Urteil des BPatG vom 07.05.2008

BPatG (unterscheidungskraft, bezeichnung, beschreibende angabe, marke, training, beratung, sprache, ausbildung, begriff, unternehmen)

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
32 W (pat) 23/07
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 305 65 206.0
_______________________
ichters Viereck und
er Richterin Dr. Kober-Dehm in der Sitzung vom 7. Mai 2008
eschlossen:
hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter
Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, des R
d
b
- 2 -
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
- 3 -
G r ü n d e
I.
eichnung
Die Bez
PRAESSENZ-Training
eistungen in den
lassen 35, 41 und 42 angemeldet worden.
r Trainer, Rhetoriktrainer, Kommunikationstraining,
Zeitmanagementtraining, Telefontraining, Messetraining; Modera-
tion von Großgruppenevents (Coaching/Ausbildung), Leitung und
Moderation von Seminaren und Fortbildungs- sowie Ausbildungs-
ist am 2. November 2005 zur Eintragung als Marke für Dienstl
K
Seitens der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts ist
die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss eines Be-
amten des höheren Dienstes vom 3. Januar 2007 teilweise, nämlich für die
Dienstleistungen
„Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen;
Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Beratungsdienste in
Fragen der Geschäftsführung; betriebswirtschaftliche Beratung;
betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratung, Personal-
managementberatung; Ausbildungs- und Fortbildungsberatung;
Coaching, insbesondere Einzelcoaching, Führungskräftecoaching,
Teamcoaching, Wellnesscoaching, Coaching zur Weiterbildung,
Konzeptcoaching; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbil-
dung, insbesondere Qualifizierung durch Systemcoaching, Pro-
zessberatung, Dialogprozessbegleitung; Aus- und Fortbildung
durch Konflikttraining, Entscheidungstraining, Moderationstraining,
Ausbildung fü
- 4 -
lehrgängen, mentales Training; Organisation und Durchführung
von Konferenzen, Seminaren, Workshops und Kongressen, insbe-
sondere Veranstaltung und Leitung von Kundenkonferenzen, Jah-
unüblich,
inen Umlaut wie „Ä“ in Versalien mit „AE“ wiederzugeben. Zudem sei die Aus-
as Wort
räsenz“ häufig falsch - in der Schreibweise „Prässenz“ - geschrieben werde
ebliche Teile des Verkehrs bei Begegnung mit der angemel-
deten Marke die Abweichung von der beschreibenden Bezeichnung „Präsenztrai-
ning“ nicht bemerkten oder die Dopplung des Mittelkonsonanten „S“ für einen
Schreibfehler hielten.
restagungen, Teamentwicklungsprozessen; integrative Beratung
von Einzelpersonen und Unternehmen (Mediation), nämlich
Durchführung und Leitung von Konfliktmoderation sowie Konflikt-
mangement“
wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden.
Der Ausdruck „PRAESSENZ-Training“ sei erkennbar an den Sachbegriff „Prä-
senztraining“ angelehnt, der zum einen inhaltsbeschreibend für ein Bildungsange-
bot (zum Thema individuelle Ausdrucksmöglichkeiten des Körpers, der Stimme,
der Sprache und der Ausstrahlung, wie z. B. Körperhaltung, Gestik, Mimik, Prä-
sentation, Sprechen und Auftreten in der Gruppe), zum anderen als Bezeichnung
für eine Beratungs- bzw. Referententätigkeit in Form eines sog. Live-Trainings
Verwendung finde (unter Hinweis auf beigefügte Belegstellen aus dem Internet,
12 Bl.). Es bestehe ein Allgemeininteresse an der freien Verfügbarkeit dieser
Sachbezeichnung, wobei Entsprechendes auch für den in der Schreibweise nur
wenig abgewandelten Begriff „PRAESSENZ-Training“ gelte. Es sei nicht
e
sprache weitgehend übereinstimmend. Internet-Belege zeigten, dass d
„P
(unter Hinweis auf zwei Internet-Ausdrucke). Es könne nicht ausgeschlossen wer-
den, dass rechtserh
- 5 -
Gegen diese Entscheidung richtet sich
Beschwerde der Anmelderin. Sie be-
antragt (sinngemäß),
an-
gemeldete Marke auch bezüglich der zurückgewiesenen Dienst-
die
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom
3. Januar 2007 im Umfang der Versagung aufzuheben und die
leistungen in das Register einzutragen.
