillschweigende Geheimhaltungsvereinbarung
bestanden haben. Dies ergebe sich auch aus folgenden Veröffentlichungen:
- Presseinformation der MAN Roland Druckmaschinen AG "pres-
seinfo" No 01/07-1/2, Augsburg, 2007-01-04
- Internetauftritt der Fa. AVD Goldach Seite "Drucken: News",
15. März 2007
- Internetauftritt der Fa. AVD Goldach Seite "Unternehmen - Ge-
schichte", 24.04.08.
Davon abgesehen stehe das Zusatzschneidemodul nach der behaupteten Vorbe-
nutzung der Patentfähigkeit des streitpatentgemäß beanspruchten Falzapparats
aber auch nicht entgegen.
- 7 -
Ebenso wenig könne der druckschriftliche Stand der Technik dem Gegenstand
des Streitpatents die Patentfähigkeit nehmen.
Im Prüfungsverfahren war über den o. a. Stand der Technik hinaus noch die
DE-AS 1 905 632 berücksichtigt worden.
II.
Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ist durch PatG § 147 Abs. 3 Satz 1
a. F. begründet.
1. Der Einspruch ist zulässig. Er hat teilweise Erfolg durch eine Beschränkung des
Patents.
2. Das Patent betrifft einen Falzapparat mit einer Hauptfalzeinrichtung und einem
zugeordneten Zusatzschneidemodul.
Im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 ist der Stand der Technik nach der
FR 2 575 701 A1
berücksichtigt.
Bei
dem
Falzapparat
gemäß
der
FR 2 575 701 A1 ist ein Zusatzschneidemodul so angeordnet, dass die Teilbah-
nen zwischen seinem Eingang und Ausgang entlang einem S-förmigen Weg ver-
laufen. In der ersten Biegung des S-förmigen Weges werden die Teilbahnen von
einer Transportbandeinrichtung in Anlage an einen Gegenschneidezylinder gehal-
ten. Zwei entsprechend dem S-förmigen Weg auf Höhe der ersten Biegung nach-
einander angeordnete Schneidzylinder sind mit jeweils einem Schneidmesser ver-
sehen und wirken mit dem zwei Gegenschneidelemente enthaltenden Gegen-
schneidezylinder zusammen. Die Schneidzylinder haben gegenüber dem Gegen-
schneidezylinder den halben Durchmesser.
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Gemäß Streitpatentschrift ist dieses Zusatzschneidemodul mit Nachteilen behaf-
tet. Der Hauptnachteil sei der von den Teilbahnen zu durchlaufende S-förmige
Weg, der lang und kompliziert sei und zum Halten der Teilbahnen zwischen den
beiden Schneidzylindern mindestens eine Transportbandeinrichtung erfordere. Die
Leistung dieses Schneidemoduls sei wegen der Spezialanordnung reduziert und
begrenzt (Absätze 0003, 0004).
Das dem Patent zugrundeliegende und mit der Aufgabe formulierte technische
Problem besteht deshalb darin (Absatz 0006),
Dieses Problem soll durch den Falzapparat mit den im geltenden Patentan-
spruch 1 angegebenen Merkmalen gelöst werden.
3. Das geltende Patentbegehren ist zulässig.
Patentanspruch 1 ergibt sich aus einer Zusammenfassung der Merkmale nach
dem ursprünglichen Patentanspruch 1 mit Angaben aus der ursprünglichen Be-
schreibung (Seite 4, Zeilen 12 bis 16 und 33 bis 36; Seite 5, Zeilen 1 bis 11; Sei-
te 9, Zeilen 19 bis 28). Die Merkmale nach den Unteransprüchen 2 bis 6 finden
sich in den ursprünglichen Unteransprüchen 2 bis 6.
Die Streitpatentschrift offenbart den Falzapparat nach dem geltenden Patentan-
spruch 1 durch den erteilten Patentanspruch 1 in Verbindung mit den Angaben ge-
mäß den Absätzen 0025, 0026 und 0046, 0047. Die Patentansprüche 2 bis 6 stim-
men mit den erteilten Patentansprüchen 2 bis 6 überein.
