Urteil des BPatG vom 28.07.2004

BPatG: papier, beschreibende angabe, unterscheidungskraft, eugh, unternehmen, werbeslogan, internet, radio, firma, test

BPatG 152
10.99
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 21/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die angemeldete Marke 303 52 333.6
hat der 27.
Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
7. Juni 2005 durch den Richter Dr. van Raden als Vorsitzenden, den Richter
Schwarz und die Richterin Prietzel-Funk
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beschlossen
Auf die Beschwerde der Anmelder wird der Beschluss der
Markenstelle für Klasse
25 des Deutschen Patent- und
Markenamtes vom 28.
Juli
2004 und vom 10.
Novem-
ber 2004 aufgehoben.
G r ü n d e
I
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit
zwei Beschlüssen vom 28. Juli 2004 und 10. November 2004, von denen einer im
Erinnerungsverfahren erging, die als Wortmarke für
„Abreißkalender, Alben, Anzeigekarten (Papeteriewaren), Aufkleber,
Stickers (Papeteriewaren), Babyhöschenwindeln aus Papier oder
Zellstoff, Babywindeln aus Papier oder Zellstoff, Babywindeln aus
Papier oder Zellulose (Außentücher, zum Wegwerfen), Blöcke (Pa-
pier- und Schreibwaren), Briefpapier, Broschüren, Bucheinbände,
Bücher, Bücher (kleine), Druckereierzeugnisse, Einbände (Papier-
und Schreibwaren), Etiketten, nicht aus Textilstoffen, Flaschenverpa-
ckungen aus Pappe oder Papier, Glückwunschkarten, Hüllen (Pa-
pier- und Schreibwaren), Kartonagen, Kartonröhren, Lesezeichen,
Magazine (Zeitschriften), Notizbücher, Packpapier, Papier- und
Schreibwaren, Papiertüten, Postkarten, Prospekte, Stempel, Verpa-
ckungsbeutel (-hüllen, -taschen) aus Papier oder Kunststoff, Verpa-
ckungsmaterial aus Karton, Verpackungspapier, Zeitschriften, Zeit-
schriften (Magazine), Zeitungen; Badewäsche (ausgenommen Be-
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kleidungsstücke), Baumwollstoffe, Bettdecken, Bettwäsche, Bettzeug
(Bettwäsche), Bezüge für Kissen, Etiketten aus Textilstoffen, Ge-
webe für textile Zwecke, Haushaltswäsche, Kissenbezüge; Babywä-
sche; Babywindelhosen (Bekleidungsstücke), Bademäntel, Basken-
mützen, Bandanas (Tücher für Bekleidungszwecke), Bodysuits (Ted-
dies, Bodys), Halstücher, Hemd-Höschenkombinationen (Unterbe-
kleidung), Käppchen (Kopfbedeckungen), Kopfbedeckungen, Lätz-
chen, nicht aus Papier, Mützen, Overalls, Pullover, Schlafanzüge,
Schlüpfer, Socken, Strandanzüge, Sweater, Trikotkleidung, Trikots,
T-Shirts, Unterwäsche“
angemeldete Bezeichnung
Mit Liebe gemacht
nach §§ 37, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige und
freihaltungsbedürftige Angabe zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt:
Die angesprochenen Verbraucher verstünden die Angabe ohne weiteres als blo-
ßen Hinweis auf die Art und Weise der Herstellung der Waren, nämlich dass diese
mit Liebe gemacht oder produziert würden. Die Anmeldemarke weise auch keine
schutzbegründende Mehrdeutigkeit auf. Auch ihr Charakter als Werbeslogan be-
gründe keine Schutzfähigkeit, da ihr ein eindeutiger beschreibender Sinngehalt
zukomme. Schließlich könnten auch Voreintragungen, auf welche sich die
Anmelderin berufen habe, die Eintragbarkeit mangels Bindung der Markenstelle
nicht herbeiführen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die nicht begründete Beschwerde der
Anmelderin. Sie hält die Anmeldemarke für unterscheidungskräftig und nicht
freihaltungsbedürftig. Auch wenn sie von dem angesprochenen Verkehr ohne
weiteres im Sinne von „Mit Liebe gemacht“ verstanden werde, stelle sie einen
Werbeslogan dar, der in erster Linie herkunftshinweisend sei. Die Wortfolge sei
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zudem mehrdeutig und interpretationsbedürftig; so könne sie in Zusammenhang
mit Babybekleidung auch so verstanden werden, dass das sie tragende Kind von
liebenden Eltern stamme. Die Wortfolge füge sich ohne weiteres auch in die
Gesamtreihe von werbenden Slogans der Anmelderin ein, die zum Großteil als
Marken eingetragen seien. Auch ein produktbeschreibender Inhalt liege nicht vor,
da es an einem unmittelbaren Produktbezug fehle; allenfalls handele es sich um
eine mittelbare beschreibende Angabe. Denn es handele sich nicht um wichtige
und die Abnehmer irgendwie bedeutsame Umstände mit Bezug auf die Ware; im
Vordergrund stehe vielmehr die Werbeaussage, die nach der Rechtsprechung
kein Freihaltebedürfnis begründe.
