Urteil des BPatG vom 17.12.2009

BPatG (stand der technik, patentanspruch, verbindung, gegenstand des verfahrens, gegenstand, patent, entfernung, herstellung, unterlagen, fachmann)

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
8 W (pat) 313/06
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
17. Dezember 2009
B E S C H L U S S
In der Einspruchssache
gegen das Patent 103 09 695
- 2 -
hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2009 unter Mitwirkung des Rich-
ters Dipl.-Ing. agr. Dr. Huber als Vorsitzenden, der Richterin Pagenberg
LL.M. Harv. sowie der Richterin Dipl.-Ing. Dr. Prasch und des Richters
k.A. Dipl.-Ing. Dr. Dorfschmidt
beschlossen:
Das Patent 103 09 695 wird mit folgenden Unterlagen gemäß
Hauptantrag beschränkt aufrecht erhalten:
Patentansprüche 1 bis 20, überreicht in der mündlichen Verhand-
lung,
Beschreibung, Absätze 0001 bis 0041, überreicht in der mündli-
chen Verhandlung und
2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 3 gemäß Patentschrift.
G r ü n d e
I .
Das Patent 103 09 695 mit der Bezeichnung „Montagesystem und Verfahren zur
Verbindung von Kunststoffrohren“ ist am 26. Februar 2003 beim Deutschen Pa-
tent- und Markenamt angemeldet und mit Beschluss vom 19. Mai 2005 erteilt wor-
den. Die Erteilung ist am 29. September 2005 veröffentlicht worden.
- 3 -
Am 27. Dezember 2005 hat die Firma
U… AB in
F… in S…
Einspruch erhoben.
Zur Stützung ihres Einspruchsvorbringens hat sie dabei neben den bereits im
Prüfungsverfahren herangezogenen Druckschriften
D1: DE 197 25 326 C2
D2: DE 44 40 453 C2
D3: DE 17 04 261 A
noch folgende Druckschrift genannt:
D4: DE 200 16 234 U1.
Die Einsprechende hat in ihrer Einspruchsbegründung mit Eingang vom
27. Dezember 2005 ausgeführt, dass das erteilte Patent wegen mangelnder Pa-
tentfähigkeit und mangelnder Ausführbarkeit zu widerrufen sei. Insbesondere das
Verfahren nach dem erteilten Patentanspruch 19 sei so nicht ausführbar, da ein
wichtiges Merkmal und ein Verfahrensschritt fehlen würde. Darüber hinaus sei der
Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 19 und ebenso auch der Gegenstand
des erteilten Anspruchs 1 im Wesentlichen durch die D1 vorweg genommen und
in Verbindung mit dem Fachwissen eines hier angesprochenen Fachmanns nahe-
gelegt.
Die Patentinhaberin verteidigt das Patent zuletzt gemäß Hauptantrag mit den in
der mündlichen Verhandlung vom 17. Dezember 2009 vorgelegten Patentansprü-
chen 1 bis 20.
- 4 -
Der nun geltende Patentanspruch 1 lautet:
„Montagesystem zur Verbindung eines ersten Kunststoffrohres (1)
mit mindestens einem zweiten Kunststoffrohr (4), zur Herstellung
von Kapillarrohrmatten, mit einem in einer ersten Einführrichtung
(ER1) im Wesentlichen axial in das erste Kunststoffrohr (1) ein-
führbaren Formwerkzeug (2, 20), das zur Aufrechterhaltung des
Innenquerschnitts eines mit dem ersten Kunststoffrohr (1) zu ver-
bindenden Verbindungsbereichs mindestens einen zweiten Kunst-
stoffrohres (4) in einer im Wesentlichen senkrecht zur ersten Ein-
führrichtung (ER1) liegenden zweiten Einführrichtung (ER2) zu-
mindest teilweise in das mindestens eine zweite Kunststoffrohr (4)
einführbar ist, gekennzeichnet durch mindestens ein in der zwei-
ten Einführrichtung (ER2) auf das Formwerkzeug (2) wirkendes
und in das erste Kunststoffrohr (1) einführbares Abstützele-
ment (3) zur Abstützung des Formwerkzeuges (2) in dem ersten
Kunststoffrohr (1) und mindestens ein Entfernungsmittel (6), wel-
ches zwischen der Innenwand (12) des ersten Kunststoffrohres (1)
und einem Formwerkzeug (2) führbar ist, zur Entfernung eines
Formwerkzeugs (20) aus dem mindestens einen zweiten Kunst-
stoffrohr (4) durch Aufbringen einer auf das Formwerkzeug (2)
wirkenden Kraft in einer im Wesentlichen entgegen der zweiten
Einführrichtung (ER2) liegenden Richtung.“
Der nun geltende nebengeordnete Patentanspruch 18 lautet:
„Verfahren zur Verbindung von Kunststoffrohren, zur Herstellung
von Kapillarrohrmatten, mit den Schritten:
- 5 -
a.