- 9 -
Der geltende Patentanspruch 1 konkretisiert gegenüber dem erteilten Patentan-
spruch 1 die zuvor mögliche beliebige Relativbeweglichkeit der beiden Falztrichter
zu einer Beweglichkeit des ersten Falztrichters und die zuvor mögliche gegenseiti-
ge beliebig weite (und damit auch geringe) Versetzbarkeit der Falztrichter zu einer
Versetzbarkeit zur Erzeugung von Fertigerzeugnissen mit zwei mal vier Seiten.
Sein Gegenstand ist somit gegenüber dem des erteilten Patentanspruchs 1 be-
schränkt.
4. Zum entgegengehaltenen Stand der Technik
4.1. Die behauptete Vorbenutzung ist nicht hinreichend nachgewiesen.
Die Einsprechende hat behauptet, dass die Prinzipskizze (Anlage K2) des Punk-
turfalzwerks PFW 3J/1, in der u. a. ein Zusatzschneidemodul dargestellt ist, den
Herren B1… und A… der Firma A1… in einer Besprechung in A2…-
… am 23. September 1993 als Präsentationsfolie gezeigt und erläutert worden
sei. Dies konnte sie jedoch nicht nachweisen.
Denn weder der vorgelegte Hausbrief/Aktennotiz (Anlage K1) noch das Angebot
vom 28. Januar 1994 (Anlage K3) nimmt auf diese Prinzipskizze Bezug, und der
behauptete Sachverhalt wird auch durch die eidesstattliche Versicherung des
Herrn B… vom 14. September 2005, mit deren Verwertung zu Beweiszwecken
beide Beteiligte sich einverstanden erklärt haben, nicht belegt: abgesehen davon,
dass nach dieser eidesstattlichen Versicherung die Besprechung vom 23. Septem-
ber 1993 nicht in A2…, sondern in G… stattfand, ist dort lediglich versi-
chert, dass "im Rahmen der Besprechungen und Verkaufsverhandlungen" den
Herren B1… und A… Präsentationsfolien gezeigt worden seien, darunter die
Darstellung der Anlage K2, und dass dies vor der Zusendung des Angebots vom
28. Januar 1994 (Anlage K3) an die Fa. A1… geschah. Der Zeuge B…
hat in seiner eidesstattlichen Versicherung mithin den Vortrag der Einsprechenden
zur offenkundigen Vorbenutzung gerade nicht bestätigt.
- 10 -
Nach den Angaben des Vertreters der Einsprechenden in der mündlichen Ver-
handlung hat der Zeuge B… eigene Aufzeichnungen und die Aktennotiz vom
24. September 1993 als Grundlage für seine eidesstattliche Versicherung benutzt.
Gleichwohl enthält die eidesstattliche Versicherung vom 14. September 2005 kei-
ne Angaben dazu, wer den beiden Mitarbeitern der Fa. A1… wann kon-
kret die Prinzipskizze K2 gezeigt hat.
Nach alledem ist für die Annahme einer offenkundigen Vorbenutzung schon nicht
hinreichend dargelegt, wann wer wem die Prinzipskizze K2 vorgelegt und erläutert
hat, ganz abgesehen davon, dass nicht aus den Unterlagen hervorgeht, ob bei der
behaupteten Vorlage der Skizze des Punkturfalzwerks PFW 3J/1 (Anlage K2) das
lediglich schematisch erkennbare Zusatzschneidemodul überhaupt angesprochen
wurde und wenn ja, ob dabei auch diejenigen Merkmale desselben in den Blick-
punkt gestellt wurden, die nunmehr dem Gegenstand des Streitpatents entgegen-
stehen könnten. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die konkrete Ausge-
staltung des Zusatzschneidemoduls thematisiert wurde und z. B. der in diesem
Fall nur aus der Skizze entnehmbare geradlinige Verlauf der Bahn zwischen Ein-
tritt und Austritt des Zusatzschneidemoduls überhaupt beachtet wurde.
