Urteil des BPatG vom 13.11.2009
BPatG: unterscheidungskraft, veranstaltung, universität, unterliegen, schule, tod, bestandteil, röntgen, registrierung, ausbildung
BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 26/10
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2008 016 832.3
hat  der  27. Senat  (Marken-Beschwerdesenat)  des  Bundespatentgerichts  am
13. April 2010  durch  Vorsitzenden  Richter  Dr. Albrecht,  Richter  Schwarz  und
Richter Kruppa
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beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle vom 13. November 2009 wird auf-
gehoben.
G r ü n d e
I.
Die Anmeldung der Wort-/Bildmarke (schwarz/weiß)
für folgende Waren
Klasse 35:
betriebswirtschaftliche Beratung; Erstellen von Statis-
tiken; Marktforschung; Organisationsberatung und Nachforschung
in  Geschäftsangelegenheiten;  Erstellung  von  Gutachten;  Mei-
nungsforschung;  Personalauswahl  mit  Hilfe  von  psychologischen
Eignungstests; Sammeln und Zusammenstellen von themenbezo-
genen  Presseartikeln;  Systematisierung  von  Daten  in  Computer-
datenbanken; Wertermittlungen  in  Geschäftsangelegenheiten;  Er-
stellen von Wirtschaftsprognosen;
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Klasse 41:
Ausbildung  in  Akademien;  Berufsberatung;  Veröf-
fentlichung  von  Büchern;  Erziehung  und  Unterricht;  Fernkurse;
Fernunterricht;  Herausgabe  von  Texten,  ausgenommen  Werbe-
texte; Veranstaltung und Leitung von Kolloquien; Organisation und
Veranstaltung  von  Konferenzen,  Symposien  und  Kongressen;
Online  Publikation  von  elektronischen  Büchern  und  Zeitschriften;
Anfertigen von Übersetzungen; Verfassen von Texten, ausgenom-
men  Werbetexte;  Veranstaltung  von  Wettbewerben  im  Bereich
Forschung, Erziehung und Ausbildung);
Klasse 42:
Recherche-  und  Entwicklungsdienste  bzgl.  neuer
Produkte  für  Dritte;  Analyse- und  Forschungsdienstleistungen;
Forschung auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften
hat die Markenstelle mit Beschluss vom 13. November 2009 zurückgewiesen. Das
ist  damit  begründet,  der  österreichische  Volkswirtschaftler  und  Sozialwissen-
schaftler  Joseph  Alois  Schumpeter  (1883-1950)  habe  eine  Theorie  eines  Wirt-
schaftssystems entwickelt. Die Marke bezeichne also ein Institut, das auf die Leh-
ren  Schumpeters  ausgerichtet  sei.  Die  angesprochenen  Verkehrskreise  wüssten
dies auch.
Dementsprechend würden bereits die Begriffe „Schumpeter-Fellowship“, „Schum-
peter  Lectures“  (zu  denen  die  Grazer  Schumpeter  Gesellschaft einlädt),  „Schum-
peter Summer School“ sowie „Joseph A. Schumpeter Prize“ verwendet.
Das von der Anmelderin angesprochene Zeichen der Universität Düsseldorf
sei  in  Graphik,  Ortsbezug  und  Hinweis  auf eine  große  Universität  mit  dem  ange-
meldeten Zeichen nicht vergleichbar.
Der Beschluss ist der Anmelderin am 23. November 2009 zugestellt worden.
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Die Anmelderin hat am 22. Dezember 2009 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auf-
fassung,  die  für  die  Anmelderin  urheberrechtlich  geschützte  Zeichnung  mit  der
altertümlichen  Unterschrift  habe  Unterscheidungskraft.  Auch  bei  der  „Heinrich-
Heine-Universität“  erwarte  das  Publikum  nicht  nur  Dienstleistungen  in  Bezug  auf
Heinrich Heine. Schumpeter sei noch dazu wesentlich weniger bekannt als dieser
Dichter.  Die  meisten  der  beanspruchten  Dienstleistungen  habe  es  zu  Schum-
peters Zeit noch gar nicht gegeben. Erstmals im Beschwerdeverfahren beruft sich
die Anmelderin auf die Eintragung der Marke der FH Berlin.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den  Beschluss  der  Markenstelle  aufzuheben  und  die  Marke  ein-
zutragen.
II.
1)
Die  Beschwerde  ist  zulässig  und  hat  in  der  Sache  Erfolg;  einer  Registrie-
rung  der  angemeldeten  Marke  stehen  für  die  beanspruchten  Dienstleistungen
keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.
a)
Personennamen  sind  nach  der  ausdrücklichen  Regelung  in  § 3  Abs. 1
MarkenG  abstrakt  markenfähig  (vgl.  EuGH  GRUR  2004,  946,  Rn. 25  – Nichols;
BPatG  GRUR  2006,  591  - Georg-Simon-Ohm).  Auch  bei  Namen  bekannter  Per-
sonen ist die Möglichkeit einer herkunftshinweisenden Individualisierung nicht von
vornherein  ausgeschlossen  (vgl.  BPatG,  Beschluss  vom  6. Februar 2008,  Az:
32 W (pat) 92/06 – Maya Plisetskaya).
Personennamen  unterliegen  damit  wie  sonstige Wortmarken  der  Prüfung  auf ab-
solute Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG, die jedoch hier
im Hinblick auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen nicht greifen.