Einführen eines Formwerkzeuges (2, 20) in einer ersten, im
Wesentlichen axialen Einführrichtung (ER1) in ein erstes
Kunststoffrohr (1);
b.
Einführen eines Teilbereichs (20) des Formwerkzeugs (2) in
einer zu der ersten Einführrichtung im Wesentlichen senk-
recht liegenden zweiten Einführrichtung (ER2) in ein mit dem
ersten Kunststoffrohr (1) zu verbindendes mindestens einen
zweiten Kunststoffrohres (4) zur Aufrechterhaltung dessen
Innenquerschnitts;
c.
Einführen eines Abstützelementes (3) zwischen dem Form-
werkzeug (2) und einer Innenwand (14) des ersten Kunst-
stoffrohres (1);
d.
Verbinden des ersten Kunststoffrohres (1) mit dem mindes-
tens einen zweiten Kunststoffrohr (4), insbesondere durch
Schweißen;
e.
Herausziehen des Abstützelementes (3) aus dem ersten
Kunststoffrohr (1);
f.
Einführen des Entfernungsmittels (6) zwischen der Innen-
wand (12) des ersten Kunststoffrohres (1) und dem Form-
werkzeug (2);
g.
Aufbringen einer Kraft mit mindestens einem Entfernungsmit-
tel (6) auf das Formwerkzeug (2) in einer im Wesentlichen
entgegen der zweiten Einführrichtung (ER2) zeigenden
Richtung zu dessen Entfernung aus dem mindestens einen
zweiten Kunststoffrohr (4).“
- 6 -
Aufgabe des angegriffenen Patents ist es (Streitpatentschrift Abs. [0006]), ein
Montagesystem und ein Verfahren zur Verbindung von Kunststoffrohren an-
zugeben, mit dem die Herstellung von Kapillarrohrmatten verbessert wird.
Wegen der weiteren geltenden abhängigen Patentansprüche 2 bis 17 sowie 19
und 20 wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
Die Patentinhaberin hat zu den geltenden Patentansprüchen 1 und 18 in der
mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die vorliegenden Gegenstände der
Patentansprüche 1 und 18 sowohl neu seien als auch auf einer erfinderischen Tä-
tigkeit beruhten. Aus dem vorgelegten Stand der Technik sei kein Hinweis zu ent-
nehmen, zur Entfernung eines Formwerkzeugs aus einer entsprechenden Arbeits-
position ein Entfernungsmittel zu verwenden.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag,
das Patent gemäß Hauptantrag mit folgenden Unterlagen be-
schränkt aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 bis 20,
korrigierte Beschreibung Absätze 0001 bis 0041,
jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, sowie
2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 3 gemäß Patentschrift.
Von der wie angekündigt nicht zur mündlichen Verhandlung erschienenen Ein-
sprechenden liegt der Antrag vor,
das Patent 103 09 695 in vollem Umfang zu widerrufen.
- 7 -
II.
Über den Einspruch, der nach dem 1. Januar 2002 und vor dem 1. Juli 2006 form-
und fristgerecht eingelegt worden ist, hat der zuständige Technische Beschwerde-
senat gemäß § 147 Abs. 3 PatG a. F. zu entscheiden, da die mit der Einlegung
des Einspruchs begründete Entscheidungsbefugnis durch die spätere Aufhebung
der Vorschrift nicht entfallen ist (vgl. auch BGH GRUR 2007, 859, 861 und 862 ff.
- Informationsübermittlungsverfahren I und II; bestätigt durch BGH - Ventilsteue-
rung - GRUR 2009, 184 - 185).
