Urteil des BPatG vom 16.01.2007

BPatG (marke, kennzeichnungskraft, verwechslungsgefahr, klasse, bank, finanzwesen, beschreibende angabe, bezeichnung, gesamteindruck, stadt)

BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 207/04
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
16. Januar 2007
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
BPatG 154
08.05
- 2 -
betreffend die Marke 301 06 177.7
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 16. Januar 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
1.
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
2.
Der Antrag der Markeninhaberin auf Kostenauferlegung wird
zurückgewiesen.
- 3 -
G r ü n d e
I.
Gegen die Eintragung der Wort-/Bildmarke 301 06 177.7
eingetragen für die Waren/Dienstleistungen
„Finanzwesen und Geldgeschäfte“
ist Widerspruch erhoben worden aus den Marken
1. EU 179 531
CITIBANK
eingetragen für die Widersprechende zu 1.) für die Waren und Dienstleistungen:
Klasse 9:
Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische,
Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und
Unterrichtsapparate und -instrumente, elektrische und elektroni-
sche Geräte und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Geräte
zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild;
Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; gespeicherte Compu-
terprogramme und Computersoftware; Verkaufsautomaten und
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Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Re-
chenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feu-
erlöschgeräte.
Klasse 16:
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit
sie in Klasse 16 enthalten sind); Druckereierzeugnisse; Buchbin-
deartikel, Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und
Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel,
Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel, ausgenommen Möbel,
Lehr- und Unterrichtsmittel, ausgenommen Apparate; Ver-
packungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten;
Spielkarten; Drucklettern; Druckstöcke.
Klasse 36:
Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilien-
wesen.
2. EU 679 266
CITIBASICS
eingetragen für die Widersprechende zu 1.) für die Waren und Dienstleistungen:
Klasse 9:
Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, elektrische, pho-
tographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-,
Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur
Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild;
Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten
und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Re-
- 5 -
chenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Com-
putersoftware, insbesondere Computersoftware zur Ermöglichung
des Zugriffs auf eine komplette Palette von Bank- und Finanz-
dienstleistungen; Feuerlöschgeräte.
Klasse 36:
Versicherungswesen; Finanzwesen; Finanzdienstleistungen, ein-
schließlich Bankdienstleistungen, Kreditkarten- und Investment-
dienstleistungen sowie eine komplette Palette von über Computer
und globale Computernetze bereitgestellte Bank- und Finanz-
dienstleistungen, auf die mittels Computer und globale Computer-
netze zugegriffen wird; Geldgeschäfte; Immobilienwesen.
und
3. EU 1 343 367
CITIBOND
eingetragen für die Widersprechende zu 2.) für die Waren und Dienstleistungen:
Klasse 16:
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit
sie in Klasse 16 enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Schreibwa-
ren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushalts-
zwecke; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);
insbesondere Druckereierzeugnisse und Veröffentlichungen über
Wertpapiergeschäfte und die Vermittlung von offenen Invest-
mentfonds, Investitionen und Management.
- 6 -
Klasse 36:
Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilien-
wesen; Maklerdienstleistungen in Bezug auf Wertpapiere und of-
fene Investmentfonds, Investmentdienstleistungen, Anlageinfor-
mations- und -verwaltungsdienstleistungen.
Klasse 38:
Bereitstellung des Zugangs zu einem globalen Computernetz, ins-
besondere in den Bereichen Wertpapiergeschäfte, Vermittlung von
offenen Investmentfonds, Investmentdienstleistungen, Invest-
mentinformationen und Management.
