Urteil des BPatG vom 24.10.2006

BPatG: stand der technik, patentanspruch, fig, erfindung, zeichnung, mode, passiven, stromversorgung, form, aktiven

BUNDESPATENTGERICHT
23 W (pat) 39/04
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
24. Oktober 2006
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 197 04 325.9-34
hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2006 unter …
BPatG 154
08.05
- 2 -
beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für
Klasse H 05 K des Deutschen Patent- und Markenamts vom
1. April 2004 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterla-
gen erteilt:
Patentansprüche 1 bis 8, überreicht in der mündlichen Verhand-
lung vom 24. Oktober 2006,
Beschreibung, Seiten 1, 2a, eingegangen am 14. Juni 2004,
Beschreibung, Seiten 2, 6, überreicht in der mündlichen Verhand-
lung vom 24. Oktober 2006,
ursprüngliche Beschreibung, Seiten 3 bis 5, 7 bis 9,
ursprüngliche Zeichnung, Figuren 1 bis 3.
Anmeldetag:
Februar
1997
Bezeichnung:
an ein Rechensystem
G r ü n d e
I
Die Prüfungsstelle für Klasse H 05 K des Deutschen Patent- und Markenamts hat
die am 5. Februar 1997 - unter Inanspruchnahme der ausländischen Priorität vom
13. Juni 1996 (Az: US 08/664 074) - eingereichte Patentanmeldung mit der Be-
zeichnung „Abgleich der Leistungsverteilung in einem Leistungsversorgungssys-
tem mit redundanten Leistungsquellen“ durch Beschluss vom 1. April 2004 zu-
rückgewiesen.
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Im Prüfungsverfahren sind zum Stand der Technik die Druckschriften:
1)
KOETSCH,
Philip:
„Current-mode control lets a power supply be
paralleled for expansion, redundancy”, In: Electronic Design,
November 14, 1985, S. 125-132
2)
US 5 497 037 A
3)
DE 1 076 212 B
in Betracht gezogen worden.
In dem vorgenannten Beschluss ist ausgeführt, dass der Gegenstand des damals
geltenden Patentanspruches 1 in Hinblick auf den Stand der Technik nach den
Druckschriften 1) und 2) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe und daher
nicht patentfähig sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 14. Juni 2004 eingegangene Be-
schwerde der Anmelderin.
In der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2006 hat die Anmelderin neue
Patentansprüche 1 bis 8 sowie neue Beschreibungsseiten 2 und 6 vorgelegt und
die Auffassung vertreten, dass der Gegenstand des neu gefassten Patentan-
spruchs 1 durch den nachgewiesenen Stand der Technik nicht patenthindernd ge-
troffen sei.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H05K des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 1. April 2004 aufzuheben und das
Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
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Patentansprüche 1 bis 8, überreicht in der mündlichen Verhand-
lung vom 24. Oktober 2006,
Beschreibung, Seiten 1, 2a, eingegangen am 14. Juni 2004,
Beschreibung, Seiten 2, 6, überreicht in der mündlichen Verhand-
lung vom 24. Oktober 2006,
ursprüngliche
Beschreibung,
Seiten 3 bis 5, 7 bis 9,
ursprüngliche
Zeichnung, Figuren 1 bis 3.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
„Schaltungsplatine (20) zum Bereitstellen einer Leistung zu einem
Rechensystem mit folgenden Merkmalen:
einer Leistungsebene (30), die einen ersten Stromverteilungs-Ab-
schnitt (31 und einen zentralen Leistungsverteilungsbereich auf-
weist;
einem ersten Verbinder (23), um ein erstes Leistungssignal von ei-
ner ersten Leistungsquelle (51) zu empfangen, wobei Verbinder-
anschlussstifte (39) des ersten Verbinders (23) mit dem ersten
Stromverteilungsebenen-Abschntt (31) verbunden sind;
einem zweiten Verbinder (25), um ein zweites Leistungssignal von
einer zweiten Leistungsquelle (52) zu empfangen, wobei Verbin-
deranschlussstifte (39) des zweiten Verbinders (25) mit dem ers-
ten Stromverteilungsebenen-Abschnitt (31) verbunden sind;
einem
Leistungsausgabeverbinder
(21, 24), um ein Leistungssig-
nal an das Rechensystem bereitzustellen, wobei Verbinderan-
schlussstifte (37, 45) des Leistungsausgabeverbinders (21, 24) mit
dem zentralen Leistungsverteilungsbereich verbunden sind; und
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Gräben (47), die in der Leistungsebene (30) derart angeordnet
sind, dass in dem ersten Stromverteilungsebenen-Abschnitt (31)
ein erster Stromweg von den ersten Verbinderanschlussstif-
ten (39) des ersten Verbinders (23) zu dem zentralen Leistungs-
verteilungsbereich symmetrisch zu einem zweiten Stromweg von
den zweiten Verbinderanschlussstiften (40) des zweiten Verbin-
ders (25) zu dem zentralen Leistungsverteilungsbereich ist.“
Wegen der geltenden Unteransprüche 2 bis 8 und der weiteren Einzelheiten wird
auf den Akteninhalt verwiesen.