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b)
Die  Bezeichnung  „Schumpeter  School“  entbehrt  für  die  beanspruchten
Dienstleistungen nicht jeglicher Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1
MarkenG.  Das  ist  die  einer  Marke  innewohnende  (konkrete)  Eignung,  Dienstleis-
tungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und
von denjenigen anderer zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen
im  Hinblick  auf  die  angemeldeten  Dienstleistungen  und  zum  anderen  im  Hinblick
auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der
Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verstän-
digen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Dienstleistungen abzustellen ist.
Marken  besitzen  keine  Unterscheidungskraft,  wenn  ihnen  die  angesprochenen
Verkehrskreise lediglich einen beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn
sie  aus  gebräuchlichen  Wörtern  der  deutschen  Sprache  oder  einer  geläufigen
Fremdsprache bestehen,  die  nicht  als  Unterscheidungsmittel  verstanden  werden.
Dies  betrifft  vorliegend  „(School  of)  Business  and  Economics“,  nicht  aber  das
namensmäßig hervorgehobene „Schumpeter School“.
Die Markenstelle hat nicht belegt, dass „Schumpeter School“ ein Fachbegriff für
bestimmte Lehreinrichtungen ist und auch der Senat kann dies nicht feststellen.
Dass Joseph Alois Schumpeter eine eigene Theorie entworfen hat, unterscheidet
ihn  kaum  von  vielen  bekannten  Wissenschaftlern,  nach  denen  in  großer  Zahl
wissenschaftliche  Einrichtungen  benannt  sind,  ohne  dass  jemand  erwartet,  dort
würde nur nach oder an dieser Theorie gearbeitet.
Die  kennzeichnende  Funktion  des  Namens  geht  auch  in  der  Kombination  mit
„School of Business and Economics“ nicht verloren. Die Nutzung von Namen his-
torischer  Persönlichkeiten  ist  dem  Publikum  als  unterscheidungskräftige  Benen-
nung  von  öffentlichen  Einrichtungen,  wie  Schulen,  Universitäten,  Theatern  etc.,
gerade  in  solchen  Kombinationen  geläufig.  Schulbezeichnungen  enthalten  mit
einem  Namen  einer  lebenden  oder  historischen  Persönlichkeit  oft  einen  betrieb-
lichen Hinweis im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
- 6 -
Dass  Fans  ihre  Verbundenheit  mit  bekannten  Personen  zum  Ausdruck  bringen,
mag  bei  Fanartikeln,  wie  Kappen,  T-Shirts  u. ä.,  denkbar  sein,  scheidet  aber  bei
den vorliegenden Dienstleistungen aus dem Wissenschaftsbereich aus.
Dass  bekannte  Wissenschaftler  Anhänger  haben  und  ihre  Lehre  verbreitet  wird,
lässt  Ausdrücke,  wie  die  von  der  Markenstelle  herangezogenen  „Schumpeter-
Fellowship“, „Schumpeter Lectures“ sowie „Schumpeter Summer School“ erwarten
- ohne dem Namen an sich die Unterscheidungskraft zu nehmen. Dass sich diese
oder solche Begriffe, wie etwa „Röntgen-Verfahren“ oder „Dieselmotor“ zu rein be-
schreibenden Aussagen entwickelt haben, vermag der Senat nicht zu erkennen.
In  dem  von  der  Markenstelle  ebenfalls  herangezogenen  „Joseph  A. Schumpeter
Prize“ hat der Name sogar eine Hinweisfunktion, die einen solchen Preis ebenso
individualisiert  wie  vorliegend  eine  Schule  (siehe  BPatG  Beschluss  vom  5. Okto-
ber 2009,  Az:  27 W (pat) 162/09  - Egon  Erwin  Kisch-Preis;  Franz-Carl-Achard-
Preis,  DE 307 69 018;  Fritz  Pölking  Preis,  DE 307 56 772;  Günter-Eich-Preis,
DE 306 44 636; Axel-Eggebrecht-Preis, DE 306 44 637; Karl-Hermann-Zipp-Preis,
DE 306 73 969;
Walter-Masing-Preis,
DE 306 09 980;
Adolf-Grimme-Preis,
DE 303 29 836;  Peter-Parler-Preis,  DE 300 88 535;  Albrecht  Dürer  Preis,
DE 304 40 333;  Oswald  von  Nell-Breuning-Preis,  DE 303 12 202;  Johannes-
Gross-Preis, DE 301 34 185).
c)
Nur Namen historischer Personen, die Teil des der Allgemeinheit zustehen-
den  kulturellen  Erbes  sind  (vgl.  Götting,  Persönlichkeitsmerkmale  von  verstorbe-
nen  Personen  der  Zeitgeschichte  als  Marke,  GRUR  2001,  615,  620  li. Sp.;  vgl.
auch  BPatG  GRUR  1998,  1021,  1022  - Mona  Lisa),  unterliegen  einem  Freihalte-
bedürfnis  im  Sinn  des  § 8  Abs. 2  Nr. 2  MarkenG  -  ohne dass es  darauf  ankäme,
ob  sie  als  Merkmalsbezeichnung,  vorliegend  etwa  für  Ausbildungsdienstleistun-
gen,  gesehen  werden.  Letzteres  ist  bei  „Schumpeter“  nicht  der  Fall,  wie  bereits
dargestellt wurde.
