Urteil des BPatG vom 23.10.2007

BPatG: verwechslungsgefahr, spirituosen, bestandteil, alkohol, kennzeichnungskraft, gesamteindruck, rom, zahl, unternehmen, begriff

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
33 W (pat) 73/06
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 303 67 053
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 23. Oktober 2007 unter Mitwirkung der Richterin Dr. Hock als Vor-
sitzende und der Richter Bender und Kätker
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Gegen die Eintragung der Wortmarke 303 67 053
TYPAROM
für
Klasse
1: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke,
insbesondere Geschmacksstoffe für die Getränkein-
dustrie.
Klasse 3: Natürliche Geschmacksstoffe zur Herstellung von Ge-
tränken, nämlich ätherische Öle und Essenzen
ist Widerspruch eingelegt worden aus der Wortmarke 1 107 759
Silarom
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für
Klasse 2: Färbemittel, Lebensmittelfarben;
Klasse 3: Fruchtessenzen und Orangeessenzen für gewerbliche
Zwecke, Pfefferminzessenz, Sternanisessenz, Zitro-
nenessenz für gewerbliche Zwecke, ätherische Es-
senzen zur Herstellung von alkoholfreien und alkohol-
haltigen Getränken, Essenzen für feine Backwaren,
Aromastoffe für Getränke, soweit in Klasse 3 enthal-
ten, Backaromen, soweit in Klasse
3 enthalten,
Fruchtaromen, Blütenextrakte, ätherische Öle, Grund-
stoffe zur Herstellung von alkoholfreien Getränken,
Grundstoffe zur Herstellung von Spirituosen;
Klasse 5: pflanzeneiweißreiche Extrakte als Nährmittel für Kin-
der und Kranke, Hefeextrakte, Hopfenextrakte für
pharmazeutische Zwecke, Tabakextrakte, Drüsenex-
trakte, Extrakte für medizinische Zwecke, Fettextrakte
für die Krankenernährung, Kräuterextrakte für medizi-
nische Zwecke, sämtliche Waren für die weiterverar-
beitende Industrie bestimmt;
Klasse 29: Fleischextrakte, Pflanzenextrakte für Nahrungsmittel,
Suppenextrakte,
Soßenextrakte, Fleischextrakt,
Fleisch-, Fisch- und Gemüsegallerten, Fruchtpasten,
Fruchtsaftkonzentrate;
Klasse 30: Backessenzen, soweit in Klasse 30 enthalten, Essen-
zen für Nahrungszwecke mit Ausnahme von ätheri-
schen Essenzen und Ölen, Essigessenz, Aromastoffe
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für Getränke, soweit in Klasse 30 enthalten, Back-
aromen, soweit in Klasse 30 enthalten, Fruchtaromen
(ausgenommen ätherische Öle), Kaffeearomen, Ku-
chenaromen, Suppenaromen, Vanillearomen, Butter-
aromen, Käsearomen, Mandelaromen, Teearomen,
Zitronenaromen, Gewürzextrakte, Kräuterextrakte für
Gewürzzwecke, Tee-Extrakte, Tomatenextrakte, Ka-
kaoextrakte, Aromen und Essenzen für die Herstel-
lung von Spirituosen, Kaffee-Ersatzmittel, Gewürze,
Soßen, Essig, Senf, Kochsalz, Aromen und Essenzen
für die Herstellung von Back- und Zuckerwaren, Kaf-
fee- und Mokkapasten;
Klasse 32: Extrakte zur Herstellung alkoholfreier Getränke,
Fruchtextrakte ohne Alkohol, Hopfenextrakte für die
Bierherstellung, Mostextrakte;
Klasse 33: Branntweinessenz, alkoholische Essenzen und Ex-
trakte, Extrakte für Spirituosen, Fruchtextrakte mit Al-
kohol, Punschextrakte.
Mit Beschluss vom 22. März 2006 hat die Markenstelle für Klasse 1 den Wider-
spruch zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle liegt trotz sehr ähnli-
cher bis identischer Waren keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1
Nr. 2 MarkenG vor. Bei der Widerspruchsmarke sei von einer durchschnittlichen
Kennzeichnungskraft auszugehen. Eine für eine Verwechslungsgefahr nötige
Markennähe sei nicht gegeben. Sprachlich stünden sich die Silbenfolgen "Typ-
arom" und "Sil-arom" gegenüber, wobei die Anfangsbestandteile in keinem einzi-
gen Laut übereinstimmten, so dass trotz gleicher Buchstabenzahl und ähnlicher
Vokalfolge keine relevante klangliche Verwechslungsgefahr zu erkennen sei. Die
Silbe "arom" biete sich nach dem Sachzusammenhang an und sei als Hinweis auf
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"Aroma" rein beschreibend oder zumindest stark sprechend. Weiter sei auch eine
Unterscheidung in schriftbildlicher Hinsicht gegeben, da sich die Anfangsbuchsta-
ben figürlich unterschieden und die beiden Wörter verschiedene Unter- und Ober-
längen aufwiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.
