Urteil des BPatG vom 15.02.2007

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BUNDESPATENTGERICHT
21 W (pat) 54/04
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 195 80 002.8-35
hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung vom 15. Februar 2007 unter Mitwirkung …
BPatG 152
08.05
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beschlossen:
Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.
G r ü n d e
I.
Die unter der Bezeichnung „Endoskopisches Videosystem“ am 2. Januar 1995 im
Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte PCT-Anmeldung, für die u. a.
Deutschland als Bestimmungsstaat genannt ist und die das Aktenzeichen
195 80 002.8-35 trägt, ist durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 B
vom 27. Mai 2004 mit der Begründung unter Hinweis auf die bereits im Bescheid
vom 22. November 2000 mitgeteilten Gründe zurückgewiesen worden, da der Pa-
tentgegenstand mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei. Einer Anhö-
rung bedürfe es mangels eines Antrages der Anmelderin nicht. Tatsächlich hatte
diese jedoch bereits mit Schriftsatz vom 18. Juni 1997 hilfsweise eine Anhörung
für den Fall beantragt, dass die Erteilung des Patents auf der Grundlage der neu
vorgelegten nebengeordneten Ansprüche 1 und 2 nicht in Aussicht gestellt werden
könne, worauf mit Bescheid vom 22. November 2000 mitgeteilt wurde, dass auch
die neuen Patentansprüche 1 und 2 nicht gewährbar seien. Hierauf hatte die An-
melderin ihrerseits mit Schriftsatz vom 18. Juni 2001 in der Sache erwidert, ohne
den Antrag auf Anhörung zu wiederholen. Am 27. Mai 2004 erfolgte schließlich oh-
ne weitere Korrespondenz der Erlass des angefochtenen Beschlusses.
Die Anmelderin hat im Beschwerdeverfahren aufgrund der mündlichen Verhand-
lung vom 1. Februar 2007 ihre Anmeldung mit Fax vom 7. Februar 2007 beim
Deutschen Patent- und Markenamt rechtswirksam zurückgenommen (vgl. Mitt. 64
Jg. 1973, S. 18, 19) und im Hinblick auf den nichtbeachteten Antrag auf Anhörung
durch die Prüfungsstelle die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beim Bundespa-
tentgericht beantragt.
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II.
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist zulässig, da gemäß § 80
Abs. 5 PatG die Beschwerdegebühr auch bei Rücknahme der Anmeldung zurück-
zuzahlen ist, wenn diese dem billigen Ermessen entspricht.
Die Anmeldung ist wirksam zurückgenommen worden, so dass sich das Be-
schwerdeverfahren in der Hauptsache erledigt hat (vgl. BPatG Mitt. 1973, 18, 19).
Die Anmelderin hat mit Schriftsatz vom 7. Februar 2007 die Rücknahme zwar trotz
der Anhängigkeit des Beschwerdeverfahrens gegenüber dem Deutschen Patent-
und Markenamt erklärt. Sie hat aber mit weiterem Schriftsatz vom selben Tage
auch den Senat unter Beifügung einer Kopie der Rücknahmeerklärung über die
Rücknahme der Anmeldung informiert. Da jedenfalls auch in dieser gegenüber
dem Senat abgegebenen weiteren Erklärung gleichfalls eine Rücknahmeerklärung
liegt, kann es letztlich dahingestellt bleiben, ob während des anhängigen Anmel-
debeschwerdeverfahrens infolge der hierdurch angefallenen Zuständigkeit zur
weiteren Behandlung (Devolutiveffekt) ausschließlich das Bundespatentgericht für
die Entgegennahme einer erklärten Rücknahme der Anmeldung empfangszustän-
dig ist und die Erklärung erst mit Zugang beim Beschwerdegericht wirksam wird
- wovon der Senat grundsätzlich ausgeht (so BPatGE 8, 28, 31; Keukenschrijver in
Busse PatG, 6. Aufl., § 34 Rdn. 144; Moufang in Schulte PatG, 7. Aufl., § 34
Rdn. 448) - oder ob die Erklärung - jedenfalls im Einzelfall (so BPatG Mitt. 1973,
18, 19 - Rechtwirksamkeit der Zurücknahmeerklärung; - auch wirksam gegenüber
dem Patentamt abgegeben werden kann (so BPatG Mitt. 1973, 18, 19; im Hinblick
auf die Funktion des Patentamts als Annahmestelle des BPatG auch BPatGE 10,
140, 141 - zur Zurücknahme einer Warenzeichenanmeldung).
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist auch begründet, da eine
Rückzahlung unter Beachtung des insoweit maßgeblichen billigen Ermessens auf-
grund des gerügten Verfahrensverstoßes angezeigt ist. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2
PatG ist der Anmelder zu hören, wenn es sachdienlich ist. Das hat auch für die
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vorsorglich beantragte Anhörung, wie sie im vorliegenden Fall in der Eingabe vom
18. Juni 1997 hilfsweise beantragt wurde, zu gelten, da § 46 Abs. 1 Satz 2 PatG
der Aufklärung und Verfahrensökonomie dient (vgl. Benkard, PatG, 10. Aufl., § 46
Rdn. 2) und es „Ziel der Anhörung ist, ohne weiteren Bescheid zu einer abschlie-
ßenden Beurteilung des Anmeldegegenstandes zu kommen“ (vgl. PrüfungsRL
vom 1. März 2004, Ziff. 3.6.1.). Hierbei bleibt nach einhelliger Meinung der inso-
weit gestellte Antrag solange existent und beachtlich, solange er nicht ausdrück-
lich zurückgezogen oder fallengelassen wird (vgl. BPatG Mitt. 1980, 116, 117 - An-
trag auf Anhörung; Schwendy in Busse PatG 6. Aufl. § 46 Rdn. 13 und 17), wobei
eine Sachdienlichkeit nur ausnahmsweise verneint werden kann, so z. B. wenn die
Anhörung zu einer unnötigen Verfahrensverzögerung führen würde und sie zu ei-
ner sachgerechten Entscheidung nichts mehr beitragen kann (vgl. Schwendy in
Busse PatG, 6. Aufl., § 46 Rdn. 19 m. w. H.). Da die Prüfungsstelle ersichtlich
nicht auf die Frage der Sachdienlichkeit, sondern lediglich darauf abgestellt hat,
ein Antrag auf Anhörung sei überhaupt nicht gestellt, bedarf es insoweit keiner
weiteren Erörterung der Sachdienlichkeit. Allein die Tatsache, dass der Antrag auf
Anhörung - möglicherweise versehentlich - unbeachtet geblieben und deshalb
übergangen worden ist, rechtfertigt wegen des darin liegenden Verfahrensversto-
ßes der Versagung des rechtlichen Gehörs die Anordnung der Rückzahlung der
Beschwerdegebühr, selbst wenn der Antrag unverschuldet übersehen worden
wäre.
gez.
Unterschriften