Urteil des BPatG vom 07.07.2010

BPatG (marke, post, verkehrsdurchsetzung, eintragung, beschreibende angabe, gutachten, zeitpunkt, unternehmen, benutzung, verkehr)

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 29/06
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
28. Oktober 2010
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 300 12 966.1 S 202/04 Lö
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden
Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der
Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom
14. Dezember 2005 aufgehoben, soweit die Löschung der Marke
300 12 966 beschlossen worden ist. Der Löschungsantrag wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Die Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt mit einem am
10. August 2004 eingegangenen Schriftsatz die Löschung der für die Markeninha-
berin seit dem 3. November 2003 für die Dienstleistungen
„Briefdienst-, Frachtdienst-, Expressdienst-, Paketdienst- und Ku-
rierdienstleistungen; Beförderung und Zustellung von Gütern,
Briefen, Paketen, Päckchen; Einsammeln, Weiterleiten und Aus-
liefern von Sendungen mit schriftlichen Mitteilungen und sonstigen
Nachrichten, insbesondere Briefen, Drucksachen, Warensendun-
gen, Wurfsendungen, adressierten und unadressierten Werbe-
sendungen, Büchersendungen, Blindensendungen, Zeitungen,
Zeitschriften, Druckschriften“
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wegen Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG eingetragenen Marke
300 12 966
POST
beantragt, weil sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG in das Markenre-
gister eingetragen worden sei und nicht nachgewiesen sei, dass diese Schutzhin-
dernisse durch Verkehrsdurchsetzung überwunden worden seien. Sie beantragt
ferner auch deshalb die Löschung der Marke, weil die Antragsgegnerin bei der
Anmeldung bösgläubig gewesen sei. Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsan-
trag innerhalb der in § 54 Abs. 2 S. 2 MarkenG bestimmten Frist widersprochen.
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat am
14. Dezember 2005 die Löschung der angegriffenen Marke beschlossen, weil de-
ren Eintragung die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG
entgegengestanden hätten und für den Eintragungszeitpunkt auch nicht nachge-
wiesen worden sei, dass diese Schutzhindernisse durch Verkehrsdurchsetzung
überwunden worden seien. Die in den von der Antragsgegnerin in Auftrag gege-
benen Meinungsumfragen aus dem Mai 2000 und dem November/Dezember 2002
ermittelten Durchsetzungsgrade von 77,6% bzw. 84,6% seien zum Nachweis der
Verkehrsdurchsetzung des angemeldeten Zeichens angesichts eines besonders
großen Freihaltungsbedürfnisses an dem Begriff „POST“ nicht ausreichend. Es
habe zudem im Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke an einer voran-
gegangenen Benutzung des Begriffs „POST“ als Marke durch die Antragstellerin
gefehlt. Ob die Antragsgegnerin, die von der Antragstellerin weiterhin geltend ge-
macht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bösgläubig war, hat sie dahin gestellt gelas-
sen.
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Die gegen den Beschluss der Markenabteilung von der Antragsgegnerin einge-
legte Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 15. November 2006
(BPatGE 50, 117 ff.) zurückgewiesen. Er hat sich im Ergebnis der Beurteilung der
Markenabteilung angeschlossen, dass es sich bei der angegriffenen Marke um
eine für die beanspruchten Dienstleistungen beschreibende Angabe handele, die
von Haus aus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG nicht schutzfähig sei,
und dass durch die von der Antragsgegnerin vorgelegten Verkehrsgutachten nicht
nachgewiesen worden sei, dass sich der Begriff „POST“ zum Zeitpunkt seiner
Eintragung als Marke der Antragsgegnerin im Verkehr durchgesetzt habe.
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin hat der Bundesgerichtshof diesen
Beschluss des Senats mit seinem Beschluss vom 23. Oktober 2008 (GRUR 2009,
669 ff. - POST II) aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat
der Bundesgerichtshof u. a. ausgeführt, die Markenabteilung des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts und das Bundespatentgericht hätten zwar zu Recht ange-
nommen, dass es sich bei dem Begriff „POST“ um eine Angabe über ein Merkmal
der Waren und Dienstleistungen i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG handele. Das
Bundespatentgericht habe jedoch keine ausreichenden Feststellungen dazu ge-
troffen, dass die Voraussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung i. S. d. § 8 Abs. 3
MarkenG zum Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke sowie zum Zeit-
punkt der Entscheidung nicht vorlagen. Indem es für die Verkehrsdurchsetzung
der angegriffenen Marke einen Anteil von nahezu 85% der Gesamtbevölkerung,
die den Begriff „POST“ als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen auffassten,
nicht habe ausreichen lassen, habe es die gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG zu stellen-
den Anforderungen überspannt. Die im Regelfall für die Bejahung einer Verkehrs-
durchsetzung erforderliche untere Grenze von 50% sei im NFO Infratest-Gutach-
ten für November/Dezember 2002, das der Markeneintragung am nächsten
komme, in Bezug auf die angegriffene Marke so deutlich überschritten, dass die
Anforderungen, die an die Verkehrsdurchsetzung eines glatt beschreibenden
Begriffs zu stellen seien, als erfüllt anzusehen seien. Die gemäß § 8 Abs. 3 Mar-
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kenG zu stellenden Anforderungen dürften nicht so hoch angesetzt werden, dass
eine Verkehrsdurchsetzung in der Praxis von vornherein ausgeschlossen werde.