Zur Begründung führt sie aus, dass die Markenstelle die klangliche Verwechs-
lungsgefahr falsch bewertet habe. Die Silbe "arom" könne zwar Assoziationen zu
Aromen aufweisen, jedoch sei "arom" nicht rein beschreibend für den Begriff
"Aroma". Weiter sei zu berücksichtigen, dass ein zu betrachtender kleiner, wenn
auch nicht unbeträchtlicher Teil der Verkehrskreise den Vokal "y" der Anfangssilbe
der angegriffenen Marke wie ein "i", zumindest wie ein helles, sich dem "i" annä-
herndes "ü" aussprechen werde. Weiter liege eine Übereinstimmung in der Silben-
zahl und der Buchstabenzahl vor, so dass vor allem bei schlechten akustischen
Übertragungsverhältnissen eine Verwechslung nicht ausgeschlossen werden
könne.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 1 vom 22. März 2006
aufzuheben und die Marke 303 67 053 wegen des Widerspruchs
aus der Marke 1 107 759 zu löschen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
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Nach Auffassung der Markeninhaberin sind die allein kennzeichnungskräftigen
Wortbestandteile "Typ" und "Sil" weder in Alleinstellung noch in der Kombination
"Typarom" und "Silarom" verwechslungsfähig. Weiter weist sie darauf hin, dass
akustische Übermittlungsverhältnisse bei den heutigen Kommunikationsmitteln wie
e-Mail und Telefax im gewerblichen Geschäftsverkehr keine Rolle mehr spielen
würden und deshalb nicht zu berücksichtigen seien.
Im Verfahren vor der Markenstelle hat die Markeninhaberin außerdem die Auffas-
sung vertreten, dass dem Wortbestandteil "arom" als nicht unterscheidungskräfti-
gem Bestandteil keine "prägende" Bedeutung zukomme. Weiter hat sie unter Vor-
lage einer entsprechenden Liste auf ca. 90 weitere Marken in den Klassen 1 und 3
hingewiesen, in denen der Bestandteil in vergleichbaren Silbenpositionen ange-
ordnet sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet.
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die
bereffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder ge-
gebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.
Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Um-
stände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlich-
keit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Ge-
samteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die
sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für
die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend
darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder
Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig
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als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. EuGH
Mitt. 2006, 512 - LIFE/THOMSON m. w. N.).
a) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit ist als
normal zu beurteilen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Mar-
keninhaberin angeführten 90 eingetragenen Drittmarken in den Klassen 1 und 3
mit dem Bestandteil "arom". Zwar ist dies eine beachtliche Zahl von Drittmarken,
soweit es sich dabei aber - wovon mangels anderer Anhaltspunkte auszugehen
ist - nur um eingetragene Marken handelt, über deren Benutzung nichts bekannt
ist, könnte dies jedoch ohnehin nur eine (moderate) Schwächung der Kennzeich-
nungskraft im Sinne einer Originalitätsschwäche bewirken (vgl. Ströbele/Hacker,
Markengesetz, 8. Aufl., § 9, Rdn. 201). Zudem stimmen die Drittmarken (bis auf
zwei) nicht mit der Widerspruchsmarke "Silarom" überein bzw. befinden sich nicht
im engsten Ähnlichkeitsbereich zu dieser. Vielmehr weisen sie gerade am regel-
mäßig stärker beachteten Wortanfang deutliche Unterschiede zu ihr auf. Daher
lässt sich mit den Voreintragungen keine Kennzeichnungsschwäche der Marke
"Silarom" in ihrer Gesamtheit begründen. Allerdings zeigt die von der Markeninha-
berin angeführte beachtliche Zahl von Drittmarken mit dem Schlussbestandteil
"-arom", die in den Klassen 1 und 3 angeführt sind, dass zumindest diesem Be-
standteil eine beachtliche Originalitätsschwäche zukommt. Dies kann sich auf die
Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken auswirken (s. u., vgl. a. Ströbele/Hacker,
a. a. O., Rdn. 202).
b) Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen liegen teilweise im
Identitätsbereich, zumindest aber im Bereich einer engeren Ähnlichkeit. Die für die
jüngere Marke in der Klasse 1 eingetragenen "chemische Erzeugnisse für gewerb-
liche Zwecke, insbesondere Geschmacksstoffe für die Getränkeindustrie" sind mit
Waren der Widerspruchsmarke in Klasse 3, wie "Aromastoffe für Getränke,
Grundstoffe zur Herstellung von alkoholfreien Getränken, Grundstoffe zur Her-
stellung von Spirituosen", und in Klasse 30, wie "Aromastoffe für Getränke, soweit
in Klasse 30 enthalten" nach ihrer Funktion, teilweise auch stofflichen Beschaffen-
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heit, hochgradig ähnlich, was eingeschränkt auch für weitere Waren der Wider-
sprechenden der Klassen 32 und 33 gilt (Klasse 32: "Extrakte zur Herstellung al-
koholfreier Getränke, Fruchtextrakte ohne Alkohol, Hopfenextrakte für die Bierher-
stellung, Mostextrakte"; Klasse 33: "alkoholische Essenzen und Extrakte, Extrakte
für Spirituosen, Fruchtextrakte mit Alkohol, Punschextrakte").
Weiter sind die in der Klasse 3 für die jüngere Marke eingetragenen "natürliche
Geschmacksstoffe zur Herstellung von Getränken, nämlich ätherische Öle und
Essenzen" mit den für die Widersprechende geschützten "ätherischen Essenzen
zur Herstellung von alkoholfreien und alkoholhaltigen Getränken, ätherischen
Ölen" identisch bzw. teilidentisch.
c) Den danach erforderlichen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke hält
die angegriffene Marke noch ein.
In klanglicher Hinsicht verfügen beide Marken zwar über gewichtige Gemeinsam-
keiten, wie etwa die gleiche dreiteilige Silbengliederung ("ty-pa-rom"/"si-la-rom")
bei gleicher Betonung auf der ersten Silbe. Jedoch sind die regelmäßig stärker
beachteten Anfangslaute stark unterschiedlich, da dem klangstarken Sprenglaut
"T" der angegriffenen Marke mit dem stimmhaften "S" ein Zahn-Dauerlaut gegen-
übersteht. Hinzu kommt der weitere Unterschied bei den Konsonanten "P" und "L",
die sich ebenfalls noch am stärker beachteten Wortanfang befinden. Zwar stim-
men beide Marken im Bestandteil "…-arom" vollständig überein. Abgesehen da-
von, dass sich dieser am weniger beachteten Wortende befindet, relativiert vor
allem eine nicht unerhebliche Kennzeichnungsschwäche dieses Markenteils die
klangliche Übereinstimmung. Denn einerseits ist darin der begriffliche Anklang
zum beschreibenden Begriff "Aroma", bei dem nur der Endlaut fehlt, unverkennbar
enthalten und wird angesichts der Art der im Identitäts- und Ähnlichkeitsbereich
liegenden Waren vom Verkehr auch ohne weiteres wahrgenommen, zum anderen
hat die Markeninhaberin zudem auch noch eine Originalitätsschwäche dieses
Markenbestandteils belegt (s. o.), die damit zusätzlich gegen dessen Gewicht für
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den klanglichen Gesamtcharakter spricht. Daher kann insgesamt nur von einer
eher schwachen klanglichen Ähnlichkeit ausgegangen werden.
Dies gilt auch in schriftbildlicher Hinsicht. Auch hier bestehen in Form des markant
linearen "T" bei der jüngeren Marke gegenüber dem aus Kurvenelementen beste-
henden "S" der Gegenmarke deutliche Unterschiede zwischen den für den schrift-
bildlichen Gesamteindruck wichtigen Anfangsbuchstaben. Auch die Buchstaben "I"
gegenüber "Y" und "P" gegenüber "L" weisen - egal ob groß oder klein geschrie-
ben - deutliche Unterschiede auf, so dass die Marken auch schriftbildlich gerade in
den Wortanfängen erheblich voneinander abweichen, während die gemeinsame
Endung auf "-arom" aus den oben genannten Gründen weniger ins Gewicht fällt.
Hinzu kommt, dass sich die beiderseitigen Waren, soweit sie sich im Identitäts-
und Ähnlichkeitsbereich befinden, weitgehend an Fachverkehrsteilnehmer aus
dem Bereich der Lebensmitteltechnik und -zusätze richten. Fachleute sind mit den
auf ihrem Gebiet üblichen Kennzeichnungen besser vertraut als Endverbraucher,
so dass ihnen Abweichungen vergleichsweise eher auffallen. Insgesamt besteht
daher keine Gefahr unmittelbarer Verwechslungen.
Angesichts der Kennzeichnungsschwäche des gemeinsamen Bestandteils "-arom"
kommt auch eine assoziative Verwechslungsgefahr nicht in Betracht.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Dr. Hock
Bender
Kätker
Cl