Mit Beschluss vom 14. Juni 2004 hat die Markenstelle für Klasse 36 die Wider-
sprüche zurückgewiesen und keine Kosten auferlegt. Sie hat darin folgendes aus-
geführt:
1. Zum Widerspruch aus der Marke EU 179 531 („CITIBANK“)
Die sich gegenüber stehenden Dienstleistungen „Finanzwesen und Geldge-
schäfte“ seien identisch, so dass an den Markenabstand erhöhte Anforderungen
zu stellen seien. Dieser werde vorliegend jedoch eingehalten. Aufgrund der gra-
phischen Gestaltung der angegriffenen Marke und ihrer unterschiedlichen Wortbe-
standteile sei eine Ähnlichkeit vom Gesamteindruck her zu verneinen. Dieser
werde bei der jüngeren Marke von der Wortkombination „CityBoerse“ geprägt, da
die weiteren Bestandteile „GmbH“ und „Fonds- & Aktien-Management“ beschrei-
bend seien und sie sich wegen ihrer Länge nicht für eine mündliche Benennung
der Marke eignen würden. Demzufolge stünden sich die Bezeichnungen „City-
Boerse“ und „CITIBANK“ gegenüber, die ebenfalls als nicht ähnlich anzusehen
seien. Die zweiten Worthälften würden sich klanglich und schriftbildlich deutlich
unterscheiden. Zudem weise die Widerspruchsmarke im vorderen Teil ein „I“ auf,
während bei der angegriffenen Marke durch das „y“ im Falle der Kleinschreibung
- 7 -
eine Unterlänge hervortrete. Auch begrifflich seien die Vergleichszeichen gut aus-
einander zu halten, da die jüngere Marke „Stadtbörse“ und die ältere Marke
„Stadtbank“ bedeute. Zudem bestehe für die beteiligten Verkehrskreise keine Ver-
anlassung, das Element „City“ bzw. „CITI“ abzuspalten. Schließlich läge auch
keine mittelbare Verwechslungsgefahr vor, da es keine Anhaltspunkte dafür gebe,
dass das Wort „City“ als Stammbestandteil einer Zeichenserie oder als besonderer
Hinweis auf die Widersprechende angesehen werde. So passe die angegriffene
Marke nicht zu der von der Widersprechenden angeführten Markenserie mit dem
Stammbestandteil „CITI“. Der klangidentische Bestandteil „City“ sei nicht in ihr
enthalten und aufgrund seiner Kennzeichnungsschwäche nicht als Stammbe-
standteil einer Markenserie geeignet, da er den Ort der Erbringung der Dienst-
leistungen, also das Stadtzentrum, beschreibe und zudem in 101 nationalen Mar-
ken aus der Klasse 36 enthalten sei. Nur drei dieser Marke seien auf die Wider-
sprechende zu 1.) zurückzuführen.
2. Zum Widerspruch aus der Marke EU 679 266 („CITIBASICS“)
Auch in diesem Fall seien die Dienstleistungen der angegriffenen Marke identisch
im Verzeichnis der Widerspruchsmarke enthalten, so dass ebenfalls erhöhte An-
forderungen an den Markenabstand zu stellen seien. Allerdings bestehe aus den
bereits unter 1. genannten Gründen keine unmittelbare Verwechslungsgefahr, da
insbesondere die den Gesamteindruck der jüngeren Marke prägende Wortkombi-
nation „CityBoerse“ in der zweiten Worthälfte deutlich von der Bezeichnung
„CITIBASICS“ abweiche. Gegen schriftbildliche Verwechslungen würden zudem
die verschieden gestalteten Buchstaben „y“ und „I“ sprechen. Die Widerspruchs-
marke mit ihren Bedeutungen „Stadtgrundlagen“ oder „Stadtgrundkenntnisse“
weise zudem einen anderen Sinngehalt als die angegriffene Marke auf. Entspre-
chend den Ausführungen unter 1. sei auch im Hinblick auf die Widerspruchsmarke
„CITIBASICS“ keine mittelbare Verwechslungsgefahr gegeben.
- 8 -
3.
Zum Widerspruch aus der Marke EU 1 343 367 („CITIBOND“)
Die Dienstleistungsidentität bedinge auch hier erhöhte Anforderungen an den
Markenabstand. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr sei jedoch analog zu
dem unter 1. Gesagten weder vom Gesamteindruck her noch im Hinblick auf den
prägenden Bestandteil „CityBoerse“ der jüngeren Marke zu befürchten. Vor allem
unterschieden sich die zweiten Worthälfte „Boerse“ und „BOND“ klanglich und
schriftbildlich deutlich voneinander. Zudem sei auch vorliegend die Abweichung in
den Buchstaben „y“ und „I“ zu berücksichtigen. Begrifflich seien die beiden Marken
aufgrund ihres jeweiligen Sinngehalts „Stadtbörse“ und „Stadtanleihe“ gut ausein-
ander zu halten. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr scheide gemäß den Aus-
führungen unter 1. ebenfalls aus.
