Urteil des BPatG vom 15.01.2007

BPatG (beschreibende angabe, bezeichnung, zeichen, eugh, angabe, bezug, marke, eintragung, anmeldung, verkehr)

BUNDESPATENTGERICHT
30 W (pat) 65/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 304 45 584.9
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 15. Januar 2007 unter Mitwirkung …
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
08.05
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G r ü n d e
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung
Task Handler
u. a. für die Waren
Telefone, Mobiltelefone; Zubehör für Mobiltelefone, nämlich Chip-
karten und Software
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die
Anmeldung teilweise, nämlich im Umfang der obengenannten Waren wegen eines
bestehenden Freihaltebedürfnisse zurückgewiesen. Der Markenbegriff sei eine
sprachübliche Zusammensetzung und werde als unmittelbar beschreibende An-
gabe in Bezug auf Waren verstanden, die anfallende Aufgaben handhaben und
steuern können. Dabei könne es sich um eine mechanisch-technische Lösung,
eine elektronische Einheit oder ein Programm handeln. So könnten Telefone im
Bereich der Bürokommunikation oder als Multimediageräte die Funktion eines
„taskhandler“ haben, indem sie die technischen Voraussetzungen zur Bewältigung
und Steuerung von besonderen Aufgaben beinhalten bzw. in Zusammenhang mit
einem „taskhandler“ eingesetzt werden, da sie über ein Programm arbeiten kön-
nen; Chipkarten und Software könnten zu Steuerungsaufgaben eingesetzt wer-
den.
Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausge-
führt, dass eine intensivere gedankliche Analyse erforderlich sei, um die ange-
meldete Kombination im obengenannten Sinne zu verstehen, da beide Be-
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standteile der Kombination im deutschen Sprachgebrauch nicht weit verbreitet
seien. Selbst im Englischen sei „Task Handler“ keine gängige Wortkombination.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des
Deutschen Patent- und Markenamtes vom 18. Februar 2005 auf-
zuheben, soweit darin die Anmeldung zurückgewiesen wurde.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg.
Die angemeldete Marke ist für die verfahrensgegenständlichen Waren von der
Eintragung ausgeschlossen, da sie eine für den Wettbewerb freizuhaltende, be-
schreibende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG ist.
Nach § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausge-
schlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr
u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger
Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können.
Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2
Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr be-
schreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre
Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den
angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Not-
wendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der
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Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen
Publikums vor allem durch den gemeinsamen europäischen Markt nicht zu gering
veranschlagt werden darf (vgl. BGH GRUR 2001, 1047, 1049 – LOCAL PRESEN-
CE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 – Test it; Ströbele/Hacker, Mar-
kenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 253, 260 m. w. N).
Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestand-
teilen zusammensetzt, von deren Inhalt jeder Merkmale der beanspruchten Waren
oder Dienstleistungen beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschrei-
benden Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein
merklicher Unterschied zwischen dem Wortinhalt und der bloßen Summe des In-
halts seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher
beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung,
insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die aus-
schließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int.
2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 – KPN-Postkantoor).
Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig nicht an. Ein Wortzeichen ist nämlich auch dann
von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen
Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen
bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR, 2003, 450 - DOUBLEMINT). Dabei spielt es
keine Rolle, ob es Bezeichnungsalternativen, nämlich Synonyme oder gebräuchli-
chere Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gibt, da es nicht
erforderlich ist, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeich-
nungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl. EuGH a. a. O. S. 410, 412
- BIOMILD; EuGH a. a. O. S. 500, 507 - Postkantoor).
Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die
Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreiben-
den Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufge-
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führten verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck
„dienen können“.