Zudem bestehe im Streitfall auch kein Anlass, im Hinblick auf den spezifischen
Charakter der von Haus aus für die in Rede stehenden Dienstleistungen beschrei-
benden Bezeichnung „POST“ besonders hohe Anforderungen an die Feststellung
einer Verkehrsdurchsetzung zu stellen. Anders als im Fall „LOTTO“ (BGH
GRUR 2006, 760) gehe es im Streitfall nämlich nicht um den Wandel von einem
Gattungsbegriff zu einem Herkunftshinweis, durch den eine beschreibende Ver-
wendung weitgehend ausgeschlossen werde. Denn auch wenn sich der Begriff
„POST“ als Herkunftshinweis für die Erbringung von Postdienstleistungen durch-
gesetzt haben sollte, stehe der beschreibende Charakter des Begriffs „POST“ für
den Gegenstand der Dienstleistung außer Zweifel.
Soweit das Bundespatentgericht seine Beurteilung, dass die Marke entgegen § 8
MarkenG eingetragen worden sei, zusätzlich darauf gestützt habe, dass die Zu-
ordnungswerte in den von der Markeninhaberin im Eintragungsverfahren vorge-
legten demoskopischen Gutachten teilweise unzutreffend ermittelt worden seien,
habe das Bundespatentgericht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen
und der Antragsgegnerin zu Unrecht die Feststellungslast auferlegt. Im Lö-
schungsverfahren trage der Antragsteller die Feststellungslast für das Vorliegen
eines Schutzhindernisses. Lasse sich im Nachhinein mit der erforderlichen Si-
cherheit nicht mehr aufklären, ob ein Eintragungshindernis vorliege, gingen
verbleibende Zweifel zu Lasten des Antragstellers und nicht des Markeninhabers.
Das Bundespatentgericht habe seine methodischen Bedenken gegen die vorge-
legten demoskopischen Gutachten zudem wegen des Amtsermittlungsgrund-
satzes mit den Verfahrensbeteiligten erörtern und ihnen Gelegenheit geben müs-
sen, unter Berücksichtigung der gegenseitigen Mitwirkungspflichten zu den rele-
vanten Umständen ergänzend vorzutragen und Beweismittel vorzulegen. Soweit
für die Überzeugungsbildung erforderlich, habe es von Amts wegen ein weiteres
demoskopisches Gutachten einholen müssen. Danach noch verbleibende Zweifel
am Vorliegen einer Verkehrsdurchsetzung gingen zu Lasten der Antragstellerin.
- 6 -
Der Senat hat nach der Zurückverweisung der Sache durch den Bundesgerichts-
hof Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Auskunft der Verfasserin
der Gutachten der NFO Infratest Wirtschaftsforschung GmbH aus dem Monat
Februar 2003 (Befragungszeitraum November/Dezember 2002) und der TNS
Infratest Rechtsforschung aus dem Monat Januar 2006 (Befragungszeitraum
September 2005), Frau Dr. P…, zu der Behauptung der Antragstellerin,
aus den in den vorgenannten Gutachten genannten Zuordnungsgraden ergebe
sich nicht eine Bekanntheit der Marke „POST“, sondern nur der Firma des Unter-
nehmens der Antragsgegnerin, weil im Rahmen der Verkehrsbefragungen nicht
unterschieden worden sei zwischen der Frage, ob der Verkehr die Bezeichnung
„POST“ lediglich als Hinweis auf die Firma „D… AG“, als Hinweis auf
die von dem Unternehmen angebotenen Waren und Dienstleistungen oder als
bloß beschreibende Angabe sehe. Der Senat hat darüber hinaus die Verfasserin
der vorgenannten Verkehrsgutachten in der mündlichen Verhandlung am
7. Juli 2010 als sachverständige Zeugin zu den Begleitumständen der Verkehrs-
befragungen der Jahre 2002 und 2005 vernommen. Insoweit wird auf die bei den
Akten des Gerichts befindliche, den Verfahrensbeteiligten zugänglich gemachte
schriftliche Auskunft der Zeugin sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung
vom 7. Juli 2010 Bezug genommen.
Die Verfahrensbeteiligten haben im Vorfeld der mündlichen Verhandlung vor dem
Senat bzw. nach der Durchführung der Beweisaufnahme in der mündlichen Ver-
handlung Gelegenheit erhalten, zu der schriftlichen Auskunft und der Aussage der
Zeugin P… Stellung zu nehmen und die Zeugin ergänzend zu befragen. Sie
haben ferner Gelegenheit erhalten, sich insbesondere zu Fragen der Darlegungs-
und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Verkehrsdurch-
setzung der angegriffenen Marke zu äußern und insoweit ergänzend vorzutragen
und Anträge zu stellen.