Für eine Kostenauferlegung bestehe kein Anlass, da durch die klangliche Identität
der Elemente „City“ bzw. „CITI“ noch ein gewisses Maß an Überschneidungen
gegeben sei, so dass eine Verwechslung der Marken nicht eindeutig außerhalb
der Wahrscheinlichkeit liege.
Gegen diese Entscheidung haben die beiden Widersprechenden jeweils Be-
schwerde eingelegt, mit der sie übereinstimmend in der mündlichen Verhandlung
beantragt haben,
den Beschluss vom 14. Juni 2004 aufzuheben und die Löschung
der angegriffenen Marke anzuordnen.
Zur Begründung haben die Widersprechenden vorgetragen, dass ihre Marken,
insbesondere die Bezeichnung „CITIBANK“, aufgrund umfangreicher Verwendung
im Verkehr eine deutlich gesteigerte Kennzeichnungskraft besäßen. Die Citi-
group Inc. zähle weltweit zu den größten Finanzdienstleistungskonzernen. Ihre
Tochter, die A…, stelle das größte, weltweit agierende Bankinstitut für
Privatkunden dar, das gerade auch in Deutschland durch ihr Tochterunternehmen
- 9 -
„B…“ sehr stark vertreten sei. Die Widersprechenden böten
- wie sich insbesondere aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ge-
schäftsbericht
2004 der A…, und den Pressemitteilungen aus dem In-
ternet ergebe - ein breit gefächertes Spektrum an Finanzdienstleistungen an. Dar-
über hinaus würden entsprechend den ebenfalls überreichten Markenlisten und
Registerauszügen den Widersprechenden eine ganze Reihe von Marken mit dem
Stammbestandteil „CITI“ oder „CITY“ aus dem Bereich des Finanzwesens gehö-
ren. Zudem handele es sich nicht nur um ähnliche, sondern sogar um identische
Dienstleistungen. Es stünden sich die Bezeichnungen „CITIBANK“, „CITIBASICS“
sowie „CITIBOND“ einerseits und „CityBoerse“ andererseits gegenüber, da die
übrigen Bestandteile der jüngeren Marke beschreibende Zusätze darstellen und
die graphischen Elemente gegenüber den Wörtern zurücktreten würden. Die
Wortanfänge „City“ und „CITI“ stimmten klanglich und schriftbildlich überein. Auch
die zweiten Worthälften wiesen klangliche und schriftbildliche Gemeinsamkeiten
auf. Dazu käme eine begriffliche Verwechslungsgefahr, da die Elemente „Boerse“,
„BANK“ und „BASICS“ den Finanzsektor beträfen. Neben der demzufolge beste-
henden unmittelbaren sei auch eine assoziative Verwechslungsgefahr zu bejahen.
In die Zeichenserie der Widersprechenden füge sich die angegriffene Marke
nahtlos ein, zumal diese auch CITY-Marken umfasse. Demzufolge würden die
Verkehrskreise auf wirtschaftliche Verbindungen zwischen der Markeninhaberin
und den Widersprechenden schließen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen und die Kosten der Verfahren
den Widersprechenden aufzuerlegen.
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Eine Begründung hierzu liegt nicht vor. Im Verfahren vor dem Deutschen Patent-
und Markenamt hat sie geltend gemacht, dass die Gefahr von Verwechslungen
mit den Widerspruchsmarken nicht bestehe, da die jüngere Marke zusätzlich An-
gaben zum Unternehmensgegenstand und zur Gesellschaftsform aufweise sowie
graphisch ausgestaltet sei. Es könne zudem nicht das Element „City“ in der jünge-
ren Marke herausgegriffen werden, da alle in ihr enthaltenen Bestandteile kenn-
zeichnend seien. Auch seien die Begriffe „City“ und „CITI“ nur phonetisch iden-
tisch. Die Elemente „Boerse“ auf der einen Seite sowie „BANK“ und „BASICS“ auf
der anderen Seite wiesen keine identischen Bedeutungen und allenfalls eine Ver-
bindung im Hinblick auf Kapitalgeschäfte auf. Darüber hinaus ließe sich das Ele-
ment „CITI“ in den Widerspruchsmarken im Gegensatz zu „City“ nicht übersetzen.