II
Der zulässigen Beschwerde kann der Erfolg im Ergebnis nicht versagt werden.
Denn die Anmeldemarke ist entgegen der Ansicht der Markenstelle weder freihal-
tungsbedürftig i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, noch kann ihr letztlich das
erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG)
angesprochen werden.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausge-
schlossen, die zumindest in einer ihrer möglichen Bedeutungen (vgl. EuGH, Mar-
kenR 2004, 450, 453 [Rz. 32] – DOUBLEMINT) ausschließlich aus Zeichen oder
Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren
oder Dienstleistungen dienen können, sofern es sich hierbei um für den Waren-
verkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame
Umstände handelt (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 – FOR YOU; GRUR
2000, 211, 232 – FÜNFER). Dieses Eintragungsverbot dient dem im Allgemeinin-
teresse liegenden Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemel-
deten Waren bzw. Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei ver-
wendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke zugunsten
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eines Unternehmens monopolisiert werden (EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rn. 25 –
CHIEMSEE; GRUR 2004, 680, 681 Rn. 35, 36 – BIOMILD). Werden rein be-
schreibende Begriffe zu einem einzigen zusammengesetzt, so bleibt der Gesamt-
begriff ungeachtet des Vorliegens einer Wortneuschöpfung von der Eintragung
ausgeschlossen, wenn sich durch die Wortkombination kein über den bloß be-
schreibenden Inhalt jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender weiterge-
hender Sinngehalt ergibt (vgl. EuGH a.a.O. – BIOMILD).
Nach diesen Grundsätzen kann nicht festgestellt werden, dass die angemeldete
Wortfolge mögliche Eigenschaften der beanspruchten Waren bezeichnet. Dies
könnte nur dann angenommen werden, wenn es sich hierbei um ein zumindest
objektivierbares Qualitätsmerkmal handeln würde. Auch wenn mit der Charakteri-
sierung einer Ware als „mit Liebe gemacht“ bestimmte Assoziationen bei den an-
gesprochenen Verkehrskreisen in bezug auf die damit gekennzeichneten Waren
geweckt werden, handelt es sich bei diesen doch ausschließlich um subjektive
Einschätzungen, die sich einer Objektivierung entziehen, nicht aber um eine (ob-
jektive) Beschreibung möglicher Eigenschaften der betroffenen Waren. Auch die
Art und Weise des Herstellungsverfahrens kann hiermit entgegen der Annahme
der Markenstelle nicht beschrieben werden. Denn angesichts des Umstands, dass
die beanspruchten Waren in der Regel industriell gefertigt werden, was schon
objektiv der Annahme eines „liebevollen Herstellungsverfahrens“ entgegensteht,
ist es schon erkennbar euphemistisch, das Herstellungsverfahren von Ver-
brauchsgütern, um die es sich bei den beanspruchten Waren uneingeschränkt
handelt, mit einer solchen Wortfolge zu charakterisieren. Aus diesem Grund stellt
sie sich vielmehr allein als eine werbemäßige Aussage dar, die keine objektivier-
bare Angabe über mögliche Eigenschaften der gekennzeichneten Waren enthält,
sondern diese lediglich durch Appell an subjektive Vorstellungen des angespro-
chenen Verkehrs anpreist. Eine solche Werbeaussage ist aber nicht schon nach
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
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Der Anmeldemarke kann aber auch als Werbeslogan nicht die Schutzfähigkeit
wegen fehlender Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgespro-
chen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist nach der ständi-
gen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2003,
187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Phi-
lips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl. (BGH GRUR 2000, 502, 503 –
St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 – Unter Uns) die Eignung einer Marke, vom
durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsver-
braucher (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 –
SAT.2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistun-
gen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu
werden. Trotz des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st. Rspr., vgl.
BGH, GRUR 1995, 408 [409] – PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 -
SWATCH) fehlt einer Kennzeichnung die Unterscheidungskraft stets dann, wenn
die angesprochenen Verkehrskreise in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der
beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus einem Unternehmen
sehen, was etwa bei einem für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im
Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. BGH GRUR 2001,
1151, 1153 – marktfrisch;
GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR
2001, 162, 163 m.w.N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) oder bei
Werbeaussagen allgemeiner Art (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 – Unter uns;
WRP 2000, 298, 299 – Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 – Partner with the
best; GRUR 2001, 1047, 1048 – LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR
2001, 735, 736 – „Test it“; GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft) der Fall
ist. Bei werbemäßigen Aussagen hat der Bundesgerichtshof dabei im wesentli-
chen darauf abgestellt, ob sie sich in beschreibenden Angaben oder Anpreisungen
allgemeiner Art erschöpfen (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 – Unter uns; WRP
2000, 298, 299 – Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 – Partner with the best;
GRUR 2001, 1047, 1048 – LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001,
735, 736 – „Test it“; GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Auch wenn
sich Identifizierungsfunktion und Werbewirkung nicht gegenseitig ausschließen
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(vgl. BGH, a.a.O. – Unter uns - unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung), kön-
nen allein die Werbeeignung oder -wirksamkeit die Fähigkeit einer Kennzeichnung
zum betrieblichen Herkunftshinweis nicht begründen. Deshalb sind Kürze, Origi-
nalität und Prägnanz, welche eine Wortfolge zu einem eingängigen und aussage-
kräftigen Werbeslogan machen können, genauso wie ihre Mehrdeutigkeit und In-
terpretationsbedürftigkeit allenfalls (vgl. BGH, a.a.O. – UNTER UNS),
nicht aber notwendige Voraussetzungen für die Unterscheidungskraft; denn aus
ihrem Fehlen kann nicht auf einen Mangel an Unterscheidungskraft geschlossen
werden (vgl. BPatG, a.a.O. – ZEIG DER WELT DEIN SCHÖNSTES LÄCHELN).