Der angemeldeten Bezeichnung fehle nicht jegliche Unterscheidungskraft. Sie sei
in der konkreten Schreibweise weder lexikalisch nachweisbar, noch sonst in der
deutschen Sprache vorhanden. Die einschlägigen Wörterbücher verzeichneten
auch keinen Sach- oder Fachbegriff namens „Präsenztraining“; die seitens der
Markenstelle ermittelten wenigen Websites reichten für diese Annahme nicht aus.
Selbst bei unterstellter Existenz des Sachbegriffs „Präsenztraining“ verkörpere
„PRAESSENZ-Training“ keine eng angelehnte Abwandlung dieses Begriffs.
Schriftbildlich und klanglich unterscheide sich „PRAESSENZ“ durch die Konso-
nantenfolge „SS“ in der Wortmitte deutlich von „Präsenz“. Zudem sei „Präsenztrai-
ning“ für die beanspruchten Dienstleistungen nicht beschreibend. Es bestehe ein
merklicher Unterschied zwischen den Einzelbestandteilen sowie der Wortbildung
in der Gesamtheit. Letztere sei mehrdeutig und interpretationsbedürftig.
Hilfsweise regt die Anmelderin die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten
Bezug genommen.
- 6 -
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil
der angemeldeten Bezeichnung für die beschwerdegegenständlichen Dienstleis-
tungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
ugnisse zu gewährleisten (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR
006, 229, Nr. 27 - BioID; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2006, 850,
1, 1043, 1044 - Gute
Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Dabei
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einem Zeichen innewoh-
nende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der
Marke beanspruchten Dienstleistungen (und ggf. Waren) eines Unternehmens ge-
genüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Haupt-
funktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der so gekennzeich-
neten Angebote und Erze
2
854 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft kommt zunächst sol-
chen Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der
für die in Frage stehenden Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten
als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen
tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel be-
züglich der betrieblichen Herkunft versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - markt-
frisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Darüber hinaus fehlt die erforderliche
Unterscheidungskraft auch bei solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen,
welche die beanspruchten Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch
die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (BGH GRUR
1998, 465, 468 - BONUS; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Die
Eignung, Produkte ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch
solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der
deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa
wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien
stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH
GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHOEN; GRUR 200
- 7 -
darf die Prüfung, ob die erforderliche Unterscheidungskraft vorhanden ist, nicht auf
ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern muss streng und vollständig sein,
um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu vermeiden (EuGH GRUR
2003, 604, Nr. 59 - Libertel; GRUR 2004, 674, Nr. 123 - Postkantoor; GRUR 2004,
1027, Nr. 45 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).
Ist die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grund-
sätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Bei
einer aus mehreren Teilelementen bestehenden Marke ist - insoweit in Überein-
stimmung mit der Auffassung der Anmelderin - auf die Bezeichnung in ihrer Ge-
samtheit abzustellen (vgl. z. B. BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFT-
WARE CORPORATION).
Vorliegend ist gerade in der den Anmeldungsgegenstand bildenden Gesamtheit
die große - schriftbildliche wie klangliche - Nähe von „PRAESSENZ-Training“ zu
dem auf dem vorliegenden Dienstleistungssektor als Fachbegriff verwendeten und
erstandenen Wort „Präsenztraining“ offenkundig. Selbst wenn der Begriff in Wör-
polrechten
ines einzelnen Unternehmens, wobei dieses auch auf die Beurteilung der Unter-
v
terbüchern (noch) nicht verzeichnet ist - diese sind nicht immer auf dem neuesten
Stand der Entwicklung der (Fach-)Sprache, insbesondere was Wortkombinationen
anbetrifft -, kann aufgrund der von der Markenstelle ermittelten und der Anmelde-
rin zur Kenntnis gegebenen Belegstellen aus dem Internet nicht zweifelhaft sein,
dass „Präsenztraining“ ein Sachbegriff auf den Gebieten der (Unternehmens-)Be-
ratung, (Mitarbeiter-)Schulung und Ausbildung ist. Mehrere unterschiedliche pri-
vate Unternehmen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung bieten bereits Ver-
anstaltungen zum Thema „Präsenztraining“ an. Unter diesen Umständen unterliegt
der Begriff „Präsenztraining“ im Hinblick auf die beschwerdegegenständlichen
Dienstleistungen dem Allgemeininteresse an der Freihaltung von Mono
e
scheidungskraft von eng angelehnten Abwandlungen ausstrahlt (vgl. Ströbele in:
Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 88 m. w. N.).