- 7 -
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen
Marke sei von ihr für den Zeitpunkt der Eintragung durch die vorgelegten Ver-
kehrsumfragen nachgewiesen worden. Die Gutachten seien, wie auch die Aus-
sage der Gutachterin Dr. P… ergeben habe, de lege artis erstellt worden und
daher geeignet, die konstante, überragend hohe und den vom Bundesgerichtshof
aufgestellten Kriterien genügende Zuordnung des Begriffs „POST“ zu ihrem Un-
ternehmen nachzuweisen. Angesichts dieser Ausgangslage sei es Aufgabe der
Antragstellerin, das Gegenteil darzulegen und durch ein eigenes, - zur Eintragung
der Marke - zeitnahes Verkehrsgutachten nachzuweisen. Dass die Antragstellerin
dies unterlassen habe, gehe zu ihren Lasten. Die nachgewiesene Verkehrsdurch-
setzung beruhe auch auf einer vorangegangenen markenmäßigen Benutzung des
Wortes „POST“. Außer in den Formen, wie sie dem Deutschen Patent- und Mar-
kenamt im Eintragungsverfahren gegenüber glaubhaft gemacht worden seien,
habe sie die angegriffene Marke auch als Domainname für die Internetseiten
„post.de“ seit dem Jahre 2001 bzw. „deutschepost.de“ seit dem Jahre 1997 be-
nutzt. Domainnamen, die zu einer aktiven, im geschäftlichen Verkehr verwendeten
Homepage führten, komme nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
neben der Adressfunktion in der Regel auch eine kennzeichnende Funktion zu.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungs-
antrag zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
- 8 -
Sie ist auch nach Durchführung der Beweisaufnahme weiterhin der Ansicht, die
Eintragung der angegriffenen Marke auf Grund von Verkehrsdurchsetzung sei ins-
besondere deshalb zu Unrecht erfolgt, weil der Begriff „POST“ von der Antrags-
gegnerin vor der Eintragung lediglich in beschreibender Form oder zur firmen-
mäßigen Kennzeichnung ihres Unternehmens, nicht jedoch als Marke für die im
Dienstleistungsverzeichnis der Eintragung aufgeführten Dienstleistungen benutzt
worden sei. Auch die schriftliche Auskunft und die Aussage der Zeugin Dr. P…
ließen nicht erkennen, dass bei den Verkehrsbefragungen hinreichend zwischen
der Marke „POST“ und der geschäftlichen Bezeichnung des Unternehmens der
Antragsgegnerin unterschieden worden sei. Es sei daher nicht nur möglich, son-
dern sogar wahrscheinlich, dass die festgestellte Zuordnung der angegriffenen
Marke nicht auf einer Kenntnis der Befragten von einer markenmäßigen Be-
nutzung des Begriffs „POST“, sondern auf der Bekanntheit des Unternehmens
„D… AG“ beruhe. In der mündlichen Verhandlung vom
30. September 2009 hat sie ferner beantragt, der Senat möge im Rahmen der ihm
obliegenden Amtsermittlungspflicht ein weiteres Verkehrsgutachten zur Frage der
Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke einholen.
Für den Fall, dass ihren Anträgen nicht stattgegeben werden sollte, regen die Be-
teiligten jeweils hilfsweise die erneute Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
II
Die zulässige, gegen die von der Markenabteilung beschlossene Löschung der
angegriffenen Marke gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet.
1.
Gemäß §§ 50 Abs. 1, 54 MarkenG wird eine Marke auf Antrag gelöscht,
wenn sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen wurde. Entscheidend ist insoweit, ob
ein Schutzhindernis tatsächlich vorlag und nicht, ob die Eintragung fehlerhaft er-
folgt ist (BGH a. a. O. – POST II, Nr. 31 m. w. N.).
- 9 -
Wie der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit seinem der Rechtsbeschwerde
der Antragsgegnerin stattgebenden Beschluss vom 23. Oktober 2008 für den Se-
nat insoweit bindend festgestellt hat, trägt der Antragsteller des Löschungsverfah-
rens für die Voraussetzungen einer ihm günstigen Rechtsnorm die Feststellungs-
last, weshalb er darzulegen und auch nachzuweisen hat, dass zum Zeitpunkt der
Eintragung der von ihm mit dem Löschungsantrag angegriffenen Marke sowie zum
Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag ein Schutzhindernis ge-
mäß § 8 MarkenG vorgelegen hat bzw. vorliegt. Dabei dürfen dem Antragsteller im
Hinblick auf die Schwierigkeiten, im Nachhinein das Fehlen einer Verkehrsdurch-
setzung im Eintragungszeitpunkt nachzuweisen, allerdings keine nahezu unüber-
windbaren Beweisanforderungen auferlegt werden. So können ihm Beweiser-
leichterungen zugute kommen. Auch kann das Fehlen einer Verkehrsdurch-
setzung im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag unter Umstän-
den Rückschlüsse auf das Fehlen einer Verkehrsdurchsetzung im Eintragungs-
zeitpunkt zulassen. Lässt sich im Löschungsverfahren vor dem Deutschen Patent-
und Markenamt im Nachhinein mit der erforderlichen Sicherheit nicht mehr aufklä-
ren, ob zum Eintragungszeitpunkt ein Schutzhindernis vorlag, gehen verbleibende
Zweifel zu Lasten des Antragstellers und nicht des Markeninhabers (BGH a. a. O
– Post II, Nr. 31 m. w. N.).
2.
Ausgehend von diesen Grundsätzen scheidet vorliegend eine Löschung der
angegriffenen Marke aus.
a.
Zwar besteht die Marke - wie die Markenabteilung in dem angegriffenen
Beschluss insoweit zutreffend festgestellt hat - ausschließlich aus einer Angabe,
die zur Bezeichnung eines Merkmals der beanspruchten Dienstleistungen dienen
kann, so dass die Voraussetzungen des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG erfüllt sind (vgl. insoweit BGH a. a. O – POST II, Nr. 10 ff., 12).
- 10 -
b.
Jedoch führt das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegend
nicht zur Löschung der angegriffenen Marke, weil diese sich vor dem Zeitpunkt der
Entscheidung über ihre Eintragung in Folge ihrer Benutzung für die Dienstleistun-
gen, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen gemäß
§ 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat.
aa.
Die Frage, ob eine Marke sich in Folge ihrer Benutzung im Verkehr gemäß
§ 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat, ist auf Grund einer Gesamtschau der Ge-
sichtspunkte zu beurteilen, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt
hat, die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimm-
ten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienst-
leistungen damit von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dabei ist
zu berücksichtigen, dass eine Verkehrsbefragung nur eine von mehreren mögli-
chen Mitteln zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung ist und insbesondere
dann in Betracht kommt, wenn die Beurteilung der Unterscheidungskraft beson-
dere Schwierigkeiten aufwirft. Daneben können aber auch andere Umstände, wie
z. B. der jeweilige Marktanteil, die Intensität, geografische Verbreitung und Dauer
der Markenverwendung, die aufgewendeten Werbemittel und die dadurch er-
reichte Bekanntheit in den angesprochenen Verkehrskreisen von Bedeutung sein
(EuGH GRUR 1999, 723, 727, Nr. 51 f. - Chiemsee; BGH GRUR 2010, 138,
Nr. 38 f. – ROCHER-Kugel).
bb.