Die angemeldete Bezeichnung setzt sich aus den beiden Bestandteilen „Task“ und
„Handler“ zusammen. Das englische Wort „task“ bedeutet im Deutschen allgemein
„Anwendung, Aufgabe, Funktion, Prozess“ (vgl. LEO-Online Lexikon der TU
München unter dict.leo.org.). Im Computerbereich bezeichnet „Task“ aus der Sicht
des Organisations- oder des Systemprogramms eine in sich geschlossene Aufga-
be, repräsentiert durch ein Programm oder ein Programmteil (vgl. Brinkmann/Bla-
ha, Wörterbuch der Daten und Kommunikationstechnik, Brandstetter Verlag,
6. Aufl., 2002, S. 541). Im Bereich der EDV und computergestützten Kommunika-
tion wird das Wort „Task“ in zahlreichen Zusammensetzungen verwendet (vgl.
z. B. „task bar (Taskleiste), task control (Tasksteuerung), vgl. LEO a. a. O. sowie
„task dispatcher“ (Aufgabensteuerungsroutine), task management (Aufgabenver-
waltung), task processing routine (Auftragsbearbeitungsroutine), task scheduler
(Aufgabenprioritätssteuerung), task supervision (Aufgabenüberwachung)“, so
Brinkmann/Blaha, a. a. O., S. 541). Unter „Taskverwaltung“ wird ein Betriebs-
systemprozess verstanden, der - insbesondere in einer Multitaskumgebung - den
Ablauf der einzelnen Tasks überwacht und ihnen die erforderlichen Ressourcen
zuteilt (vgl. Computer Lexikon englisch/deutsch, 7. Aufl., 2003, Microsoft Press).
Das englische Wort „handler“ bedeutet im Deutschen im allgemeinen Sinne „An-
wender, Handhaber“ und in technischen Zusammenhängen „Steuerungspro-
gramm, Steuerungsbetrieb“ (vgl. LEO a. a. O.) bzw. „Behandlungsroutine“ (vgl.
Brinkmann/Blaha a. a. O., S. 235). So ist „Handler“ eine Routine zur Handhabung
einer allgemeinen oder relativ einfachen Situation oder Operation, z. B. Fehlerbe-
seitigung oder Datenbewegungen. In bestimmten objektorientierten Programmier-
sprachen, die Nachrichten unterstützen, stellt ein „Handler“ ein Unterprogramm
dar, das eine Nachricht für eine bestimmte Objektklasse verarbeitet (vgl. Compu-
ter Lexikon englisch/deutsch, 7. Aufl., 2003, Microsoft Press). Im Computerbereich
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wird „handler“ in zahlreichen unterschiedlichen Zusammensetzungen in dieser Be-
deutung verwendet (vgl. z. B. „error handler (Fehlerbehandlungsroutine), interrupt
handler (Interruptbehandlungsroutine)“, s. LEO a. a. O, sowie „block handler
(Blockbehandlungsprogramm), bus link handler (Datenaustausch-Steuerungspro-
gramm), message handler (Nachrichtenbehandlungsroutine)“, s. Fachausdrücke
der Informationsverarbeitung, Wörterbuch und Glossar, IBM).
In diese Begriffskombinationen reiht sich die angemeldete Bezeichnung „Task
Handler“ nahtlos ein. Sie bedeutet in wörtlicher Übersetzung „Aufgabenroutine,
-steuerung, -steuerungsprogramm“. Ebenso wie die oben genannten Zusammen-
setzungen aus den jeweiligen Bestandteilen ist auch die Kombination „Task Hand-
ler“ eine sprachübliche und naheliegende Wortverbindung. Beide Markenbestand-
teile werden dabei entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in
der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinausgehenden Be-
griff.
In diesem Sinne wird der inländische Verkehr die angemeldete Marke ohne weite-
res verstehen. Ihm sind englische Zusammensetzungen wie „Taskforce“ für eine
spezielle Arbeitsgruppe mit besonderen Befugnissen oder „Handling“ für Hand-
habung und Gebrauch (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl.