II
Die form- und fristgerechte Beschwerde ist zulässig und auch begründet, denn die
Lehre des geltenden Patentanspruchs 1 ist durch den im Verfahren befindlichen
Stand der Technik nicht vorweggenommen und auch nicht nahegelegt.
1. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Patentansprüche 1 bis 8 bestehen keine
Bedenken.
Der geltende Patentanspruch 1 ist auf eine Schaltungsplatine gerichtet und findet
inhaltlich eine ausreichende Stütze im ursprünglichen Patentanspruch 8 i. V. m.
dem in der ursprünglichen Beschreibung anhand der Figuren 1 und 2 beschriebe-
nen Ausführungsbeispiel (
), vgl. dazu
S. 5, Abs. 2 unten der ursprünglichen Beschreibung und die Anordnung der Ver-
binderanschlussstifte (37, 45) gemäß Fig. 2.
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Die geltenden Ansprüche 2 und 3 finden inhaltlich ihre Stütze in den ursprüngli-
chen Patentansprüchen 1 und 2, der geltende Patentanspruch 4 basiert auf dem
ursprünglichen Patentanspruch 9, die Patentansprüche 5 bis 7 auf den ursprüngli-
chen Patentansprüchen 5 bis 7 und der Patentanspruch 8 auf dem ursprünglichen
Patentanspruch 10.
Hinsichtlich der Zulässigkeit der neuen Beschreibungsseiten bestehen ebenfalls
keine Bedenken.
2. Nach den Angaben in der Beschreibung, vgl. geltende Beschreibung S. 1,
Abs. 2 u. 3, geht die Erfindung von einer als Stand der Technik druckschriftlich
nicht belegten Leistungsversorgungsplatine aus, bei der bei einem Leistungsver-
sorgungssystem mit zwei redundanten Leistungsquellen die entnommene Leis-
tung, durch eine aktive Schaltungsanordnung ungefähr gleich gehalten wird. Der-
artige aktive Schaltungsanordnungen erfordern jedoch zusätzliche Verbindungen,
deren Verwendung die Zuverlässigkeit des Leistungsversorgungssystems redu-
ziert.
Wie der Anmeldervertreter in der mündlichen Verhandlung anhand der Fig. 1 der
vorliegenden Anmeldung überzeugend ausführte, ist ein einfaches Weglassen der
aktiven Schaltungsanordnung nicht ohne weiteres möglich, weil deren Weglassen
zu unterschiedliche Leitungslängen führt. Wie aus Fig. 1 ersichtlich ist, sind die
Verbinder (23, 25), die die Signale der Leistungsquellen (51, 52) empfangen, nicht
symmetrisch zu den Leistungsausgabeverbindern (21, 24) angeordnet, was zu
unterschiedlichen Leitungslängen führte, wenn die Leistungsausgabeverbin-
der (21, 24) direkt mit den Verbindern (23, 25) verbunden würden. Unterschiedli-
che Leitungslängen aufgrund des unterschiedlichen Spannungsabfalls führten
dann zu unterschiedlichen Signalpegeln an den Leistungsausgabeverbin-
dern (21, 24). Diese nicht abgeglichene Leistungsausgabe der von den Leistungs-
quellen entnommene Ausgangsleistung bringt dann Probleme bei der Zuverlässig-
keit des Gesamtsystems.
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Vor diesem Hintergrund liegt dem Gegenstand des Patentanspruches 1 als techni-
sches Problem die Aufgabe zugrunde, eine Schaltungsplatine zur gleichmäßigen
Leistungsverteilung in einem Leistungsversorgungssystem mit redundanten Leis-
tungsquellen zu schaffen, ohne die Zuverlässigkeit des Leistungsversorgungssys-
tems zu beeinträchtigen, vgl. dazu den vorle. Abs. der in mündlichen Verhandlung
überreichten Beschreibungsseite 2.
Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, dass bei der Schaltungsplatine
Gräben (47) in der Leistungsebene (30) derart angeordnet sind, dass in dem ersten
Stromverteilungsebenen-Abschnitt (31) ein erster Stromweg von den ersten Verbin-
deranschlussstiften (39) des ersten Verbinders (23) zu dem zentralen Leistungsver-
teilungsbereich symmetrisch zu einem zweiten Stromweg von den zweiten Verbin-
deranschlussstiften (40) des zweiten Verbinders (25) zu dem zentralen Leistungs-
verteilungsbereich ist.