Vorliegend lässt die Gesamtschau aller Umstände, insbesondere aber das
von der Antragsgegnerin im Eintragungsverfahren in Auftrag gegebene und zu
den Akten eingereichte Verkehrsgutachten der NFO Infratest Wirtschaftsforschung
GmbH vom Februar 2003 den Schluss zu, dass sich die angegriffene Marke im
Verkehr für die Dienstleistungen, für die die Eintragung erfolgt ist, im Verkehr
durchgesetzt hat.
- 11 -
Das Gutachten ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin von der Erhebung und
der Methodik her nicht zu beanstanden. Es ist bezüglich der Zahl und der Auswahl
der Befragten, denen das Wort „POST“ vorgelegt wurde, ausreichend repräsenta-
tiv. Bei Befragungen zu einem Einzelthema reichen regelmäßig 1000 Befragte aus
(vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 8 Rdn. 437). Befragt wurden in
ausreichender
zeitlicher
Nähe
zum
Eintragungszeitpunkt
im
Novem-
ber/Dezember 2002, also knapp ein Jahr vor der Eintragung der Marke, mehr als
2500 Personen, was einen ausreichend großen Personenkreis darstellt. Auch die
repräsentative Auswahl der befragten Personen ist, wie sie sich aus der dem Gut-
achten als Anhang beigefügten Beschreibung des Auswahlverfahrens ergibt, nach
einem mathematischen Zufallsverfahren ohne die Möglichkeit der Einflussnahme
durch die Interviewer erfolgt und lässt auch sonst keine Fehler erkennen, die die
Verwertbarkeit der erzielten Ergebnisse in Frage stellen könnten.
Insbesondere gibt auch der gewählte Wortlaut der Fragen im Gutachten vom
Februar 2003 keinen Grund zur Beanstandung. Dieser ist an dem Fragenkatalog
orientiert, wie er in den im Jahre 2005 überarbeiteten Prüfungsrichtlinien enthalten
und zuvor den Anmeldern bereits von den Markenstellen des Deutschen Patent-
und Markenamts zur Verwendung bei Verkehrsbefragungen empfohlen worden ist.
Die den Befragten vorgelegten Fragen unterscheiden zutreffend zwischen der Be-
kanntheit des als Marke angemeldeten Wortes „POST“ und dem Grad der Zuord-
nung zu dem Unternehmen, als dessen Herkunftshinweis dieses dienen soll. Die
Fragen 4 und 5 nach der Zuordnung zu einem einzelnen Unternehmen sind weder
als suggestiv noch auf die Antragsgegnerin hinlenkend zu erachten, sondern
neutral und ergebnisoffen formuliert.
Soweit die Antragstellerin beanstandet, das Gutachten sei deswegen unbrauch-
bar, weil bei der Fragestellung nicht genügend dazwischen unterschieden worden
sei, ob der Verkehr die Bezeichnung „POST“ nur als bloß beschreibende Sachan-
gabe, als Hinweis auf das Unternehmen der Antragsgegnerin oder – wie erforder-
lich - als Hinweis auf die von der Antragsgegnerin angebotenen Dienstleistungen
- 12 -
sehe, vermag der Senat dieser Argumentation nach dem Ergebnis der durchge-
führten Beweisaufnahme nicht zu folgen. Zu Recht und mit überzeugender Be-
gründung hat die Gutachterin sowohl in ihrer schriftlichen Stellungnahme als auch
in ihrer mündlichen Befragung insoweit darauf hingewiesen, dass die befragten
Personen seinerzeit nicht abstrakt nach der Bekanntheit des Unternehmens der
Antragsgegnerin, sondern - wie sich der Formulierung der gestellten Einzelfragen
unmittelbar entnehmen lasse – nach der Bekanntheit und der Zuordnung der Be-
zeichnung „POST“ zu einem einzelnen Unternehmen „im Zusammenhang mit der
Beförderung von Briefen und Warensendungen“ befragt worden seien und dass
damit die hier maßgeblichen Dienstleistungen umrissen seien und der erforderli-
che Zusammenhang gesetzt sei. Dass der befragte Personenkreis trotz des aus-
drücklichen Hinweises auf die maßgeblichen Dienstleistungen möglicherweise
dennoch die Bezeichnung für die Dienstleistungen und die Bezeichnung für das
Unternehmen der Antragstellerin gedanklich vollständig oder teilweise miteinander
verknüpft hat, liegt nicht im Kenntnis- und Einflussbereich der Antragsgegnerin
oder des die Verkehrsbefragung durchführenden Unternehmens und kann daher
der Antragsgegnerin nicht zum Nachteil gereichen. Dies gilt umso mehr, als der
Durchschnittsverbraucher, der nicht über markenrechtliche Kenntnisse verfügt,
erfahrungsgemäß regelmäßig nicht in der Lage ist festzustellen, ob der im Zu-
sammenhang mit dem Angebot von Waren und Dienstleistungen verwendete
Name eines Unternehmens nur zur Kennzeichnung des Unternehmens als sol-
chem oder auch zur Herkunftskennzeichnung seiner Waren und Dienstleistungen
benutzt worden ist, da wegen der allen Kennzeichenrechten gemeinsamen Her-
kunftsfunktion firmen- und markenmäßiger Gebrauch häufig ineinander übergehen
(EuGH GRUR 2007, 971, 972, Nr. 23, 26 f. – Céline; BGH GRUR 2004, 512,
513 f. – Leysieffer; GRUR 2008, 254, 256, Nr. 28 – THE HOME STORE).
