Urteil des BPatG vom 15.12.2008

BPatG (anhörung, patg, anmeldung, rückzahlung, antrag, patentanspruch, neuheit, beschwerde, gegenstand, begründung)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
20 W (pat) 80/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 101 12 777.4-42
hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 15. Dezember 2008 durch den Richter Dipl.-Phys. Dr. Hartung als
Vorsitzenden, die Richterin Martens sowie die Richter Dipl.-Ing. Gottstein und
Dipl.-Ing. Kleinschmidt
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beschlossen:
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Anmelderin hatte im März 2001 unter der Bezeichnung „D/A Umsetzungsge-
rät“ Antrag auf Erteilung eines Patents gestellt. Im Bescheid vom 15. März 2002
hat die Prüfungsstelle u. a. mitgeteilt, die Gegenstände der unabhängigen Patent-
ansprüche 1 und 9 seien durch die genannte Entgegenhaltung (1) neuheitsschäd-
lich vorweggenommen. Daraufhin hat die Anmelderin mit Schreiben vom
19. Juli 2002 einen Satz neuer Ansprüche 1 bis 15 vorgelegt und zu Neuheit und
erfinderischer Tätigkeit gegenüber den beiden von der Prüfungsstelle genannten
Druckschriften Stellung genommen. Für den Fall, dass die Prüfungsstelle die An-
meldung zurückzuweisen beabsichtige, hat die Anmelderin eine Anhörung bean-
tragt, jedoch ausgeführt, sie bevorzuge zunächst einen weiteren Prüfungsbe-
scheid. Dieser erging am 1. September 2003 und bemängelte die neu eingereich-
ten Patentansprüche 1, 5 und 10 als gegenüber den ursprünglichen Unterlagen
der Anmeldung erweitert. Patentanspruch 1 sei aber auch nach Streichung des
unzulässig erweiterten Merkmals „mindestens“ mit allen Merkmalen aus (1) be-
kannt und somit aus den im Bescheid vom 15. März 2002 genannten Gründen
nicht gewährbar. Der Gegenstand der neuen Patentansprüche 14 und 15 beruhe
entgegen den Ausführungen der Anmelderin nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Mit
Schreiben vom 13. Januar 2004 überreichte die Anmelderin wiederum u. a. einen
neuen Satz Patentansprüche 1 bis 15, wobei in den Ansprüchen 1 und 10 der
Begriff „mindestens“ gestrichen worden war, und verteidigte erneut Neuheit bzw.
erfinderische Tätigkeit des Gegenstands der Anmeldung. Sollte die Prüfungsstelle
hiervon weiterhin nicht überzeugt sein, beantrage sie eine Anhörung.
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Mit Beschluss vom 16. März 2005 wurde die Patentanmeldung mit der Begrün-
dung zurückgewiesen, der Gegenstand der Anmeldung sei in Patentanspruch 5
unzulässig
erweitert,
wie
dies
die
Prüfungsstelle
im
Bescheid
vom
1. September 2003 ausgeführt habe. Eine Anhörung sei nicht erforderlich, da die
entscheidungserheblichen Umstände der Anmelderin bekannt gewesen seien.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Nachdem die Anmeldung
wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr seit 1. Oktober 2008 als zurückgenommen
gilt, hält die Anmelderin ihren Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr auf-
recht und begründet dies damit, die Prüfungsstelle habe die beantragte Anhörung
ohne nähere Angabe von Gründen zurückgewiesen. Eine einmalige Anhörung sei
stets sachgerecht, zumal wenn wie vorliegend Prüfungsstelle und Anmelderin of-
fensichtlich von einem unterschiedlichen Verständnis der Anmeldeunterlagen bzw.
Interpretation der Entgegenhaltungen ausgingen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Anmelderin wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen.
II.
Mit der Fiktion der Rücknahme der Anmeldung (§ 58 Abs. 3 PatG) ist das Be-
schwerdeverfahren gegenstandslos und damit in der Hauptsache erledigt. Dem
von der Anmelderin aufrechterhaltenen Antrag auf Rückzahlung der Beschwerde-
gebühr war nicht zu entsprechen.
