Urteil des BPatG vom 27.07.2006

BPatG: verwechslungsgefahr, ältere marke, ärztliche verordnung, gesamteindruck, vergleich, aufmerksamkeit, kennzeichnungskraft, bestandteil, firmenname, unterliegen

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
25 W (pat) 91/04
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
27. Juli 2006
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 399 56 901
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hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 27. Juli 2006 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die Marke
Lamihexal
ist am 15. September 1999 angemeldet und am 22. Dezember 1999 in das Mar-
kenregister eingetragen worden. Die Eintragung ist am 20. Januar 2000 veröffent-
licht worden. Nach einer Beschränkung des Warenverzeichnisses beansprucht die
Markeninhaberin Schutz für
„Pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich Antibiotika/Antiinfektiva“.
Gegen die Eintragung hat die Inhaberin der älteren Marke 1 109 039
Lamictal
die für
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„Pharmazeutische und medizinische Präparate und Substanzen,
Impfstoffe und Seren“
geschützt ist, Widerspruch erhoben.
Im Verfahren vor der Markenstelle hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die
Benutzung der Widerspruchsmarke für alle eingetragenen Waren und Dienstleis-
tungen mit Ausnahme von „Antiepileptika“ bestritten. Eine weitergehende Benut-
zung hat die Widersprechende nicht geltend gemacht.
Die Markenstelle hat mit Beschluss vom 20. Mai 2003 durch einen Beamten des
gehobenen Dienstes eine markenrechtliche Übereinstimmung verneint und den
Widerspruch zurückgewiesen. Trotz einer wegen Gemeinsamkeiten in der Art, der
stofflichen Beschaffenheit und der firmenmäßigen Herkunft im engeren Bereich
liegenden Warenähnlichkeit und einer angenommenen durchschnittlichen Kenn-
zeichnungskraft der Widerspruchsmarke hielten die Marken einen ausreichend
großen Abstand zueinander ein. Dabei falle kollisionsmindernd ins Gewicht, dass
sich die Vergleichswaren wegen der zu vermutenden Rezeptpflicht überwiegend
an medizinische Fachkreise richteten, welche eine gesteigerte Aufmerksamkeit
walten ließen. Beim klanglichen Vergleich hätten „Lamihexal“ und „Lamictal“ zwar
den regelmäßig stärker beachteten Anfangsbestandteil „Lami-“ und die Wortenden
„-al“ gemein. Gleichwohl bewirkten die vokalischen und konsonantischen Unter-
schiede in der Wortmitte, insbesondere die zusätzliche Zwischensilbe der ange-
griffenen Marke, einen noch ausreichend verschiedenen Gesamteindruck. Dabei
sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Zeichenteil „Lami-“ um ein im
pharmazeutischen Bereich beliebtes Markenbildungselement handele, welches
wegen der Anlehnung an die INN-Bezeichnungen „Lamotrigin“ bzw. „Lamivudin“
geeignet sei, einen beschreibenden Anklang auf die Art und die naheliegenden In-
haltsstoffe der beanspruchten Waren zu vermitteln. Vor diesem Hintergrund wür-
den den Verkehrskreisen (vorrangig Fachpublikum) die Unterschiede in der Wort-
mitte „-hex-“ / „-ct-“ nicht verborgen bleiben. Die abweichenden Silbenzahlen
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führten im Kontext mit der Vokalfolge und dem Konsonantengefüge zu hinreichend
deutlichem Kontrast im phonetischen Eindruck, weshalb eine Verwechslungsge-
fahr in klanglicher Hinsicht nicht zu befürchten sei. Auch im schriftbildlichen Ver-
gleich hebe sich das jüngere Zeichen durch die Kontur der Buchstaben „hex“ aus-
reichend deutlich von der Widerspruchsmarke mit den entsprechenden Buchsta-
ben „CT“ ab. Für eine begriffliche oder eine assoziative Verwechslungsgefahr
gebe es keine Anhaltspunkte.
