Urteil des BPatG vom 24.07.2002

BPatG: unterscheidungskraft, unternehmen, eugh, ware, verkehr, ergänzung, markt, begriff, verbraucher, subsumtion

BUNDESPATENTGERICHT
28 W (pat) 11/02
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 300 76 433.2/04
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 24. Juli 2002 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel,
der Richterin Martens und des Richters Paetzold
BPatG 152
10.99
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister für die Waren
technische Öle und Fette; Schmiermittel; Staubabsorbie-
rungs-, Staubbenetzungs- und Staubbindemittel; Brennstoffe
einschließlich Motorentreibstoffe und Leuchtstoffe
ist das Wort
Expert.
Die Markenstelle für Klasse 4 hat die Anmeldung wegen eines bestehenden Frei-
haltungsbedürfnisses zurückgewiesen, da dem geläufigen englischen Wort "ex-
pert" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich ein unmittelbar
beschreibender Sachhinweis zu entnehmen sei und dem darüber hinaus auch jeg-
liche Unterscheidungskraft fehle.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben.
Zur Begründung führt sie aus, für die Annahme einer beschreibenden Angabe, die
sich allein an der Auffassung der inländischen Verkehrskreise orientiere, fehlten
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jegliche Anhaltspunkte. Im Zusammenhang mit den hier betroffenen Waren sei die
von der Markenstelle angeführte Übersetzung "für den Experten" widersinnig. Der
schlagwortartigen Aussage könne auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abge-
sprochen werden.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn der Eintragung der angemel-
deten Bezeichnung steht zumindest das Schutzhindernis der fehlenden Unter-
scheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinn dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende
konkrete Eignung, im Verkehr als Herkunftshinweis für die angemeldeten Waren
eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu wer-
den. Bei der Beurteilung ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszu-
gehen, dh jede, auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das
Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft fehlt jedoch, wenn dem
Zeichen ein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreiben-
der Begriffsinhalt zugeordnet werden kann.
Das ist hier der Fall und damit erfüllt das Anmeldezeichen selbst die geringen An-
forderungen an die Unterscheidungskraft nicht, weil es die angesprochenen Ver-
kehrskreise im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren lediglich als anprei-
sende allgemeine Warenbeschreibung und nicht als Hinweis auf ein bestimmtes
Unternehmen auffassen werden. Das Wort "expert" bzw "Experte" wird im Zusam-
menhang mit den beanspruchten Waren lediglich sachbezogen in dem Sinne ver-
standen, dass die so gekennzeichneten Produkte für Experten bestimmt sind oder
sie von Experten hergestellt werden. An einen solchen Gebrauch des Wortes ist
der Verkehr gewöhnt, da mit dieser Bezeichnung auf verschiedenen Warengebie-
ten geworben wird (vgl etwa: "Concord, Kinderautositze von Experten", Baby-
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Walz-Katalog 1999; "Fujifilm The memory expert" Zeitschrift Chip, 12/00; "Kicker,
Experten greifen zum Original" Zeitschrift "Selber Machen", 8/00; sowie "Wella",
"Beautiful hair needs an expert", Zeitschrift Amica, 5/00).
Anmerkungen zu Warenangeboten, die sinngemäß die Behauptung "von Exper-
ten" bzw "für Experten" enthalten, sind auch bei Massenartikeln werbeüblich, die
für jedermann und nicht für eine bestimmte, fachkundige Kundengruppe bestimmt
sind. Dafür hat schon die Markenstelle konkrete Belege angeführt. Ohne eine Kon-
kretisierung der technischen Details, auf die sich die behauptete Fachkunde be-
zieht, laufen solche Angaben auf eine allgemeine Anpreisung des Inhalts hinaus,
dass die Qualität der angebotenen Ware besonders gut sei, weil die Ware fach-
kundig hergestellt worden und für anspruchsvolle, nämlich fachkundige Verbrau-
cher bestimmt sei. Insofern ist die Parallele zu den Begriffen "professionell" und
"Profi" zu ziehen, die sich ebenfalls als allgemeine, unspezifische Qualitätsanprei-
sung in der Werbesprache durchgesetzt haben und idR nicht unterscheidungskräf-
tig sind. Dass hier das Wort "Expert" isoliert verwandt wird ohne weitere Ergän-
zung, wird als werbeübliche Verkürzung aufgefasst werden und ändert nichts an
dem anpreisenden Charakter des Markenwortes. Dies gilt auch für das bean-
spruchte Warengebiet.