Der Einspruch ist auf einen der Einspruchsgründe gemäß § 21 PatG gerichtet und
daher zulässig. Er ist insofern auch sachlich gerechtfertigt, als er zur beschränkten
Aufrechterhaltung des angegriffenen Patents führt.
1.
Im Streitpatent wird von einem Verfahren und einer entsprechenden Vorrich-
tung zur Herstellung von Kapillarrohrmatten mit kleinen Sammelrohren gemäß der
DE 197 25 326 C2 ausgegangen (Abs. 0003 der Streitpatentschrift), bei denen
das an das Sammelrohr anzuschweißende Kapillarrohr durch Wärmeeinwirkung in
seinem Querschnitt erweitert wird. Das Kapillarrohr besitzt nach der Erwärmung
an der Schweißstelle einen größeren Innendurchmesser als in seinen übrigen
Abschnitten, damit ein Verschluss oder eine Verringerung des Durchfluss-
querschnitts des Kapillarrohres verhindert wird. Ferner ist ebenso bereits bekannt,
beim Schweißvorgang Dorne einzusetzen, damit der Innenquerschnitt der betei-
ligten Rohre beim Schweißvorgang im Hinblick auf den wirksamen Durchfluss-
querschnitts gesichert wird (Abs. 0005).
Als nachteilig wird jedoch im ersten Fall beschrieben, dass der Durchflussquer-
schnitt nicht zuverlässig aufrechterhalten werden kann (Abs. 0004), während bei
der Lösung der zweiten Verfahrensvariante die Entfernung der Dorne (Formwerk-
zeug) aus den Kapillarrohren problematisch sein kann (Abs. 0005).
- 8 -
Zur Lösung der vorstehend genannten Nachteile beschreibt der Patentanspruch 1
ein Montagesystem mit folgenden Merkmalen:
1.
Montagesystem zur Verbindung eines ersten Kunststoffroh-
res mit mindestens einem zweiten Kunststoffrohr, zur Her-
stellung von Kapillarrohrmatten,
2.
mit einem in einer ersten Einführrichtung im Wesentlichen
axial in das erste Kunststoffrohr einführbaren Formwerkzeug,
das zur Aufrechterhaltung des Innenquerschnitts eines mit
dem ersten Kunststoffrohr zu verbindenden Verbindungsbe-
reichs mindestens einen zweiten Kunststoffrohres in einer im
Wesentlichen senkrecht zur ersten Einführrichtung liegenden
zweiten Einführrichtung zumindest teilweise in das mindes-
tens eine zweite Kunststoffrohr einführbar ist, gekennzeich-
net durch
3.
mindestens ein in der zweiten Einführrichtung auf das Form-
werkzeugwirkendes und in das erste Kunststoffrohr einführ-
bares Abstützelement zur Abstützung des Formwerkzeuges
in dem ersten Kunststoffrohr und
4.
mindestens ein Entfernungsmittel, welches zwischen der In-
nenwand des ersten Kunststoffrohres und einem Formwerk-
zeug führbar ist, zur Entfernung eines Formwerkzeugs aus
dem mindestens einen zweiten Kunststoffrohr durch Aufbrin-
gen einer auf das Formwerkzeug wirkenden Kraft in einer im
Wesentlichen entgegen der zweiten Einführrichtung liegen-
den Richtung.
- 9 -
Der Patentgegenstand nach dem geltenden Anspruch 1 betrifft ein Montagesys-
tem, um Kapillarrohrmatten herzustellen, wie sie in der Klimatechnik Anwendung
finden (Streitpatentschrift, Abs. 0009), wozu Rohre kleinen Querschnitts (zweite
Rohre, Kapillarrohre) mit Rohren größeren Querschnitts (erste Rohre, Sammel-
rohre) verbunden werden (Merkmal 1 des untergliederten Patentanspruchs 1).