Vorliegend kann daher die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung nicht als
Stand der Technik berücksichtigt werden.
4.2 Das Veröffentlichungsdatum von "Rollen-Offsetdruck" konnte nicht festgestellt
werden.
Das Streitpatent nimmt die Priorität der französischen Voranmeldung vom
28. April 1995 in Anspruch. In besagtem Fachbuch findet sich als Datumsangabe
lediglich das Erscheinungsjahr der Auflage ("1. Auflage 1995") sowie die Jahres-
angabe für das Copyright ("© 1995"). Eine Veröffentlichung vor dem Prioritätsda-
tum 28. April 1995 lässt sich hieraus nicht ableiten. Nachforschungen der Parteien
wie auch des Senats hierzu sind erfolglos geblieben. Demnach kann diese Fach-
- 11 -
veröffentlichung vorliegend ebenfalls nicht als Stand der Technik berücksichtigt
werden.
4.3 Die übrigen in Prüfungs- und Einspruchsverfahren in Betracht gezogenen Do-
kumente sind vorveröffentlicht und demnach zu berücksichtigender Stand der
Technik.
5. Zur Patentfähigkeit des geltenden Patentanspruchs 1
5.1 Der zweifellos gewerblich anwendbare Falzapparat nach Patentanspruch 1 ist
neu.
Aus keiner der zu berücksichtigenden Druckschriften bzw. Fachveröffentlichungen
ist ein Falzapparat mit sämtlichen in Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen
bekannt. Insbesondere zeigt keines dieser Dokumente einen Falzapparat mit einer
Hauptfalzeinrichtung und einem Zusatzschneidemodul, wobei der Falztrichter der
Hauptfalzeinrichtung zur Erzeugung von "2x4"-Produkten gegenüber dem Falz-
trichter des Zusatzschneidemoduls versetzbar ist, das Zusatzschneidemodul einen
geradlinigen Bahnverlauf zwischen seinem Eintritt und Austritt aufweist und so-
wohl Schneidzylinder als auch Gegenschneidzylinder zwei aufeinanderfolgende
Schneidvorgänge während einer Umdrehung ausführen.
5.2 Der Falzapparat nach Patentanspruch 1 beruht auf erfinderischer Tätigkeit.
Als Durchschnittsfachmann nimmt der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung
Maschinenbau an, der bei einem Druckmaschinenhersteller oder -zulieferer mit
der Entwicklung von Falzapparaten befasst ist und auf diesem Gebiet über mehr-
jährige Berufserfahrung verfügt.
- 12 -
Zur Erleichterung von Bezugnahmen ist der erteilte Patentanspruch 1 nachste-
hend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben:
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Ein Falzapparat mit den im Oberbegriff angegebenen Merkmalen 1 bis 3 ist un-
streitig aus der FR 2 575 701 A1 bekannt. Es ist eine Hauptfalzeinrichtung 1 sowie
ein dieser zugeordnetes Zusatzschneidemodul 2 vorhanden (Merkmale 1.0
bis 1.3), welches mindestens eine längsgefalzte, aus einer von einer Rotations-
druckmaschine kommenden Bahn 5 stammende Teilbahn 9, 10 in Exemplare zer-
schneidet (Seite 1, Zeilen 1 bis 5; Merkmale 2, 3).
Über diese gattungsbildende
Ausgestaltung hinaus weist
die
Hauptfalzeinrichtung 1
einen ersten Falztrichter 3
auf
sowie
einen
dem
Zusatzschneidemodul 2 zu-
geordneten
zweiten
Falztrichter 4 (vgl. hier wiedergegebene Figur 1). Zum Schneiden der Exemplare
sind
zwei
Schneidzylinder 22,
24
halben
Durchmessers
sowie
ein
Gegenschneidzylinder 18 einfachen Durchmessers vorgesehen. Die Schneid-
zylinder 22, 24 weisen jeweils ein Messer 21, 23 an ihrem Umfang auf (Seite 5,
Zeile 23 bis Seite 6, Zeile 3; vgl. auch Figur 3). Um die Bahn über die zwischen
den Kontaktstellen der Schneidzylinder mit dem Gegenschneidzylinder liegende
Umfangslänge des Gegenschneidzylinders zur Erzielung eines positionsgenauen
Schnitts zu führen, ist eine Transportbandeinrichtung 25 vorgesehen. Der Bahn-
- 14 -
verlauf zwischen Eingang und Ausgang des Zusatzschneidemoduls ist wegen der
Anlage der Bahn 9, 10 an die Mantelfläche des Gegenschneidzylinders 18
zwangsläufig gekrümmt.