Auch werde der Ruf der Widerspruchsmarken nicht ausgenutzt oder beeinträch-
tigt, da die klanglichen, optischen und inhaltlichen Unterschiede eindeutig und zu
groß seien. Insbesondere führe die andere Schreibweise des Elements „City“ zu
einer bewussten Abkehr von dem bekannten Element „CITI“. Hierbei sei zu be-
rücksichtigen, dass „City“ das englische Wort für „Stadt“ darstelle. Die Bezeich-
nungen „City“ und „CITI“ würden in Namen und Zeichen gerade auch im Bereich
der Finanzdienstleistungen vielfach verwendet, so dass den Widerspruchsmarken
nicht die überragende Kennzeichnungskraft zukomme. Im Übrigen hätten die Wi-
dersprechenden bewusst eine von dem Wort „City“ abweichende Schreibweise
gewählt, so dass sie nunmehr nicht gegen dessen Verwendung vorgehen könn-
ten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Zwischen den sich gegenüber stehenden Marken besteht keine
Verwechslungsgefahr. Ob eine solche vorliegt, bemisst sich nach dem Zusam-
menwirken der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, der Ähnlichkeit der
- 11 -
Marken und deren Kennzeichnungskraft. Ein geringerer Grad eines Faktors kann
dabei durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden.
Eine völlig fehlende Ähnlichkeit in einem Bereich kann jedoch durch das Vorliegen
der anderen Tatbestandsmerkmale nicht kompensiert werden (vgl. EuGH
GRUR 1998, 922 - CANON; BGH GRUR 1999, 995 - HONKA).
a) Die Dienstleistungen „Finanzwesen und Geldgeschäfte“ der angegriffenen
Marke sind identisch in den Verzeichnissen aller Widerspruchsmarken enthalten.
Folglich ist - wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - ein großer Abstand
zwischen den sich gegenüber stehenden Marken einzuhalten.
b) Der Senat geht von einem unterschiedlichen Grad der Kennzeichnungskraft
bei den einzelnen Widerspruchsmarken aus.
(1) Der Widerspruchsmarke EU 179 531 („CITIBANK“) ist eine gesteigerte Kenn-
zeichnungskraft zugrunde zu legen.
Von Haus aus weist die Widerspruchsmarke eine nur unterdurchschnittliche
Kennzeichnungskraft gerade im Hinblick auf Finanzwesen und Geldgeschäfte auf.
Denn mit ihren sprachüblich kombinierten Elementen „CITI“ und „BANK“ verkör-
pert sie - abgesehen von der abgewandelten Schreibweise mit „i“ - den Gesamt-
begriff „Stadtbank“ bzw. „städtische Bank“. Entgegen der Auffassung der Wider-
sprechenden handelt es sich insoweit um eine beschreibende Bezeichnung für
Dienstleistungen der Klasse 36. Sie benennt ein Kreditinstitut, das seine Ge-
schäfte schwerpunktmäßig in der Stadt bzw. im städtischen Bereich abwickelt.
Unmaßgeblich ist bei dieser registerrechtlichen Betrachtung zunächst, ob die Wi-
dersprechende selbst ausschließlich in Städten präsent ist oder mit ihrer Ge-
schäftstätigkeit auch Dörfer bzw. das Land abdeckt. Auf die individuellen Verhält-
nisse eines Anmelders oder Markeninhabers ist bei der Frage, ob eine Marke ei-
nen von Haus aus bestehenden beschreibenden Gehalt aufweist, nicht abzustel-
len. Vielmehr kommt es insoweit nur auf den Sinngehalt der Marke in Bezug auf
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die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen an. Zudem bestehen in
Deutschland nach wie vor traditionelle örtliche Zuständigkeitsverteilungen bei Kre-
ditinstituten, wie etwa Sparkassen oder genossenschaftlich organisierten Banken,
die zu einer Aufteilung zwischen städtischen und ländlichen Bereichen führen
(z. B. Stadt- und Kreissparkassen). Es kann daher nicht davon ausgegangen wer-
den, dass der Verkehr in der Angabe „City“ keine Merkmalsbezeichnung sehen
wird.
Zwar ist die Widerspruchsmarke durch die sprachregelwidrige Schreibweise mit
einem „i“ als zweitem Vokal abgewandelt, so dass sie der rein beschreibenden
Angabe „Citybank“ nicht mehr gleichgesetzt werden kann. Andererseits ist zu be-
rücksichtigen, dass die Buchstaben „i“ und „y“ als gleich klingende Laute auch
ausgetauscht werden können (z. B. „Silvester“ oder „Sylvester“), so dass die hierin
liegende Abwandlung zwar die Eintragbarkeit der Widerspruchsmarke begründet
haben mag, eine immanente Kennzeichnungsschwäche jedoch keineswegs gänz-
lich beseitigt hat.