Unterstützend zum Verbindungsprozess wird ein Formwerkzeug in das Sammel-
rohr eingeführt und an entsprechender Stelle im Wesentlichen senkrecht zur ers-
ten Einführrichtung in die Arbeitsposition geführt, so dass Teile des Formwerkzeu-
ges, z. B. „zapfenförmige Bereiche“, (Abs. 0013 und Figuren), bzw. „Dorne“
(Abs. 0005) teilweise in die Kapillarrohre eintauchen. Auf diese Weise kann der für
die Durchströmung notwendige freie Innenquerschnitt im Bereich der Rohrverbin-
dung aufrechterhalten werden (vgl. Figuren 1 und 2; Merkmal 2), ein Verrutschen
der angesetzten Kapillarrohrenden oder ein Einfließen von aufgeschmolzenem
Kunststoff in den offenen Querschnitt bei einer ausgeführten Schweißverbindung
verhindert werden. Um das Formwerkzeug in der in die Kapillarrohre eingetauch-
ten Position zu halten, ist ein in Längsrichtung des Sammelrohres eingeführtes
Abstützelement vorgesehen (Merkmal 3). Formwerkzeug und Abstützelement sind
gemäß der Streitpatentschrift derart gestaltet, dass sie nacheinander jeweils in
das Sammelrohr einführbar sind (Abs. 0019).
Weiterhin beinhaltet der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ein Entfernungsmittel
(Fig. 3 und 1), das zur Entfernung des Formwerkzeugs aus den Kapillarrohren
benötigt wird (Abs. 0034 und 0041; Merkmal 4). Hierzu wird das Entfernungsmittel,
nachdem das Abstützelement bereits wieder entfernt wurde, zwischen Innenwand
des ersten Kunststoffrohres und dem Formwerkzeug eingeführt, um so eventuell
die durch das Verbindungsverfahren bedingte reibschlüssige Verbindung zu lösen.
Dadurch kann mithilfe des Entfernungsmittels das Formwerkzeug aus seiner Ar-
beitsposition wieder vollständig in das Sammelrohr gedrückt werden, um es an-
schließend wieder aus diesem axial herauszuziehen.
- 10 -
Dazu ist, im Sinne der vorliegenden technischen Lehre, die Hinzuziehung zwin-
gend eines Werkzeuges erforderlich, so dass eine rein „manuelle“ Entfernung des
Formwerkzeuges entgegen der Einführrichtung ER2 nicht in Betracht kommt.
Dem in Merkmal 4 beschriebenen Entfernungsmittel ist im Hinblick auf seinen ge-
genständlichen Charakter lediglich zu entnehmen, dass das Entfernungsmittel nur
derart gestaltet sein kann, dass es zwischen der Innenwand des ersten Kunststoff-
rohres und dem Formwerkzeug einführbar ist. Folglich muss das Entfernungsmittel
von derartiger Gestalt sein, dass es bei an der Innenseite der Rohrwandung anlie-
gendem Formwerkzeug zwischen Wandung und Formwerkzeug derart eingeführt
werden kann, dass hierdurch auf das Formwerkzeug eine Kraft in einer im We-
sentlichen entgegen der zweiten Einführrichtung liegenden Richtung, also aus
dem Formraum der zweiten Einführrichtung heraus, ausgeübt wird.
2.
Die geltenden Patentansprüche 1 bis 20 sind in den ursprünglichen und erteil-
ten Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart und daher zulässig.
Der geltende Patentanspruch 1 beruht auf dem erteilten Anspruch 1, und enthält
darüber hinaus noch das Merkmal des erteilten Patentanspruchs 2, wonach min-
destens ein Entfernungsmittel zwischen der Innenwand des ersten Kunststoffroh-
res und einem Formwerkzeug führbar ist (vgl. Teilmerkmal 4. gemäß Merkmals-
gliederung nach Punkt II. 1.). Zur Klarstellung wurde in den Merkmalen 2 und 4
sinngemäß „das zweite Kunststoffrohr“ in „das mindestens eine zweite Kunststoff-
rohr“ geändert. Diese sich auch auf mehrere Kapillarrohre beziehende Formulie-
rung stellt eine Anpassung an das Merkmal 1 des Patentanspruchs 1 dar, um eine
übereinstimmende Formulierung zu schaffen.