Mit diesem Falzapparat sind Fertigerzeugnisse mit zwei mal acht, vier mal vier und
zwei mal vier Seiten erzeugbar. Dies folgt aus der Möglichkeit des Zusammenfüh-
rens der Teilbahnen 9 und 10 sowohl miteinander fluchtend (deckungsgleich) als
auch gegeneinander versetzt (Seite 5, Zeilen 6 bis 13) i. V. m. mit der Ausgestal-
tung der Schneidzylinder 22, 24 halben Durchmessers mit jeweils einem Mes-
ser 21, 23 am Umfang. Dabei sind bei der "2x4"-Produktion die Bahnen so weit
gegeneinander versetzt, dass sie ohne gegenseitige Berührung nebeneinander
liegen (vgl. Figur 4).
Um eine Umstellung von fluchtender zu versetzter Bahnführung zu ermöglichen,
müssen die beiden Falztrichter 3, 4 zwangsläufig relativ zueinander verstellbar
sein. Denn die jeweilige Position der Teilbahn in Achsrichtung der Schneidzylinder
wird bestimmt durch die Lage des die Teilbahn falzenden Falztrichters. Demnach
ist bei dem vorbekannten Falzapparat auch die Ausgestaltung nach den Merkma-
len 6 bis 8.2 verwirklicht und nach Merkmal 8.3 nur insoweit, als ein Versatz der
Teilbahnen für eine "2x4"-Produktion als solcher erzeugbar ist.
Der gekrümmte Bahnverlauf innerhalb des Zusatzschneidemoduls bedingt eine
aufwendige Zwangsführung der Bahn (Transportbandeinrichtung) mit hoher Span-
nung derselben, um ein die Bahn in der zum Schneiden erforderlichen Positions-
genauigkeit zu führen. Dies kann sich zudem nachteilig auf die Leistung auswir-
ken. Um diese Nachteile zu beheben, ist beim Gegenstand des Streitpatents das
Zusatzschneidemodul so angeordnet und ausgebildet, dass ein geradliniger Bahn-
verlauf gegeben ist. Denn dadurch ist ein Andrücken der Bahn an die Mantelfläche
des Gegenschneidzylinders nicht mehr nötig und eine Transportbandeinrichtung
demnach überflüssig. Realisiert worden ist dies durch den Verzicht auf einen zwei-
ten Schneidzylinder am Gegenschneidzylinder. Die Kontaktstellen der Rollen-
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bzw. Zylinderpaare sowie der Übernahmeorgane der Auslegeeinrichtung sind da-
bei untereinander fluchtend angeordnet, und der verbleibende Schneidzylinder ist
mit einem über die Bahnbreite durchgehenden Messer versehen.
Zu diesen Weiterbildungen sind der FR 2 575 701 A1 keine Anregungen zu ent-
nehmen.
Unterstellt man trotzdem zugunsten der Einsprechenden, dass der von der
FR 2 575 701 A1 ausgehende Fachmann diese Weiterbildungen im Rahmen sei-
nes für ihn typischen Fachverständnisses vornimmt (vgl. Streitpatentschrift Ab-
satz 0003), so käme er zu einem Schneidzylinderpaar mit einem gegenüber dem
Gegenschneidzylinder halbgroßen Schneidzylinder mit einem einzigen sich über
die gesamte Bahnbreite erstreckenden Messer. Damit wäre das Ziel der geradlini-
gen Bahnführung und der Wegfall einer Transportbandeinrichtung erreicht, die
Aufgabe somit gelöst. Ein Anlass zu einer weiteren Abänderung der aus der
FR 2 575 701 A1 bekannten Anordnung bestünde demnach nicht mehr.