Auch der Einwand der Antragstellerin, dass die im Verkehrsgutachten vom
Februar 2003 erzielten Ergebnisse nur bedingt verwertbar seien, weil es sich um
ein von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenes Parteigutachten handele, ver-
mögen dessen Verwertbarkeit nicht in Frage zu stellen. Zwar ist der Auftrag zur
- 13 -
Erstellung des Gutachtens tatsächlich von der Antragsgegnerin erteilt worden, wie
es der gängigen Praxis der Markenstellen des Deutschen Patent- und Mar-
kenamts in Verkehrsdurchsetzungsverfahren entspricht. Gegen die Objektivität
und Richtigkeit der in diesem Gutachten ausgewiesenen Ergebnisse bestehen
jedoch keine durchgreifenden tatsächlichen und rechtlichen Bedenken, weil das
Gutachten von einem anerkannten, unabhängigen Rechts- und Wirtschaftsfor-
schungsunternehmen und in persona von einer vereidigten Sachverständigen er-
stellt worden ist, die zudem in ihrer Befragung durch den Senat eindeutig zum
Ausdruck gebracht hat, dass sie das Fragenkonzept selbst unter Orientierung an
den diesbezüglichen Richtlinien des Deutschen Patent- und Markenamts erarbei-
tet hat und es Vorgaben für die zu stellenden Fragen seitens der Antragsgegnerin
nicht gegeben hat. Auch die Antragstellerin hat keine konkreten Tatsachen ange-
führt, auf Grund derer an der Objektivität und Richtigkeit der Ergebnisse des Ver-
kehrsgutachtens begründete Zweifel angebracht sein könnten, so dass gegen
dessen uneingeschränkte Verwertbarkeit keine rechtlichen Bedenken bestehen.
Die im Gutachten vom Februar 2003 erzielten Zuordnungswerte zum Unterneh-
men der Antragsgegnerin lassen auch den Schluss zu, dass sich die angegriffene
Marke vor der Entscheidung über ihre Eintragung für die beanspruchten Dienst-
leistungen der Antragsgegnerin im Verkehr durchgesetzt hat.
Für die Feststellung des im Einzelfall erforderlichen Durchsetzungsgrads ist nicht
von festen Prozentsätzen auszugehen. Maßgeblich für die Feststellung der Ver-
kehrsdurchsetzung ist, dass ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise das
Zeichen nicht mehr nur als beschreibende Angabe, sondern zumindest auch als
Herkunftshinweis ansieht. Sofern nicht besondere Umstände eine abweichende
Beurteilung rechtfertigen, kann die untere Grenze für die Annahme einer Ver-
kehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50% angesetzt werden. Handelt es sich
um einen Begriff, der die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ihrer Gattung
nach glatt beschreibt, kommt eine Verkehrsdurchsetzung erst bei einem deutlich
höheren Durchsetzungsgrad in Betracht. Dementsprechend ist im Einzelfall eine
- 14 -
sehr hohe oder eine nahezu einhellige Verkehrsdurchsetzung als notwendig an-
gesehen worden (BGHZ 156, 112, 125 – Kinder I; GRUR 2006, 760, Nr. 24
- LOTTO).
Nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs in der vorangegangenen Ent-
scheidung über die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin besteht im Streitfall
jedoch kein Anlass, besonders hohe Anforderungen an die Feststellung einer Ver-
kehrsdurchsetzung i. S. d. § 8 Abs. 3 MarkenG zu stellen, da es anders als im Fall
„LOTTO“ (BGH a. a. O.) im vorliegend zu entscheidenden Fall nicht um einen
Wandel von einem Gattungsbegriff zu einem Herkunftshinweis geht, durch den
eine beschreibende Verwendung des als Marke eingetragenen Begriffs weitge-
hend ausgeschlossen würde (BGH a. a. O. – POST II, Nr. 28).
Unter Berücksichtigung dieser für den Senat rechtlich bindenden Feststellungen
ist der im Verkehrsgutachten vom Februar 2003 ermittelte Grad der Zuordnung
des Wortes „POST“ zum Unternehmen der Antragsgegnerin als zum Nachweis
der Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG selbst dann als ausrei-
chend zu erachten, wenn in der Entscheidung zu Gunsten der Antragstellerin da-
von ausgegangen wird, dass von den im Gutachten ausgewiesenen Zuordnungs-
werten die vom Senat in seiner Vorentscheidung im einzelnen angeführten Ab-
züge zu machen sind.