Der geltende nebengeordnete Patentanspruch 18 beruht auf dem erteilten An-
spruch 19. Zusätzlich wurde zum einen noch das Merkmal e (vgl. Gliederung des
Originalwortlauts des Anspruchs 18 gemäß Punkt I.) mit aufgenommen, wonach
das Abstützelement aus dem ersten Rohr herausgezogen wird, bevor gemäß den
- 11 -
Merkmalen f und g das Formwerkzeug mithilfe des Entfernungsmittels aus der
Arbeitsposition wieder vollständig in das erste Rohr gebracht werden kann. Dieses
Merkmal ist in der Patentschrift in Absatz [0039] beschrieben. Zum anderen wurde
noch das aus dem erteilten Patentanspruch 21 stammende Merkmal f hinzugefügt,
wonach das Entfernungsmittel zwischen der Innenwand des ersten Kunststoffroh-
res und dem Formwerkzeug eingeführt wird. Ferner wurden auch hier durch Auf-
nahme der „mindestens einen zweiten Kunststoffrohre“ die entsprechenden Ände-
rungen gemäß Patentanspruch 1 durchgeführt.
Die geltenden abhängigen Patentansprüche 2 bis 17 sind inhaltlich den erteilten
Ansprüchen 3 bis 18 wortgleich, mit Ausnahme des Patentanspruchs 10. Dort
wurde vor „Kunststoffrohres“ noch das Wort „ersten“ eingefügt, so dass sich die
freistehende Länge des mindestens einen zapfenförmigen Bereiches auf die min-
destens anderthalbfache Wandstärke des Kunststoffrohres bezieht. Dies ist
in Absatz [0014] der Patentschrift offenbart („insbesondere des Sammelrohres“).
Die geltenden Patentansprüche 19 und 20 entsprechen inhaltlich den Ansprü-
chen 21 und 22 der erteilten Unterlagen.
Die geltenden Patentansprüche finden auch in den ursprünglich eingereichten
Unterlagen ihre Stütze.
Der geltende Patentanspruch 1 beruht auf dem ursprünglichen Anspruch 1 unter
Hinzuziehung der Merkmale der Patentansprüche 2 und 17 der ursprünglichen
Unterlagen (Merkmale 4 und 3). Zusätzlich wurde die ursprünglich lediglich fakul-
tative Herstellung von Kapillarrohrmatten auf diese Anwendung durch Streichen
von „insbesondere“ konkretisiert und zulässigerweise eingeschränkt.
Der geltende Patentanspruch 18 geht auf den ursprünglichen Anspruch 20 zurück
und enthält zusätzlich die Merkmale des Verfahrensschritts f, welche auf dem ur-
sprünglichen Patentanspruch 22 beruhen sowie die Verfahrensschritte c und e, die
- 12 -
aus der Beschreibungsseite 11, Absätze 3 und 4, der ursprünglichen Unterlagen
stammen.
Die auf Patentanspruch 1 rückbezogenen geltenden Ansprüche 2 bis 17 gehen
auf die ursprünglichen Ansprüche 3 bis 16 sowie 18 und 19 zurück. Die auf das
Verfahren nach Patentanspruch 18 rückbezogenen geltenden Ansprüche 19
und 20 hingegen entsprechen den Patentansprüchen 21 und 23 der am Anmel-
detag eingereichten Unterlagen.
3.
Das Patent offenbart die Erfindung auch so deutlich und vollständig, dass ein
hier
angesprochener
Durchschnittsfachmann,
ein
Techniker
oder
ein
Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit jeweils vertieften
Kenntnissen in der Verbindungstechnik von Kunststoffen, sie ausführen kann.
Das im schriftlichen Verfahren geäußerte Vorbringen der Einsprechenden der
Nicht-Ausführbarkeit des nebengeordneten Verfahrensanspruchs wurde zum ei-
nen dadurch begründet, dass der Verfahrensschritt des Entfernens des Abstütz-
elementes fehle, so dass das Formwerkzeug nicht entfernt werden könne. Im gel-
tenden Patentanspruch 18 wurde dieser Verfahrensschritt nun ergänzt. Zum ande-
ren wurde von der Einsprechenden bemängelt, dass die Erwähnung hinsichtlich
des ersten Kunststoffrohres (Sammelrohr) fehlen würde, wonach dort Bohrungen
vorliegen müssten. Diese Angabe ist jedoch für den hier angesprochenen Fach-
mann nicht notwendig. In der Regel wird er solche Bohrungen selbstverständlich
vorsehen, wie sie im Übrigen auch in der Figur 1 gezeigt sind, da das Sammelrohr
ja mit Kapillarrohren an den entsprechenden Stellen verbunden werden soll. Alter-
nativ könnten die Formwerkzeuge jedoch auch derart ausgestaltet ein, dass sie
eine entsprechend dünne Wandung des ersten Rohres durchbrechen, um an-
schließend eine Verbindung an dieser Stelle zu erzeugen. Das Verfahren nach
dem geltenden Patentanspruch 18 ist somit entgegen der Auffassung der Einspre-
chenden auch ausführbar.