Die von Haus aus bestehende Kennzeichnungsschwäche hat die Widerspruchs-
marke jedoch überwunden und zu einer deutlich erhöhten Kennzeichnungskraft
ausgebaut. Die Widersprechende zu 1.) hat substantiiert eine intensive Benutzung
ihrer Marke vorgetragen.
Zudem gibt es ausweislich der von der Widersprechenden zu 1.) vorgelegten Be-
lege eine Vielzahl von Marken mit dem Bestandteil „CITIBANK“ im Bereich der
Klasse 36, die für sie bereits zu dem für die Bestimmung der Kennzeichnungskraft
maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke (vgl. hierzu Strö-
bele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 9, Rdnr. 35) geschützt waren. Eine
Schwächung durch Drittmarken ist hierbei nicht ersichtlich.
(2) Der Widerspruchsmarke EU 679 266 („CITIBASICS“) kommt von Haus aus
eine normale Kennzeichnungskraft zu. Die Bezeichnung „CITIBASICS“ weist die
- 13 -
Bedeutung „Stadtgrundlagen“ auf (vgl. Pons. Großwörterbuch, Englisch-Deutsch,
1. Auflage, Seite 61). Es handelt sich hierbei um einen Kunstbegriff, der im Hin-
blick auf die relevanten Dienstleistungen „Finanzwesen und Geldgeschäfte“ keine
eindeutige Aussage vermittelt und dementsprechend nicht als beschreibende An-
gabe anzusehen ist. Da entsprechende Belege fehlen, ist eine nachträgliche Stei-
gerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wegen intensiver Benut-
zung oder aufgrund einer „CITIBASICS“-Zeichenserie jedoch nicht liquide.
(3) Die Widerspruchsmarke EU 1 343 367 („CITIBOND“) weist eine geschwächte
Kennzeichnungskraft auf. Sie kann im Hinblick auf Finanzwesen und Geldge-
schäfte insbesondere im Sinne von „Stadtschuldverschreibung“ interpretiert wer-
den (vgl. Pons, a. a. O., Seite 87, und Duden, Rechtschreibung der deutschen
Sprache, 21. Auflage, Seite 173). Zu diesen Dienstleistungen weist sie einen
sachlichen Bezug auf, da sie auch Schuldverschreibungen zum Gegenstand ha-
ben können. Eine gewisse Eigenart kommt der Bezeichnung „CITIBOND“ aller-
dings durch das Element „CITI“ zu. Es kann sich um eine Schuldverschreibung
einer Gebietskörperschaft, um in einer Stadt eingegangene Verpflichtung oder um
eine zugunsten einer Stadt erfolgte Zusage handeln. Durch diese verschiedenen
Deutungsmöglichkeiten lässt sich dem Gesamtbegriff „CITIBOND“ ein eindeutig
beschreibender Begriffsinhalt nicht entnehmen.
Inwieweit die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auch bei unterstellter
Benutzung tatsächlich eine Steigerung erfahren hat, ist nicht bekannt. Weitere
„CITIBOND“-Zeichen der Widersprechenden zu 2.) liegen ausweislich der von ihr
eingereichten Unterlagen nicht vor. Folglich sind keine Anhaltspunkte für eine ab-
weichende Beurteilung der Kennzeichnungskraft vorhanden.
c) Die angegriffene Marke hält den insoweit erforderlichen Abstand zu den
Widerspruchsmarken ein.
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(1) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist zu verneinen.
(a) Vom Gesamteindruck her unterscheiden sich die jüngere Marke und die
Widerspruchsmarke EU 179 531 („CITIBANK“) deutlich, da erstgenannte die zu-
sätzlichen Wortbestandteile „GmbH“ und „Fonds- & Aktien - Management“ enthält.
Mit ihnen wird die Gesellschaftsform bzw. das Tätigkeitsfeld benannt, so dass sie
keine eigenständige Kennzeichnungskraft besitzen. Da zudem der weitere Be-
standteil „CityBoerse“ sehr viel größere Buchstaben aufweist, in Fettdruck er-
scheint und zudem zentral angeordnet ist, wird von ihm der Gesamteindruck der
angegriffenen Marke geprägt.