Der Bundesgerichtshof selbst hat in seiner Rechtsbeschwerdeentscheidung be-
reits ausdrücklich festgestellt, dass durch den im NFO Infratest-Gutachten ermit-
telten Zuordnungsgrad von 84,6% der allgemeinen Verkehrskreise die im Regelfall
untere Grenze von 50% so deutlich überschritten ist, dass die Anforderungen er-
füllt sind, die vorliegend an eine Verkehrsdurchsetzung des glatt beschreibenden
Begriffs „POST“ zu stellen sind. Bei Zugrundelegung der vorstehend dargestellten,
vom Bundesgerichtshof aufgestellten Voraussetzungen und Grenzen, die für den
Nachweis der Verkehrsdurchsetzung einer beschreibenden Angabe zu fordern
sind, insbesondere der Feststellung in der Rechtsbeschwerdeentscheidung, dass
- 15 -
die Voraussetzungen an eine Verkehrsdurchsetzung eines glatt beschreibenden
Begriffs nicht so hoch angesiedelt werden dürfen, dass eine Verkehrsdurch-
setzung in der Praxis von vornherein ausgeschlossen wird, sowie der weiteren
Feststellung, dass es im Streitfall – anders als im Fall „LOTTO“ – nicht um einen
Wandel von einem Gattungsbegriff zu einem Herkunftshinweis geht, durch den
beschreibende Verwendung weitgehend ausgeschlossen würde, bedarf es auch
keiner Aufklärung und abschließenden Entscheidung der vom Senat in seiner
Vorentscheidung aufgeworfenen Frage, ob einzelne, vom Senat seinerzeit im Ein-
zelnen benannte Antworten dem Unternehmen der Antragsgegnerin zuzurechnen
sind oder bei der Berechnung des maßgeblichen Zuordnungsgrades außer Be-
tracht zu bleiben hatten, denn selbst wenn zu Gunsten der Antragstellerin diese
Abzüge vorgenommen werden und die betreffenden, als zweifelhaft erachteten
Zuordnungswerte unberücksichtigt bleiben, ist die im Regelfall untere Grenze für
eine Verkehrsdurchsetzung von 50% nach den seinerzeitigen Feststellungen des
Senats mit einem Zuordnungsgrad von immer noch 78,4% so deutlich überschrit-
ten, dass nach den rechtlichen Vorgaben des Bundesgerichtshofs eine Verkehrs-
durchsetzung der angegriffenen Marke für die hier maßgeblichen Dienstleistungen
zum Eintragungszeitpunkt anzunehmen ist.
Nachdem die Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke vor dem Zeitpunkt
ihrer Eintragung bereits durch das objektiv erstellte und rechtlich nicht zu bean-
standende Verkehrsgutachten der NFO Infratest Wirtschaftsforschung GmbH vom
Februar 2003 zweifelsfrei nachgewiesen ist, besteht für die von der Antragstellerin
beantragte Einholung eines weiteren Verkehrsgutachtens im Wege der Amtser-
mittlung keine Notwendigkeit, so dass diesem Antrag nicht stattgegeben werden
kann. Auch eine Gesamtschau der sonstigen, dem Senat bekannt gewordenen
Tatsachen zum Verkehrsverständnis der angegriffenen Marken ist nicht geeignet,
die Notwendigkeit eines weiteren Verkehrsgutachtens zu begründen, sondern
spricht für die Richtigkeit der im Verkehrsgutachten vom Februar 2003 getroffenen
Feststellung, dass die angegriffene Marke als Herkunftskennzeichen der Antrags-
gegnerin verstanden wird.
- 16 -
Die von der Antragsgegnerin im Eintragungsverfahren eingereichte Zusammen-
stellung von Medienberichten über ihr Unternehmen und deren Angebote und
Leistungen lässt erkennen, dass mit dem Begriff „POST“ im Verkehr im Allgemei-
nen die Antragsgegnerin und die von ihr erbrachten Dienstleistungen bezeichnet
und assoziiert werden. Auch das von der Antragsgegnerin im Löschungsverfahren
eingereichte weitere Verkehrsgutachten der TNS Infratest Rechtsforschung vom
Januar 2006 weist im Wesentlichen dieselben Zuordnungswerte auf wie das vor
der Eintragung der Marke in Auftrag gegebene Gutachten und bestätigt somit
auch für diesen späteren Zeitpunkt das Verkehrsverständnis bezüglich der ange-
griffenen Marke. Angesichts dieser über Jahre hinweg weitgehend gleichgebliebe-
nen, jeweils über 70% liegenden Zuordnung des Wortes „POST“ zum Unterneh-
men der Antragsgegnerin steht nicht zu erwarten, dass in einem neuen Verkehrs-
gutachten derart reduzierte Zuordnungswerte erreicht werden würden, dass dar-
aus für den nunmehr etwa acht Jahre zurückliegenden Eintragungszeitpunkt si-
chere Rückschlüsse auf das Nichtvorliegen der Verkehrsdurchsetzungsvoraus-
setzungen gezogen werden könnten. Der Senat hat deshalb bei einer Gesamt-
schau aller vorgenannten Tatsachen und Beweismittel keine ernsthaften Zweifel
daran, dass sich die angegriffene Marke vor dem Zeitpunkt ihrer Eintragung für die
beanspruchten Dienstleistungen im Verkehr für die Antragsgegnerin durchgesetzt
hat.
Auch die Antragstellerin selbst hat keinen Beweis dafür angetreten, dass die Vor-
aussetzungen einer Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke im Eintra-
gungszeitpunkt nicht vorgelegen haben, obwohl sie hierfür die Feststellungslast
trägt (BGH a. a. O. – POST II, Nr. 31). Sie hat insbesondere kein eigenes, zur
Eintragung der Marke zeitnahes neues Verkehrsgutachten vorgelegt oder die Er-
stellung eines solchen Verkehrsgutachtens bei Einreichung des Löschungsantra-
ges angeboten. Bei dieser Sachlage besteht auch für den Senat, der aus den vor-
stehend dargestellten Gründen davon überzeugt ist, dass sich die angegriffene
Marke bereits vor dem Zeitpunkt ihrer Eintragung im Verkehr durchgesetzt hat,
keine Veranlassung, ein weiteres demoskopisches Gutachten für den Eintra-
- 17 -
gungszeitpunkt in Auftrag zu geben. Zudem wäre ein derartiges Gutachten so
viele Jahre nach der Eintragung kein geeignetes Beweismittel, um sichere Rück-
schlüsse auf den Eintragungszeitpunkt zuzulassen (vgl. Reichold in Thomas-
Putzo, ZPO, 30. Aufl., § 284 Rn. 7).
cc.