- 13 -
4.
Die zweifellos gewerblich anwendbare Vorrichtung und das entsprechende
Verfahren nach den geltenden Patentansprüchen 1 und 18 ist neu.
Keine der entgegengehaltenen Druckschriften weist ein Entfernungsmittel ent-
sprechend Merkmal 4 auf, welches zwischen Innenwand eines ersten Kunststoff-
rohres und einem Formwerkzeug führbar ist (Patentanspruch 1). Im Hinblick auf
das Verfahren nach Anspruch 18 ist aus keinem der genannten Dokumente der
entsprechende Verfahrensschritt f (Einführung des Entfernungsmittels) und zudem
der Verfahrensschritt g (Aufbringen einer Kraft entgegen der zweiten Einführrich-
tung) bekannt.
5.
Der Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 beruht auch auf einer
erfinderischen Tätigkeit, denn für die im Patentanspruch 1 aufgeführten Merkmale
vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik keine Anregungen.
Aus der DE 197 25 326 C2 (D1) ist ein „Verfahren zum Herstellen einer Matte mit
dünnwandigen Kunststoffrohren“ bekannt, das auch entsprechend Montagemittel
eines Montagesystems mit gegenständlichen Merkmalen aufweist. In der D1 wird
zwar ein anderes Verfahren beansprucht (Anschweißen ohne Formwerkzeug),
jedoch werden in der dortigen Beschreibung Montageelemente und ein Verfahren
ähnlich denen der Gegenstände der Patentansprüche 1 und 18 als bekannt vor-
ausgesetzt (Spalte 1, Zeilen 5 bis 54).
In dieser Beschreibungspassage wird ein Verfahren zur Verbindung von Kunst-
stoffrohren beschrieben, um Kapillarrohre radial an Stammrohre anzuschweißen
und damit Heiz- oder Kühlmatten herzustellen (Sp. 1, Z. 5 bis 8; Merkmal 1). Der
Schweißvorgang wird durch Dorne gesichert (Sp. 1, Z. 21 bis 23), die Teil einer
zweiteiligen Stützstange sind (Sp. 1, Z. 27) und damit das Formwerkzeug bilden,
um die Einhaltung des freien Innenquerschnitts zu gewährleisten. Hierzu wird ge-
mäß der D1 in Spalte 1, Zeilen 25 bis 28 eine zweiteilige Stützstange in das
Stammrohr eingeschoben, die eine Anzahl von Dornen entsprechend den parallel
- 14 -
anzuschweißenden Kapillarrohren aufweist. Anschließend wird gemäß Spalte 1,
Zeilen 28 bis 33 „das die Dorne tragende Teil der Stützstange quer zur Längs-
richtung des Stammrohres bewegt, so dass die Dorne jeweils durch die zugehö-
rige Bohrung des Stammrohres und in das aufgesetzte Ende des Kapillarrohres
treten“. Somit ist auch Merkmal 2 in seiner Gesamtheit bekannt, wonach das
Formwerkzeug nach Einbringen in das erste Kunststoffrohr nunmehr in einer
zweiten Einführrichtung zumindest teilweise in das zweite Kunststoffrohr einführ-
bar ist.
Darüber hinaus wird das „die Dorne tragende Teil“ der Stützstange durch „das an-
dere Teil [der Stützstange] in dieser Stellung“ gehalten (Sp. 1. Z. 33, 34). Da beide
Teile der zweiteiligen Stützstange in „das Stammrohr [erste Rohr] eingeschoben“
werden (Sp. 1. Z. 27, 28), kennt somit die D1 ein in ein erstes Rohr einführbares
Abstützelement (zweiter Teil der Stützstange), das auf das Formwerkzeug stüt-
zend wirkt (Merkmal 3).