Mit Beschluss der Markenstelle vom 1. April 2004 hat die Erinnerungsprüferin die
Erinnerung zurückgewiesen. Es bestehe zwar eine starke Warenähnlichkeit bei
durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Selbst wenn be-
rücksichtigt werde, dass es sich bei den Adressaten der angegriffenen Marke auch
um breite Verkehrskreise handeln könne, sei davon auszugehen, dass diese Ver-
kehrskreise bei Waren, die Einfluss auf die Gesundheit und das körperliche Wohl-
befinden hätten, eine angemessene Sorgfalt walten ließen und diese gezielt oder
nach Beratung erwerben würden, nicht jedoch spontan. Der unter diesen Bedin-
gungen einzuhaltende Abstand der angegriffenen Marke zur Widerspruchsmarke
werde im vorliegenden Fall – selbst ausgehend von einer Identität der Waren und
Anwendung nur durchschnittlicher Sorgfalt – sowohl in klanglicher als auch in
schriftbildlicher Hinsicht eingehalten. Insoweit sei auf die unterschiedliche Silben-
zahl, den anderen Sprech- und Betonungsrhythmus sowie die unterschiedliche
Vokalfolge und Abweichungen in den Konsonanten zu verweisen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag,
unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle
dem Widerspruch aus der Marke 1 109 039 stattzugeben und die
Löschung der angegriffenen Marke 399 56 901 anzuordnen.
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Hilfsweise regt sie in der mündlichen Verhandlung an, die Rechts-
beschwerde zuzulassen.
Die sich gegenüberstehenden Waren seien sehr ähnlich, was zu erhöhten Anfor-
derungen an den Markenabstand führen müsse. Eine Verwechslungsgefahr zwi-
schen den Marken sei selbst dann nicht zu vermeiden, wenn die Marken sich nur
auf rezeptpflichtigen Produkten begegneten. Auch medizinisches Fachpersonal
und Apotheker rechneten nicht unbedingt damit, dass ähnliche Produkte von ver-
schiedenen Herstellern unter nur geringfügig unterschiedlicher Bezeichnung an-
geboten würden (vgl. BGH GRUR 1995, 50 - Indorektal/Indohexal). Die Vokalfolge
beider Markenwörter sei bis auf einen Buchstaben identisch. Der Gesamteindruck
der Marken werde durch die ersten beiden Silben „Lami“ und die Wortenden „al“
geprägt, was zu einer hohen phonetischen Ähnlichkeit führe. Diese entstehe ins-
besondere durch den für besondere Aufmerksamkeit sorgenden, hohen Vokal „i“
(vgl. BGH GRUR 1995, 50 - Indorektal/Indohexal). Ferner beachte der Verkehr
Wortanfänge regelmäßig stärker als die nachfolgenden Wortelemente, was in be-
sonderem Maße dann gelte, wenn die Wortanfänge klanglich durch einen hellen
Vokal gegenüber dunkler klingenden Nachsilben hervorgehoben und besser er-
kennbar seien (vgl. BGH GRUR 1992, 110 - dipa/dib).
Die Abweichung in der Anzahl der Silben falle aufgrund der Aussprache der Wör-
ter nicht ins Gewicht, da der Betonungsschwerpunkt auf dem identischen Wort-
ende liege.
Die Konsonanten in der Wortmitte der Marken erzeugten keinen ausreichenden
Abstand zwischen den Marken. Diese Konsonanten erhöhten die Gefahr von Ver-
wechslungen sogar noch, denn der Buchstabe „x“, welcher wie „ks“ gesprochen
werde, und „c“, welcher wie „k“ gesprochen werde, wiesen eine hohe phonetische
Ähnlichkeit auf. Dies trage in Verbindung mit den identischen Wortanfängen und
Endsilben entscheidend zu einem Gesamteindruck bei, welcher eine starke Nähe
zwischen den Marken vermittele. Dies gelte auch in schriftbildlicher Hinsicht, und
daher unterlägen die Marken einer Verwechslungsgefahr. In der mündlichen Ver-
handlung wurde insbesondere noch darauf hingewiesen, dass der Wirkstoff Lami-
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vudin von der Widersprechenden entwickelt worden sei und die Abnehmer daher
einem Irrtum über die betriebliche Herkunft von Präparaten mit dem Wortanfang
„Lami-“ unterliegen könnten.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
In der mündlichen Verhandlung wies sie darauf hin, dass zwischen den Marken
infolge der Beschränkung des Warenverzeichnisses der angegriffenen Marke
keine Identität, sondern wegen der Indikationsverschiedenheit allenfalls eine Ähn-
lichkeit bestehe. Zudem unterschieden sich die Marken deutlich in ihrem klangli-
chen Gesamteindruck, da die jüngere Marke eine Silbe mehr enthalte als die äl-
tere Marke. Auch falle auf, dass die Widerspruchsmarke anders getrennt werde.