Die streitpatentgemäße Ausgestaltung wäre damit jedoch nicht gegeben. Denn
der Schneidzylinder hat bei dieser zum Einen gleichen Durchmesser wie der Ge-
genschneidzylinder (zwei aufeinanderfolgende Schneidvorgänge während einer
Umdrehung der (also beider) Zylinder) und weist zum Anderen zwei Schneidmes-
ser am Umfang auf. Die Merkmale 5.1 und 5.2 wären demnach nicht verwirklicht.
Ebenfalls nicht verwirklicht wäre das Merkmal 8.3 im Hinblick auf die aufeinander-
liegenden Teilbahnen bei gegenseitigem Versatz. Bei der Anordnung nach der
FR 2 575 701 A1 liegen dagegen die Bahnen bei der "2x4"-Produktion mit Ab-
stand nebeneinander (s. o.).
Im Ergebnis zeigt sich, dass der von dem Falzapparat nach der FR 2 575 701 A1
ausgehende Fachmann zwar möglicherweise zu einer Lösung der streitpatentge-
mäßen Aufgabe hat kommen können, nicht jedoch zu der Lösung der streitpatent-
gemäßen Art.
- 16 -
Zwar trifft zu, dass - wie die
Einsprechende
ausführt -
die
Verwendung
von
Schneidzylindern
mit
zwei
Schneidmessern
seit
langem
gang und gäbe ist. Sie verweist
dazu auf "Atlas". Dort ist u. a. in
der
hier
wiedergegebenen
Abbildung 82 ein Klappenfalzapparat dargestellt, dessen Schneidzylinder an
seinem Umfang zwei Schneidmesser aufweist und gleichen Durchmesser wie der
Nutzylinder hat. Davon abgesehen, dass bei dieser Anordnung offenbar nur ein
Bahnstrang verarbeitet wird und der Versatz von Teilbahnen nicht in Rede steht,
hat der Fachmann keinen Anlass, zusätzlich zu der oben geschilderten
Abänderung des Falzapparates nach der FR 2 575 701 A1 auch noch einen
Schneidzylinder mit zwei Messern am Umfang und gleichgroßem Durchmesser
wie der Gegenschneidzylinder vorzusehen. Denn mit der geschilderten
Abänderung ist - wie oben im Einzelnen dargelegt - die Aufgabe bereits gelöst.
Mit
einer
weiteren
von
der
Einsprechenden
entgegengehaltenen Anordnung nach Abbildung 95
in
"Atlas"
kommt
der
Fachmann
der
streitpatentgemäßen Lösung nicht näher als mit der
FR 2 575 701 A1. Bei dieser weiteren Anordnung ist
nämlich ebenfalls ein gegenüber dem Nutzylinder
halben Durchmesser aufweisender Schneidzylinder
vorgesehen, der sich - wie oben dargelegt - dem
Fachmann bereits ausgehend von dem Falzapparat
nach der FR 2 575 701 A1 naheliegend ergeben
mag.
- 17 -
Auch die übrigen zu berücksichtigenden Dokumente führen nicht zu der Ausge-
staltung nach dem streitpatentgemäßen Patentanspruch 1.
So zeigt die GB-PS 339 480 zwei Falztrichter 13 (vgl.
hier wiedergegebene Figur 3), die aufeinander zu und
voneinander weg bewegbar sind. Die Verschieberichtung
ist dabei nicht die Laufrichtung der Bahn, sondern quer
dazu. Diese Verschiebung wird zur Anpassung an
unterschiedliche Bahnbreiten benötigt. Mit dieser Art der
Verschiebbarkeit
ist
nur
ein
deckungsgleiches
Zusammenführen
der
Teilbahnen
in
der
Querfalzeinrichtung 36
möglich,
ein
gegenseitiger
Versatz der Teilbahnen ist nicht erzeugbar (Seite 2, Zeilen 50 bis 53, 93 bis 99).