Es verbleibt als Unterschied des Gegenstands des Patentanspruchs 1 zum Ge-
genstand nach der D1, dass ein Entfernungsmittel eingesetzt wird, welches zwi-
schen der Innenwand des ersten Kunststoffrohres und einem Formwerkzeug führ-
bar ist, zur Entfernung eines Formwerkzeugs aus mindestens einem zweiten
Kunststoffrohr durch Aufbringen einer auf das Formwerkzeug wirkenden Kraft in
einer im Wesentlichen entgegen der zweiten Einführrichtung liegenden Richtung
(Merkmal 4).
Ein derartiges Entfernungsmittel einzusetzen, wird dem hier angesprochenen
Fachmann aus der D1 auch nicht nahegelegt. Dies gilt insbesondere deshalb, da
zwar ein Nachteil des in der Beschreibungseinleitung der D1 beschriebenen be-
kannten Montagesystems erkannt wurde (Größenproblematik der Stammrohre,
s. Sp. 1, Z. 42 ff.), jedoch Methoden zur Erleichterung der Entformung beim An-
haften des Formwerkzeuges in der Arbeitsposition nach erfolgter Verbindung
(Schweißung) in der D1 nicht angesprochen sind. Es gibt hierzu auch keinen
- 15 -
Hinweis in die entsprechende Richtung, da die D1 eine andere Lösung der Ge-
samtproblematik (Verbinden von derartigen Kunststoffrohren) aufzeigt, die gerade
nicht mit einem Formwerkzeug gelöst wird. Somit wird der Fachmann geradezu in
eine andere Richtung geleitet, so dass die Lösung gemäß Anspruch 1 des Streit-
patents nicht nahegelegt ist.
Auch aus dem weiteren druckschriftlichen Stand der Technik kann keine Anregung
zu dem Unterschiedsmerkmal 4 entnommen werden. Die DE 44 40 453 C2 (D2)
zeigt eine Schweißheizung für die Herstellung von Kunststoffrohrmatten. Es wer-
den zwar eine Anzahl parallel angeordneter flexibler Kunststoffrohre mit einem
Sammelrohr verschweißt, doch nennt die Druckschrift als Aufgabe, eine Schweiß-
heizung für unterschiedliche Materialdicken auszuführen. Es gibt weder ein Form-
werkzeug, das in das eine und anschließend senkrecht dazu in ein zweites Kunst-
stoffrohr eingeführt wird, noch gibt es ein Abstützelement sowie ein Entfernungs-
mittel. Diese Druckschrift liegt somit fern ab vom Gegenstand des Streitpatents.
Die Druckschrift DE 17 04 261 A (D3) befasst sich mit einer Vorrichtung für die
Herstellung von Wärmetauschern aus Kunststoffen. Hier werden allerdings Kunst-
stoffrohrbündel nicht mit einem Sammelrohr verschweißt, sondern mit einem
(ebenen) Kunststoffrohrboden (Patentanspruch 1). Dieser Aspekt der ebenen
Platte geht eindeutig aus den den Kunststoffrohrboden (12) begrenzenden Bau-
teilen Stützplatte (13) und Isolationsplatte (11) hervor (s. Figuren). Somit liegt gar
kein erstes Rohr (Sammelrohr) vor und folglich kann kein Formwerkzeug in dieses
eingeführt werden, um dann in einer im Wesentlichen senkrecht dazu liegenden
zweiten Richtung zumindest teilweise in ein zweites Kunststoffrohr (Kapillarrohr)
ebenfalls eingeführt zu werden. Allerdings beschreibt die D3, dass stiftförmige
Elemente in die offenen Enden der an den Kunststoffrohrboden anzuschweißen-
den Rohre als Stützeinrichtung eingebracht werden (Patentanspruch 1). Zur Er-
leichterung des Herausziehens der stiftförmigen Elemente jedoch kann anders als
gemäß Merkmal 4 des Streitpatents eine Vibrationsbewegung angewandt sowie
- 16 -
zusätzlich noch ein Schmiermittel (Silikon) verwendet werden (S. 12, Abs. 1 der
D3).
Demnach vermag dieses Dokument ebenfalls keinen Beitrag zur Lösung im Hin-
blick auf den Gegenstand des Streitpatents zu liefern. Denn sollte der Durch-
schnittsfachmann dieses Dokument überhaupt heranziehen, so wird er durch an-
dere Lösungen einer erleichterten Entfernung von Stiften aus Rohrenden in eine
andere Richtung geleitet. Auch der D3 ist somit keine Anregung zu entnehmen,
ein Entfernungsmittel gemäß dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streit-
patents einzusetzen.