Die Bezeichnungen „CityBoerse“ und „CITIBANK“ sind nicht unmittelbar verwech-
selbar. Klanglich stimmen sie zwar am Anfang überein, doch weichen die weiteren
Bestandteile phonetisch deutlich voneinander ab. Während der Begriff „Boerse“
aus zwei Silben besteht, weist das Wort „BANK“ nur eine auf. Auch klingt die
Buchstabenfolge „oe“, die wie „ö“ ausgesprochen wird, anders wie der Vokal „a“.
Darüber hinaus führen die sich klanglich gegenüber stehenden Konsonanten „r“
und „s“ einerseits sowie „n“ und „k“ andererseits zu einem erkennbar andersarti-
gen Höreindruck. Schließlich findet das „e“ am Ende des Begriffs „Boerse“ keine
Entsprechung in der Widerspruchsmarke. Aus diesen Gründen liegt auch keine
schriftbildliche Verwechslungsgefahr vor, der zusätzlich die Verfremdung des
Buchstabens „e“ in dem Wort „Boerse“ entgegen wirkt.
Hinzu kommt, dass beide Marken einen ohne weiteres erfassbaren unterschiedli-
chen Sinngehalt aufweisen („Stadtbörse“ gegenüber „Stadtbank“) Dieser vermin-
dert eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zusätzlich (vgl. BGH GRUR 2005,
326 - il Padrone/Il Portone). Entgegen der Ansicht der Widersprechenden zu 1.) ist
eine begriffliche Übereinstimmung der Wörter „Boerse“ und „BANK“ nicht bereits
deshalb zu bejahen, weil beide dem Finanzsektor zugerechnet werden können.
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Eine Prägung der Marken allein durch das jeweilige Element „City“ bzw. „CITI“
kommt nicht in Betracht, da es sich trotz des groß geschriebenen Mittelbuchsta-
bens in der Bezeichnung „CityBoerse“ um einteilige Marken handelt, die in ihrer
Gesamtheit zu würdigen sind (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rdnr. 218). Des
Weiteren scheidet eine Abspaltung der Elemente „Boerse“ und „BANK“ aus. Sie
bilden zusammen mit „City“ bzw. „CITI“ Gesamtbegriffe, die regelmäßig nicht ver-
kürzt werden. Insbesondere ist nicht feststellbar, dass die beteiligten Verkehrs-
kreise den beiden Elementen keine für die Betriebskennzeichnung mitbestim-
mende Bedeutung beimessen (vgl. BPatG GRUR 1993, 829 - Innovaaktiv).
(b) Auch die Widerspruchsmarke EU 679 266 („CITIBASICS“) erweckt einen deut-
lich anderen Gesamteindruck als die angegriffene Marke. Die entsprechend den
Ausführungen unter (a) zu vergleichenden Bezeichnungen „CityBoerse“ und
„CITIBASICS“ stimmen zwar in den ersten fünf Buchstaben klanglich überein.
Doch besitzen die Elemente „Boerse“ und „BASICS“ ansonsten ausreichend
große Unterschiede. So stehen sich bei ihnen am Anfang die wie „bör“ bzw. „bai“
ausgesprochenen Silben und am Ende die Silben „se“ bzw. „sics“ gegenüber. Die
für den Klangeindruck maßgeblichen Vokalsequenzen „ö - e“ einerseits und „a - i“
bzw. „ai - i“ andererseits unterscheiden sich sehr deutlich. Darüber hinaus sind
vom Schriftbild her die Buchstabenfolgen „oerse“ und „ASICS“ unabhängig von
Groß- oder Kleinschreibung klar voneinander abgrenzbar, zumal sich der gemein-
same Konsonant „s“ an verschiedenen Positionen befindet. Dazu kommt das ab-
weichende Aussehen von „y“ und „I“ in den Elementen „City“ bzw. „CITI“. Zusätz-
lich ist der unterschiedliche Sinngehalt beider Marken („Stadtbörse“ und „Stadt-
grundlagen“) verwechslungsmindernd zu berücksichtigen.