Die Eintragung der angegriffenen Marke auf Grund von Verkehrsdurch-
setzung beruht auch auf der gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG erforderlichen Benutzung
für die Waren und Dienstleistungen, für die sie angemeldet und eingetragen wor-
den ist.
Dies setzt grundsätzlich eine Verwendung der Kennzeichnung als Marke voraus,
also eine markenmäßige und nicht nur eine beschreibende Verwendung. Die Tat-
sache, dass die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unterneh-
men herrührend erkannt wird, muss auf der Benutzung des Zeichens als Marke
beruhen, also auf einer Benutzung, die dazu dient, dass die angesprochenen Ver-
kehrskreise die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen
stammend identifizieren können (EuGH GRUR 2002, 804 ff., Nr. 64 - Phi-
lips/Remington; BGH GRUR 2008, 710 ff., Nr. 23 - VISAGE; a. a. O. - POST II,
Nr. 18).
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist durch die im Eintragungs- und Lö-
schungsverfahren eingereichten Unterlagen zur Art der Verwendung der Bezeich-
nung „POST“ durch die Antragsgegnerin nachgewiesen, dass diese die angegrif-
fene Marke vor dem Zeitpunkt ihrer Eintragung auch markenmäßig im Zusam-
menhang mit den im Dienstleistungsverzeichnis aufgeführten Beförderungs- und
Zustelldienstleistungen benutzt hat. So zeigen die von der Antragsgegnerin im
Eintragungsverfahren als Anlagen zu ihrem Schreiben vom 17. März 2003 vorge-
legten Abbildungen von Frontansichten bzw. Eingangsbereichen ihrer Filialen,
dass sie das Wort „POST“ dort bereits vor dem Tag der Eintragung der Marke auf
Schildern sowohl in Alleinstellung als auch in der Wortfolge „Deutsche Post“ ver-
wendet hat. Ferner lassen die im Verlauf des Löschungsverfahrens vor dem Deut-
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schen Patent- und Markenamt ergänzend vorgelegten Unterlagen erkennen, dass
die Antragsgegnerin die angegriffene Marke auch an den in ihren Filialen befindli-
chen Verkaufsschaltern angebracht hat, an denen dem Verbraucher Beförde-
rungs- und Zustelldienstleistungen angeboten worden sind. Diese Benutzungs-
handlungen stellen nicht nur eine ausschließlich firmenmäßige Benutzung, son-
dern zugleich auch eine markenmäßige Benutzung für die in den Verkaufsräumen
der Antragsgegnerin offerierten Dienstleistungen dar. Bei der Beurteilung einer für
Dienstleistungen erfolgten Benutzung als firmen- und/oder markenmäßig ist stets
auch zu berücksichtigen, dass firmen- und markenmäßige Benutzung häufig in-
einander übergehen, so dass eine firmenmäßige Verwendung gleichzeitig auch
als markenmäßige Benutzungshandlung zu bewerten sein kann (BGH GRUR
a. a. O. - THE HOME STORE; 2008, 616, 618, Nr. 13 - AKZENTA). Bei Dienst-
leistungen ist der Verkehr auch daran gewöhnt, dass diese häufiger als Waren mit
Unternehmensnamen gekennzeichnet werden (BGH a. a. O., Nr. 16 - AKZENTA).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Kennzeichnung der Filialen der
Antragsgegnerin und der in ihnen befindlichen Verkaufsplätze nicht nur als eine
firmenmäßige, sondern zugleich als eine markenmäßige Benutzung der angegrif-
fenen Marke für die dort angebotenen Beförderungs- und Zustelldienstleistungen
zu werten.
Zu Gunsten der Antragsgegnerin ist im Rahmen des § 8 Abs. 3 MarkenG darüber
hinaus auch die Verwendung der angegriffenen Marke innerhalb der Bezeichnung
„Deutsche Post“ an den von ihr betriebenen Filialen und auf ihren bei der Erbrin-
gung der Beförderungs- und Zustelldienstleistungen verwendeten Vordrucke als
firmen- und zugleich markenmäßige Benutzung anzuerkennen; denn wenn durch
ein Verkehrsgutachten nachgewiesen worden ist, dass eine Marke - hier: „POST“ -
als solche Durchsetzungswerte erlangt hat, die ganz erheblich über 50% liegen,
so indiziert dies auch, dass diese Marke innerhalb einer mit weiteren Bestandtei-
len versehenen Gesamtbezeichnung maßgebliche Bedeutung hat und für den
Verkehr als herkunftshinweisend erscheint (BPatG BlPMZ 2010, 332, 337
- Goldhase in neutraler Aufmachung). Diese für den Fall einer Warenformmarke
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getroffene Feststellung ist auf den vorliegenden Fall der Verwendung der ange-
griffenen Marke zusammen mit einem weiteren, glatt beschreibenden Begriff
(„Deutsche“) ohne weiteres übertragbar.
Nach alledem steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das der Eintragung
der angegriffenen Marke entgegenstehende absolute Schutzhindernis des § 8
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG - und ebenso die weiteren von der Antragstellerin geltend
gemachten Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG - dadurch
überwunden worden sind, dass sich die angegriffene Marke vor dem Zeitpunkt
ihrer Eintragung für die Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, ge-
mäß § 8 Abs. 3 MarkenG im Verkehr durchgesetzt hat. Damit kann der Lö-
schungsantrag, soweit er auf das Vorliegen der Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2
Nr. 1, 2 und 3 MarkenG gestützt ist, keinen Erfolg haben.
c.
Nach den Gesamtumständen kann auch nicht angenommen werden, dass
die Antragsgegnerin bei der Anmeldung der angegriffenen Marke bösgläubig im
Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG war.