Dort erfolge die Trennung in die Silben „La-mic-tal“ mit den klangstarken Konso-
nanten „c“-„k“ und „t“, während bei der jüngeren Marke der Wortanfang „La-mi“
laute, der auf den INN „Lamivudin“ hindeute und dem der Firmenname der Marke-
ninhaberin hinzugefügt sei. Insoweit komme auch eine assoziative Verwechs-
lungsgefahr nicht in Betracht.
II.
Die zulässige Beschwerde ist ohne Erfolg, denn auch nach Auffassung des Se-
nats besteht zwischen den Vergleichsmarken nicht die Gefahr von Verwechslun-
gen im Sinne der § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist nach ständiger Rechtsprechung un-
ter Heranziehung der Umstände des Einzelfalls und vor allem nach der Ähnlichkeit
der Waren und Dienstleistungen, der Ähnlichkeit der Marken sowie nach der
Kennzeichnungskraft der älteren Marke vorzunehmen, wobei der Gesamteindruck
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der Marken eine maßgebliche Rolle spielt (zur st. Rspr. vgl. BGH MarkenR 2002,
332 - DKV / OKV).
Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der Wider-
spruchsmarke für andere Waren als „Antiepileptika“ nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und
Satz 2 MarkenG zulässigerweise bestritten und die Widersprechende eine weiter-
gehende Benutzung nicht geltend gemacht hat, ist bei der Beurteilung der Waren-
ähnlichkeit von dieser Ware und in entsprechender Anwendung der erweiterten
Minimallösung (vgl. hierzu BPatG GRUR 1980, 54 - Mastu / MAST REDIPAC;
BGH GRUR 2002, 59, 62 - ISCO; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 26
Rdnr. 140, 141 m. w. H. zur Rspr.) eine Benutzung der Widerspruchsmarke für ein
Produkt der Hauptgruppe 15 - Antiepileptika - der Roten Liste ohne Beschränkun-
gen auf eine eventuell bestehende Rezeptpflicht oder eine spezielle Abgabeform
zu unterstellen. Der Senat sieht in diesem Zusammenhang keinen Anlass, im
Rahmen der Integrationsfrage die erweiterte Minimallösung nur auf die Fälle an-
zuwenden, in denen auf die Nichtbenutzungseinrede hin die Widersprechende
Unterlagen zum Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung vorgelegt hat. Denn
es kann keinen Unterschied machen, ob eine solche Benutzung mit Hilfe von Be-
legen glaubhaft gemacht worden ist oder ob die Inhaberin der angegriffenen
Marke die Benutzung für ein spezielles Präparat quasi von vorneherein anerkannt
hat (vgl. auch BPatGE 41, 267 - Taxanil / Taxilan). Insoweit besteht zu den Anti-
biotika/Antiinfektiva, für die die jüngere Marke Schutz beansprucht, trotz der
grundsätzlichen Ähnlichkeit von Arzneimitteln untereinander ein offensichtlicher
Indikationsunterschied.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als durchschnittlich einzu-
stufen, nachdem Anhaltspunkte, die in eine andere Richtung weisen, weder vor-
getragen noch ersichtlich sind. Selbst wenn berücksichtigt wird, dass die ersten
beiden Silben „Lami“ der Widerspruchsmarke aufgrund der Ähnlichkeit mit den
Wirkstoff-Bezeichnungen „Lamotrigin“ bzw. „Lamivudin“ einen beschreibenden
Anklang aufweisen, ist die Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit dennoch
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uneingeschränkt geeignet, zur Unterscheidung der Waren der Inhaberin der Wi-
derspruchsmarke von den Waren anderer Unternehmen zu dienen.