Gemäß der JP 57-151 565 A ist zwar ein
gegenseitiger Versatz der Teilbahnen er-
zeugbar. Allerdings liegen auch hier die
Teilbahnen wie bei der FR 2 575 701 A1 mit
Abstand nebeneinander. Zur Erzeugung
dieses Versatzes ist zusätzlich zu zwei
nebeneinander liegenden Falztrichtern 8, 9 für
deckungsgleiches
Aufeinanderlegen
der
Teilbahnen ein dritter Falztrichter 10 vorgesehen, der in Bahnlaufrichtung
stromaufwärts der beiden anderen Falztrichter angeordnet ist (vgl. hier
wiedergegebene Figur 2). Für einen gegenseitigen Versatz der Teilbahnen wird
der eine der beiden nebeneinander liegenden Falztrichter in eine Außerbetriebs-
stellung verschoben und die diesem an sich zugeordnete Teilbahn stattdessen
über den zusätzlichen Faltrichter 10 geführt. Davon abgesehen, dass diese Lö-
sung drei statt zwei Faltrichter benötigt, ist auch eine Verschiebbarkeit eines Falz-
trichters im Sinne der Merkmale 8.2 und 8.3 nicht gegeben.
- 18 -
Auch bei der Lösung gemäß der JP 61-023 078 A sind drei Falztrichter vorhanden
(vgl. hier wiedergegebene Figuren 3,
4). Bei diesem Falzapparat sind für
Bahnen unterschiedlicher Breite zwei
Falztrichter 23 kleiner Breite sowie ein
Falztrichter 17
großer
Breite
vorgesehen.
In
einer
ersten
Betriebsart sind die beiden Falztrich-
ter 23
kleiner
Breite
in
eine
Außerbetriebsstellung gestellt, und
der Falztrichter 17 großer Breite befindet sich in Betriebsstellung. In einer zweiten
Betriebsart sind der Falztrichter 17 großer Breite in eine Außerbetriebsstellung und
die beiden Falztrichter 17 kleiner Breite in Betriebsstellung nebeneinander gestellt
zur deckungsgleichen Zusammenführung zweier Teilbahnen. Ein gegenseitiger
Versatz der beiden Teilbahnen ist damit nicht erzeugbar.
"Rollenoffset - Techniken" zeigt wie "Atlas" grundlegende Anordnungs- und Ge-
staltungsprinzipien von Falzeinrichtungen und geht in diesem Zusammenhang
über das aus "Atlas" Entnehmbare nicht hinaus.
Die im Prüfungsverfahren in Betracht gezogene, von der Einsprechenden nicht
aufgegriffene DE-AS 1 905 632 zeigt einen Räderfalzapparat mit zwei Falztrich-
tern für zwei Teilbahnen und gegenüber den Nutzylindern halbgroßen Schneidzy-
lindern mit zwei Schneidmessern. Ein gegenseitiger Versatz der Teilbahnen ist
nicht angesprochen.
Noch weiter ab liegt die von der Einsprechenden ebenfalls nicht aufgegriffene An-
ordnung gemäß Abbildung 103 aus "Atlas". Hier ist der mit dem Gegenschneidzy-
linder gleichgroße Schneidzylinder mit nur einem Schneidmesser am Umfang ver-
sehen und ein Versatz der Teilbahnen ebenfalls nicht vorgesehen.
- 19 -
Aus alledem folgt, dass der Fachmann mit den im zu berücksichtigenden Stand
der Technik auffindbaren Falzapparat-Ausgestaltungen nicht auf naheliegende
Weise zum Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 hat kommen können.
Der Falzapparat nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist daher patentfähig.
6. Von Patentanspruch 1 getragen werden die Unteransprüche 2 bis 6, die zweck-
mäßige Weiterbildungen des Falzapparats nach Patentanspruch 1 betreffen und
zumindest keine Selbstverständlichkeiten enthalten.
Pontzen
Bülskämper
Friehe
Reinhardt