Maßgeblich ist vielmehr, ob die Wirkung der Wortfolge sich in der Wahrnehmung
der angesprochenen Verkehrskreise in der Werbefunktion erschöpft oder ob sie
diese darüber hinaus auch als Unterscheidungsmittel verstehen (vgl. BPatG 27 W
(pat) 77/02 – MY WAY, veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM).
Nach diesen Grundsätzen kann die Schutzfähigkeit der angemeldeten Wortfolge
nicht verneint werden, weil Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei ihr um eine Wer-
beaussage allgemeiner Art handelt, nicht feststellbar sind. Belege dafür, dass es
sich bei der angemeldeten Wortfolge um einen üblichen Werbespruch handelt,
konnte der Senat bei seinen Recherchen weder hinsichtlich der hier zu beurteilen-
den Warengebiete noch für sonstige Produkte finden. Zwar weist die Internet-
Suchmaschine GOOGLE bei Eingabe der angemeldeten Wortfolge und Suche im
gesamten Internet insgesamt rund 15.000 Treffer auf, wobei ein Großteil der
Treffer sich auf einen Werktitel, nämlich das entsprechend benannte Album eines
Hip-Hop-Musikers beziehen und ein Teil der Treffer die Marke oder die Firma der
Anmelderin betreffen. Auch eine gezielte Suche bei der Werbespruch-Datenbank
„Slogans.de“ ergab kein anderes Ergebnis. Danach wird die Wortfolge „Mit Liebe
gemacht“ zwar gelegentlich als Werbespruch verwendet, betrifft allerdings über-
wiegend Produkte und Tätigkeiten im Bereich der Ernährung und Gastronomie. Im
Modebereich findet sich die Wortfolge allerdings bei der Firma H…, welche
sie seit 1963 verwendet; auch wenn dieses Unternehmen die ursprünglich für sie
eingetragenen nationalen Marken, in welchen sich diese Wortfolge fand, zwi-
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schenzeitlich hat löschen lassen, spricht der tatsächliche Gebrauch, demzufolge
sie der Firmenbezeichnung hinzugefügt wird (vgl. http://www.hengella.de/in-
dex2.html), eher für eine firmen- oder markenmäßige Verwendung, die über einen
bloßen Werbespruch hinausgeht. In dieser Weise vermochte der Senat nur einen
Nachweis zu finden, nämlich auf der Internet-Seite http://www.thecigar-
book.com/mitliebe.htm, mit der ein Buch über kubanische Zigarren beworben wird,
das „dem Zigarrengenießer vor Augen“ führen will, „mit wie viel Liebe, Mühe und
Sachkenntnis diese einzigartigen Zigarren produziert werden“. Die Art und Weise,
in der die hier zu beurteilende Wortfolge auf dieser Webseite verwendet wird, ist
aber als (einziger) Beleg dafür, dass es sich bei der angemeldeten Wortfolge um
eine Werbeaussage allgemeiner Art handele, nach Ansicht des Senats nicht
ausreichend. Hinzu kommt, dass sie sich auf dem hier interessierenden
Bekleidungs- und Textilsektor bzw. auf dem Gebiet der Druckereierzeugnisse
auch nicht unmittelbar anbietet, da es sich bei den hier betroffenen Waren –
anders als dies bei speziell gefertigten Zigarren der Fall sein mag – in der Regel
um industriell gefertigte Massenprodukte handelt; für Babybekleidung, auf welche
das Warenverzeichnis allerdings nicht beschränkt ist, kommt dabei auch die von
der Anmelderin genannte Mehrdeutigkeit zum Tragen. Aufgrund dieses Recher-
cheergebnisses spricht daher einiges dafür, dass die angesprochenen Ver-
kehrskreise die angemeldete Wortfolge nicht nur als eine allgemein übliche
Werbeaussage, sondern als einen Herkunftshinweis ansehen werden, so dass der
Anmeldemarke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft letztlich
nicht abgesprochen werden kann, auch wenn ihr Schutzumfang eher gering er-
scheinen mag.
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Da Anhaltspunkte für eine Schutzrechtsversagung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2
MarkenG somit letztlich nicht feststellbar sind, waren die anderslautenden Be-
schlüsse der Markenstelle auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelde-
rin somit aufzuheben.
Dr. van Raden
Prietzel-Funk
Schwarz
Na