Mannheim 2006 (CD-ROM) als in das Deutsche eingegangene Begriffe bekannt,
zumal breitesten Kreisen das „Windows“ - Unterprogramm „Taskmanager“ geläu-
fig ist. Somit ist der Verkehr insbesondere im vorliegend relevanten Bereich der
Telekommunikation und der Multimediageräte an englische Fachausdrücke und
englische Wortneuschöpfungen gewöhnt, weshalb sich ihm der Sinngehalt von
„Task Handler“ ohne weiteres erschließen wird. Er weiß auch, dass sich im Be-
reich der Mobiltelefone vergleichbare Kombinationen mit entsprechendem Sinnge-
halt entwickelt haben. Da Mobiltelefone mit immer weitergehenden zusätzlichen
Kommunikations- und Sonderfunktionen ausgestattet werden und für diese Multi-
tasking-Fähigkeit mehrere unterschiedliche Programme benötigen, wird für eine
komfortable und effektive Nutzung des Mobiltelefons die Verwendung von unter-
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schiedlichen Taskmanagementsystemen angeboten. Diese verwalten die aktiven
Prozesse und Anwendungen auf dem Mobiltelefon und ermöglichen beispielweise
den schnellen Wechsel zwischen einzelnen Anwendungen und deren schnelle
Beendigung (vgl. beispielsweise Taskmanager für Handys zu den Stichworten
„Task Manager, Handys“ unter nordclick.softonic.de).
Es liegt für die fachlich informierten Verkehrskreise in Bezug auf die beanspruch-
ten Waren daher nahe, die angemeldete Bezeichnung „Task Handler“ als „Aufga-
bensteuerung, -steuerungsprogramm“ zu verstehen. In Bezug auf die verfahrens-
gegenständlichen Waren ergibt die angemeldete Bezeichnung „Task Handler“ die
zur Beschreibung geeignete Sachaussage, dass es sich nach Art, Beschaffenheit
und Bestimmung um Waren handelt, die ein „Aufgabensteuerungsprogramm“ dar-
stellen oder beinhalten, zur „Aufgabensteuerung“ dienen oder hierfür bestimmt
sind, was insbesondere für das beanspruchte Zubehör für Mobiltelefone gilt. Da
Telefone mit Programmen ausgestattet sind und auch Computerfunktionen über-
nehmen, kann ein Aufgabensteuerungsprogramm die Verwaltung und Steuerung
dieser Programme übernehmen.
Dabei ist es nicht erforderlich, dass die beanspruchten Waren - wie die Telefone
und Mobiltelefone - selbst ein derartiges Aufgabensteuerungsprogramm dar-
stellen, da die Bezeichnung „Task Handler“ auch einen beschreibenden Hinweis
für Waren geben kann, die hierfür bestimmt sind oder Verwendung finden können
(§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
Selbst wenn der Begriff „Task Handler“ auf eine Wortschöpfung durch die Anmel-
derin zurückzuführen wäre, so ist er doch sprachüblich gebildet, ohne weiteres
verständlich und deshalb zur Beschreibung der Waren geeignet, so dass seine
freie Benutzung durch Dritte gewährleistet sein muss (vgl. BGH GRUR 2005, 578,
580 - LOKMAUS). Die Angabe eines Ausstattungsmerkmals der beanspruchten
Waren mit „Task Handler“ ist eine wichtige Sachinformation, die auch unabhängig
von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und davon, ob möglicherweise andere An-
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gaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gebräuchlich sind, den Mitbewerbern zur
Beschreibung ihrer Waren zur Verfügung stehen muss (vgl. EUGH a. a. O. - Post-
kantoor).
Wegen des in Bezug auf die beanspruchten Waren im Vordergrund stehenden Be-
griffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombi-
nation, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, handelt es
sich um eine deutlich und unmissverständlich beschreibende Angabe ohne jeg-
liche begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer konkreten beschreibenden Bezeich-
nung dienen kann. Markenschutz kann hierfür nicht gewährt werden.
gez.
Unterschriften