Der Senat teilt die Auffassung der Anmelderin nicht, die hier beanspruchten Öle
und Schmierstoffe sowie Treibstoffe und Staubbindemittel seien für Experten im
Gegensatz zu solchen für Laien nur schwerlich denkbar. Nach den Feststellungen
des Senats finden sich solche Waren nicht nur auch im Heimwerkerbereich, son-
dern gerade Brennstoffe werden in unterschiedlichen Qualitäts- und Leistungsstu-
fen häufig mit "extra", "Super" u.ä. angepriesen. Bezeichnenderweise findet sich
auf dem Markt bereits eine Treibstoffserie, die unter dem Namen "Jet-Line Expert
Treibstoff" angeboten wird und deutlich macht, dass es sich bei "Expert" auch in
diesem Warenbereich letztlich um eine qualitätsberühmende Angabe handelt. Die
Anmelderin ist diesen Feststellungen im übrigen mit keinem Wort entgegen getre-
ten.
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Dass dem Wort "expert" jegliche Eignung als betrieblicher Hinweis fehlt, ist
schließlich wiederholt von den Senaten des Bundespatentgerichts ausgesprochen
worden (vgl. Az. 32
W
(pat)
66/99 –
PC EXPERT -,
24 W (pat) 270/97
- XPERTWARE -; 28 W (pat) 59/00 – XPERT -, 24 W (pat) 157/97 – Expert -,
24 W (pat) 136/99 – Expert -).
Auch unter Berücksichtigung der EuGH-Entscheidung "BRAVO" (WRP 2001,
1272 ff.), auf die sich die Anmelderin beruht, kann der Marke nicht die erforderli-
che Unterscheidungskraft zuerkannt werden. Diese Entscheidung behandelt die
Vorlagefrage, wie Artikel
3 Absatz
1 Buchstabe
d der Ersten Richtlinie
89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 – auf dieser Richtlinienbestim-
mung beruht die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG – auszulegen ist. Im vor-
liegenden Fall geht es aber nicht um das Eintragungshindernis einer üblich gewor-
denen Bezeichnung, sondern um das der konkreten Unterscheidungskraft gem § 8
Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Ausführungen des EuGH in den Erwägungsgründen 28
und 29 (vgl. EuGH WRP 2001, 1275) beziehen sich dagegen auf die Anforderun-
gen an die abstrakte Unterscheidungskraft, die in Artikel 2 der Richtlinie ihre
Grundlage hat. Die grundsätzliche Markenfähigkeit stand jedoch im bisherigen
Verfahren nicht in Frage, sondern die konkrete Eignung des angemeldeten Mar-
kenwortes, als betrieblicher Herkunftshinweis der so gekennzeichneten Waren zur
Unterscheidung der Waren anderer Unternehmen aufgefasst zu werden.
Die Beschwerde der Anmelderin war nach alledem zurückzuweisen.
Die von der Anmelderin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht
veranlasst, da keine der in § 83 Abs. 2 MarkenG genannten Voraussetzungen vor-
liegt. Vielmehr ging es im vorliegenden Verfahren um die Klärung rein tatsächli-
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cher Fragen sowie die Subsumtion des Sachverhalts unter den Begriff der man-
gelnden Unterscheidungskraft, deren Beurteilung auf tatrichterlichem Gebiet liegt.
Stoppel Martens
Paetzold
Ko