Nach § 80 Abs. 3 PatG erfolgt die Rückzahlung der Beschwerdegebühr, wenn
dies der Billigkeit entspricht, wobei wegen § 80 Abs. 4 PatG auch die Fälle um-
fasst werden, in denen die Anmeldung als zurückgenommen gilt. Im Prüfungsver-
fahren ist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 PatG auf Antrag der Anmelder zu hören, wenn
es sachdienlich ist. Die Ablehnung einer Anhörung im Erteilungsverfahren recht-
fertigt die Rückzahlung der Beschwerdegebühr, wenn die Anhörung sachdienlich
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gewesen wäre und damit die Beschwerde wegen der unberechtigten Ablehnung
erspart hätte (Schulte, PatG, 8. Auflage § 73 Rdn. 147).
Vorliegend kann es im Ergebnis dahinstehen, ob die beantragte Anhörung sach-
dienlich gewesen wäre oder nicht. Denn zwischen der Versagung der Anhörung
im Prüfungsverfahren und der Zurückweisung der Anmeldung besteht kein kau-
saler Zusammenhang, so dass die Einlegung der Beschwerde nicht auf der Wei-
gerung der Prüfungsstelle beruht, die Anmelderin anzuhören.
Bezüglich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit des unabhängigen Patentan-
spruchs 1 - hierauf beschränkt hatte die Anmelderin die Anhörung beantragt -
hatten Prüfungsstelle und Anmelderin bereits ausführlich und mehrmals ihre kont-
rären Ansichten ausgetauscht. Ob insoweit die Anberaumung einer Anhörung als
sachdienlich anzusehen war, d. h. ob sie den positiven Abschluss des Erteilungs-
verfahren hätte fördern können, erscheint daher bereits zweifelhaft, kann aber im
Ergebnis offenbleiben. Jedenfalls erfolgte die Zurückweisung der Anmeldung ein-
zig mit der Begründung, Unteranspruch 5 erweitere den Gegenstand der Anmel-
dung in unzulässiger Weise. Damit beruht die Zurückweisung auf einem Umstand,
der unabhängig von der zwischen Anmelderin und Prüfungsstelle geführten Dis-
kussion um Neuheit und erfinderische Tätigkeit von Patentanspruch 1 wegen § 38
Satz 1 PatG gleichfalls der Erteilung entgegenstand. Diesen Gesichtspunkt hatte
die Prüfungsstelle im Bescheid vom 1. September 2003 beanstandet und die An-
melderin zur Beseitigung des Mangels aufgefordert (§ 45 Abs. 1 Satz 1 PatG).
Diese hatte in ihrer Erwiderung auf den Prüfungsbescheid hierzu weder Stellung
genommen noch den Mangel beseitigt. Die danach erfolgte Zurückweisung der
Anmeldung nach § 48 PatG stützt sich allein auf die nicht erfolgte Beseitigung des
gerügten Mangels der unzulässigen Erweiterung. Vor Erlass des Zurückweisungs-
beschlusses hat in diesem Zusammenhang auch kein Anlass seitens der Prü-
fungsstelle bestanden, die Anmelderin erneut - z. B. telefonisch - auf die unzuläs-
sige Fassung von Patentanspruch 5 hinzuweisen, was dann in Frage käme, wenn
die Prüfungsstelle etwa aufgrund der Fülle der Beanstandungen davon ausgehen
musste, die Korrektur sei übersehen und daher versehentlich unterblieben.
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Demnach kommt eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr vorliegend nicht in
Betracht.
Für die von der Anmelderin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht
bereits mangels Statthaftigkeit kein Raum. Denn nach § 100 Abs. 1 PatG findet
die Rechtsbeschwerde nur gegen Beschlüsse der Beschwerdesenate statt, durch
die über eine Beschwerde nach § 73 PatG entschieden wird (vgl. Busse/-
Keukenschrijver PatG, 6. Auflage, § 100, Rdn. 8).
Dr. Hartung
Martens
Gottstein
Kleinschmidt
Pr