Da nach dem Wortlaut der Warenverzeichnisse die jeweiligen Präparate nicht re-
zeptpflichtig sind, kann nicht nur von der Aufmerksamkeit ärztlich geschulter
Fachkreise ausgegangen werden. Es müssen auch weniger kompetente Endab-
nehmer in die Beurteilung mit einbezogen werden. Gleichwohl kann keine beson-
dere Flüchtigkeit beim Erwerb solcher Produkte unterstellt werden. Vielmehr pfle-
gen auch die Endabnehmer, bei denen auf den durchschnittlich informierten, auf-
merksamen und verständigen Verbraucher abzustellen ist, allem, was mit Ge-
sundheit zusammenhängt, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen. (Strö-
bele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 9 Rdnr. 122 m. w. H. zur Rspr.). Ergän-
zend ist darauf hinzuweisen, dass Antiepileptika ausweislich der Roten Liste gene-
rell nur gegen ärztliche Verordnung abgegeben werden, was für Antibio-
tika/Antiinfektiva mit wenigen Ausnahmen ebenfalls gilt. Dies führt de facto dazu,
die Gefahr von Verwechslungen weiter zu reduzieren, da Laien mit den Marken
weitgehend nur unter Einschaltung des Fachverkehrs in Berührung kommen.
Insgesamt sind danach an den markenrechtlichen Abstand keine strengen Maß-
stäbe zu stellen. Nach dem maßgeblichen Gesamteindruck hält die angegriffene
Marke einen ausreichend großen Abstand zur Widerspruchsmarke ein, so dass
nach Ansicht des Senats keine Verwechslungsgefahr besteht.
Beim klanglichen Vergleich der Markenwörter ist festzustellen, dass die Wider-
spruchsmarke aus drei Silben, die jüngere Marke hingegen aus vier Silben be-
steht. Dadurch ergeben sich im klanglichen Gesamteindruck Unterschiede in
Wortlänge und Sprechrhythmus, die von den Verkehrskreisen unmittelbar
wahrgenommen werden können. Insoweit unterscheidet sich der vorliegenden Fall
von der BGH-Entscheidung „Indorectal / Indohexal“ (GRUR 1995, 50), weil dort
neben der gleichen Wortlänge und Silbenzahl auch die - formal - abweichenden
Buchstaben Übereinstimmungen in klanglicher Hinsicht aufwiesen. Im vorliegen-
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den Fall stehen sich jedoch ein aus drei Silben bestehendes Wort und ein viersil-
biges Wort gegenüber. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Widerspruchs-
marke in der Wortmitte die auf einen harten Konsonanten „c“ endende Silbe „-
MIC-“ aufweist, wohingegen die jüngere Marke in der Wortmitte zwei jeweils mit
Vokalen endende Silben „-MI-“ und „-HE-“ aufweist. Dies führt zu klanglichen Diffe-
renzen in der Wortmitte. Die Endsilben der sich gegenüberstehenden Marken
enden zwar beide auf „al“, jedoch lassen sie sich dadurch gut unterscheiden, dass
die Endsilbe der Widerspruchsmarke mit dem Sprenglaut „T“, die Endsilbe der
jüngeren Marke dagegen mit dem Zischlaut „X“ beginnt. Daher sind auch die End-
silben „-TAL“ und „-XAL“, gesprochen „KSAL“, klanglich klar unterscheidbar.
In schriftbildlicher Hinsicht sind die Wortanfänge „Lami-“ und die Wortenden „-al“
der sich gegenüberstehenden Marken zwar identisch. In der Wortmitte bestehen
jedoch Unterschiede, denn dort stehen sich die Bestandteile „-ct-“ und „-hex-“ ge-
genüber. Somit enthält die Widerspruchsmarke einen Buchstaben weniger, was
sie im schriftbildlichen Vergleich kompakter wirken lässt als die längere jüngere
Marke. Die jüngere Marke weist ferner aufgrund des markanten und eher selten
vorkommenden Buchstabens „x“ einen erhöhten Wiedererkennungswert auf und
ist dadurch schriftbildlich leichter von Marken ohne den Buchstaben „x“ zu unter-
scheiden.
Unterschiede ergeben sich zusätzlich auch durch die Anordnung der Oberlängen.