Eine Prägung des Gesamteindrucks der Marken durch „City“ bzw. „CITI“ oder eine
Abspaltung der Elemente „Boerse“ bzw. „BASICS“ kommt aus den bereits unter
(a) genannten und auch hier sinngemäß geltenden Gründen nicht Betracht.
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(c) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke
und der Widerspruchsmarke EU 1 343 367 („CITIBOND“) ist weder aufgrund des
beiderseitigen Gesamteindrucks noch aufgrund der Bezeichnung „CityBoerse“ zu
befürchten, die als prägender Bestandteil mit dem Begriff „CITIBOND“ zu verglei-
chen ist. Es stehen sich das zweisilbige Element „Boerse“ und das einsilbige Ele-
ment „BOND“ gegenüber. Der Umlaut „oe“ und der Vokal „o“ klingen deutlich an-
ders, zudem enthält die Widerspruchsmarke nicht den Zischlaut „s“ sowie den
auffälligen Vokal „e“. Auch weisen die Buchstabenfolgen „erse“ und „ND“ sowohl
bei Groß- als auch Kleinschreibung ein deutlich abweichendes Schriftbild auf. Wie
bei den anderen Widerspruchsmarken kommt hinzu, dass der beiderseitige Sinn-
gehalt („Stadtbörse“ und „Stadtschuldverschreibung“) die Gefahr von Verwechs-
lungen herabsetzt. Eine begriffliche Übereinstimmung allein aufgrund der Tatsa-
che, dass die Elemente „Boerse“ und „BOND“ aus dem Finanzsektor stammen, ist
auch hier zu verneinen.
Im Übrigen kommen entsprechend dem zur Widerspruchsmarke EU 179 531
(„CITIBANK“) Gesagtem eine Prägung durch „City“ bzw. „CITI“ als auch eine Ab-
spaltung der Elemente „Boerse“ und „BOND“ nicht in Betracht.
(2) Auch liegt keine assoziative Verwechslungsgefahr zwischen den beiderseiti-
gen Marken vor.
(a) Die Widersprechende aus der Marke EU 179 531 („CITIBANK“) hat das Beste-
hen einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens
geltend gemacht und dazu das Bestehen einer benutzten Zeichenserie mit dem
Anfangselement „CITI“ behauptet. Eine solche Gefahr, dass die beteiligten Ver-
kehrskreise zwar die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennen, die
jüngere Marke aufgrund der Gewöhnung an den Stammbestandteil jedoch fälsch-
lich dem Betrieb der Widersprechenden zu 1.) zuordnen, setzt jedoch u. a. voraus,
dass der betreffende Stammbestandteil in beiden Marken identisch oder zumin-
dest wesensgleich enthalten ist. Da die Vorstellung von Serienmarken eine sorg-
- 17 -
fältige Prüfung und eine gewisse Vertrautheit mit der abgewandelten Marke vor-
aussetzt, können irrige Herkunftsvorstellungen nur entstehen, wenn die Abwei-
chungen so unauffällig sind, dass sie entweder nicht bemerkt oder als Hör- bzw.
Druckfehler gewertet werden. Insoweit reichen bereits relativ geringfügige Unter-
schiede aus, um den Gedanken an Serienmarken desselben Unternehmens nicht
aufkommen zu lassen. Hierbei kann auch ein abweichendes Schriftbild trotz
Klangidentität die Wesensgleichheit ausschließen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O.,
§ 9, Rdnr. 325).
Für den Senat sind die als Stammbestandteile in Betracht kommenden Elemente
„City“ und „CITI“ wegen der Abweichung in dem letzten Buchstaben nicht mehr
wesensgleich. Denn auch bei der Frage der Wesensgleichheit ist die Kennzeich-
nungskraft des fraglichen Bestandteils von ausschlaggebender Bedeutung. Je ge-
ringer seine Kennzeichnungskraft ist, umso eher wird der Bereich einer noch an-
zuerkennenden Wesensgleichheit verlassen (Ströbele/Hacker, a. a. O.). Wie oben
unter b) (1) ausgeführt, beruht die von Haus aus und unabhängig von einer etwai-
gen Steigerung durch intensive Benutzung bestehende Kennzeichnungskraft der
Widerspruchsmarke auf der gegenüber „CITYBANK“ abgewandelten Schreibweise
„CITIBANK“. Die Buchstaben „Y“ und „I“ sind daher gerade nicht derart aus-
tauschbar, dass das Element „City“ der jüngeren Marke unabhängig von Groß-
oder Kleinschreibung mit dem Element „CITI“ der Serie der Widersprechenden zu
1.) gleichgesetzt werden kann. Unter diesen Umständen muss die Wesensgleich-
heit zwischen „City“ und „CITI“ verneint werden.