- 8 -
Die Schreibweise der angemeldeten Bezeichnung bewirkt keine maßgebliche,
d. h. Unterscheidungskraft begründende Verfremdung gegenüber dem Ausgangs-
wort. Dies gilt zunächst für die Trennung (bzw. Verknüpfung) der beiden Wort-
elemente durch den Bindestrich und die Verwendung von Großbuchstaben für den
ersten und von Normalschrift für den zweiten Wortteil (vgl. Ströbele in:
Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 100). Auch die Ersetzung des Umlauts „ä“
durch „AE“ ist - wie die Markenstelle zutreffend dargelegt hat - generell nicht
unüblich. Aber auch die Verdoppelung des mittleren Konsonanten „S“ in der Wie-
dergabeform „PRAESSENZ“ ist nicht hinreichend auffällig, um als Hinweis auf
eine individuelle betriebliche Herkunft der beanspruchten Dienstleistungen ver-
standen zu werden. Ein Teil des Verkehrs wird sie - vor allem beim flüchtigen
Lesen - gar nicht bemerken, ein anderer für einen Druck- oder Schreibfehler hal-
ten. Aber auch soweit die abweichende Schreibweise als solche gesehen wird, ist
davon auszugehen, dass der zugrunde liegende Fachbegriff „Präsenztraining“
bei unterstellter Bekanntheit, wobei eine solche in Fachkreisen ausreicht - sofort
bliche An-
rderungen zu stellen (vgl. z. B. BPatGE 38, 239 = GRUR 1998, 401 - Jean's
tc.), die hier durch die bloße Verdoppelung eines Konsonanten nicht erfüllt wer-
t, dass auch d
druck, den „PRAESSEN
ing“ vermittelt, sich - entgegen der Auffassung der Anmelderin - nicht wesentlich
von der Sachbezeichnung „Präsenztraining“ unterscheidet. Dass auf die phon
sche Erscheinungsform, neben der schriftbildlichen, bei der Prüfung der absoluten
Schutzhindernisse mit abzustellen ist, folgt aus der Rechtsprechung des Europä-
ischen Gerichtshofs (vgl. GRUR 2004, 674, 678, Nr. 99 - Postkantoor).
Für eine Differenzierung innerhalb der beschwerdegegenständlichen Dienstleis-
tungen ist kein Raum. Entgegen der Auffassung der Anmelderin ergibt der Begriff
„Präsenztraining“, welcher der angemeldeten Marke zugrunde liegt, in Verbindung
-
erkannt wird (Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 88).
Da dieser als glatt beschreibende Angabe - wie ausgeführt - schutzunfähig ist,
sind an die schriftbildliche bzw. typographische Abwandlung ganz erhe
fo
e
den. Hinzu komm
er klangliche Ein
Z-Trai-
n
eti-
- 9 -
mit sämtlichen Dienstleistungen auf den Gebieten der (Unternehmens-)Beratung
sowie der (Personal-)Schulung und Ausbildung, wobei sich diese ohnehin über-
schneiden, einen Sinn. Präsenztraining bezeichnet nämlich (auch) eine bestimmte
Unterrichts- bzw. Lernform (sog. Live-Training), welche sich, je nach branchenbe-
zogener Nachfrage, auf unterschiedliche inhaltliche Gegenstände richten kann.
Eine verbleibende begriffliche Unbestimmtheit steht der Verneinung des notwen-
digen Maßes an Unterscheidungskraft nicht entgegen, sofern der Verkehr - wie
hier - die angemeldete Bezeichnung in Zusammenhang mit den beanspruchten
Dienstleistungen nicht als herkunftsmäßig unterscheidend auffasst (vgl. BGH
GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2001, 1151 - markt-
frisch). Ob die angemeldete Bezeichnung durchweg „beschreibend“ (i. S. v. § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) ist, was die Anmelderin in Abrede stellt, ist im Rahmen der
Prüfung der Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) letztlich nicht ent-
scheidend (Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn 48).
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (gem. § 83 Abs. 2 MarkenG) lie-
gen nicht vor. Weder ist über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu
entscheiden, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Befassung des Bundesgerichtshofs.
Prof. Dr. Hacker
Dr. Kober-Dehm
Viereck
Hu