Die jüngere Marke enthält mit den Buchstaben „L“, „h“ und „l“ Oberlängen am
ersten, mittleren und letzten Buchstaben und ist symmetrisch aufgebaut, wodurch
sich ein harmonischer schriftbildlicher Gesamteindruck ergibt. Dagegen weist die
Widerspruchsmarke eine Oberlänge am ersten Buchstaben und zwei Oberlängen
am Wortende auf. Die Wortmitte der Widerspruchsmarke ist frei von Oberlängen.
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Inwieweit der Firmenname „Hexal“ den beteiligten Verkehrskreisen bekannt ist und
innerhalb der Marke „Lamihexal“ erkannt wird, kann dahingestellt bleiben, da die
vorstehend genannten vorhandenen Unterschiede bereits ausreichen, um eine
Verwechslungsgefahr für das Publikum auszuschließen. Soweit dem Durch-
schnittsverbraucher der Firmenname der Inhaberin der angegriffenen Marke da-
gegen vertraut ist, wird hierdurch die Gefahr von Verwechslungen zusätzlich ver-
mindert, zumal die Widerspruchsmarke insoweit keine Entsprechung aufweist.
Eine begriffliche Verwechslungsgefahr kommt im vorliegenden Fall nicht in Be-
tracht, da keine der beiden Marken durch einen unmittelbar erkennbaren Sinnge-
halt geprägt ist.
Auch für eine mittelbare Verwechslungsgefahr bestehen keine Anhaltspunkte. Sie
käme allenfalls in Betracht, wenn der Wortanfang „Lami-“ – wie von der Wider-
sprechenden behauptet - Bestandteil einer Serienmarke wäre. Der Wortbestand-
teil „Lami“ wird jedoch nicht nur von der Widersprechenden allein, die zudem
selbst keine entsprechende Markenserie besitzt, sondern zumindest von einer
weiteren Arzneimittelherstellerin verwendet (vgl. ausweislich der Roten Liste 2006
„Lamisil“ für die A… AG). Des weiteren sind die Bezeichnungen „Lamistad“ für
die B… AG, „Lamioflur“ für die C…GmbH
und „Lamithyron“ für die D… GmbH in das Markenregister eingetra-
gen. Der Wortanfang „Lami“ ist daher eher als eine Anlehnung an den eingangs
genannten Wirkstoff-Namen „Lamivudin“ anzusehen und nicht als Bestandteil
einer Serienmarke der Widersprechenden. Gegen eine solche Argumentation
spricht auch, dass der Wortanfang „Lami“ aufgrund der Silbenaufgliederung nicht
als „LA-MI“ zur Kenntnis genommen wird, sondern „LA-MIC“ lautet. Es ist daher
nicht zu erwarten, dass aus den zwei Silben „LA-MIC“ die ersten vier Buchstaben
als Bestandteil einer Serienmarke „herausgetrennt“ werden. Dass die Widerspre-
chende den Wirkstoff „Lamivudin“ entwickelt hat und nun befürchtet, der Verkehr
rechne deshalb die angegriffene Marke dem Geschäftsbetrieb der Widerspre-
chenden zu, betrifft einen Umstand, dem mit den Bestimmungen des Marken-
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rechts nicht begegnet werden kann. Gegen eine darauf beruhende fehlerhafte
Markenzuordnung, der wohl ohnehin nur der Fachverkehr unterliegen könnte,
spricht auch, dass gerade diesem auffallen würde, dass in dem mit der Wider-
spruchsmarke gekennzeichneten Präparat eben nicht der Wirkstoff „Lamivudin“,
sondern der Wirkstoff „Lamotrigin“ enthalten ist, der nicht mit der Widersprechen-
den in Verbindung gebracht wird.
Ein Anlass für die von der Widersprechende angeregte Zulassung der Rechtsbe-
schwerde ist für den Senat nicht erkennbar. Weder ist im vorliegenden Fall über
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, noch erfordert
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des BGH, § 83 Abs. 2 MarkenG. Vielmehr handelt es sich vor-
liegend um die Entscheidung eines Einzelfalls.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand kein Anhaltspunkt,
§ 71 Abs. 1 MarkenG.
gez.
Unterschriften