Dadurch, dass eine Schaltungsplatine verwendet wird, bei der die leitfähige Leis-
tungsebene durch Gräben so strukturiert ist, dass sich symmetrische Stromwege
mit gleichen Widerständen zwischen den beiden Leistungsquellen (51, 52) und
den zugehörigen Verbinderanschlussstiften (39, 40) zu dem zentralen Leistungs-
verteilungsbereich ergeben, ist eine gleichmäßige Leistungsverteilung sicherge-
stellt, d. h. an den Leistungsausgabeverbindern liegen gleiche Leistungspegel als
Ausgangsleistung an, vgl. dazu auch das Blockdiagramm mit Erläuterungen ge-
mäß Fig. 3.
3. Die - zweifellos gewerblich anwendbare - Schaltungsplatine nach dem gelten-
den Patentanspruch 1 ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der
Technik neu und beruht diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit
des Durchschnittsfachmanns, der hier als ein mit der Entwicklung von Rechner-
komponenten befasster berufserfahrener Elektroingenieur mit Hochschulausbil-
dung zu definieren ist.
- 8 -
Die Neuheit der Stromversorgungsplatine gemäß Patentanspruch 1 ergibt sich im-
plizit aus den nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit.
Die Druckschrift 1) betrifft Leistungsquellen, wie sie beispielsweise in Computer-
systemen verwendet werden, wobei mehrere Leistungsquellen parallel geschaltet
sein können. Insbesondere aus der Beschreibung auf S. 128, linke Spalte,
2. Absatz, geht dabei hervor, dass zur Erzielung von Leistungen gleichen Pegels
eine aktive Steuerung (current-mode regulation) der Spannungsquellen erfolgt.
Dabei wird ausgeführt, dass es im Zusammenhang mit der Regelung vorteilhaft
sein kann, kleine Widerstände im Stromweg des Sensors oder der Stromversor-
gung oder beiden vorzusehen. Als Nachteil wird erwähnt, dass dadurch unter Um-
ständen der Regelbereich verlassen wird, vgl. S. 128, linke Spalte, letzter voll-
ständiger Absatz. Die Druckschrift 1) belegt damit inhaltlich im Wesentlichen den
Stand der Technik, wie er bereits in der ursprünglichen Beschreibungseinleitung
dargestellt ist, vgl. dazu den die Seiten 1 und 2 überbrückenden Absatz der ur-
sprünglichen Unterlagen und den damit identischen letzten Absatz der am
14. Juni 2004 eingereichten Beschreibungsseite 1. Sie führt insofern von der
Erfindung weg, als gemäß dieser Druckschrift eine aktive Schaltungsanordnung
vorgesehen ist, um redundante Leistungsquellen abzugleichen. Der Fachmann
entnimmt dieser Schrift jedenfalls keinen Hinweis darauf, mit passiven
Maßnahmen einen Abgleich durchzuführen und eine Schaltungsplatine
vorzusehen, in der eine Leistungsebene vorgesehen ist, die durch Gräben so
strukturiert ist, dass sich im zentralen Leistungsverteilungsbereich des
Leistungsversorgungssystems eine abgeglichene Ausgangsleistung einstellt.
Die Druckschrift 2) betrifft eine Schaltungsplatine mit Stromwegen, die als Inseln
auf einer Platine ausgebildet sind. Sie enthält weder einen Hinweis darauf, dass
mehrere Leistungsquellen hinsichtlich ihrer Pegel abzugleichen sind, noch dass
die Leistungsebene der Platine mit Gräben strukturiert und in besonderer Weise
dafür ausgebildet sein soll. Selbst wenn der Fachmann Druckschrift 2) in Zusam-
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menschau mit der Druckschrift 1) in Betracht ziehen würde, käme er nicht zum
Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1.
Die Druckschrift 3) schließlich beschäftigt sich allgemein mit der Herstellung von
gedruckten Schaltungen und enthält ebenfalls keinen Hinweis auf Maßnahmen
wie mehrere Leistungsquellen eines Rechensystems abzugleichen sein könnten.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Fachmann selbst bei Zusammen-
schau der Druckschriften 1) bis 3) keine Anregung erhält, um zum Gegenstand
des Patentanspruches 1 zu kommen.
Die Schaltungsplatine zum Bereitstellen einer Leistung zu einem Rechensystem
nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist daher patentfähig.
4. An den Patentanspruch 1 können sich die geltenden Unteransprüche 2 bis 8
anschließen, die vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausführungsarten des
Gegenstandes nach Hauptanspruch betreffen.
5. In der geltenden Beschreibung ist der maßgebliche Stand der Technik, von
dem die Erfindung ausgeht, angegeben und die Schaltungsplatine anhand der
Zeichnung ausreichend erläutert.
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Bei dieser Sachlage war der angefochtene Beschluss aufzuheben und das Patent
antragsgemäß zu erteilen.
gez.
Unterschriften