Von einer bösgläubigen Markenanmeldung ist auszugehen, wenn die Anmeldung
rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig und damit unlauter erfolgte. Allerdings han-
delt ein Markenanmelder nicht bereits dann unlauter, wenn er weiß, dass ein an-
derer dasselbe Zeichen für gleiche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne
hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben. Vielmehr müssen
auf Seiten des Markenanmelders besondere Umstände hinzutreten, die die Mar-
keneintragung als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erscheinen lassen. Sol-
che Umstände können darin zu sehen sein, dass der Anmelder in Kenntnis eines
schutzwürdigen Besitzstands eines Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen
Grund für identische oder ähnliche Waren und Dienstleistungen die gleiche oder
eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel oder der Absicht, für
diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Marke eintragen lässt oder
der Markenanmelder die mit der Eintragung der Marke entstehende und wettbe-
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werbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des
Wettbewerbskampfes einsetzt (BGH GRUR 2004, 510 - S-100; GRUR 2005, 581 -
The Colour of Elegance; GRUR 2009, 780 ff., Nr. 11 - Ivadal).
Bei der Beurteilung, ob eine bösgläubige Markenanmeldung vorliegt, sind alle er-
heblichen Faktoren des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere ob der Mar-
kenanmelder wusste oder wissen musste, dass ein Dritter ein gleiches oder ähnli-
ches Zeichen für gleiche oder ähnliche Waren verwendet, ferner, ob der Anmelder
die Absicht hatte, diesen Dritten an der weiteren Verwendung des Zeichens zu
hindern, sowie weiterhin der Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des
Dritten und das angemeldete Zeichen genießen (EuGH GRUR 2009, 763 ff, Nr. 38
- Lindt & Sprüngli/ Franz Hauswirth).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist nach den Gesamtumständen des vorlie-
genden Falls die Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin bei der Anmeldung der an-
gegriffenen Marke zu verneinen.
Zwar kann zu Gunsten der Antragstellerin davon ausgegangen werden, dass zum
Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke auch Konkurrenten der An-
tragsgegnerin, zu denen auch die Antragstellerin zählt, schon den Begriff „POST“
bei der Beförderung und Zustellung von Briefen, Paketen und anderen Frachtsen-
dungen verwendet haben. Andererseits verfügte die Antragsgegnerin aber zum
Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke selbst schon über einen erheb-
lichen Besitzstand an dem angemeldeten Begriff. Auch durfte die Antragsgegnerin
nach den Ergebnissen der von ihr vor der Anmeldung in Auftrag gegebenen Ver-
kehrsgutachten davon ausgehen, dass der als Marke angemeldete Begriff von
einem sehr großen Teil der relevanten Verkehrskreise als Hinweis auf die Herkunft
der in der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen aus ihrem Unternehmen
verstanden wird. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden,
dass sich die Antragsgegnerin ohne berechtigten Anlass ein Ausschließlichkeits-
recht verschaffen wollte, um es zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes
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einzusetzen; denn ein hoher Bekanntheitsgrad eines Zeichens - und erst recht ein
hoher Grad der Zuordnung zum Unternehmen des Anmelders - zum Zeitpunkt
seiner Anmeldung kann bei der Beurteilung der Bösgläubigkeit berücksichtigt wer-
den und das Interesse des Anmelders rechtfertigen, einen weiterreichenden recht-
lichen Schutz seines Zeichens sicherzustellen EuGH a. a. O., Nr. 51 ff. - Lindt &
Sprüngli/Franz Hauswirth).
Dass die Antragsgegnerin die angegriffene Marke bereits auch mit der Absicht
angemeldet hat, das mit der Marke verbundene Recht gegen Wettbewerber ein-
zusetzen, die gleiche oder verwechselbar ähnliche Zeichen für die gleichen oder
ähnliche Waren und Dienstleistungen verwenden wollen, ist letztlich jedem Mar-
kenerwerb immanent und ohne Hinzutreten weiterer erheblicher Umstände, die im
vorliegenden Fall weder von der Antragstellerin vorgetragen worden noch sonst
ersichtlich sind, nicht geeignet, die Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin bei der
Anmeldung der angegriffenen Marke zu begründen. Deshalb kann der Lö-
schungsantrag auch insoweit keinen Erfolg haben, als er auf den Löschungsgrund
der bösgläubigen Markenanmeldung gestützt worden ist.
3.
Gründe dafür, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens
aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG), liegen nicht vor, so dass gemäß § 71
Abs. 1 S. 2 MarkenG jede Beteiligte die ihr erwachsenen Kosten selbst zu tragen
hat.
4.
Der erneuten Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 2 Mar-
kenG bedarf es nicht. Auch wenn es sich vorliegend um ein Verfahren handelt,
das für die Beteiligten eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben mag, so
war dennoch nicht mehr über eine Frage von grundsätzlicher rechtlicher Bedeu-
tung zu entscheiden. Die von der Antragstellerin erhobene Beschwerde hat nach
der vorausgegangenen Rechtsbeschwerdeentscheidung des Bundesgerichtshofs
insbesondere zur Schutzfähigkeit einschließlich der Verkehrsdurchsetzung keine
Rechtsfrage mehr aufgeworfen, die nicht anhand der anzuwendenden Bestim-
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mungen und der dazu ergangenen Rechtsprechung zu beantworten war. Auch
eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist weder von den Beteiligten
aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. Zur Rechtsfortbildung und zur Sicher-
stellung einer einheitlichen Rechtsprechung wird die Zulassung der Rechtsbe-
schwerde ebenfalls nicht als erforderlich erachtet.
Dr. Fuchs-Wissemann
Richter Lehner ist nach
Beendigung seiner Ab-
ordnung an das OLG
München zurückgekehrt
und daher an der Unter-
schrift gehindert.
Dr. Fuchs-Wissemann
Reker
Bb