Joseph A. Schumpeter ist auch nicht vergleichbar mit Leonardo da Vinci, der dem
inländischen  Publikum  als  einer  der  größten  Künstler  und  Wissenschaftler  der
Weltgeschichte  geläufig  ist.  Nur  die  Namen  solcher  historischer  Persönlichkeiten
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sind Teil des kulturellen Erbes der Menschheit, so dass ihnen das Publikum jeden-
falls in Alleinstellung keinen Markencharakter zuordnet (BPatG MarkenR 2008, 33
– Leonardo  da  Vinci).  Noch  weniger  damit  vergleichbar  ist  die  hier  streitgegen-
ständliche  Bezeichnung,  die  mit  „School“  einen  namensmäßig  benennbaren  Be-
standteil  enthält.  Wird  für  deren  Spezifizierung  statt  einer  Sachangabe,  wie  z. B.
„Lawschool“  etc.,  ein  an  sich  kennzeichnungskräftiger  Personenname  gewählt,
wird die Einrichtung und damit auch deren Trägerin spezifiziert. Sogar bei Lebens-
mitteln  (z. B.  „Müller-Milch“)  haben  Namen  eine  markenmäßig  individualisierende
Bedeutung. Würde man Markennamen mit einem Personennamen als Bestandteil
immer nur eine ehrende bzw. erinnernde Funktion zubilligen,  würde das den Na-
mensschutz in unbilliger Weise einschränken.
Nach  § 8  Abs. 2  Nr. 2  MarkenG  sind  aber  nur  unmittelbar  waren-  und  dienstleis-
tungsbeschreibende Angaben von der Registrierung ausgeschlossen. Hier gibt es
keinerlei  Belege  dafür,  dass  „Schumpeter“  als  Sachbezeichnung,  wie  „Otto“  und
„Wankel“ für Motoren, „Diesel“ für Kraftstoffe, „Röntgen“ für medizinische Untersu-
chungsmethoden  oder  „Stresemann“  für  einen  Gesellschaftsanzug,  gebräuchlich
wäre.
Dies  alles  gilt  auch  für  die  Veröffentlichung  von  Büchern  und  ähnlichen  bean-
spruchten  Dienstleistungen,  deren  Gegenstände  einen  bezeichnungsfähigen  In-
halt  aufweisen  können,  weil  die  angemeldete  Bezeichnung  nicht  nach  Art  eines
Sachtitels  geeignet  ist,  den  gedanklichen  Inhalt  zu  beschreiben.  Selbst  wenn
Leben  oder  Werk  von  Schumpeter  deren  Themata  wären,  würde  dafür  nicht  die
angemeldete Form als Sachtitel verwendet. Eine Inhaltsbeschreibung wäre für die
eher  verlegerischen  Tätigkeiten  ohnehin  nicht  gegeben,  denn  dass  sich  entspre-
chende  Dienstleistungen  nur  dem  Schaffen  eines  Menschen  widmen  und  sich
dann  auch  noch  nach  einer  Schule  benennen,  ist  nicht  in  entscheidungsrelevan-
tem  Umfang  zu  erwarten.  Auch  der  Bundesgerichtshof  differenziert  insoweit  zwi-
schen Büchern und Verlagstätigkeit (GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - Schlechte
Zeiten; ebenso BPatG, Beschluss vom 1. Juni 2005, Az: 32 W (pat) 145/03 - Fräu-
leinwunder).
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d)
Der Eintragbarkeit steht auch nicht ein eventuelles Namenspersönlichkeits-
recht  seitens  der  Erben  des  Ökonomen  Schumpeter  entgegen,  das  nach  § 8
Abs. 2 Nr. 10 MarkenG zu beachten ist. Denn das Namensrecht erlischt mit dem
Tod des Namensträgers, und die vermögenswerten Bestandteile des Namens, die
vorliegend  bei  einer  Verwendung  als  Marke  betroffen  sind,  erlöschen  10 Jahre
nach dem Tod des Namensträgers (vgl. hierzu insgesamt BGH GRUR 2007, 168,
169  - Kinski-Klaus.de).  Dafür,  dass  die  ideellen  Bestandteile  des  Namens  durch
die vorliegende Markenverwendung betroffen sein könnten, was ebenfalls im Rah-
men des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG zu beachten wäre, ist nichts ersichtlich.
2)
Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht
kein Anlass.
Dr. Albrecht
Schwarz
Kruppa
Fa