Ob sich die Frage der Wesensgleichheit möglicherweise anders beurteilen würde,
wenn die Widersprechende zu 1.) neben ihrer benutzten „CITI“-Markenserie
zugleich auch über eine benutzte „CITY“-Markenserie verfügen würde, wobei an-
gesichts der manifesten Kennzeichnungsschwäche von „City“ wohl eine erhebli-
che Benutzung erforderlich wäre, kann hier offen bleiben. Es ist dem Senat nicht
bekannt, dass die Widersprechende zu 1.) auch „CITY“-Marken intensiv benutzt.
Entsprechende Belege hierfür liegen nicht vor. Aufgrund der nicht liquiden Benut-
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zungslage ist nur von eingetragenen „CITY“-Marken der Widersprechenden zu 1.)
auszugehen. Hierfür spricht auch der Umstand, dass sie sich seit geraumer Zeit
nicht mehr „FIRST NATIONAL CITY BANK“ nennt.
(b)
Entsprechend den Ausführungen zur Widerspruchsmarke EU
179
531
(„CITIBANK“) ist eine assoziative Verwechslungsgefahr auch im Hinblick auf die
Widerspruchsmarke EU 679 266 („CITIBASICS“) mangels Wesensgleichheit der
Elemente „City“ und „CITI“ zu verneinen.
(c) Des Weiteren sind assoziative Verwechslungen zwischen der angegriffenen
Marke und der Widerspruchsmarke EU 1 343 367 („CITIBOND“) ausgeschlossen.
Diese gehört zwar nicht der Inhaberin der beiden anderen Widerspruchsmarken.
Dennoch können die Ausführungen unter (a) sinngemäß auch in diesem Fall zur
Anwendung kommen, da die von dem gemeinsamen Vertreter vorgelegten Unter-
lagen zu „CITI“- und „CITY“-Zeichenserien einheitlich Marken beider Widerspre-
chenden betreffen. Zudem sind diese rechtlich und wirtschaftlich miteinander ver-
bunden. Wenn somit davon ausgegangen wird, dass das Element „CITI“ Hinweis-
funktion auch zugunsten der Widersprechenden zu 2.) aufweist, so scheitert die
Anerkennung der assoziativen Verwechslungsgefahr an der Wesensgleichheit der
Elemente „City“ und „CITI“. Darüber hinaus sind die tatsächlichen Voraussetzun-
gen einer Verwendung von „CITY“-Marken im Verkehr durch die Widersprechende
zu 2.) nicht liquide.
Mangels Verwechslungsgefahr waren die Beschwerden folglich zurückzuweisen.
2. Dem Antrag der Markeninhaberin auf Kostenauferlegung kann nicht stattgege-
ben werden. Er bezieht sich auf die Kosten der Beschwerdeverfahren, da die
Kostenentscheidung der Markenstelle von ihr nicht angegriffen wurde und das Ge-
richt eine eigenständige Kostenentscheidung nur im Rahmen des § 71 MarkenG
treffen kann.
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Demzufolge kommt eine Auferlegung der Kosten der Beschwerdeverfahren nur
dann in Betracht, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG).
Im Widerspruchsverfahren ist das bloße Unterliegen einer Partei für sich allein
regelmäßig noch kein ausreichender Grund, ihr aus Billigkeitsgründen die Kosten
aufzuerlegen (vgl. BGH GRUR 1972, 600 - Lewapur). Es sind vorliegend keine
Gründe für ein Abweichen von dem in § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG hervorgehobe-
nen Grundsatz erkennbar, dass jeder Verfahrensbeteiligter seine Kosten selbst
trägt. Insbesondere mussten die Beschwerdeführerinnen nicht davon ausgehen,
dass ihre Widersprüche keinen Erfolg haben würden. Zumindest die Dienstleis-
tungsidentität sowie die klangliche Übereinstimmung der Elemente „City“ und
„CITI“ lassen die Beschwerden der Widersprechenden nicht als von vornherein
völlig aussichtslos erscheinen.
gez.
Unterschriften