Die seitens der Einsprechenden außerdem noch herangezogene DE 200 16 234
U1 (D4) beschreibt ein Werkzeug zum Trennen zweier Bauteile, insbesondere
eine mit einem Karosseriebauteil verklebte Innenverkleidung (Patentanspruch 1).
Das Werkzeug weist eine mit einem Griff verbundene Klinge auf, um gemäß der
Aufgabenstellung verklebte Bauteile zerstörungsfrei voneinander zu trennen. Der
Einsatz einer derartigen Klinge, z. B. gemäß den Ausführungsbeispielen 2 sowie 4
bis 6 der D4 für das Aufbringen einer auf das Formwerkzeug von der oberen
Rohrseite des ersten Rohres (Sammelrohres) nach unten, entgegen der zweiten
Einführrichtung wirkenden Kraft, kommt für den Fachmann jedoch nicht in Be-
tracht, da durch die (spitzen) Ecken in Verbindung mit einer (scharfen) Schneide
die Verletzungsgefahr für derartige Rohre viel zu groß wäre und zudem eine
Klinge mit derart breiten und konkav ausgebildeten Schneiden, wie in den Figuren
gezeigt, in einem Rohr mit kleinem Durchmesser, wie es im Streitpatent Anwen-
dung findet, gar nicht einsetzbar wären. Diese Druckschrift würde daher für den
beabsichtigten Zweck seitens des hier angesprochenen Fachmanns gar nicht
herangezogen werden.
Auch das allgemeine Fachwissen eines Durchschnittfachmanns führt nicht zur
Lösung gemäß dem geltenden Patentanspruch 1. Neben den im Stand der Tech-
nik entnehmbaren Lösungsansätzen, nämlich Vermeiden von Formwerkzeugen
- 17 -
mit Dornen (D1) oder unter angenommener Berücksichtigung der D3 und damit
der Unterstützung der Entformung durch ein „Vibrieren“ oder die Verwendung ei-
nes Schmiermittels, könnte der Fachmann noch ein Schütteln, Klopfen oder auch
elastisches Verbiegen des ersten Rohres vorsehen, um die Dorne leichter aus der
Arbeitsposition heraus zu bewegen. Da außerdem aus dem Stand der Technik
keine Anregung zu einem mechanischen Entfernungsmittel entnehmbar ist, wird
der Fachmann aufgrund seines Fachwissens ein derartiges Hilfsmittel nicht in Er-
wägung ziehen.
Es bedurfte somit über die üblichen fachlichen Erwägungen hinausgehender Ge-
danken und Überlegungen, um ein für diesen Anwendungsfall bestimmtes und
geeignetes Werkzeug, wie in Merkmal 4. beschrieben, vorzusehen und somit zum
Gegenstand nach Patentanspruch 1 zu gelangen.
Der geltende Patentanspruch 1 hat somit Bestand.
6.
Der Gegenstand des Verfahrens nach dem nebengeordneten Anspruch 18 ist
im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit entsprechend zu bewerten, da die
Merkmale f und g des Patentanspruchs 18 im Vergleich zu Merkmal 4 des Patent-
anspruchs 1 weitestgehend inhaltlich gleich sind. Einem Fachmann ist es somit
aus dem druckschriftlichen Stand der Technik in Verbindung mit seinem Fachwis-
sen ebenfalls nicht nahegelegt, ein Entfernungsmittel zwischen Innenwand des
ersten Kunststoffrohres und dem Formwerkzeug einzuführen (Merkmal f), um
dann mit diesem Entfernungsmittel eine Kraft auf das Formwerkzeug aufzubrin-
gen, um dieses aus seiner Arbeitsposition zu entfernen (Merkmal g). Auf die vor-
stehenden Ausführungen wird hierzu verwiesen.
- 18 -
7.
Mit den Patentansprüchen 1 und 18 haben auch die abhängigen Patent-
ansprüche 2 bis 17 sowie 19 und 20 Bestand, da sie über selbstverständliche
Maßnahmen hinausgehen.
Dr. Huber
Pagenberg
Dr. Prasch
Dr. Dorfschmidt
Cl